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Seelensplitter

(Puppyshipping)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen zu meiner neuen Ff :)
Der Prolog ist etwas schnell, um die Ausgangsposition Katsuyas zu verdeutlichen. Ab nächstem Kapitel wird es etwas ruhiger ^.~
Das nächste Kapitel erscheint in 2 Wochen.

Viel Spaß! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Wie angekündigt hier das nächste Kapitel ^.^
Eins der späteren Kapitel hätte eigentlich besser zum heutigen Tag gepasst, aber egal: Happy Halloween :D

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Wie versprochen ist dieses Kapitel etwas länger :)
An dieser Stelle Alles Gute zum Geburtstag an Seelendieb! Viel Spaß bei dem Kapitel ^.^
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Vorwort zu diesem Kapitel:
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Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für das Feedback!
Das nächste Kapitel kommt am 26.12. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe ihr hattet alle schöne Feiertage bzw. habt sie auch weiterhin :)
Ich hatte Erdbeertorte, also bin ich vollkommen glücklich xD

Hier geht es weiter mit Katsuya (der natürlich noch lebt): Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier in Sendai schneit es O.O große weiße Flocken!
...Gott sei Dank fliege ich heute Abend zurück nach Osaka, da ist es ein bisschen wärmer. Ich habe absolut nicht das richtige Schuhwerk für dieses Wetter T_T Komplett anzeigen

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Ein neues Leben

Soll ich Ihnen eine Geschichte erzählen? Ich empfinde sie als tief und liebevoll, als einen sanften Gutenachtkuss. Doch man könnte sie auch für verzerrt und zerstörerisch halten, sagte man mir. Deswegen werde ich sie nun berichten und Sie können es selbst entscheiden. Sagen Sie mir am Ende bescheid, weswegen die eine Träne Ihre Wange entlang läuft. Aus Glück oder Trauer?

 

 

Er erinnerte sich an Regen. An sehr viel Regen, der ihn klitschnass werden ließ. An Regen, der ihn als einziger aus der Wohnung verabschiedete, in der er so viele Jahre verbracht hatte. An Regen, der im Gegensatz zum abgestandenen Alkohol, frisch und klar roch. An Regen, der gleichzeitig tröstete und ihm die Augen öffnete. Es gab keinen Grund zum Zweifeln. Das wusste er und doch…

Die Nachricht kam überraschend. Deswegen fiel ihm die Antwort, die eigentlich so offensichtlich und leicht sein sollte, so schwer.  Dieser Mann, der vor ihm stand und mit ihm wie mit einem Erwachsenen – wie mit einem Menschen – redete, machte so vieles in seinem Leben verständlicher. Dieser Mann, dem sein Leid, seine Erleichterung, sein Flehen offen vom Gesicht abzulesen waren. Dieser Mann, der trotz des teuren Anzugs und der vielen Bodyguards liebevoll auf ihn wirkte. Fair. Er würde ihn richtig behandeln ­– das hatte er sofort gesehen. Wenn er eins in der Gosse gelernt hatte, dann war das Menschenkenntnis. Dieser Mann wollte ihm ein Leben geben. Der Mann, von dem er seine Gene hatte. Auf einmal hatte alles Sinn ergeben. Die Schläge, die Missachtung. Die Verachtung.

Es gab keinen Grund zum Zögern. Er besaß nichts und hatte alles angeboten bekommen.

Trotzdem bat er um Zeit.

Trotzdem lief er gedankenverloren durch die Stadt.

Trotzdem trugen seine Füße ihn zu dem Ort, wo ihn nur Ablehnung erwartete.

Er war sein Leben lang am Abgrund gewesen – konnte, nein, durfte er es einfach alles hinter sich lassen?

Eine Flasche zerbrach neben seinem Kopf.

Ja, er durfte. Er musste sogar, wenn er ein Leben wollte.

„Lebe wohl.“

Er war nicht der Mensch zum langen Nachdenken. Er war nicht der Mensch zum Zweifeln. Er war Katsuya - er handelte und gab nie auf.
 

                                                     ***

 

Katsuya stand am Fenster eines großen Zimmers – seines Schlafzimmers in der Stadtwohnung – und betrachtete die Aussicht. Die meisten Menschen würden den Ausblick auf die halbe Stadt aus dem dreißigsten Stock als atemberaubend empfinden, doch er inzwischen nicht mehr. Als er sie zum ersten Mal erblickt hatte, konnte er nicht anders als einen lauten Jubelschrei auszustoßen. Sein neuer Vater – nein, sein wirklicher Vater – hatte herzlich darüber gelacht. Viele weitere Male als er an dieses Fenster trat, klopfte Katsuyas Herz so wild, dass er Angst hatte es würde herausspringen. Er fühlte sich anfangs so frei hier oben. Doch nun, während sein Blick über Hochhäuser und Straßen, über Wolkenkratzer, die die Sonnenstrahlen reflektierten, und die Villen im Westen der Stadt, gefüllt mit winzigen Autos und Menschen, wanderte, fühlte er sich weder überwältigt noch frei. Er fühlte sich hier fehl am Platze. Dies hätte seine neue Heimat werden sollen. Ein Ort, an dem er sich sicher und wohl fühlte – denn schließlich würde er voraussichtlich einen sehr langen Teil seines Lebens hier verbringen. Zumindest war dies der Plan gewesen. Doch seine neue Heimat zu betrachten, erinnerte ihn jedes Mal daran, dass er die alte verlassen hatte. Er hatte so vieles hinter sich gelassen. Im Grunde sein ganzes Leben – nur um hier neu anzufangen. Katsuya schüttelte den Kopf und zog die Gardinen zu. Es klopfte an der Tür.

„Guten Morgen, Master Katsuya. Ihr Frühstück ist angerichtet. Sie haben noch eine Stunde bis zu Ihrem ersten Termin.“

„Danke, Johnson.“

 

Sein persönlicher Assistent nahm die silberne Kanne und goss in die schwarzrote Tasse Katsuyas zu Dreiviertel Kaffe. Danach tauschte er die Kanne gegen ein  kleineres Exemplar und füllte den Rest der Tasse mit Milch. Zum Schluss wurde das Getränk mit einem kleinen Löffel umgerührt – genau zwanzig Sekunden lang. Auch wenn Katsuya Johnson niemals Anweisungen gegeben hatte wie er seinen Kaffe am liebsten trank, so hatte Johnson in den letzte fünf Jahren, in denen er jeden Morgen dem Blonden das Frühstück aufdeckte, die Vorbereitung des perfekten Kaffees für Katsuyas Geschmack gemeistert.

Fünf Jahre. Ganze fünf Jahre, die Katsuya im weiten Amerika verbracht hatte. Fünf Jahre, seit er die richtige Entscheidung getroffen hatte, waren nun vergangen. Es hatte sich so vieles geändert. Vor fünf Jahren wusste er über Kaffee nur, dass er bitter schmeckte und viel zu teuer war. Nun genoss er jeden Morgen eine Tasse davon. Nicht nur sein Wissen hatte sich geweitet, auch sein Geschmack hatte sich radikal verändert. Manchmal fragte er sich, ob er überhaupt noch derselbe Hitzkopf von früher war?

Jedes Mal, wenn er in eines der Gesichter seiner Untergebenen blickte oder in das seines Vaters, wusste er, dass hier sein Platz war. Egal welche Zweifel ihn in seinem Schlafzimmer – während der Nächte oder wenn er aus dem Fenster blickte – heimsuchten, die Menschen um ihn herum gaben ihm jedes Mal aufs Neue das Gefühl der Zugehörigkeit.

Katsuya nahm seine persönliche Tasse und trank einen Schluck des besten Kaffees. So oft er auch in teuren und exklusiven Restaurants Kaffee bestellte, keins der Brühen, die man ihm dort servierte, kam an den Geschmack des Kaffees, den ihm Johnson zubereitete. Katsuya begann mit dem Frühstück – heute war wieder Spiegelei mit Schinken an der Reihe. In zwei kleinen Schälchen fand er noch frische Tomaten und Gurken. Inzwischen hatte er sich nicht nur an das westliche Essen gewöhnt, sondern auch einen großen Gefallen daran gefunden. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schnitt sich Katsuya ein Stück des Spiegeleis ab. Seine Hauslehrer hatten sehr viel Wert auf Tischmanieren gelegt. Erst als sein wirklicher Vater ihn aufgenommen hatte, konnte der Blonde erst wirklich begreifen wie viel er in seinem alten Leben verpasst hatte. Von wie vielen Dingen er noch nie etwas gehört hatte, wie vieles er nicht verstanden hatte. Mit dem Ehrgeiz seine zweite Chance zu Leben zu meistern, hatte er unaufhörlich gelernt. Er hatte theoretischen Unterricht in vielen verschiedenen Künsten, von Betriebswirtschaft und Management bis hin zu Philosophie und Verhaltensformen. Gleichzeitig war er in die Firma seines Vaters – eine Marktleitende Flugzeugfirma -  eingebunden und sammelte Praxiserfahrung. Doch es hatte lange drei Jahre gebraucht bis er begriff, was das zu bedeuten hatte – er war seines Vaters Nachfolger.

Sein neues Leben – es war eine Zeit, in der er endlich einen richtigen Vater hatte. In der er neben der Strenge auch Lob und Liebe erfuhr. Eine Zeit, wo sein Vater Stolz auf ihn sein konnte. Auch wenn Leo Wood ein vielbeschäftigter Mann war und deswegen nur selten Zeit für seinen Sohn fand und oft etwas distanziert wirkte, so war er all das, was sich Katsuya im Geheimen immer gewünscht hatte. Auch wenn er hierfür mit dem Kontakt zu seinen alten Freunden, den er immer mehr verlor, bezahlen musste. Er hatte nicht mal mehr wirklich eine Ahnung darüber, was in dem kleinen Land, das er ganze siebzehn Jahre lang seins genannt hatte, passierte. Er hatte nur die Briefe seiner Schwester, die ihm trotz seines Verrats regelmäßig schrieb. Seine eigenen Antworten wurden immer seltener und fielen spärlich aus.

 

„Johnson. Bringen Sie mir bitte die japanische Times.“

Ab und zu sollte er sich vielleicht doch darüber informieren – dieser Gedanke kam oft.

„Jawohl, Sir.“

Doch nur selten konnte er sich davon überzeugen die Zeitung auch wirklich zu lesen. Denn jedes Mal fühlte er sich wie ein Verräter, der in der Verbannung sich nach der Wärme der fernen und unerreichbaren Heimat sehnte. Dabei war dieses Gefühl grundlos, das wusste er. Er konnte jederzeit zurückkehren. Sein Vater hatte ihn auch schon mehrmals auf einen Heimaturlaub angesprochen gehabt. Aber er hatte jedes Mal abgelehnt – er war hier glücklich. Zumindest in der Gegenwart anderer Menschen.

Johnson brachte die Zeitung und Katsuya überflog die Titelseite. Ein Erdbeben, neuer Premierminister… Die Tasse in Katsuyas Hand begann zu zittern. Die Augen vor Unglauben weit geöffnet las er noch einmal über eine der Überschriften. Das konnte doch nicht wahr sein, oder?

„Was zum… Johnson!“

Hastig erhob sich der neue Erbe des amerikanischen Konzerns Joawa, die Zeitung fest in den Händen umklammernd. Sein Assistent trat näher an seinen Vorgesetzten und leichte Besorgnis zeigte sich in seinem Blick.

„Ja, Sir?“

„Wir fahren sofort ins Büro. Beschaffen Sie mir bis zur Mittagspause alle Informationen dazu.“ Katsuya hielt dem Amerikaner die Zeitung hin und sein Daumen zeigte unmissverständlich auf einen Artikel mit der Überschrift: Sorgerechtsstreit um Mokuba Kaiba.

„Jawohl, Sir. Ich lasse den Wagen vorfahren und werde mich dann um die Recherchearbeit kümmern.“

 

 

„Sorgerechtsstreit um Mokuba Kaiba“ – damit hatte die Verflechtung ihrer beider Leben angefangen. Diese Schlagzeile brachte ihn dazu nachzuhaken was seinem alten Feind wiederfahren war. Bis zur Mittagspause erfuhr Katsuya, dass Seto Kaiba um seine Firma betrogen wurde und diese verloren hatte durch den Zusammenschluss vieler einflussreicher Menschen, die ihn wohl als zu gefährlich erachteten oder persönliche Motive hegten. Doch diese Menschen gaben sich nicht mit dem Rücktritt Seto Kaibas zufrieden – sie wollten ihn in Grund und Boden vernichten. Das zeigte die Furcht, die sie vor diesem Mann hatten. Seto war schon immer erstaunlich gewesen, was? Diese hohen Tiere erhoben eine Klage gegen Seto, die ihn der Misshandlung und Vernachlässigung seines Bruders Mokuba beschuldigte. Sie schienen – welch ein Wunder – auf der Erfolgsspur zu sein. Das Jugendgericht verbat jeglichen Umgang zwischen den Brüdern und nun entfachte ein Sorgerechtsstreit um Mokuba. Er erinnerte sich an den schwarzhaarigen Jungen, der mit Liebe zu seinem Bruder aufblickte. Der heiter lachte, solange Kaiba an dessen Seite war. Katsuya konnte sich nicht vorstellen, was der Verlust seiner einzigen Familie bei Mokuba ausgelöst hatte. Es erinnerte den Blonden zu sehr an seine eigene Jugend. Die Hilflosigkeit, die an ihm nagte, während er jeden Tag nach Hause kam… Ein felsenfester Entschluss wuchs in seiner Brust. Er musste etwas unternehmen. 

Verzweigungen

Dies war der Punkt, wo ich den ersten Schritt weg vom geplanten Zukunftsweg machte. Ich mischte mich in die Gerichtsangelegenheiten ein und holte mit Hilfe des Einflusses und Geldes  meines Vaters Mokuba zu mir nach Amerika – er wurde zu meinem Pflegekind. Gleichzeitig wurde das Näherungsverbot für Seto und Mokuba aufgehoben. Doch Mokuba verließ Japan ohne seinen Bruder gesehen zu haben – ich hielt es für besser ihn so schnell wie möglich aus dem gefährlichen Skandalklima zu holen. Ich weiß bis heute nicht, woher meine Entschlossenheit und diese wahnwitzige Idee stammen. Doch eins weiß ich genau. Ab da erwartete mich eine völlig unbestimmte Zukunft. Ich kann auch heute nicht sagen, was Morgen passieren wird. Doch im Gegensatz zu jetzt, stellte ich damals ständig Erwartungen an den nächsten Tag. Im Gegensatz zu jetzt, wusste ich damals noch nicht, dass es manchmal besser ist stehen zu bleiben, als gegen eine Wand zu laufen.

 

Er hatte eine Handvoll guter Schulen ausgesucht, mit Hilfe seines treuen Assistenten natürlich. Die bunten Prospekte dieser Schulen lagen vor Mokuba – Katsuya wollte die endgültige Wahl ihm überlassen. Immerhin ging es ja um Mokubas Schulleben.  Doch dieser sah desinteressiert zum Fenster des Gästezimmers, in dem er untergebracht war.

„Schau mal, du solltest so schnell wie möglich sich für eine Schule entscheiden. Wenn du zu lange zögerst, wirst du ein ganzes Jahr verlieren, immerhin fängt hier ein Schuljahr anders als in Japan an und das aktuelle wird in einem halben Jahr schon vorbei sein. Wenn du dich also zu spät einschreibst, wirst du ein Jahr wiederholen müssen.“

Mokuba seufzte und überflog mit einem weiterhin nicht sonderlich begeisterten Blick die Unterlagen auf dem Tisch zwischen ihm und Katsuya.

„Ist mir egal. Bestimm eine.“

Die Papiere wurden Richtung Katsuya geschoben, der seine Schultern sinken ließ. Was sollte er nur machen? Er konnte zwar nachvollziehen, dass nach allem, was passiert war, es Mokuba nicht wirklich gut ging und dies seine Art war mit der schmerzlichen Situation umzugehen. Doch wie konnte er dies ändern?

Wo war nur der niedliche, freundliche und vor allem leicht umgängliche Mokuba aus seinen Erinnerungen hin? Er brauchte wahrscheinlich Kaiba um dieses Herz zu heilen. Doch über den Verbleib dieses gab es keinerlei Informationen. Er verschwand einige Wochen vor dem Einmischen Katsuyas in den Gerichtsprozess und seitdem zierten die wildesten Theorien und Gerüchte die japanischen Zeitungen, die er nun täglich las. Ein Haufen Vermutungen, die er alle überprüfen ließ, doch niemand wusste etwas Genaueres. Katsuya seufzte und stützte seinen Kopf am Handrücken. Solch ein Schlamassel. Wo war Seto Kaiba nur?

