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Seelensplitter

(Puppyshipping)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier in Sendai schneit es O.O große weiße Flocken!
...Gott sei Dank fliege ich heute Abend zurück nach Osaka, da ist es ein bisschen wärmer. Ich habe absolut nicht das richtige Schuhwerk für dieses Wetter T_T Komplett anzeigen

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Okaeri

Katsuya lehnte an den schwarzen Jaguar XK, den Leihwagen, den er seit dem Vorfall fuhr. Er hatte Schwierigkeiten sich für einen neuen Wagen zu entscheiden und nahm deswegen seit einer Woche die Dienste einer Leihfirma in Anspruch. Wobei es nicht nur die Wahl des Wagens war, die ihn davon abhielt ein neues Auto zu kaufen. Er konnte sich auch nicht dazu bringen einen Teil seines gesparten Vermögens dafür auszugeben – dieses Geld war für eine eigene Wohnung in der Zukunft zurückgelegt worden. Sein Vater hatte ihn am Tag nach dem Vorfall angerufen und während des Telefonats mit bestürzter Stimme angeboten, ihm ein neues Auto zu schenken. Doch das konnte er nicht annehmen. Ihm war klar, dass sein Vater dies gern getan hätte und es finanziell keinerlei Probleme gegeben hätte. Doch… er konnte nicht. Er hatte seine eigenen Dinge gefälligst selber zu tun und zu bezahlen.

Wie zum Beispiel seinen ehemaligen Erzfeind, der nun zum Bruder seines Pflegekindes wurde, vom Flughafen abzuholen. Wie das kam? Wieso er, der Erbe eines Großkonzerns, mit einem überdurchschnittlichen eigenen Einkommen und gewissem Ansehen (zumindest in der Firma) wie ein billiger Chauffeur auf dem Parkplatz vor der Halle des Flughafens wartete? Das konnte er nicht mal sich selbst verständlich erklären. Es war ein kurzer Anruf auf seine private Nummer gewesen (die Frage woher Seto Kaiba diese besaß dämmerte ihm erst lange nach dem Anruf). Eine ihm wohl bekannte Stimme, die es auf eine irritierende Weise schaffte gleichzeitig abweisend und amüsiert zu klingen, hatte ihm einen einzigen Satz mitgeteilt, eher er das charakteristische Tuten gehört hatte, das das Beenden des Telefonats signalisierte. „Hol mich morgen vom Flughafen ab, sei pünktlich!“

Keine Angaben wann oder wo genau. Aber Katsuya würde sich nie von solchen unbedeutenden Dingen abhalten lassen, nicht wahr? Er hatte schnell bei einem bekannten Reporter herausgefunden mit welchem Flug der zurückgekehrte Firmenchef ankommen würde. Er hatte dies getan ohne weiter darüber nachzudenken. Nun, wo er hier stand, zeigte der Argwohn auf seinem Gesicht in Form von zusammengezogenen Augenbrauen eindeutig die Frage, die ihm die Laune verdarb: Was zum Henker tat er hier?!

 

„Das gibt hässliche Falten.“

Mit vor Missmut funkelnden Augen blickte Katsuya hoch. Natürlich stand Kaiba mit straffen Schultern, verschränkten Armen und leicht nach hinten gelegtem Kopf da. Es wäre doch wirklich ein Wunder, wenn der nahezu reichste Mann Japans keine Überlegenheit mit seiner Haltung vermitteln würde, was?

„Falten sind immer noch besser als eine hässliche Persönlichkeit“, erwiderte er. Doch Katsuya wusste, dass seine Stimme nicht mal ansatzweise so ablehnend klang wie früher. Sie waren beide zu anderen Menschen geworden. Menschen, deren Leben ihnen unerwartete Dinge präsentiert hatte. Bei Kaiba waren es alptraumhafte Erfahrungen, während Katsuya…Katsuya ein neues Leben lebte. Sie beiden waren nun Menschen, die noch nicht gelernt hatten sich gegenseitig ihre neuen Rollen zu zeigen. Ein Erbe und ein fürsorglicher Bruder, der wusste, was es hieß sein Geschwisterchen zu verlieren. Sie hatten wirklich ihr Leben wohl getauscht. In mitten dieses Chaos wünschte man sich manchmal die Vertrautheit seiner Jugend zurück. Auch wenn diese aus bissigen Bemerkungen bestand.

 

Kaiba bedachte das Auto, an dem Katsuya lehnte. Wie damals, als Seto eingebrochen war, hatte Katsuya das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Als würde ein Puzzleteilchen fehlen.

„Neues Auto?“, lenkte Kaiba ihn von seinen Gedanken ab.

Katsuya schüttelte den Kopf und öffnete die Fahrertür, während Kaiba zur Beifahrerseite schritt.

„Ich kann mich immer noch nicht für ein neues Auto entscheiden.“ Bevor der Firmenchef nachfragen konnte, lenkte Katsuya das Gespräch auf ein anderes Thema. „Wie kommt es eigentlich, dass dich keine Horde Reporter verfolgt?“

„Es waren nur zwei und ich habe sie drinnen abgehängt.“

Katsuya nickte und startete den Motor.