„Ich habe meinen Bruder seit über einem halben Jahr nicht mehr gesehen.“

Katsuya blickte auf. Zum ersten Mal redete Mokuba über dieses Thema. Seine Stimme klang dabei ruhig und emotionslos, doch in den Augen des Teenagers lagen Verständnislosigkeit und Schmerz.

„Anfangs kriegte ich noch Nachrichten über einen seiner Untergebenen, doch das hörte schnell auf. Wieso musste das alles passieren? Ich weiß, dass Seto nicht der beste Mensch ist, doch das Ganze ging zu weit.“ Mokubas Stimme offenbarte immer mehr die Verzweiflung des Jugendlichen. „Ich verstehe nicht, wieso Seto das alles zugelassen hat. Mein Bruder ist so ein starker und einflussreicher Mensch – er ließ sich nie von etwas aufhalten. Wieso hatte er also mich nicht zurückgeholt…?“ Die zu Anfang laute Stimme wurde immer leiser bis die letzten Worte zu nicht mehr als einem Flüstern wurden. Der Schwarzhaarige zog die Beine mit auf den Sessel, in dem er saß. Die Arme um seinen Körper geschlungen, starrte er aus dem Fenster.

Wie war es von jemanden enttäuscht zu werden, von dem man der festen Überzeugung war, er könnte alles tun? Er könnte, dass was man sich wünschte, sicher erfüllen… Er wusste genau wie hart der Schmerz traf, wenn man erkannte, dass dieser jemand es nicht tat. Einfach nichts tat.

„Mokuba… Diesmal konnte dein Bruder wirklich nichts tun. Es war auch für ihn unmöglich –“

„Für meinen Bruder ist nichts unmöglich!“, unterbrach der Schwarzhaarige in einer lauten Stimme, die keinen Zweifel an dieser Aussage zuließ. Mokubas Blick war nun direkt auf den Blonden gerichtet. Im Winkel eines Auges sah Katsuya eine Träne – doch die Augen starrten mit Herausforderung, mit Wut – ja fast mit Hass – ihn an. „Für Seto Kaiba ist nichts unmöglich…“, wiederholte Mokuba etwas leiser. Die Beine sanken wieder zu Boden und die Hände legten sich um seinen Bauch, drückten fest zu, hielten ihn. Der Blick verlor an Ausdruckskraft und wanderte zu dem Teppich vor seinen Füßen. Mokubas ganze Haltung zeigte Katsuya die Enttäuschung und die Aussichtslosigkeit, die dieser im Moment wohl empfand. Er wurde von seinem Bruder im Stich gelassen – dieser Gedanke hing spürbar in der Luft. Es war als würde Mokuba ihn stumm aussprechen. Wie Blei drückte er auf die Seele des Teenagers und auch Katsuya fühlte sich niedergeschlagen. Er kannte diese Haltung.

Der Kleine wandte seinen Blick wieder dem Fenster zu. In völliger Stille verstrichen einige Minuten. Schließlich zog Mokuba die Beine wieder an sich und presste seine Arme dagegen.

Katsuya spürte einen Stich in seinem Herzen. Er hatte den Moment verpasst. Er hätte nicht in seinen Erinnerungen verweilen dürfen, er hätte sofort handeln und etwas sagen müssen. Doch die Angst… Die Angst vor weiteren Schlägen, die Angst vor weiterer Ablehnung. Die absolute Angst vor Schmerz. Sie alle stiegen wieder in ihm hoch. Als Kind hatte er häufig genau so verharrt und auf den nächsten Tag gewartet, unfähig zu schlafen, unfähig sich zu bewegen. Eine Haltung, die keine Veränderung zulässt. Katsuyas Hände ballten sich zu Fäusten. Er wusste, dass er Mokuba helfen musste, doch er wusste keinen Weg für diesen Jungen, der so offensichtlich litt.

„Weißt du“, sprach Mokuba weiter. „Ich war sehr überrascht als ausgerechnet du mich aus der ganzen Sache holtest. Du kannst dir nicht vorstellen wie schockiert ich war, als ich das hier alles sah. Bodyguards, ein teures Auto, eine Stadtwohnung, eine Villa in einem vornehmen Viertel, der „Erbe“ eines Großkonzerns, wie sie dich hier nennen. Ich hatte zwar gehört, dass sich dein Leben völlig geändert hatte und du nun in Amerika lebst. Aber das hier… Das erinnert alles so sehr an Seto. Es passt auch viel mehr zu ihm als zu dir. Dieses ganze Leben – als ob du sein Leben führen würdest. Verrückter Gedanken, der mir da kam, nicht wahr?“

Katsuya hörte deutlich die Verbitterung, die hinter der oberflächlichen Nachdenklichkeit sich in der Stimme des Sechzehnjährigen aufhielt. Diese Verbitterung breitete sich nun auch in ihm aus. Sie ergriff Stück für Stück den Besitz über seinen Körper. Zuerst fühlten sich seine Finger taub an, dann die Hände und Arme. Die Beine folgten – er wusste, er würde jetzt nicht aufstehen können. Schließlich erreichte dieses lähmende Gefühl auch sein Herz. Dieser Gedanke war nicht verrückt, zumindest nicht für ihn – denn er war ihm schon selbst gekommen. Er hatte sich in den vergangenen Jahren schon öfters bei dem Gedanken erwischt sein Leben mit dem von Kaiba zu vergleichen und jedes Mal endete dieser Vergleich darin, dass er feststellte, dass die beiden Leben sich wohl ähnelten. Stark ähnelten. Sie beide waren tief verwickelt in einen Großkonzern – Kaiba als CEO und er als zukünftiger Erbe. Sie beiden hatten viel Verantwortung und viel Geld. Sie beide gaben letzteres fast nur für Wohnen, Personal, Transportmöglichkeiten und ihre Geschwister aus. Sie beiden hatten kaum Zeit für ein Privatleben, für tiefere Bindungen. Schon komisch – jetzt konnte er einiges an seinem alten Feind nachvollziehen. Doch seit er davon erfuhr, dass Kaiba dies alles verloren hatte, da wurde es nicht mehr nur ein Vergleich. Der Gedanken er lebe jetzt das Leben von Kaiba – dieser Gedanken war auch ihm schon gekommen. Und mit ihm die Erkenntnis, dass Seto dieses Leben weitaus besser leben konnte als er.

Doch diese Überlegungen waren absurd. Nicht richtig. Es war sein Leben und er war er, Katsuya, und nicht Kaiba! Er war Katsuya, der handelte und niemals aufgab. Er war Katsuya, der Mokuba retten konnte.

Der Blonde stand auf und legte die Unterlagen der Schulen direkt vor Mokuba. Er würde einen Weg finden. Seto Kaiba war nicht hier, also würde er – Katsuya – handeln und nicht aufgeben!

„Er wird definitiv kommen. Doch bis es soweit ist, lebe dein eigenes Leben. Ein glückliches Leben.“

Er ging Richtung Tür.

„Such dir die aus, die dir am meisten gefällt. Schau ob eine davon irgendwas anbietet, was du gerne machst. Sport oder so. Du wirst ab nächste Woche wieder zur Schule gehen.“

Katsuya verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Bevor sie sich ganz geschlossen hatte, sah er Mokuba seinen Kopf senken. Er sah die Tränen auf dessen Wange.

 

Katsuya marschierte den Flur herunter und bog in sein Arbeitszimmer. Eine geballte Faust traf die Wand und ein leichtes Kribbeln breitete sich durch den Arm in Katsuya aus. Er musste etwas tun. Er musste Mokuba sein Lächeln wieder bringen! Aber wie?

Er schritt durch das kleine Zimmer, in dem nur ein Schreibtisch mit Stuhl und einige Aktenregale standen. Viel mehr hätte da auch nicht rein gepasst. Einige Leute, sein Vater mit eingeschlossen, rieten ihm immer wieder ein größeres Zimmer als Arbeitszimmer zu gebrauchen. Doch Katsuya fühlte sich wohl in den wenigen Quadratmetern. Er mochte seinen Glastisch und die Stahlregale, also hielt er jedes Mal den Ratschlägen stand.

 
 

***
 

 

Katsuya atmete erleichtert auf, als Mokuba ihm eins der Prospekte hinlegte. Die St. Johnsbury Academy. Dem Prospekt nach eine renommierte Schule, die vor allem viele berühmte Sportler und Künstler aber auch einige Politiker herausgebracht hatte. Dort gab es natürlich hervorragende Lehrkräfte, eine große Kantine und die lokal beste Schulbasketballmannschaft. Ob sich  Mokuba für diesen Sport interessierte?

Enttäuschung

Ich erinnere mich noch genau an dieses vollkommen nicht rationale Gefühl, das ich hatte, als die Zeitungen von „mysteriösen Todesfällen“ einiger gesellschaftlicher Männer berichteten. Einige davon waren bekanntlich in die Kaiba-Affäre verwickelt, andere wurden in keinerlei solche Verbindung gebracht. Doch ich weiß, sie alle waren schuldig. Die Tode dieser Menschen waren wirklich merkwürdig, bei einigen wusste man nicht, ob man sie als Unfälle oder geplanten Mord einstufen sollte. Einige waren den Autopsien nach ohne jegliche äußere Einwirkungen – also eines natürlichen Todes gestorben. Ein Fall schockierte die Gesellschaft – es war der einzige grausame Tod. Man fischte Einzelteile der Leiche des Richters aus dem Fluss. Es wurde bestätigt, dass der Körper vor dem eintreten des Todes zerlegt worden war. Beim Lesen des Artikels darüber hatte ich dieses Gefühl – die Vorahnung, dass Seto nun kommen würde. Ich hatte Recht. Es war das letzte Mal, dass ich eine japanische Zeitung gelesen hatte.

 

Es war mitten in der Nacht als Katsuya ohne einen bestimmten Grund sich an die Wand eines leeren Wohnzimmers im Erdgeschoss der Villa lehnte. Er war in völlige Dunkelheit gehüllt – das Licht im Zimmer brannte nicht und der Mond draußen versteckte sich hinter Wolken, so dass auch durch das Fenster kein Funken Licht, der seine Anwesenheit verraten hätte, kam. Der Blonde konnte sich selbst nicht erklären, was er da eigentlich tat und so langsam erschien es ihm lächerlich hier auf einen nächtlichen Besuch zu warten. Sollte Kaiba wirklich nach Amerika kommen, so würde er es voller Arroganz bei Tage tun und dabei einen protzigen Auftritt hinlegen – so wie immer. Und nicht wie ein Dieb durch das Fenster einbrechen. Fast hätte er geseufzt, doch ein Geräusch ließ ihn aufhorchen und den Atem anhalten. Ein Klacken und er hörte wie die Gardinen zur Seite gezogen wurden. Eine dunkle Gestalt stieg durch das Fenster in das Zimmer. Merkwürdigerweise kam es ihm in diesem Moment überhaupt nicht seltsam vor. Warum auch? Er hatte genau hierauf gewartet.

„Ich wusste gar nicht, dass Einbrechen zu deinem Repertoire gehört, Kaiba.“

Einen Moment lang herrschte Stille und der Gedanke, er könnte sich geirrt haben und es sei gar nicht Kaiba, durchkreuzte Katsuyas Bewusstsein.

„Welch eine bekannte Stimme, die mir zu Ohren kommt. Köter.“

Dieser spöttische Ton, der ihm mit kaltem Abscheu begegnete. Die Stimme, die ihn provozierte und die von der besonderen Herablassung, die Kaiba stets für ihn aufgehoben hatte, erfüllt war. Als wären sie wieder in ihrer gemeinsamen Schulzeit zurückversetzt worden. Als wäre dies nur ein gewöhnlicher Streit zwischen zwei verfeindeten Klassenkameraden.

Katsuya betätigte den Lichtschalter rechts von sich. Das elektrische Aufleuchten ließ Kaiba für einige Sekunden die Augen zukneifen und danach blinzeln. Es lenkte Katsuyas Blick darauf. So bemerkte er sofort als Kaiba seinen Blick wieder auf ihn richtete, dass das Feuer fehlte. Das Leuchten von Kaibas Augen, an das er so gewohnt war. Dem er in den Wortgefechten immer mit seiner eigenen brennenden Flamme begegnet war. Es war nicht da. Diese blauen Augen blickten ihn wie immer kalt an, doch nun steckte hinter diesem Ausdruck nichts dahinter. Nun wirkten diese Kristalle leblos wie die einer Puppe.

„Köter – oder sollte ich lieber geheimnisvoller Mister Wood sagen, der meinen Bruder aus den Klauen der Machenschaften der bösen Erwachsenen befreite? Seit wann trägst du diesen Namen?“

Wenn Katsuya irgendwo in einer Ecke seines Bewusstseins Dankbarkeit erwartet hatte, so wusste er in diesem Moment, dass er ganz gewiss keine kriegen würde von diesem Mann. Kaiba schleuderte ausschließlich hässliche Gefühle ihm entgegen. Spott. Herablassung. Unzufriedenheit. Doch auch diese wirkten gedämmt im Vergleich zu seinen Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit.

„Seit einigen Jahren inzwischen und ich habe nie daraus ein Geheimnis gemacht. Ich denke diese Information hatte für dich keinen Wert und ging deswegen an dir vorbei.“

Katsuya merkte, wie sich die Schultern seines Gegenübers leicht entspannten. Er dürfte mit ganz anderen Vorstellungen darüber, was er hier finden würde, durch das Fenster geklettert sein. Der Blonde sah sich den ein Meter entfernten Mann an. Immer noch groß und schlank. In durchweg schwarzer Kleidung: schwarze Jeans, schwarzer Pulli, schwarzer Mantel mit silbernen Initialen KC. Sein ehemaliger Rivale kleidete sich wohl auch zu so etwas wie Einbrechen mit seinem ganz eigenen Stil. Doch er war nicht so gut informiert wie immer – schließlich wusste er nicht, dass er bei seinem ehemaligen Mitschüler einbrach. Ob es ihm wohl jetzt an Mitteln fehlte?

„Wo ist Mokuba?“

Es war keine wirkliche Frage, eher ein Befehl ihn zu Mokuba zu führen mit einem höflichen Fragezeichen am Ende. Auch wenn Kaiba für gewöhnlich kein Mann der Höflichkeit war, das hatte er ihm oft genug bewiesen.

„In seinem Zimmer. Um die Uhrzeit dürfte er schon schlafen. Hättest du nicht bei Tage kommen können?“ – es klang nur oberflächlich nach einem Vorwurf, wie sich Katsuya zugestehen musste. In Wahrheit hatte er doch ganz genau gewusst, dass dieser Mann mitten in der Nacht hier auftauchen würde und er hatte es für keine Sekunde als unangebracht oder falsch erachtet.

Der ehemalige Chef der Kaiba Corporation antwortete nicht. Er bedachte Katsuya stattdessen mit einem nichtssagenden Blick. Der Blonde konnte nicht einmal den gewohnten Hauch von Abscheu oder Belustigung in diesen Augen finden. Sie waren wie mit zwei Glasaugen ausgetauscht. Ja, Glasaugen – das war der richtige Begriff um die blauen Kristalle zu beschreiben. Sie verrieten nichts von den Gedanken ihres Besitzers. Es verstrichen einige schweigsame Minuten, in denen Katsuya abwartete und den reglosen Seto Kaiba beobachtete.

„Mokuba hat ein eigenes Zimmer?“, fragte er schließlich in einem neutralen Ton nach.

„Natürlich. Er ist jetzt mein Pflegekind. Er hat hier ein Zimmer, den Anspruch die Bediensteten Herumzukommandieren und ist in eine Schule eingeschrieben, die er ab Montag besuchen wird.“

Wieder verstrich stille Zeit, eher einer von beiden etwas sagte. In diesen langen Minuten suchte Katsuya nach einer positiven Regung in seinem Gegenüber. Er erinnerte sich noch sehr gut an die Fürsorge und Zärtlichkeit, mit der Seto Kaiba in der Vergangenheit immer seinem Bruder begegnet war. Mokuba war immer die heilige Ausnahme für den sonst so gewissens- und lieblosen Jugendlichen gewesen. Doch nun konnte er nichts von dem sanften Ausdruck, von der Sorge um seinen Bruder oder der zu erwartenden Erleichterung darüber, dass es Mokuba offensichtlich gut ginge, in den Zügen des Schwarzgekleideten finden. Was hatten Zeit und diese Kaiba-Affäre nur angerichtet?

„Dann ist er gut hier aufgehoben“, sprach Kaiba schließlich etwas leiser als zuvor. Katsuya hatte den Eindruck die Worte waren für Kaiba selbst und nicht für ihn gesprochen worden. Darüber nachdenkend entging ihm erst der Sinn dieses Satzes. Erst als Kaiba in einer Stimme voll von Arroganz und Überlegenheit weiter sprach, verstand Katsuya.

„Gut, führe mich zu einem Gästezimmer. Zum besten Gästezimmer dieses durchschnittlichen Hauses. Ich werde bis morgen früh hier bleiben. Hoffen wir, dass ihr hinnehmbare Betten habt.“

„Kaiba, was hast du vor?“, versuchte der Blonde die Frage zu stellen, die er hätte sofort stellen müssen. Sein Gesprächspartner ignorierte diese jedoch gänzlich.

„Immer noch die schlechten Manieren, Köter. Man lässt einen Gast, vor allem so einen hohen Gast wie mich, nicht warten!“

Typisch. Es passte wirklich wunderbar zu Kaiba – zu Kaiba aus seiner Erinnerung – sich als „Gast“ zu bezeichnen nach dem er durch das Fenster eingestiegen war. Wenn er die Augen schließen würde, würde er dann einen Unterschied zu früher merken? Nein, wahrscheinlich nicht. Es würde alles so sein als wäre er nie nach Amerika gegangen, als hätte er nie seiner Heimat den Rücken gekehrt, als hätte er nie seine Freunde im Stich gelassen… und als hätte Kaiba nie seine Firma und seinen Bruder verloren. Dann würde er vielleicht auch einen hitzigen Kommentar diesem Kotzbrocken entgegen schleudern anstatt sich gelassen von der Wand zu lösen, mit einer einladenden Bewegung die Tür zu öffnen und Kaiba zu einem Gästezimmer zu führen.

 
 

***
 

 

Kaiba fasste in einer schnellen Bewegung nach seiner Hand und hielt diese mit eisernem Griff fest. Doch er führte sie nicht weg von seiner Wange. Er stoppte ihre Bewegung, ließ Katsuya nicht weiter über dessen Gesicht wandern. Doch er ließ sie an dieser kalten Haut, die langsam seinen Fingern Wärme entzog. Katsuya blickte tief in die Augen seines Gegenübers, versuchte etwas darin zu finden, doch er stieß nur auf das Nichts. Er spürte Stiche, die einer nach dem anderen sich in sein Herz bohrten. Er legte auch die zweite Hand auf das Gesicht Setos, auf die andere Wange, und ließ sie dort. Diesmal folgte darauf kein weiterer Haltegriff. Er fühlte einen Klos in seinem Hals und ein unbestimmtes Gefühl sich immer mehr seinen Augen nähern. In diesem Moment – wo er die Kälte von Setos Haut unter seinen Fingern spürte und in diese so veränderten, nichtssagende Seelenspiegel blickte – merkte er endlich wie sehr ihm sein altes Leben fehlte. Wie sehr er die heiteren Freuden seiner früheren Tage vermisste. Ja, es war ein Leben voller Schwierigkeiten, voller Gosse und Schmerzen gewesen. Er wurde oft nicht besser als ein Straßenhund behandelt. Doch trotzdem hatte er so viel Spaß tagtäglich gehabt. Hatte sich über vollkommen belanglose Dinge aufgeregt. Hatte sich nie ernsthaft einen Plan für die Zukunft zurechtgelegt, außer allgemeinen Floskeln. Er hatte Freunde, mit denen er viel erlebt und viel gelacht hatte und die ihn nie im Stich ließen. Er musste sich nicht einsam fühlen. Und er hatte nach Herzenslust geflucht, wenn es ihm dreckig erging. Oft hörte ihm sogar jemand zu, den es interessierte.

Er spürte wie sich ein Arm um ihn legte und ihn näher an Seto zog. Suchte der andere auch nach dieser so fern erscheinenden Zeit? Bestimmt.

Sie standen in einem Gästezimmer, in das Katsuya sie geführt hatten. Wie gefordert das beste Zimmer, das diese Villa zu bieten hatte. Die Tür stand noch offen, doch das kümmerte sie nicht. Wer würde um diese Uhrzeit hier schon vorbei wandern?

Katsuya senkte seinen Blick. Seine Hand wurde nicht mehr gehalten. Stattdessen legte sich ein zweiter Arm um ihn und kalte Finger strichen über seinen Rücken, die er trotz des Stoffes seines Pullovers spürte. Der Blonde senkte seine Hände und legte sie auf den Schultern Setos ab. Seine Stirn berührte den Hals des anderen. So standen sie da. Eine ganze Weile, in der Katsuya auf den Atem Setos hörte und die Berührung genoss. Sanft prasselten die Erinnerungen an warme Tage auf ihn ein.

 
 

***
 

 

Es war ein sonniger Morgen Mitte Mai, an dem Katsuya Wood und Seto Kaiba, zuwider ihrer Natur und der alten Rivalität, friedlich zusammen frühstückten. Ein junges Mädchen Namens Lara schenkte ihnen jeweils eine Tasse Kaffee ein. Jeder von ihnen war damit beschäftigt schweigsam eine Zeitung zu lesen – beide jeweils die Börsenseite zwei verschiedener Zeitungen. Ihre Konkurrenzfirma stieg immer noch ab, stellte Katsuya automatisch fest, obwohl seine Gedanken auf verräterische Weise immer wieder zu dem Mann am anderen Ende des Tisches zurückkehrten anstatt sich auf die gedruckten Informationen zu konzentrieren. Im Moment wirkte dieser wie ein souveräner Geschäftsmann – weder Haltung noch Ausstrahlung glichen dem Seto Kaiba, den er bisher kennengelernt hatte. Oder sollte er eher sagen den beiden Seto Kaibas, die er bis jetzt kannte? Der Mann, der gestern durch das Fenster einbrach, war ebenfalls ganz anders als der Jugendliche in seiner Erinnerung gewesen.

Er hatte das Bedürfnis etwas zu sagen, mit ihm zu reden – doch er wusste einfach nicht was. Ihn nach seinem weiteren Vorgehen zu fragen schien in diesem Moment zu unpassend. Über Geschäftliches zu oberflächlich und über das Wetter zu banal. Blieb noch „Duel Monsters“ – doch das war dann ein doch etwas schmerzliches Thema für ihn selbst, vor allem im Zusammenhang mit Kaiba, den er nie besiegt hatte. Außerdem wusste er nicht, ob der andere überhaupt noch spielte. Er vermutete eher nicht.

Doch bevor er frustriert aufgeben und das erste was ihm in den Sinn kam sagen konnte, ging die Tür auf. Es trat ein noch nicht ganz wacher Mokuba mit verwuschelten Haaren ein. Er war im Begriff etwas zu sagen, doch die Worte blieben unausgesprochen bei dem Anblick, der sich ihm bot. Bei dem Anblick seines Bruders.

„Seto!“ – es war ein lauter und sehr freudiger Aufschrei. Das breite Grinsen auf dem Gesicht dieses Teenagers, der dabei war erwachsen zu werden, erinnerte stark an das frühere Kind, welches seinen Bruder liebte. „Du bist…gekommen.“ Doch die Euphorie verschwand schnell aus dem Gesicht und auch der Stimme Mokubas. Katsuya konnte es gut nachvollziehen. Hier saß der lang ersehnte Bruder nun und trank in aller Ruhe seinen morgendlichen Kaffee mit einer Zeitung in der Hand. Nichts in ihm zeigte auch nur eine Spur von Anstrengung, die er gehabt hatte um hier anzugelangen. Keinerlei überschwängliche Emotionen, nicht einmal ein Aufstehen. Doch wenn es so einfach war wie Kaibas Haltung es zeigte, wieso war er dann nicht früher gekommen? Oder war er ihm einfach nicht mehr wichtig? Diese Frage stand Mokuba förmlich ins Gesicht geschrieben. Doch es war als würde sein Bruder dies alles einfach ignorieren. Als würde er auch die Zeit ignorieren, in der er Mokuba nicht gesehen hatte.

„Hallo, Mokuba, setz dich. Habe ich dir nicht oft genug gesagt, du sollst dich ordentlich fertig machen bevor du zum Frühstück kommst?“

Für einen Moment hatte Katsuya das starke Bedürfnis seine Tasse nach dem brünetten Kopf zu werfen und hatte nur mit äußerster Willenskraft widerstanden. Doch dann sah er das Lächeln, das sich auf Kaibas Lippen legte. Ein sanftes und liebevolles Lächeln.

Mokuba sah es auch und die Bitterkeit in seinem Blick verschwand. Stattdessen drehte er den Kopf zur Seite und schlenderte zum Tisch, an den er sich setzte und einen Teller zu sich zog.

„Ich komme zum Frühstück wie ich will. Ich bin alt genug“, murmelte er.

Man konnte die gemischten Gefühle, die nun Mokubas innere Welt beherrschten genau an seiner Haltung, seinem Gesicht und seiner Stimme ablesen wie aus einem Buch. Bei diesem Anblick musste Katsuya schmunzeln. Es erinnerte ihn an seine eigene Unbeholfenheit manche Gefühle zu zeigen und auszudrücken. Sein Blick traf auf den von Kaiba Senior. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass in diesem Moment eine Entscheidung gefällt wurde. Es war ein leises Flüstern in seinem Kopf, das ihm die Zukunft verraten wollte und noch zu leise dafür war. Ähnlich wie bei der Vorahnung über die Ankunft Kaibas.

 

Er war herausgegangen um den beiden Brüdern etwas Zeit zu zweit zu geben. Mokuba hatte zwar offensichtliche Schwierigkeiten sich zu sammeln und diese äußerst überraschende Situation in den Griff zu bekommen, doch Katsuya war sich sicher, dass er es noch schaffen würde. Vielleicht würde er nicht darüber reden können, wie er sich die letzten Monate gefühlt hatte, sogar ganz bestimmt nicht, aber er würde zumindest wieder mit seinem Bruder lachen können wie früher. Er war überzeugt davon.

Also setzte er sich an den Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer und fing mit dem Beantworten der Mails an, von denen sich schon einige über die letzten zwei Tage angesammelt hatten. Nach einer Stunde, in der die Anzahl der Mails nicht wesentlich kleiner wurde, versetzte er seinen Laptop seufzend in den Standby Modus. Da die Kaiba-Brüder anscheinend immer noch im Esszimmer verweilten, entschied er sich ohne eine Verabschiedung ins Büro zu fahren. Es warteten noch einige Dinge auf ihn. Halleluja! War Arbeit nicht was schönes?

 
 

***
 

 

Seto stand in Katsuyas Büro an einem Fenster. Er schien zu überlegen und Katsuya wollte sich nicht in den Gedankenprozess dieses Mannes einmischen. Er verrichtete einfach leise vor sich hin die Papierarbeit, mit der er täglich zu kämpfen hatte. Wozu hatte er eigentlich eine Sekretärin und ganze Abteilungen für Papierkram? Immer wieder seufzend vertiefte er sich in Berichte der letzten Woche. Er hatte die Anwesenheit seines früheren Rivalen ganz vergessen, doch nach einiger Zeit mischte sich in die geschäftlichen Gedanken völlig unangekündigt die Erinnerung an die gestrige Nacht. Sie hatten mindestens eine ganze halbe Stunde in der Umarmung verharrt eher er gute Nacht gewünscht hatte und gegangen war. Er hatte nicht die geringste Ahnung was für eine Bedeutung es hatte und er war sich nicht sicher ob es überhaupt eine Rolle spielte. Er hatte unerwarteten Halt gefunden wo er ihn überhaupt nicht erwartet hatte. Zumindest nicht in der Form. Doch viel wichtiger als das war die Frage wie es weiter gehen würde und diese konnte er immerhin stellen.

„Was hast du jetzt vor?“

Angesprochener drehte seinen Kopf zu dem Blonden und Sonnenstrahlen spiegelten sich in den blauen Augen, so dass sie bei seiner Antwort glänzten.

„Meine Firma zurückholen natürlich.“

Kaibas Stimme klang dabei so selbstverständlich und sicher, dass Katsuya für keinen Augenblick daran zweifelte, dass er es auch schaffen würde.

„Also, ich lasse Mokuba dann in deiner Obhut.“

„Ja…“ Moment. In seiner Obhut? Er nahm ihn nicht wieder zu sich? „Wie, du lässt ihn bei mir?“, hackte er ungläubig nach.

„Ihr habt sogar schon eine Schule ausgesucht. Ich denke, er wird sich hier schnell einleben. Er ist ein sehr heiterer Junge.“

Fassungslos nickte Katsuya einfach.

„Ich werde mich dann auf den Weg machen.“

Seto Kaiba stieß sich vom Fenster ab und verließ mit zielstrebigen Schritten das Zimmer. Zurück blieb ein äußerst irritierter und schockierter Katsuya zurück.

Moment… Mokuba war sein Pflegekind und nun wurde offiziell beschlossen, dass er auf längere (unbefristete) Zeit bei ihm bleiben würde. Er wurde gerade ganz klar zum… Pflegevater?!

Es dauerte eine Weile, in der er reglos an seinem Schreibtisch gesessen und seine Gedanken geordnet hatte. Der Schock saß tief und ließ nur langsam von ihm ab. Es dauerte bis ihm endlich dämmerte was für eine Verantwortung er auf sich geladen hatte. Er war selbst noch sehr jung – gerade erst aus dem Teenie-Alter raus. Er war bei einem Mann aufgewachsen, der nicht gerade als gutes Vorbild, wenn man ein Vater sein wollte, diente. Er hatte keinerlei Erfahrung damit wie man mit verletzten und verlassenen Jugendlichen umzugehen hatte. Er hätte zu seiner Straßenzeit nicht einmal sagen können, wie man am besten mit ihm selbst umzugehen hatte. Und dass Mokuba nicht ein „heiterer Junge“ – wie es Kaiba formuliert hatte – sein würde, wenn er die Nachricht über das erneute Verschwinden seines Bruders hörte, war offensichtlich. Katsuya war sich aus irgendeinem Grund ziemlich sicher, dass Mokuba es noch nicht wusste. All diese Gedanken waren Katsuya durch den Kopf gegangen und einige hatten ihn für lange Momente erschreckt. Doch letztendlich wurde ihm bewusst, dass er keine Vaterfigur zu spielen brauchte – er war keine. Er würde einfach versuchen Mokuba ein Zuhause zu geben und ihm die Möglichkeit geben immer zu ihm zu kommen. Er war Katsuya – so wie er auch früher, als sie vor so vielen Jahren gemeinsam Dinge erlebten, Katsuya war. Er handelte und gab nie auf.

 
 

***
 

 

Er strahlte zwar nicht über das ganze Gesicht, doch von ihm ging eindeutig eine sehr entspannte und zufriedene Aura aus. Sein Gesicht zeigte zwar kein breites Grinsen, wie Katsuya irgendwo in hinteren Winkeln seines Bewusstseins erwartete hatte, doch er war friedlich und zeigte keinerlei Bitterkeit oder Bestürzung. Der beste Beweis dafür, dass er es noch nicht wusste. Innerlich seufzte der Blonde tief und schrie einen imaginären Seto Kaiba an.

„Wie war es mit deinem Bruder? Geht es dir jetzt besser?“

Er sah wie sich eine kleine Röte auf das Gesicht des Schwarzhaarigen legte, während er den Kopf zur Seite drehte.

„Ja… ich denke schon. Es war…schön.“ Mokuba starrte weiterhin die Wand an, als ob ihm die Aussage peinlich wäre.

„Das ist gut. Aber ich befürchte ich habe keine gute Nachricht für dich…“

Misstrauisch sah Mokuba wieder auf. Ein Schatten von Angst huschte für nur Bruchteile einer Sekunde über sein Gesicht, doch Katsuya entging es nicht. Verletzungen hinterlassen Eindrücke und Wunden – manchmal auch Narben, nicht wahr?

„Seto Kaiba ist wieder abgereist. Seine Firma zurückerobern. Du wirst für eine Weile hier bleiben müssen.“ Vielleich für eine sehr lange Weile, fügte er gedanklich hinzu.

Eine sehr langsam voranschreitende Minute lang erwiderte der Kleine nichts. Starrte ausdruckslos auf Katsuya. Dann legten sich Wut und Enttäuschung sehr offen auf sein Gesicht. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.

„Dieser… Dieser…“

Ohne den Satz zu beenden stürmte Mokuba raus und er hörte das Zuschlagen einer Tür.

Mistkerl. Das war das treffende Wort. Dieser Mistkerl.

Schatten

Mokuba hatte – wie er es vorausgesehen hatte – nicht sehr erfreut auf die Nachricht über das erneute Verschwinden seines Bruders reagiert. Er war zwar nicht in seinen komplett desinteressierten Zustand zurückgefallen und war ohne Widerworte zur Schule gegangen, jedoch hatte er noch wochenlang schlechte Laune. Ab und an hörte Katsuya, während er abends an Mokubas Zimmer vorbeiging, leise Schluchzer. So weh es auch tat, musste sich der Blonde gestehen, dass er an dieser Situation nichts ändern konnte. Er gab sein Bestes, um den Jugendlichen von seinen Sorgen abzulenken und führte ihn an freien Tagen an verschiedene Orte, wie Autorennen und Schießstände. Jedoch war der Blonde weiterhin sehr stark eingenommen von seiner Arbeit und dem vielen Lernen. Sein Vater hatte den Wunsch geäußert, dass Katsuya einen Abschluss an einer renommierten Universität machte (ohne jemals dort anwesend gewesen zu sein). Dafür war eine lange und gut ausgearbeitete Abschlussarbeit notwendig, an der der zukünftige Erbe momentan in der meisten seiner Arbeitsfreien Zeit saß. Er spürte sehr deutlich, wie ihm der Bezug zu Mokuba, der sich ihm gegenüber recht verschlossen hielt, entglitt. Doch mehr als die Unternehmungen und ein gemeinsames Frühstück konnte er ihm nicht bieten. Er war sehr erleichtert, als sein persönlicher Assistent ihm berichtete, was er vom Chauffeur Mokubas gehört hatte: der junge Master Kaiba hatte sich gut in der Schule eingelebt und hatte schon viele Kontakte geknüpft. Der Blonde war erfüllt von Dankbarkeit darüber, dass Johnson ihm diese Mitteilung machte. Er stellte aufs Neue fest, was für gutes Personal im Haus angestellt war. Es waren alles sehr nette und herzliche Menschen. Johnson war aber noch ein Stück mehr als bloß ein Angestellter. Er war ein guter Berater und sehr aufmerksam. Er war einer der wenigen Menschen in Amerika, mit denen Katsuya eine Art freundschaftliche Beziehung pflegte und dem er ab und zu ein wenig von seinen Sorgen erzählte.

Über Mokubas Schulerfolg wunderte Katsuya sich nicht, denn der Jugendliche war neben der Sache mit seinem Bruder ein heiterer Bursche, der zudem einwandfrei die englische Sprache beherrschte. Das bewunderte Mokubas Chauffeur auch sehr besonders, hatte Johnson ihm gesagt. In diesem Moment stellte Katsuya zum ersten Mal bewusst fest, dass das Auto, in dem man immer gefahren wurde, eins der wenigen Orte war, an dem man wirklich ehrlich sein konnte. In dem man sich meist sicher fühlte. Der Fahrer wurde nicht als eine fremde Person angesehen, sondern als ein vertrauter Zusatz zu dem Auto. Ein guter Zuhörer und Ratgeber. Vielleicht hätte er doch Taxifahrer werden sollen, dachte Katsuya etwas besser gelaunt.

 

Es war schon später Abend und Katsuya saß noch an seinem Arbeitstisch als ihm dieser Gedanke kam. Er musste schmunzeln und legte daraufhin den Stift zur Seite. Er fühlte sich erschöpft und müde, trotzdem war das Gefühl die Arbeit wäre nicht weniger geworden, weiterhin vorhanden und trieb ihn zu mehr und mehr Überstunden an. Sogar wenn er daheim ankam, arbeitete er weiter. Aber die Arbeit war nicht das einzige, was ihm keine Ruhe ließ.

Vorsichtig, Schritt für Schritt. Leise wie eine erfahrene Jagdkatze. Zuerst versteckt hinter anderen Masken, schlich sich etwas in seine innere Welt. Es war ein Gefühl und es dauerte fast zwei Monate, bis er es endlich bemerkt hatte. Doch er wollte nicht darüber nachdenken und schob es immer wieder zur Seite, versuchte es zu ignorieren. Vielleicht sollte er auch eine Fahrt unternehmen und endlich ehrlich zu sich selbst sein? Der Blonde sah zur Wanduhr auf, dessen Stundenzeiger auf der Elf stand und seufzte. Schon? Trotzdem stand er auf und ging Richtung Ausgang des Hauses, auf dem Weg noch seine Jacke und den Autoschlüssel holend. Selbst fahren war zwar nicht so effektiv wie rumkutschiert zu werden – aber es war ein Anfang. Er sagte am Eingang Bescheid, dass man ihn erst in einigen Stunden wieder zu erwarten hatte.

 

Er fuhr über den Highway und ließ seinen Gedanken endlich freien Lauf.

Katsuya hatte schon in seiner Mittelschulzeit festgestellt, dass er nicht an Frauen interessiert war. Tristan hatte oft genug nicht jugendfreie Hefte und Videos mitgebracht, doch sie hatten niemals eine sexuelle Wirkung auf Katsuya gezeigt. Im Gegenteil, einige davon stießen bei ihm auf sehr heftige Ablehnung. Um es auszutesten schleifte Tristan ihn eins zu sich und zeigte ihm einen Schwulenporno. Er konnte nicht behaupten, dass er überschwänglich begeistert und sofort gekommen war – aber er fand das Video ganz angenehm. Auf jeden Fall besser als die sonstigen Videos, die ihm Tristan zeigte. Ab da brauchte er einige Zeit, um es zu realisieren und noch etwas länger um es zu akzeptieren – aber er war schließlich Katsuya, nicht wahr? So hatte er die Tatsache, dass er vom anderen Ufer war, einfach hingenommen. Auch Tristan (der einzige seiner Freunde, der davon wusste) tat es und dafür war er ihm immer sehr dankbar gewesen. Seitdem hatte er nie Probleme mit seinen Neigungen gehabt und hier in Amerika hatte er zeitweilig sogar einen Partner gefunden – mehr für das Bett als für die Seele, aber das war ihm auch genug gewesen.

Doch nun hatte er eindeutig Schwierigkeiten.

Angefangen damit, dass sie sich schon so lange kannten und früher sich gegenseitig verabscheuende Rivalen gewesen waren. Auch wenn von dem Hass, den er damals gespürt hatte, kaum mehr als eine verblasste Erinnerung übrig geblieben war. Mokuba stand ebenfalls zwischen ihnen – er war immerhin nun sein Pflegekind. Zudem war Kaiba ein Mann der Öffentlichkeit. So vieles sprach gegen die Anziehung, die dieser Mann auf ihn ausübte und trotzdem fühlte er sie ganz deutlich. Seit Kaibas Einbruch regte sich jedes Mal bei dem Gedanken an ihn etwas in Katsuya. Es war kein ernstes oder tiefes Gefühl – eine Beziehung mit Kaiba konnte er sich auch nicht vorstellen. Aber es war ein nicht weiter zu verleugnendes Interesse. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn sie keine gemeinsame Vergangenheit hätten. Wenn sie sich in der Nacht in der Villa zum ersten Mal getroffen hätten. Dann hätte es eine sehr viel längere Nacht werden können. Dann würde er sich nicht immer wieder bei der Frage erwischen wie wohl Seto nackt aussah – er würde die Antwort darauf schon wissen. Resigniert seufzte der Blonde.

Vor seinem Auge tauchte ein großer Schatten auf und Katsuya trat die Bremse durch. Nach einigen Sekunden voller quietschender Reifen blieb das Auto stehen. Gott sei Dank hatte er das Lenkrad nicht umgerissen und war angeschnallt gewesen, ging es ihm durch den Kopf. Schwer atmend sank sein Kopf auf das Lenkrad. Das war ein Schock gewesen. Es verstrichen einige Momente, in denen er nur auf seine Atmung achtete.

Was war das? Es gab keinen Aufprall, also hatte er nichts überfahren. Er löste den Gurt und stieg langsam aus, um sich umzuschauen. Er konnte nichts Auffälliges erkennen. Er stieg noch ein Mal ins Auto und holte eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach. Er ging einige Schritte weg vom Wagen und leuchtete in verschiedene Richtungen. Auf beiden Straßenseiten befand sich weitläufiges Nichts. Vertrocknete Felder, die langsam zur Wüste wurden, mit vereinzelten Sträuchern viele Meter von der Straße entfernt. Es war eine klare Nacht, so dass er auch viel ohne das Licht der Taschenlampe hätte erkennen können. Trotzdem suchte er mit ihrer Hilfe die Straße aufmerksam ab. Er fand nichts. Er versuchte angestrengt sich zu erinnern, was er genau gesehen hatte. Es war groß und dunkel gewesen. Schnell. Ja, es war auch schnell gewesen. Doch weiter kam er nicht – es kam ihm nur eine Fratze in den Sinn, die er als Kind auf einem Festival gesehen hatte, wenn er weiter darüber nachdachte. Seufzend gab er auf und kehrte zum Auto zurück. Vielleicht hatte er es sich einfach eingebildet?

Katsuya verstaute die Lampe wieder an ihren Platz und schnallte sich an. Er atmete tief ein und aus eher er den Motor startete. Eins bewies dieser Vorfall – es war doch nicht sehr ideal im Auto nachzudenken, wenn man selbst am Steuer saß.

 

„Wie war die Fahrt?“, hörte Katsuya die Frage sobald er das Haus betreten hatte. Verwundert drehte er sich zu der Gestalt einige Meter entfernt. Es war ein breitschultriger, großer Mann – mindestens einen Kopf größer als der Blonde – mit schwarzen Haaren und großen grünen Augen, die momentan einen leicht besorgten und sanften Ausdruck hatten. Der Mann sah nach Mitte Dreißig aus.

„Johnson, Sie sind noch auf?“, fragte Katsuya überrascht, während er die Jacke auszog und diese an ihren Platz hängte.

„Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dass Sie alleine um die Uhrzeit unterwegs sind, Master Katsuya.“

Der Blonde lächelte leicht. Er war kein kleines Kind mehr, auf das man aufpassen musste, aber die Fürsorge dieses Mannes rührte ihn mehr als sie störte.

„Es ist alles in Ordnung, ich hatte nur eine kleine Auszeit gebraucht.“

Über die Erscheinung schwieg er – es war nicht wichtig und deshalb kein Grund unnötige Sorgen in Johnson zu wecken. Der Schwarzhaarige lächelte sein wissendes Lächeln und Katsuya war sich vollkommen sicher, dass es diesem Menschen nicht entgangen war, dass etwas an Katsuya genagt hatte in letzter Zeit. Neben der Arbeit, versteht sich.

„Geht es Ihnen jetzt besser?“

Katsuya grinste.

„Jopp.“

In solchen Momenten fühlte er sich wie früher. Gut und frei! Doch solche Augenblicke verflogen ziemlich schnell. So wie jetzt, als ihm die wesentliche Frage in den Sinn kam, die er ganz übergangen war. Wie stand Seto Kaiba eigentlich zu Homosexualität?

 
 

***
 

 

 

Er stand in der Mitte eines Klassenzimmers. An der Tafel waren leicht verwaschene Zeichen zu sehen, doch er konnte nicht entziffern was sie bedeuteten. Die Tische standen unordentlich um ihn herum – als ob sie extra einen Kreis um ihn bilden sollten. Es war später Abend und hier war es halbdunkel. Doch trotzdem konnte er erkennen, dass alles voller Staub war. Auf dem Lehrerpult lagen vertrocknete Blumen und neben dem Tisch erkannte er einige weiße Scherben, als er seinen Blick auf den Boden lenkte. Überall waren trockene Blütenblätter verstreut, am meisten direkt vor seinen Füßen. Ihm war kalt. Obwohl er wusste, dass es Sommer war, ließ ihn der Gedanke nicht los, dass die Temperatur nah am Gefrierpunkt lag. Hinter ihm war jemand. Er brauchte sich nicht umzudrehen um das zu wissen. Er wusste auch genau, wer es war. Er wollte sich auch nicht umdrehen. Er wollte nicht. Er wollte nicht. Doch sein Körper tat es. Sein Blick richtete sich auf braune Haare, von denen er wusste, dass sie dank den vielen verschiedenen Kurmitteln weich waren. Er sah auf den schlanken Körper, der ihn arroganter Haltung an einen Tisch lehnte. Doch diese Gestalt hatte kein Gesicht. Alles unterhalb der Haaransätze bis zum Hals war in merkwürdige Schatten gehüllt. Die Gestalt beugte sich vor und war auf einmal ganz nah an ihm. Er wollte einige Schritte zurückgehen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Stattdessen beugte er sich weiter vor. Aus den Schatten um das Gesicht des anderen kam eine Hand. Es war eine dunkelviolette Hand mit langen Fingernägeln. Finger – von seinem Blick verfolgt – näherten sich seiner Brust und gingen durch seine Kleidung, seine Haut und seine Knochen hindurch. Er spürte unvorstellbare Kälte seinen Körper ergreifen. Der Arm zog sich wieder zurück und die Finger hielten etwas. Etwas Schimmerndes.

Katsuya schlug die Augen auf. Er lag in seinem Bett, die Decke zur Seite geschlagen. Es war noch dunkel draußen. Der Blonde richtete sich auf. Was war das nur für ein irrer Traum gewesen?

Er brauchte einige Momente bis er ganz wach und geistig anwesend wurde. Er blickte zu seinem Digitalwecker, der zwanzig vor fünf Uhr morgens anzeigte. Also nicht mehr lange bis zu seiner Aufstehzeit, da lohnte es sich nicht, sich wieder schlafen zu legen. Außerdem war er hellwach. Der Blonde fuhr sich durch das Haar und seufzte. Letzteres wurde wohl so langsam zu einer Gewohnheit für ihn. Er stand auf und schlenderte Richtung seines persönlichen Bades, welches direkt mit seinem Zimmer verbunden war. Er betrachtete sein Spiegelbild. Auffallend waren die Augenringe, die wieder ein Stück dunkler geworden waren verglichen mit dem letzten Morgen. Aber das war in Ordnung. Er musste nur noch ein wenig durchhalten. Bald würde die Zusatzarbeit wegfallen und er würde zu seiner gewohnten Tagesordnung zurückkehren, in der ganze sechs und manchmal glatt acht Stunden Schlaf vorgesehen waren. Er durfte jetzt nur nicht sich ablenken lassen und nachlassen. Aber das würde er schon schaffen – schließlich war er Katsuya.

Seine Gedanken kehrten wieder zu dem merkwürdigen Traum zurück, der ihn vorzeitig geweckt hatte. Sogar seine Träume sagten ihm, dass er kein tieferes Verhältnis als sein jetziges zu Seto Kaiba entwickeln sollte. Er seufzte ein letztes Mal für diesen Morgen und stieg unter die Dusche. Und auf diesen Rat würde er gewiss hören. Er würde diesen Mann aus seinem Kopf werfen – es gab genug andere attraktive Männer.

 

Ja, ich wollte ihn wirklich nicht als einen erwünschten Partner betrachten und einige Zeit gelang es mir auch. Ich verschwand völlig in meiner Arbeit. An manchen Tagen fühlte ich mich mehr wie eine Maschine als ein Mensch. Ich erledigte alles wie ich sollte. Nur ein Mal kam meine Abteilung in Verzug – in der letzten Woche vor dem Abgabetermin meiner Abschlussarbeit für die Universität. Doch auch diese kleine Krise war nach einer Woche überstanden. Ich bekam meinen Abschluss mit Auszeichnung und wunderte mich darüber wie einfach man gewisse Dinge mit Beziehungen und Geld erreichen konnte. Ich hatte mich immer noch nicht ganz an diese Welt der Einflussreichen gewöhnt. Die erste Phase des neuesten Projektes, an der in der Firma gearbeitet wurde, war abgeschlossen. Es ging um den Bau des größten Flugzeugs. Die Konstruktionspläne waren zu der Zeit voll ausgearbeitet so wie die Logistik- und Bauplanungen. Ab da wurde es wieder ruhiger in meinem Leben – die erste Stressphase war vorbei. Während der Konstruktion als solche hatte ich wenig mit diesem Projekt zu tun – bis auf wenige Besichtigungen mit meinem Vater dorthin. Doch an die Stelle der Überstunden (die zwar immer noch vorkamen, aber nun im vertretbaren Maße) trat die problematische Beziehung zwischen Mokuba und mir. Ich hatte schnell bemerkt, dass er sich im Haus wie auch in der Schule gut eingelebt hatte und freundlich und gesprächig mit den meisten Menschen umging. Doch sobald wir uns gegenüber saßen, war er wie ausgewechselt. Er war entweder desinteressiert oder abweisend. Natürlich hatte ich versucht mit ihm zu reden – ich bin immerhin Katsuya und Aufgeben war nie was für mich – doch so langsam gingen mir die Ideen aus wie ich ihn dazu bringen sollte sich mir wenigstens ein wenig zu öffnen. Ich war mir sicher, dass er in meiner Anwesenheit etwas von seinen Gefühlen offenbarte. Von der Wunde, die Seto in ihm hinterlassen hatte. Doch wie konnte ich sie heilen? Und wie konnte ich seine Ablehnung mir gegenüber mildern?

Annäherung

Er hatte die Idee! Es war schon etwas her, seit er und Mokuba etwas gemeinsam unternommen hatten, doch nun hatte er am kommenden Sonntag frei. Er hatte sich schon eine Zeit lang den Kopf zerbrochen, was er dem Jugendlichen vorschlagen sollte (er gab die Hoffnung nicht auf, dass dieser trotz des angespannten Verhältnisses zwischen ihnen zusagen würde). Doch ihm kam nichts in den Sinn was in irgendeiner Art und Weise hilfreich für den Zustand Mokubas oder ihr Verhältnis sein sollte. Die rettende Idee war mit seinem treuen Butler Johnson gekommen. Dieser hatte, aus Sorge um die Gesundheit seines Masters, diesem einen Prospekt von der naheliegenden Sportanlage hingelegt.

„Nach diesen ganzen Wochen wäre es vielleicht an der Zeit für etwas Stressabbau, Master Katsuya“, fügte er in einem höflichen aber warmen Ton eher er sich verbeugte und wieder das Zimmer verließ.

Das war es! Stressabbau! Das war etwas, was sie beide brauchten und Sport war da das perfekte Mittel.

 

Mokuba hatte tatsächlich zugesagt am kommenden Sonntag mit zur Sportanlage zu kommen – auch wenn diese Zusage nur ein bloßes Nicken ohne jeglichen Kommentar war.

Nun war er damit beschäftigt mit einem Basketball Körbe zu werfen. Katsuya stand etwas abseits vom Feld und betrachtete die Szene nachdenklich. Das, was ihm auf der Zunge lag war nicht sehr nett. Doch vielleicht würde es im Endeffekt helfen. Er nahm einige Schlucke aus der Wasserflasche in seiner Hand und stellte sie auf einer Bank ab. Mit schnellen Schritten erreichte er Mokuba und mit einer flinken Bewegung entriss er ihm den Ball und nach einigen Dribblern legte er einen Korb. Mokuba machte einen leisen Laut, doch schien sich nicht weiter bewegen zu wollen. Katsuya passte den Ball zu dem Schwarzhaarigen und dieser fing ihn problemlos, doch weiterhin ohne viel Begeisterung. Solch eine demotivierende Haltung war nicht gerade Spielfördernd.

„Dein Bruder ist weg und meldet sich nicht“, sagte Katsuya plötzlich laut.

Sogleich wurde ihm ein harter Pass gespielt. Er fing den Ball und führte ihn Richtung Mokuba.

„Er könnte sich sehr einfach melden, aber er tut es nicht“, sprach der Blonde weiter.

Ein Arm schellte aus und er konnte den Ball nur im letzten Moment von seinem Gegner wegführen. Ein Blick voller Angriffslust traf ihn. Den Effekt hatte er erwartet – jetzt konnte das Spiel beginnen.

 

Sie hatten einige Stunden lang gespielt und nun lagen sie auf einer Wiese in der Nähe eines Fußballfeldes und betrachteten die Sonne, die das letzte Stück ihrer täglichen Reise antrat. Schwer atmend zogen die beiden die frische Luft tief ein. Nach einigen ruhigen Minuten fing Mokuba an zu lachen. Überrascht drehte Katsuya den Kopf zu diesem. Wie erwartet war Mokuba nach seinen Provokationen mit vollem Eifer und Einsatz im Spiel gewesen und hatte sich stundenlang verausgabt. Er war ein zäher Bursche, hatte Katsuya schnell festgestellt. Es waren auch für ihn äußerst anstrengende Stunden gewesen. Doch die ganze Zeit über hatte Mokuba Schweigen bewahrt. Keine Äußerungen von Enttäuschung oder Ärger, wenn er den Ball verlor. Auch keine Jubelschrei, wenn er Punkte machte. Es war als würde der Kleine seine Emotionen wegsperren. Doch Katsuya war nicht entgangen, wie sehr sich der Ausdruck in Mokubas Gesicht verändert hatte. Anfangs verfolgten seine Bewegung zwei lodernde Augen, die von einem angespannten Gesicht mit zusammengepressten Lippen blickten. Doch nach und nach wichen die Wut und Verbitterung und machten der Konzentration Platz. Zum Ende hin war der Sechzehnjährige vollkommen vom Spiel eingenommen und manchmal verriet ein Lächeln, dass er auch Spaß daran hatte. Und nun lachte dieser herzlich neben Katsuya liegend. Der Blonde wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, also wartete er ab. Nach einigen Minuten beruhigte sich Mokuba und fing an zu reden.

„Ich glaube das habe ich gebraucht“, es trat eine Pause ein, während sich der Schwarzhaarige setzte. “Es war wohl keine so gute Idee alles in sich zu fressen und es an dir auszulassen, was?“

Auch Katsuya richtete seinen Oberkörper auf und legte seine Arme auf den Beinen ab.

„Sorry.“

Katsuya versetzte dem anderen einen leichten Hieb auf die Schulter. „Kein Problem“, fügte er grinsend hinzu. Mokuba lächelte darauf hin. Sein Blick wanderte wieder in die Ferne.

„Aber ich verstehe es immer noch nicht. Wieso verhält sich Seto so anders als gewohnt? Wieso hat er mich hier ohne Erklärung zurückgelassen? Was habe ich bloß falsch gemacht?“

Es waren leise gesprochene Worte, in denen weder Wut noch Enttäuschung lagen, die dieser Junge sonst ausstrahlte. Es war eine Stimme, die voller Unverständnis und Schuldbewusstsein war. Der Blonde verpasste Mokuba eine kräftige Kopfnuss.

„Du hast nichts falsch gemacht! Es sind nur Kaibas Flöhe. Stell ihn zur Rede, wenn er wiederkommt“, sagte er lautstark. Doch in ihm breitete sich wieder dieses Gefühl der Machtlosigkeit aus. Er sah, dass Mokuba lächelte und die trüben Gedanken verscheuchte. Aber Katsuya wusste, dass sie weiterhin da sein würden. Dass Mokuba nicht aufhören würde nach dem Fehler bei sich selbst zu suchen und dagegen konnte er nichts machen. Er wusste einfach keinen Weg.

„Wenn er überhaupt wiederkommt“, murmelte der Schwarzhaarige, was eine weitere Kopfnuss zur Folge hatte.

„Natürlich kommt er wieder!“

Katsuya stand auf und streifte einzelne Grashalme von seiner Hose und hielt dann Mokuba eine Hand hin.

„Du wirst sehen. Aber jetzt lass uns zurückkehren.“

Mokuba nickte und griff nach der Hand um ebenfalls aufzustehen. Das Grinsen in seinem Gesicht zeigte, dass er nun sichtlich besserer Laune war als bei ihrer Ankunft auf dem Sportplatz. Fürs erste war also sein Plan aufgegangen.

 
 

***
 

 

„Ich bleibe dann über Nacht bei einem Schulkumpel“, teilte ihm Mokuba im vorbeirennen mit.

„Sei Morgen vor dem Abendessen zurück!“, rief Katsuya hinterher.

Er konnte nicht behaupten, dass sich das Verhältnis zwischen ihm und Mokuba komplett geändert hätte, doch es gab erhebliche Fortschritte seit ihrem Ausflug zum Sportzentrum. Mokuba teilte ihm nun meistens mit wenn er ging und kam immer um ihn zu begrüßen. Sie aßen nun nicht nur morgens gemeinsam, auch das Abendessen wurde gemeinsam verzehrt, was dank der wieder humanen Arbeitszeiten Katsuyas immer öfters möglich war. In dieser Zeit erzählte Mokuba immer wieder von seinem Schulleben und fragte Katsuya über das Projekt aus, das diesem so viel Kraft und Zeit raubte. 

Doch an diesem Abend erwartete ihn wohl ein einsames Abendessen. Seufzend brachte Katsuya Ordnung auf seinen Schreibtisch. Seit Mokuba hier lebte, kam er zu oft in den Genuss von Gesellschaft während den Mahlzeiten, so fühlte es sich jedes Mal allein, wenn der Kleine ausging. Ganz am Anfang seines neuen Lebens aß mit Katsuya meistens sein Vater. Doch das hatte sich schnell verlaufen auf Grund der Arbeit. Momentan war Herr Wood auf Grund des Großprojekts in Taiwan.

Es klopfte an der offenen Tür und Katsuya sah Johnson hereinkommen.

„Mokuba ist so eben weggefahren, Master Katsuya.“

„Ah, gut. Ich bin mit der Arbeit fertig, Sie können also auch gehen, Johnson. Das Abendessen krieg ich selbst hin.“ Ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Blonden unterstrich die letzte Aussage.

„Um ehrlich zu sein, Master Katsuya, meine Frau hat angerufen und angefragt ob Sie nicht wieder bei uns zu Abend essen möchten. Sie hat ihr bestes beim Kochen gegeben und etwas zu viel gemacht.“

Katsuya fühlte eine wohlige Wärme in ihm aufsteigen und ein dankbares Lächeln legte sich in seine Züge. Er war nicht ganz alleine noch. Manchmal, besonders am Anfang, verbrachte er die Abende bei Johnsons Familie, die ihn immer sehr herzlich empfing. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht.

„Vielen Dank, Johnson. Ich werde dieser Einladung mit Freuden nachkommen. Lassen Sie mich nur meine Sachen holen.“

„Ich werde an der Eingangstür auf Sie warten.“

Mit einer angedeuteten Verbeugung verließ der Mann das Arbeitszimmer. Nur einige Minuten später folgte der Blonde seinem Beispiel und holte rasch seine Jacke, Geldbörse und die Autoschlüssel.

 

Er parkte seinen Wagen direkt neben Johnsons dunkelblauen 320. BMW cat Attiva und folgte seinem Butler dann in das Hochhaus, zu welchem der Parkplatz gehörte. Es war ein modernes achtzehnstöckiges Haus in einem besseren Viertel der Stadt. Hier gab es hervorragende Anbindungen sowohl für private wie öffentliche Verkehrsmittel. Er wusste auch, dass ganz in der Nähe eine Einkaufspassage mit Kino rund um die Uhr geöffnet war. Diese Gegend brachte ihn immer zum Schmunzeln – es wäre etwas für ihn. Er legte auch immer von seinem Gehalt Geld zurück um sich eine eigene Wohnung in solch einem Viertel zu kaufen. Johnson und seine Familie mieteten ein hübsches Apartment im fünften Stockwerk, in welchen der Fahrstuhl die beiden nun hinbrachte. An der Tür wurden sie sogleich von Johnsons Ehefrau Annie begrüßt, die wie immer Katsuya sehr herzlich und offen empfing. Sie freute sich auch wie immer über die Pralinen, die er ihr überreichte. Er hatte grundsätzlich eine Packung davon im Auto, da er ebenfalls eine Vorliebe für die Marke hatte. Im Wohnzimmer, wo der schon angerichtete Esstisch stand, überfiel ihn ein dunkelblonder Sechsjähriger mit großen grünen Augen.

„Ben! Na, wie geht es? Bereitest du deiner Mutter immer noch so viele Sorgen?“

Das Pflaster auf der rechten Wange des Jungen sowie die blauen Flecken an den Armen zeigten ihm, dass die Antwort offensichtlich „Ja“ war. Die frischen Spuren einer erneuten Prügelei konnten nicht lügen.

„Niemals!“, erwiderte der Junge heftig mit dem Kopf schüttelnd.

„Du Schwindler!“ – Eine Kitzelattacke folgte als Strafe.

„Ben, benimm dich. Das Essen ist fertig, wir sollten uns setzten“, verkündete Annie mit einer einladenden Gäste auf den runden Tisch am Fenster zeigend. Annie war eine hübsche Frau Anfang dreißig und, soweit Katsuya es wusste, keine Amerikanerin. Man hörte manchmal einen leichten Akzent in ihrer Aussprache, doch der Blonde wusste nicht aus welchem Land sie stammt. Aber durch diese kleine Tatsache fühlte er sich der Frau immer sehr verbunden.

Die kleine Familie und Katsuya setzten sich an den Tisch, der mit Einiges an Essen ausgerüstet war. Johnson schenkte ihnen allen außer Ben Wein ein. Ein kanadischer Eiswein, wie er feststellte – gab es Grund zum Feiern? Bevor Katsuya nach Amerika gekommen war, mochte er Wein nicht sonderlich, doch unter den Einflüssen der Geschäftswelt und vor allem dem Einfluss von seinem Vater und Johnson entwickelte er sich nun zu einem kleinen Kenner von Rotweinen.

„Feiern wir heute etwas?“, stellte der Blonde seine Frage laut.

„Aber natürlich!“ – Johnson erhob sich mit seinem gefüllten Glas. „Heute feiern wir, dass Sie, Master Katsuya, die erste Phase des Projektes A399 erfolgreich hinter sich gebracht haben und natürlich sollten wir heute auch Ihren Abschluss zelebrieren!“

Schon wieder breitete sich diese wohlige Wärme in Katsuya aus. Er blickte in diese lachenden Gesichter, die nur hier waren um mit ihm zu feiern. Er war zutiefst gerührt und ja, er war glücklich. Sie waren nicht seine Familie und auch nicht wirklich seine Freunde – sie waren einfach liebe Menschen, die sich für ihn freuten. Der Blonde erhob sich ebenfalls und verbeugte sich.

„Danke! Trinken wir auch auf euch, die wundervolle Familie Walkaw!“ Sie stießen an, sogar Ben hielt sein Glas, gefüllt mit Kirschsaft, hin. „Übrigens, wenigstens hier, in dieser Familienatmosphäre reicht ‚Katsuya‘ vollkommen“, fügte er an Johnson gewandt hinzu.

 
 

***
 

 

„Passen Sie auf sich auf!“

„Mach ich“, lächelnd verabschiedete sich Katsuya und ging zum Fahrstuhl.

Es war ein schöner Abend gewesen. Sie hatten viel gelacht und geredet, vor allem Ben hielt sie alle bei guter Laune mit seiner vorlauten Zunge und den „Heldengeschichten“ aus seiner Schule. So stellte sich Katsuya eine gute Familie vor. Sie achteten auf einander und verbrachten Zeit miteinander. Sie konnten gemeinsam Lachen und er war sich sicher, dass sie sich auch in schwierigen Zeiten unterstützten. Diese Wohnung war ein Ort, an dem er gerne Zeit verbrachte. Auch wenn es nicht oft vorkam – schließlich war dies nicht seine Familie. In solchen Momenten fragte er sich immer wie es war mit einem Partner gemeinsam zu leben. Nach Hause zu kommen, wo jemand auf einen wartete. Morgens nicht mehr alleine aufzuwachen. Wie es wohl war Kinder großzuziehen? Wobei letzteres für ihn nicht in Frage kam. Sogar mit Mokuba war es schon schwierig.

In Gedanken versunken stieg der Blonde aus dem Fahrstuhl und ging zu seinem Auto. Er merkte nicht, wie eine Gestalt ihm folgte. Er merkte auch nicht wie weitere in Schatten gehüllte Männer sich ihm näherten als er sein Auto erreichte und dieses aufschloss. Er merkte erst, dass etwas nicht stimmte, als jemand sein Handgelenk umfasste. Dann war der Schmerz an seinem Kopf da und alles wurde schwarz.

Ängste

Er war umhüllt von Schatten, die sich in einem ihm unbekannten Rhythmus bewegten. Er hatte das Gefühl, dass sie einen Tanz um ihn herum aufführten. Manchmal griff ein Tentakel nach ihm und er spürte an der Stelle Kälte. Für einige Augenblicke hinterließ die Berührung auch eine Taubheit, als wäre der betroffene Körperteil eingeschlafen.

Er versuchte zu sprechen. Er wollte fragen, was diese Gestalten waren, doch kein Laut verließ seinen Mund. Es war als hätte er keine Stimme mehr.

Dann hörte er Geräusche, die ihn an eine Szene aus seiner Kindheit erinnerten. Es war in einer Zeit gewesen noch bevor seine Mutter Shizuka genommen und seinen Vater verlassen hatte. Es war in seiner Grundschule, wo sie die „Nacht des Grusels“ veranstaltet hatten und zum Abschluss dieses Ereignisses gab es ein großes Lagerfeuer. Er stand direkt neben einem der Erwachsenen, der einige längere Äste in zwei brach. Knack. Knack. Knack. Damals, als Kind, hatte er Angst bekommen. Und jetzt, wo er ähnliche Geräusche hörte, meldete sich diese längst vergessene Angst in ihm.

Plötzlich war alles weg. Die Schatten. Die Geräusche. Die Welt um ihn.

Katsuya öffnete die Augen und kniff sie sogleich wieder zusammen. Kurzzeitig wurde er geblendet von einem Sonnenstrahl. Er musste mehrmals blinzeln bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten. Das erste, was ihm auffiel, waren die starken Kopfschmerzen an seinem Hinterkopf. Mit ihnen kam auch fast gleichzeitig die Erkenntnis, dass er nicht wusste wo er war. Der Blonde tastete vorsichtig seinen Kopf ab, während sein Blick verwirrt die Umgebung absuchte. Dem ersten Eindruck nach zu urteilen befand er sich an eine Wand gelehnt in einem großen Schuppen. In der Mitte stand unter einer grauen Decke verborgen etwas großes, was ein Laster oder ein Truck sein konnte. An den Wänden waren Regale mit Werkzeugen und anderen kleinen Dingen angebracht. Insgesamt war der Raum mindestens fünfzehn mal fünfzehn Meter lang und wurde durch die länglichen Fenster im oberen Viertel der Wände beleuchtet. Genau durch solch ein Fenster drang der Sonnenstrahl durch, der auf ihn fiel. Sein Kopf schien zumindest oberflächlich in Ordnung zu sein. Er fand kein Blut und auch keine Beule. Die Schmerzen stammen wahrscheinlich von einem leichten Schlag.

Wie war er hierher gelangt?

Katsuya dachte angestrengt an den gestrigen Abend – er ging davon aus, dass nicht mehr als zwölf Stunden vergangen sein konnten. Er sah sehr deutlich vor seinem inneren Auge, wie er Johnson und Annie verließ und zum Parkplatz ging. Er erinnerte sich wie er die Autoschlüssel herausgeholt und sich zu seinem Auto vorgebeugt hatte. Da hörten seine Erinnerungen auch auf und die Vermutungen fingen an. Er ging davon aus, dass es ein Überfall oder eine Entführung gewesen war. Zweites schien ihm wahrscheinlicher, da er nicht auf dem Parkplatz oder in einem Krankenhaus aufwachte, sondern an einem unbekannten Ort. Doch wenn dies eine Entführung war, wo waren dann die Verantwortlichen? Und wieso war er nicht gefesselt?

Katsuya lenkte seinen Blick, der bis dahin in den Raum gerichtete war, in seine unmittelbare Umgebung und bemerkte die Ansammlung von Seilen und Panzertapestreifen direkt neben ihm. Er nahm eins der Seile und stellte fest, dass es allem Anschein nach durchgeschnitten wurde.

Suspekt.

Seit seinem Aufwachen ergriff ein leicht panisches Gefühl von ihm Besitz und er schüttelte sich. Katsuya zwang sich tief einzuatmen und auszuatmen. Seine Gedanken mussten kühl bleiben. Überhaupt, Angst war nichts für einen Katsuya. Es dauerte einige Minuten, die ihm vorkamen wie eine Ewigkeit, bis das Gefühl abgeklungen war und er sich wieder fassen konnte. Vor dieser Situation wurde er ein paar Mal gewarnt und man gab ihm einige Verhaltensregeln und zu beachtende Dinge mit auf seinen Lebensweg. Doch er hatte nie ernsthaft daran geglaubt, dass er Ziel von Erpressern werden würde – einen anderen Grund für seine Entführung fiel ihm nicht ein. Doch die augenblickliche Situation unterschied sich von den besprochenen. Was Katsuya nicht davon abhielt den Versuch zu unternehmen aufzustehen. Dieser war erfolgreich, auch wenn sein Rücken ihm schmerzlich mitteilte, dass die Lage in der er wahrscheinlich mehrere Stunden verbracht hatte, diesem nicht gefiel. Doch sonst kamen keine weiteren Überraschungen hinzu. Er hatte nicht mal eingeschlafene Beine. Er machte einige Schritte in Richtung der Tür, die sich auf der gegenüberliegenden Seite abzeichnete und blieb neben dem abgedeckten Auto stehen um zu horchen. Doch so sehr er auch seine Ohren anstrengte, konnte er kein verdächtiges Geräusch hören. Er hörte überhaupt nichts bis auf das laute Zwitschern und Singen von Vögeln. Das machte die Situation nur noch suspekter. Was ging hier nur vor?

Durch Katsuyas Kopf rauschten Unmengen an Vermutungen über den Verbleib der Entführer, oder wie sich diejenigen auch bezeichnen möchten, die ihn hergebracht hatten. Von der Annahme, dass sie es mit der Angst gekriegt hatten, nachdem sie feststellten wen sie da mitgenommen hatten bis hin zu dem Gedanken, dass für ihn schon bezahlt worden war. Doch wo blieben dann die Leute, die ihn hier abholen sollten? Dabei fiel ihm auf, dass es keine so schlechte Idee wäre seine Taschen mal nach Wertsachen zu überprüfen. Einige Zeit später, die er genau damit verbrachte, ertönte ein lautes Fluchen aus dem Schuppen. Wie erwartete war alles weg – kein Handy, keine Schlüssel, kein Cent in den Taschen.

Doch das löste weder eine Welle der Verzweiflung noch Angst in ihm aus – nein, stattdessen wurde er wütend! Wie konnten sie es wagen! In seinem Geldbeutel war das einzige Foto aus seiner Kindheit gewesen. Es zeigte ihn und Shizuka Hände haltend auf einem Sommerfest.

Es dämmerte ihm, dass auch sein Autoschlüssel weg war… was mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu bedeuten hatte, dass er auch sein Auto nicht wiedersehen würde! Seinen geliebten Ferrari F450, den ihm sein Vater zu seinem 21. Geburtstag geschenkt hatte. Es war gar nicht so einfach diesen Wagen zu bekommen!  Für einen kurzen Augenblick hatte Katsuya das äußerst starke Bedürfnis diese Bande windelweich zu prügeln, doch dann fiel ihm sein Traum und das Knack-Geräusch ein und jegliche Wut war verflogen. Ein Schauer lief seinen Rücken herunter. Er wollte hier so schnell es ging raus.

Diesen Wunsch setzte er auch sogleich in die Tat um. So leise er konnte, schlich der Blonde zur Tür und horchte wieder einige Zeit an dieser. Doch da er auch diesmal nichts vernehmen konnte, öffnete er diese schließlich. Draußen erwarteten ihn viel Sonnenschein und eine Straße.

Der Schuppen stand einsam auf einer Ebene in einer Gebirgslandschaft, direkt neben einer Straße, auf der momentan kein einziges Auto zu sehen war. Auf der anderen Seite der Straße waren ein steiler Abhang und ein wunderbarer Ausblick auf vertrocknetes Land.

Katsuya ging um den Schuppen herum, doch fand er nichts, was ihm weiter hätte helfen können. Wie es aussah, befand er sich irgendwo im nirgendwo völlig alleine und mit leeren Taschen. Tröstend war der Gedanke, dass sein Handy wahrscheinlich eh keine Verbindung hier gehabt hätte. Der Blonde kehrte wieder in den Schuppen zurück und betrachtete den Innenraum etwas eingehender in der Hoffnung etwas zu finden, was ihn wieder nach Hause bringen konnte. Er nahm von der Wand einen langen schweren Hammer – man wusste nie, nicht wahr? Als nächstes blieb sein Blick auf dem verdeckten Gegenstand in der Mitte hängen. Er näherte sich diesem mit nachdenklichem Ausdruck. Doch mit jedem Schritt wuchs die Aufregung in ihm. Bitte, lass es wirklich ein Auto sein. Bitte, lass die Schlüssel drin stecken!

Solche Gebete in den Himmel schickend, zog Katsuya den rauen Stoff ab, der zu Boden fiel. Ein erster Jubelschrei ertönte. Es war ein Hummer! Ein Hummer H3. Schnell lief der Blonde zur Fahrertür. Jetzt fehlte nur noch der Schlüssel!

 

Er saß niedergeschlagen am Steuer. Er hatte über eine halbe Stunde gesucht, doch natürlich war nirgends der Schlüssel. Er hatte sogar am Ende von einem letzten Funken Hoffnung geführt unter dem Hummer nachgeschaut. Doch vergebens – der Schlüssel befand sich nicht im Auto oder Schuppen. Das Kurzschließen eines Hummers gehörte leider nicht zu seinen Kompetenzen. Er saß weitere zwanzig Minuten am Steuer des Wagens, welchen er nicht ankriegen würde und versuchte nachzudenken. Doch in Wahrheit kam ihm kein einziger klarer Gedanke. Die Einsicht, dass er entweder auf zufällige Hilfe warten oder die Straße entlanglaufen konnte, raubte ihm jegliche Kraft. In seinem Kopf drehten sich Szenen aus verschiedenen Filmen, wo die Helden in zerfetzter Kleidung lange Strecken entlang marschierten, nur um an ihrem Ziel zusammenzubrechen und drei Tage ohnmächtig zu verbringen. Ein Fluch nach dem anderen drang aus Katsuyas Mund und am Ende schrie er wütend auf. Das half.

Wenn ihm nichts anderes übrig blieb, dann würde er eben laufen. Vielleicht war er gar nicht so weit von einer bewohnten Gegend entfernt. Er nahm den Hammer, den er zwischendurch weggelegt hatte, wieder in die Hand und verließ den Wagen wie auch einige Augenblicke später den Schuppen. Die Sonne schien immer noch grell und es war schwül. Er sah nach links und rechts. Welche Richtung sollte er wählen? Einem unbekannten Impuls folgend, setzte er sich in Bewegung und nahm den Weg nach rechts.

 
 

***
 

 

Er hatte Durst und extrem schlechte Laune. Zudem setzte das Gefühl eines tiefen Verlustes in seiner Brust ein bei dem Anblick seines völlig zerschmetterten Ferraris. Katsuya war zwei Stunden gelaufen, in denen ihm kein einziges Auto begegnet war, bis er schließlich an eine Stelle eintraf, um die sich Autos und Menschen sammelten. Männer in blauen Uniformen fotografierten die Überreste eines roten Wagens, der allem Anschein nach mit voller Geschwindigkeit in die Felswand gefahren war. Dass es sein Auto war wurde dem Blonden erst klar, als ein sichtlich erleichterter Johnson ihn in eine Umarmung schloss. Es gab nur einen Grund für seinen Butler Teil dieser Szenerie zu sein – es war Katsuyas Wagen und man hatte vermutlich die letzten Stunden in dieser Gegend nach ihm gesucht. Johnson hatte die Information voraussichtlich als erster erhalten und war sofort hierher aufgebrochen.

Mit einem Mal vergaß Katsuya den Durst und auch die Müdigkeit. Er spürte ein dumpfes Pochen in seinen Gliedern und er hatte das Gefühl als würde eine kalte Hand seine Eingeweide packen. Man sagt von Leuten, die so sehr an ihren Haustieren hängen, dass sie mit diesen reden und bei deren Tod weinen, sie seien einsam. Was war dann er, wenn es ihm so bei dem Verlust seines Autos – eines leblosen Objekts – erging? War mit ihm eigentlich noch alles in Ordnung?

Mit dieser Frage, die sich ihm stark aufdrängte, kam auch eine andere auf. Eine vielleicht viel wichtigere Frage. Wie würde er jetzt aussehen, wenn er in diesem Auto gesessen hätte als es geschah? Was wäre von ihm noch übrig?

„Wer? Wer saß am Steuer?!“, fragte er fast verzweifelt den ihn immer noch umarmenden Johnson.

Dieser löste sich bei der Frage und schien für einen kurzen Augenblick um eine Antwort verlegen, doch dann lächelte er.

„Anscheinend niemand. Keine Verletzten und keine Toten weit und breit.“

 

Ich erinnere mich nicht mehr wirklich an den Rest des Tages. Ich war auf der Polizeistation gewesen und danach brachte man mich nach Hause. Johnson verordnete sofortige Bettruhe. Das einzige, was ich damit noch verbinde, ist der Geruch von Zigaretten. Der beißende Geruch von Zigaretten. Und dieses diffuse Gefühl, dass ich am Steuer gesessen hätte. Dass man meine abgetrennten Körperteile fotografierte und sie dann zusammentrug. Was wäre denn, wenn es wirklich so gewesen wäre? Hätte mich jemand vermisst? Natürlich. Es hätten Leute wie Shizuka oder Johnson und seine Familie um mich geweint. Doch… doch diese Trauer wäre schnell verflogen. Niemand ist unersetzlich – dieser Gedanken kam mir an diesem Abend, als ich in meinem Bett lag. Dieser Gedanken hatte mich auch nie mehr ganz losgelassen. Ich hatte nichts geschaffen, weswegen man sich an mich nach meinem Tod erinnern würde. Mir kam ein düsterer Gedanke, für den ich mich bis heute schäme. Ich wollte… Ich wollte, dass jemand sein ganzes Leben lang um mich trauerte. Mich nie vergaß. Und mit seinem Tod die Trauer um mich weitergab. In alle Ewigkeiten.

 
 

***
 

 

Der Tag hatte mit einem Alptraum für Katsuya begonnen. Nach dem aufwachen war dieser sofort verblasst und er wusste nicht mehr was ihm solche Angst eingejagt hatte. Ihm kam nichts in den Sinn, was so schrecklich sein konnte, dass sein ganzer Körper zitterte. Er rang einige Minuten nach Atem und seine Kleidung war nass von seinem Schweiß. Er wusste, hätte er in einen Spiegel geschaut, so wäre ihm ein Gesicht gezeichnet von blankem Entsetzen begegnet. Aber es dauerte eine ganze Viertelstunde bis er wirklich in seinem Bad in den Spiegel schaute. Bis dahin hatte der Traum ganz von ihm abgelassen und der Blonde konnte sich beruhigen. Sein Spiegelbild wirkte müde, aber sonst völlig in Ordnung. Er grinste es probehalber an und beschloss, dass es gut genug aussah. Also konnte der Tag beginnen.

Den schlechten Start machte das Frühstück wieder wett, während welchem ihn eine heftige Umarmung eines gewissen schwarzhaarigen Teenagers erwartete.

„Gott sei Dank!“, brachte Mokuba heraus und drückte seinen Kopf dann noch mehr an Katsuyas Brust.

Der Blonde fuhr mit seiner Hand beruhigend durch die Haare seines Pflegekindes.

„Es ist alles in Ordnung, Mokuba. Mir geht es gut“, er setzte ein Lächeln hinzu.

Mokuba blickte auf und Katsuya merkte, die leichte Rötung um die Augen herum. Hatte der Kleine solche Angst gehabt? Warum? Er drücke ihn fest und dann ließ er Mokuba los.

„Komm, lass uns frühstücken und du erzählst mir dann wie es bei deinem Schulfreund war, ok?“

Ein Nicken.

Mokuba erzählte wirklich lebhaft während des ganzen Frühstücks über seinen Besuch, vor allem über das neue Videogame, das er und Nick – so war der Name des Schulfreundes – ausprobiert hatten. Katsuya erfuhr in allen Einzelheiten was an dem Spiel gut und was ausbaufähig war und wer wen um wie viel geschlagen hatte. Irgendwann kam ihm diese Erzählung nicht natürlich vor. Mokuba erzählte nie so viel und so genau. Als ob er sich daran festklammern würde, kam Katsuya der Gedanke. Die Kaffeetasse in seiner Hand zitterte und blieb einige Millimeter von seinem Mund entfernt in der Luft. Wie konnte er so blind gewesen sein? Natürlich hatte Mokuba Angst! Eine tief sitzende Angst. Diesem Jungen wurden mit einem Schlag alle Bezüge, die er zum Leben hatte weggenommen. Sein Bruder, sein Zuhause, seine Freunde, seine Schule. Einfach alles. Er hatte jeglichen Halt verloren und wurde in ein neues Leben geworfen. Wäre Katsuya was passiert, dann hätte Mokuba ein zweites Mal sein Zuhause verloren. Als er Mokuba damals sofort nach Amerika holte, war er sich sicher gewesen das richtige zu tun. Doch nun kamen ihm Zweifel daran. Er hatte ihn damit aus seinem Leben gerissen. Nicht er allein, aber er hatte eindeutig auch mitgemacht.

„Alles in Ordnung?“

Katsuyas Augen trafen auf einen verwirrten und leicht besorgten Blick. Sofort zauberte er sich ein Grinsen ins Gesicht.

„Japp. Mir ist nur etwas klargeworden.“

Mokuba legte den Kopf fragend schief.

„Ja und zwar wie viel Arbeit ich heute doch nachholen muss.“ Natürlich war das nicht die Wahrheit und eigentlich war Katsuya ein Mensch, der immer ehrlich und geradlinig war. Doch den Satz „Mir ist nur bewusst geworden, wie schrecklich verletzt du bist und was für Angst in dir toben durfte und dass ich Mitschuld daran bin“ konnte er nicht über seine Lippen bringen. Gehörte auch nicht unbedingt an den Frühstückstisch, nicht wahr?

„Du bist ein schlechter Lügner, Katsuya“, stellte der Schwarzhaarige nüchtern fest. Doch er fragte nicht weiter nach. Er kannte wohl das Gefühl seine Gedanken und Gefühle für sich behalten zu wollen sehr gut.

 
 

***
 

 

Mokuba kam in Katsuyas Arbeitszimmer in der Villa, in dem man diesen meistens finden konnte, wenn er nicht gerade in der Firma war. Sofort fiel dem Blonden der irritierende Gesichtsausdruck auf dem Gesicht seines Schützlings auf. Es war gefüllt mit gemischten Gefühlen von Bestürzung bis hin zur Freude. Er ahnte den Grund noch bevor Mokuba die Zeitung vor ihm hinlegte und mit dem Kommentar „Er kommt hierher“ das Zimmer wieder verließ. Katsuya sah den Artikel, der wie erwartet von Seto Kaiba handelte. Beziehungsweise nicht ganz.

Nachdem Wiederaufbau der Kaiba Corporation mit ihrem zurückgekehrten Chef an der Spitze, bestreitet die Firma eine neuen Werdegang und expandiert nach Amerika! Schon Ende des Monats soll eine Filiale in…

Katsuya legte die Zeitung zur Seite. Kaiba kam also zurück. Die Erinnerung an den Abend wo sie sich in den Armen hielten, die er so erfolgreich die ganze Zeit zur Seite geschoben hatte, drängte sich wieder in seine Gedanken. Wie würde das wohl werden?

Er hoffte inständig, dass dieses Mal Kaiba mehr Liebe und Zeit für seinen Bruder mitbringen würde.

Okaeri

Katsuya lehnte an den schwarzen Jaguar XK, den Leihwagen, den er seit dem Vorfall fuhr. Er hatte Schwierigkeiten sich für einen neuen Wagen zu entscheiden und nahm deswegen seit einer Woche die Dienste einer Leihfirma in Anspruch. Wobei es nicht nur die Wahl des Wagens war, die ihn davon abhielt ein neues Auto zu kaufen. Er konnte sich auch nicht dazu bringen einen Teil seines gesparten Vermögens dafür auszugeben – dieses Geld war für eine eigene Wohnung in der Zukunft zurückgelegt worden. Sein Vater hatte ihn am Tag nach dem Vorfall angerufen und während des Telefonats mit bestürzter Stimme angeboten, ihm ein neues Auto zu schenken. Doch das konnte er nicht annehmen. Ihm war klar, dass sein Vater dies gern getan hätte und es finanziell keinerlei Probleme gegeben hätte. Doch… er konnte nicht. Er hatte seine eigenen Dinge gefälligst selber zu tun und zu bezahlen.

Wie zum Beispiel seinen ehemaligen Erzfeind, der nun zum Bruder seines Pflegekindes wurde, vom Flughafen abzuholen. Wie das kam? Wieso er, der Erbe eines Großkonzerns, mit einem überdurchschnittlichen eigenen Einkommen und gewissem Ansehen (zumindest in der Firma) wie ein billiger Chauffeur auf dem Parkplatz vor der Halle des Flughafens wartete? Das konnte er nicht mal sich selbst verständlich erklären. Es war ein kurzer Anruf auf seine private Nummer gewesen (die Frage woher Seto Kaiba diese besaß dämmerte ihm erst lange nach dem Anruf). Eine ihm wohl bekannte Stimme, die es auf eine irritierende Weise schaffte gleichzeitig abweisend und amüsiert zu klingen, hatte ihm einen einzigen Satz mitgeteilt, eher er das charakteristische Tuten gehört hatte, das das Beenden des Telefonats signalisierte. „Hol mich morgen vom Flughafen ab, sei pünktlich!“

Keine Angaben wann oder wo genau. Aber Katsuya würde sich nie von solchen unbedeutenden Dingen abhalten lassen, nicht wahr? Er hatte schnell bei einem bekannten Reporter herausgefunden mit welchem Flug der zurückgekehrte Firmenchef ankommen würde. Er hatte dies getan ohne weiter darüber nachzudenken. Nun, wo er hier stand, zeigte der Argwohn auf seinem Gesicht in Form von zusammengezogenen Augenbrauen eindeutig die Frage, die ihm die Laune verdarb: Was zum Henker tat er hier?!

 

„Das gibt hässliche Falten.“

Mit vor Missmut funkelnden Augen blickte Katsuya hoch. Natürlich stand Kaiba mit straffen Schultern, verschränkten Armen und leicht nach hinten gelegtem Kopf da. Es wäre doch wirklich ein Wunder, wenn der nahezu reichste Mann Japans keine Überlegenheit mit seiner Haltung vermitteln würde, was?

„Falten sind immer noch besser als eine hässliche Persönlichkeit“, erwiderte er. Doch Katsuya wusste, dass seine Stimme nicht mal ansatzweise so ablehnend klang wie früher. Sie waren beide zu anderen Menschen geworden. Menschen, deren Leben ihnen unerwartete Dinge präsentiert hatte. Bei Kaiba waren es alptraumhafte Erfahrungen, während Katsuya…Katsuya ein neues Leben lebte. Sie beiden waren nun Menschen, die noch nicht gelernt hatten sich gegenseitig ihre neuen Rollen zu zeigen. Ein Erbe und ein fürsorglicher Bruder, der wusste, was es hieß sein Geschwisterchen zu verlieren. Sie hatten wirklich ihr Leben wohl getauscht. In mitten dieses Chaos wünschte man sich manchmal die Vertrautheit seiner Jugend zurück. Auch wenn diese aus bissigen Bemerkungen bestand.

 

Kaiba bedachte das Auto, an dem Katsuya lehnte. Wie damals, als Seto eingebrochen war, hatte Katsuya das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Als würde ein Puzzleteilchen fehlen.

„Neues Auto?“, lenkte Kaiba ihn von seinen Gedanken ab.

Katsuya schüttelte den Kopf und öffnete die Fahrertür, während Kaiba zur Beifahrerseite schritt.

„Ich kann mich immer noch nicht für ein neues Auto entscheiden.“ Bevor der Firmenchef nachfragen konnte, lenkte Katsuya das Gespräch auf ein anderes Thema. „Wie kommt es eigentlich, dass dich keine Horde Reporter verfolgt?“

„Es waren nur zwei und ich habe sie drinnen abgehängt.“

Katsuya nickte und startete den Motor.

 

Es hätte mir wirklich auffallen müssen, nicht wahr? Im Nachhinein fallen einem so viele Zeichen auf, die man übersehen hat. Wenn man gerade in der Situation steckt, dann hat man wirklich andere Gedanken und Sorgen. Ich war noch lange nicht so besessen, dass ich über jedes Wort oder jede Tat Setos nachgedacht hätte an diesem Punkt. Unstimmigkeiten, Details – sie gingen in dem gewöhnlichen Rauschen des Alltages unter. Wenn man täglich nach seinem Auto gefragt wird, fällt es nicht auf, wenn eine weitere Person es tut. Auch nicht eine Person, die gar nichts davon wissen durfte. Mein „Unfall“ war nirgends in den Nachrichten, mein altes Auto hatte Seto nicht gesehen, da bei seinem kurzen Besuch zuvor er von Johnson gefahren wurde. Auch die „abgehängten Reporter“ – ich nahm einfach alles hin, was er mir erzählte. Und was sein Verhalten anging – nun, ich überzeugte mich damit, dass ein Mensch sich wirklich stark verändern konnte in fünf Jahren. Später weiß man es immer besser. Menschen verändern sich nicht einfach so – nicht so drastisch.

 
 

***
 

 

Katsuyas Finger umklammerten das Messer in seiner Rechten. Mit mechanisch wirkenden Bewegungen bestrich er eine Weißbrotscheibe. Es brauchte einen größeren Einsatz an Willenskraft das Messer danach abzulegen und in das Brot hineinzubeißen. Mit Kraft ließ er seine Zähne arbeiten eher er herunterschluckte. Wieso? Weil er das Bedürfnis hatte das Messer zwischen zwei Rippen eines Menschen zu rammen und danach diesen anzuschreien. Also hielt er sich mit größter Anstrengung zurück und nahm den spontan einberufenen Nachmittagssnack zu sich, anstatt zum Mörder zu werden. Wer sein Opfer wäre? Da gab es wahrlich nur einen Kandidaten. Vielleicht hatte sich in ihrer Beziehung doch nicht so viel verändert…

 

„Setze dich ordentlich hin, Mokuba. Dein Rücken muss gerade sein.“

Seto sprach in einem völlig neutralen Ton. Die Worte strömten aus ihm wie aus einem darauf programmierten Computer. Irgendwo weit hinten in seinem Bewusstsein wunderte sich Katsuya, ob diese Bemerkungen überhaupt auf Mokuba angepasst waren. Wie konnte Seto denn die Vergehen wissen, wenn er kein einziges Mal zu seinem Bruder auch nur geschaut hatte, seit sie sich an den Tisch gesetzt hatten? Vor Katsuyas Auge stieg das Bild von Mokuba mit einem breiten Grinsen und vor Freude funkelnden Augen auf. So hatte er ausgesehen, als er Seto im Eingang des Hauses erblickt hatte. So sollte er immer aussehen! Aber nein, Kaiba musste unbedingt alles zerstören. War das sein neues Hobby? Halt, war es das nicht schon immer gewesen?

„Wische deine Finger an der Serviette ab bevor du die Tasse in die Hand nimmst.“

Ruhig einatmen und ausatmen, Katsuya. Seto ist Mokubas Bruder. Das ist deren Streit.

„Ich möchte nachher über deine schulischen Leistungen informiert werden. Die Vorlage deiner letzten Klassenarbeiten wird ausreichend sein, Mokuba. Ich hoffe doch sehr, dass du nicht nachgelassen hast. Nur weil ich nicht mehr über dich wache, darfst du trotzdem nicht den Spitzenplatz verlieren.“

Das ging zu weit. Katsuya hob eine geballte Faust, um damit auf den Tisch zu schlagen, doch Mokuba kam ihm zuvor. Dieser sprang von seinem Platz auf und warf dabei den Stuhl um. Er schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch und verharrte in der Position, mit nach vorne gesenktem Kopf. Haarsträhnen verbargen das Gesicht, doch das Beben entging Katsuya nicht. Mokubas ganzer Körper zitterte wie Laub im Wind. Der Blonde erstarrte. Die lähmende Welle breitete sich wieder in seinen Muskeln aus. Tränen heilten die Seele, hatte er irgendwo mal gehört. Wie viele Tränen musste man vergießen, um solch eine Wunde zu schließen?

Doch er hatte sich geirrt.

Der Schwarzhaarige sah auf. Keine Träne floss die Wangen hinab, keine Hoffnungslosigkeit trübte den Blick. Nein. Stattdessen war es blanke Wut, mit der der Jüngere seinen Bruder anstarrte. Es war ein stechender Blick. Auf den Seto nur mit einer gehobener Augenbraue reagierte. Zumindest sah er endlich in das Gesicht seines einzigen Familienmitgliedes.

„Steck dir deine Sprüche in den Arsch und halt endlich deine verdammte Klappe“, zischte Mokuba zwischen zusammengepressten Lippen hervor.

„Achte auf deine Ausdrucksweise. Solch ein Verhalten ist nicht angebracht für deinen Stand“, entgegnete Kaiba nur.

Ein Schauer jagte Katsuya über den Rücken. Er ließ seine zitternden Hände auf die Knie sinken. Finger gruben sich in den Hosenstoff, krallten sich daran fest. Wie ein Ertrinkender am Rettungsring.

Diese Stimme…

 

Ein großer Mann stand vor ihm und Katsuya beobachtete wie sich die Schultern hoben und senkten. Rhythmisch. Fast schon hypnotisch. Der Mann sprach. Die Worte konnte er nicht ausmachen, als wäre er unter Wasser. Doch der Ton. Der Ton war immer gleich. An der Oberfläche war er gelassen, als wäre das Meer still, doch darunter tat sich ein kilometertiefer Abgrund auf. Unterschwellige Wut. Herablassung. Abscheu. Enttäuschung. Und Wut. Wut. So viel mehr Wut. Wut, mit der er die Hand hob. Wut, mit der er den Gürtel hob. Wut, mit der…

 

„Dein Recht auf meine Erziehung hast du aufgegeben, Seto. Dafür ist jetzt Katsuya zuständig.“

Er hörte Schritte. Das leise Quietschen der Tür als diese aufgemacht wurde, den lauten Knall bei dessen Aufprall mit dem Türrahmen und sich entfernende Schritte.

Katsuya sah auf – erst jetzt fiel ihm auf, dass er seinen Kopf nach unten gesenkt hatte. Er schüttelte sich leicht. Woran hatte er gedacht? Das war nicht wichtig. Wichtig war jetzt Mokuba!

„Diese Sachertorte ist wirklich vorzüglich. Ich würde gerne wissen, von welchem Geschäft ihr sie bestellt.“

Fassungslos blickte Katsuya zu Seto. Dieser saß ruhig da und führte gerade eine Gabel mit einem Stück Torte zum Mund. Katsuya brauchte nur eine Sekunde, um sich zu fassen. Er stand auf und schritt zu dem Größeren. Er packte an den Kragen des schwarzen Pullovers und zog Kaiba von dessen Stuhl hoch.

„Das ist nicht dein ernst, oder?! Was fällt dir ein Mokuba so anzufahren? Er ist dein Bruder!“

Das war alles so falsch. So unglaublich falsch.

Katsuya holte mit seiner Linken aus und schlug zu. Doch seine Faust traf nur die Luft. Seto stand nun auf der anderen Seite des Stuhles. Katsuya verpasste einem der Holzbeine einen Tritt und das Hindernis flog aus dem Weg. Unbeirrt ging er auf Kaiba zu und holte wieder aus. Doch auch seine Rechte traf ins Leere. Verdammt!

Er zwang sich tief Luft zu holen und stehenzubleiben. Er sah sich den Mann, der vor ihm stand, genauer an. Er suchte nach Reue in dem Gesicht, in der Haltung. Auch nur einen Funken! Doch er stieß nur auf Leere. Dabei war die Wut vorhin doch echt gewesen, oder? Wenn er sich die ausdruckslose Statue nun ansah, fragte er sich, ob es nur seine Einbildung war. Hatte dieser Mann Gefühle? Hatte er sie jemals gehabt?

„Entweder du benimmst dich Mokuba gegenüber besser, oder ich verbiete dir ihn zu sehen. Ich bin sein Pflegevater, es steht in meiner Macht.“

Mit diesen Worten wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Er musste sich um Mokuba kümmern! Ihm die Liebe und Geborgenheit einer Familie geben, denn Kaiba konnte das wohl nicht mehr. Das war…so falsch.

Seto hatte Gefühle gehabt. Katsuyas Erinnerungen konnten nicht so stark von der Realität abweichen.

Die neue Wirklichkeit – sie war es, die nicht stimmte. Doch er musste mit dieser Wirklichkeit leben.

Statt nach Mokuba zu suchen, ging Katsuya niedergeschlagen in sein Arbeitszimmer und schloss hinter sich ab. Er musste irgendwas tun. Er musste helfen. Er musste die Situation ändern. Er musste…diese neue Wirklich akzeptieren.

 

Hätte ich doch an dem Gedanken festgehalten, dass etwas falsch war. Hätte ich doch wirklich rennend nach Mokuba gesucht und mit ihm darüber geredet. Ihn beruhigt, ihm zugehört. Hätte ich doch nicht zwei Stunden alleine in meinem Arbeitszimmer verbracht. Diese zwei Stunden hatten gereicht. Gereicht, um mich davon zu überzeugen, dass es nur Setos Reaktion auf die Verletzung war, die der Skandal und die Trennung von Mokuba ihm zugefügt hatten. Dass Seto sich in den Jahren verändert hatte. Dass ich nicht das Recht hatte zwei Brüder zu trennen. Dass alles nicht so falsch und unerklärlich war, wie ich es dachte. Menschen sind schon komische Wesen. Wir sind erstaunlich gut darin Ausreden für das Verhalten anderer Menschen zu finden. Vor allem dann, wenn es richtig wäre die Unnatürlichkeit einer Situation anzuerkennen. Dafür stempeln wir Menschen als ‚Unnatürlich‘ ab, die nicht in unser Weltbild passen, obwohl sie sich ihrer Natur nach verhalten. Menschen sind wirklich merkwürdig. Zwei Stunden hatten gereicht, um viele meiner Zweifel zu zerstreuen. Wenn ich doch nur zu Mokuba gegangen wäre, wie ich es eigentlich für richtig gehalten hatte… Vielleicht hätte sich die Zukunft nicht geändert. Aber vielleicht hätte ich nicht machtlos zuschauen müssen wie das Bruderband zerriss. Stattdessen ging ich in mein Zimmer. Denn schon damals waren Seto und ich nicht mehr frei in unseren Entscheidungen.

 

Katsuya saß in der kleinen Bibliothek. Es war ein recht kleiner Raum mit Regalen an allen Wänden, die fast bis zur Decke reichten. Sie waren vollgestellt mit Büchern. Einige davon sahen alt aus, doch die meisten hatten bunte Einbände, die modern aussahen. Eine mobile Leiter lehnte an eines der Regale. Sie wurde nur noch selten benutzt, denn sogar Leo Wood persönlich wusste schon nicht mehr welche Bücher ganz oben verstaubten. Katsuya bediente sich meist an den unteren Regalen, wo aktuelle Ausgaben aus der Wirtschafts-, naturwissenschaftlichen und philosophischen Sphäre standen. Hier standen auch wenige Einführungsbände in Psychologie und die berühmtesten amerikanischen und französischen Romane der klassischen Literatur. Die Mitte des Raumes wurde eingenommen von einem niedrigen Glastisch und bordeauxroten Sesseln. Sie waren tief und weich. Die Bezüge waren kein Leder, wie bei der Einrichtung in den anderen Zimmern, sondern Textilstoff. Katsuya wusste nicht genau, ob es Samt oder ein anderer Stoff war, und es interessierte ihn nicht. Er wusste eins: die Sessel waren bequem. In einem davon saß er gerade und las unter dem Schein einer Stehlampe. Er blätterte gerade die Seite um in einem Buch mit dem Titel „Realität und Wirklichkeit. Ist unsere Welt echt?“. Es war eine Sammlung von verschiedenen Theorien, die in den letzten 60 Jahren entwickelt oder neu aufgegriffen wurden. Das Buch offenbarte die Antworten verschiedener Philosophen, Wissenschaftler und Literaten auf Fragen nach der Realität der Welt. Viele dieser Theorien waren in Katsuyas Augen absurd, doch sie ließen ihn nachdenken. Was, wenn es doch Parallelwelten gab? Was, wenn sie nur gesteuert wurden? Sehr anregend fand er den Artikel über simulierte Welten soweit.

 

Es klopfte und Katsuya blickte überrascht zur Tür. Ohne seine Antwort abzuwarten, wurde die Tür geöffnet und Mokuba trat herein. Wortlos ging er zu dem Sessel gegenüber Katsuyas und ließ sich darin seufzend nieder. Unschlüssig blickte er hoch. Katsuya legte sein Buch auf dem Tisch ab und drehte seinen Oberkörper in Mokubas Richtung. Er versuchte mit seiner Körperhaltung Offenheit und Bereitschaft zum Zuhören auszustrahlen. Mokuba wirkte weiterhin unsicher. Nervös ließ er seinen Blick im Raum wandern. Währenddessen verstrichen schweigsame Minuten, die Katsuya versuchte geduldig abzuwarten. Aber vielleicht brauchte der Kleinere einen Anstoß?

„Mokuba?“, fragte er vorsichtig.

Dieser seufzte und drehte sich wieder zu Katsuya.

„Seto…Seto ist komisch“, murmelte er.

Ohne überlegen zu müssen nickte Katsuya.

„Vielleicht ist es seine Art den Skandal zu verarbeiten. Eure Trennung hat bestimmt auch…“

Katsuya verstummte als ihn ein feuriger Blick traf.

„Nein“ – Mokuba schüttelte heftig den Kopf. „Ich kenne meinen Bruder. Das war nicht er! Er war auch früher manchmal streng. Doch niemals so…so…abweisend.“ Katsuya beobachtete wie die bei dem Lampenlicht die fast schwarz wirkenden Augen sich mit Tränen füllten. Er sah das Unverständnis. Die neue Wunde, die klaffend blutete im Herzen des Jugendlichen. Er sah die Schuldgefühle.

„Es ist nicht deine Schuld…“, versuchte es Katsuya. Er merkte wie seine eigene Stimme zitterte.

Wieder wurde er unterbrochen. Dieses Mal war es ein starkes Kopfschütteln, der viele schwarze Strähnen in verschiedene Richtung fliegen ließ.

„Das denke ich nicht. Seto ist komisch. Er hat sich wie Gozaburo verhalten. Das bedeutet, dass er etwas plant.“

Verwundert blinzelte Katsuya. Diesen Vergleich und die Schlussfolgerungen schienen ihm doch etwas weit hergeholt.

„Ich bin nicht dumm“, führte Mokuba aus. „Egal ob Seto mich beschützen will oder ob er mich wirklich nicht mehr mag, er will mich fernhalten.“

Katsuya wusste, dass er widersprechen musste. Er musste etwas sagen. Natürlich liebte Seto Mokuba noch! Seto hatte schon immer einen besonderen Platz in seinem Herzen für seinen kleinen Bruder gehabt. Doch…stimmte das wirklich noch? Konnte Katsuya so gut lügen, dass er seine eigene Unsicherheit hätte verbergen können? Von den Gedanken gelähmt, verpasste er seine Chance etwas zu sagen.

„Er war trotzdem hier. Wenn er aber nicht wegen mir hier war, dann weswegen?“

Katsuya ahnte sofort, worauf Mokuba hinauswollte. Doch es ergab einfach keinen Sinn.

„Er plant etwas und du bist Teil seines Planes.“

Mokubas Stimme hatte fest und überzeugt geklungen. Diese Kraft strömte nun auf Katsuya ein. Die Alarmglocken, die hätten viel früher in seinem Kopf schrillen müssen, meldeten sich endlich. Etwas stimmte gewaltig nicht. Vielleicht hatte Mokuba Recht.

„Was könnte er denn planen?“, flüsterte er nachdenklich.

Mokuba schloss die Augen und lehnte sich im Sessel zurück.

„Ich weiß es nicht“, entgegnete er ebenso leise. „Doch ich will nicht, dass dir etwas passiert. Pass bitte auf dich auf.“

 

Sie saßen schweigsam und hingen jeder den eigenen Gedanken nach. Katsuya suchte nach der Erklärung für diese bizarre Situation. Was hatte Seto so stark verändert? Was plante er? Oder war es das gar nicht und Mokuba wollte sich nur selbst Setos Verhalten auf eine Weise erklären, die weniger schmerzte? Was war die Wirklichkeit und was nur die Illusion ihrer Gehirne?

Mokuba erhob sich.

„Unabhängig davon ob Seto mein Bruder ist, lebe ich jetzt hier, Katsuya. Das ist mein Zuhause. Ich will nicht, dass es mir schon wieder genommen wird. Beschütze es. Wenn es sein muss, bin ich bereit Seto zum Feind zu machen.“

Katsuya blickte in zwei entschlossene Augen. Er hatte das beängstigende Gefühl, dass in diesem Moment eine Entscheidung gefällt wurde, die ihr aller Leben von da an bestimmen würde.

„Ich verspreche es“, entgegnete er mit eigenem Feuer.

Das Lächeln auf Mokubas Gesicht war klein, doch es sprach von ganzen Weiten geschaffen aus Erleichterung und Freude. Mit diesem Ausdruck im Gesicht und leicht hüpfenden Schritten verließ Mokuba das Zimmer.

Wieder allein ließ Katsuya seine angespannten Schultern sinken. Warum konnten sie nicht einfach zu dritt fröhlich Tee trinken und eine kleine, nette Familie sein?

Katsuyas Schatten auf dem Boden grinste ihn an. Verwirrt blinzelte Katsuya. Hatte er schon langsam Halluzinationen von dem ganzen Stress? Kopfschüttelnd stand er auf und verließ die Bibliothek mit dem Buch in der Hand.

Er war Katsuya, er gab nie auf. Doch diesmal war er sich nicht sicher wogegen er ankämpfte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel gibt es wieder in zwei Wochen, also am 14. November. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel kommt am 28. November.
Vielen Dank für das Feedback! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel kommt am 12. Dezember!
******
Weihnachts-Challenge

Ok, der Plan ist zu Weihnachten eine One Shot-FF zu schreiben und jemandem zu widmen. Dieser jemand kann einer von euch, werten Lesern, werden.
Wenn ihr einen Wunsch habt (gewisser Plot, gewisse Szene, gewisse Details etc), den ihr unbedingt umgesetzt haben möchtet in Form einer FF, schreibt mir! (Kommentar, ENS, Gästebuch)
(YuGiOh-Fandom bevorzugt, da ich nicht garantieren kann, dass ich die Serie kenne falls ihr eine andere Serie auswählt)
Ich werde dann einen Wunsch (wenn ich die Chance sehe, vllt auch mehr) auswählen und in eine FF umsetzen, die zu Weihnachten dann hochgeladen wird. Die FF wird ein One Shot. Bedenkt das bitte bei eurem Wunsch :)

Ich wünsche eine schöne Adventszeit! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da das Semester jetzt zu Ende geht und ich innerhalb der nächsten fünf Wochen 3 Hausarbeiten und 4 Essays abgeben muss (während ich eine Woche verreist bin und die restliche Zeit natürlich ganz normal Vorlesungen habe - wer hat sich dieses System eigentlich ausgedacht?!), kommt das nächste Kapitel eine Woche später als gewohnt, also am 16. Januar. Entschuldigt! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von:  Seelendieb
2016-01-16T15:44:07+00:00 16.01.2016 16:44
Hm....

Das letzte KApitel war in meinen Augen eine Art Schlüsselkapitel. Udnd nach dem Kapitel hier behaupte ich, dass Seto was mit JOeys Entführung zu tun hat.... ist nur die Frage, ob er JOey als Feind oder Freund betrachtet...
Von:  Onlyknow3
2016-01-16T04:23:35+00:00 16.01.2016 05:23
Manch mal muss man gegen die Schatten aus der Vergangenheit ankämpfen, und wenn Mokuba recht das Seto etwas gegen Joey plant bleibt nur die eine Schlussfolgerung:"Seto hat was mit Joeys Entführung und dem Autocrach zu tun." Das war eine Warnung, ein Schuss ins Leere um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Was anderes kann ich mir mit dieser Aktion sonst nicht vorstellen. Bin jetzt neugierig ob ich richtig liege mit meiner Vermutung. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2015-12-27T16:15:27+00:00 27.12.2015 17:15
Muss sagen das es etwas Mysteriös war wie Joey entführt wurde und dann sein Auto einen Totalschaden hat, zum Glück konnte er fliehen und sein Fahrer war da. Hoffentlich hat das alles nichts mit Mokuba und Seto zu tun, nicht das so was noch mal passiert. Mach weiter so, deine Geschichte gefällt mir und so freue ich mich schon auf das nächste Kapitel.
Dir ein Gutes Neues Jahr, und weitere schöne FFs und Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2015-12-18T21:09:02+00:00 18.12.2015 22:09
Katsuya wird es schaffen das sich Mokuba bei ihm wohl fühlt, das er sich ihm wieder öffnet.
Auch wenn er sauer ist auf seinen Bruder, früher oder später wird er merken das gerade Katsuya der jenige welcher war der ihm geholfen hat, und ihm nichts Verbietet, sondern wie er auf die Rückkehr von Seto wartet.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2015-12-18T20:34:21+00:00 18.12.2015 21:34
Was für ein Kapitel, aber Seto wäre nicht Seto wenn er anders handeln würde als er es tut.
Das Mokuba dabei wieder allein bleibt, und der Leidtragende ist.
Katsuya wird wohl einiges zu tun bekommen mit Mokuba.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Kari06
2015-11-14T16:15:59+00:00 14.11.2015 17:15
Sehr schönes Kapitel!

Sicher ist Kaibas Verhalten für viele vielleicht arschig, aber ich kann es verstehen. Er hat gesehen das Mokuba in guten Händen ist und das Katsuya sich hervorragend um ihn kümmern wird. Das Zurückholen seiner Firma wird sicherlich kein Kinderspiel und da will er seinen kleinen Bruder nicht mit reinziehen. Ich denke er möchte Mokuba erst wiederholen wenn er ihm das Leben bieten kann das er ihm vor der ganzen Affäre geboten hat.
Von:  Nephelin
2015-11-14T08:29:26+00:00 14.11.2015 09:29
Seto du Ar*** -.-
aber ich kann ihn auch verstehen, dennoch....argghhh...^^

freue mich aufs nächste Kapitel :)
Von:  Seelendieb
2015-11-14T08:23:33+00:00 14.11.2015 09:23
Einen wunderschönen guten Morgen und danke! :D

Das KApitel war toll, wobei ich persönlich geschockt bin, dass Seto wirklich und ohne Scheiß Mokuba zurücklässt und sich seine Firma wieder zurückholen will. Also ich hätte ihn am liebsten eine Ohrfeige verpasst, damit der wieder klar wird. Mokuba tut mir so unendlich Leid...

Allerdings wirkte Seto in diesem KApitel auf mich auch mehr, als ob er mehr als nur am ende wäre und einfach nur noch funktioniert... Eine sehr schöne Stelle, als die Beiden sich einfach nur umarmten!
Von:  Seelendieb
2015-10-31T11:08:34+00:00 31.10.2015 12:08
OMG

Ich habe Tränen vergossen! Mir tun die Kaibabrüder so Leid! Ich finde es so toll von JOey, dass er versucht zu helfen und Mokuba aus der SChusslinie geholt hat!

Ich bin aktuell einfach nur sprachlos und kann es kaum erwarten, wenns weiter geht..

Anm. z. Datum: Möchte ein tolles und lange Kapi haben. Is mein B-DAy :D
Von:  Onlyknow3
2015-10-31T08:47:46+00:00 31.10.2015 09:47
Ein weiterer Schritt für Mokuba ein normales Leben führen zu können, auch wenn ihm Seto sein Bruder fehlt und es so aussieht als habe dieser ihn im Stich gelassen. So wird Katsuya alles dafür tun das es Mokuba an nichts fehlt wie wenn er sein Bruder wäre. Außerdem wird er versuchen Seto selbst auch zu finden, damit die Brüder wieder zusammen kommen, und Mokuba von Seto selbst hört warum er ihn nicht zurück holen konnte, denn das wollte dieser ganz sicher.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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