 

Es hätte mir wirklich auffallen müssen, nicht wahr? Im Nachhinein fallen einem so viele Zeichen auf, die man übersehen hat. Wenn man gerade in der Situation steckt, dann hat man wirklich andere Gedanken und Sorgen. Ich war noch lange nicht so besessen, dass ich über jedes Wort oder jede Tat Setos nachgedacht hätte an diesem Punkt. Unstimmigkeiten, Details – sie gingen in dem gewöhnlichen Rauschen des Alltages unter. Wenn man täglich nach seinem Auto gefragt wird, fällt es nicht auf, wenn eine weitere Person es tut. Auch nicht eine Person, die gar nichts davon wissen durfte. Mein „Unfall“ war nirgends in den Nachrichten, mein altes Auto hatte Seto nicht gesehen, da bei seinem kurzen Besuch zuvor er von Johnson gefahren wurde. Auch die „abgehängten Reporter“ – ich nahm einfach alles hin, was er mir erzählte. Und was sein Verhalten anging – nun, ich überzeugte mich damit, dass ein Mensch sich wirklich stark verändern konnte in fünf Jahren. Später weiß man es immer besser. Menschen verändern sich nicht einfach so – nicht so drastisch.

 
 

***
 

 

Katsuyas Finger umklammerten das Messer in seiner Rechten. Mit mechanisch wirkenden Bewegungen bestrich er eine Weißbrotscheibe. Es brauchte einen größeren Einsatz an Willenskraft das Messer danach abzulegen und in das Brot hineinzubeißen. Mit Kraft ließ er seine Zähne arbeiten eher er herunterschluckte. Wieso? Weil er das Bedürfnis hatte das Messer zwischen zwei Rippen eines Menschen zu rammen und danach diesen anzuschreien. Also hielt er sich mit größter Anstrengung zurück und nahm den spontan einberufenen Nachmittagssnack zu sich, anstatt zum Mörder zu werden. Wer sein Opfer wäre? Da gab es wahrlich nur einen Kandidaten. Vielleicht hatte sich in ihrer Beziehung doch nicht so viel verändert…

 

„Setze dich ordentlich hin, Mokuba. Dein Rücken muss gerade sein.“

Seto sprach in einem völlig neutralen Ton. Die Worte strömten aus ihm wie aus einem darauf programmierten Computer. Irgendwo weit hinten in seinem Bewusstsein wunderte sich Katsuya, ob diese Bemerkungen überhaupt auf Mokuba angepasst waren. Wie konnte Seto denn die Vergehen wissen, wenn er kein einziges Mal zu seinem Bruder auch nur geschaut hatte, seit sie sich an den Tisch gesetzt hatten? Vor Katsuyas Auge stieg das Bild von Mokuba mit einem breiten Grinsen und vor Freude funkelnden Augen auf. So hatte er ausgesehen, als er Seto im Eingang des Hauses erblickt hatte. So sollte er immer aussehen! Aber nein, Kaiba musste unbedingt alles zerstören. War das sein neues Hobby? Halt, war es das nicht schon immer gewesen?

„Wische deine Finger an der Serviette ab bevor du die Tasse in die Hand nimmst.“

Ruhig einatmen und ausatmen, Katsuya. Seto ist Mokubas Bruder. Das ist deren Streit.

„Ich möchte nachher über deine schulischen Leistungen informiert werden. Die Vorlage deiner letzten Klassenarbeiten wird ausreichend sein, Mokuba. Ich hoffe doch sehr, dass du nicht nachgelassen hast. Nur weil ich nicht mehr über dich wache, darfst du trotzdem nicht den Spitzenplatz verlieren.“

Das ging zu weit. Katsuya hob eine geballte Faust, um damit auf den Tisch zu schlagen, doch Mokuba kam ihm zuvor. Dieser sprang von seinem Platz auf und warf dabei den Stuhl um. Er schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch und verharrte in der Position, mit nach vorne gesenktem Kopf. Haarsträhnen verbargen das Gesicht, doch das Beben entging Katsuya nicht. Mokubas ganzer Körper zitterte wie Laub im Wind. Der Blonde erstarrte. Die lähmende Welle breitete sich wieder in seinen Muskeln aus. Tränen heilten die Seele, hatte er irgendwo mal gehört. Wie viele Tränen musste man vergießen, um solch eine Wunde zu schließen?

Doch er hatte sich geirrt.

Der Schwarzhaarige sah auf. Keine Träne floss die Wangen hinab, keine Hoffnungslosigkeit trübte den Blick. Nein. Stattdessen war es blanke Wut, mit der der Jüngere seinen Bruder anstarrte. Es war ein stechender Blick. Auf den Seto nur mit einer gehobener Augenbraue reagierte. Zumindest sah er endlich in das Gesicht seines einzigen Familienmitgliedes.

„Steck dir deine Sprüche in den Arsch und halt endlich deine verdammte Klappe“, zischte Mokuba zwischen zusammengepressten Lippen hervor.

„Achte auf deine Ausdrucksweise. Solch ein Verhalten ist nicht angebracht für deinen Stand“, entgegnete Kaiba nur.

Ein Schauer jagte Katsuya über den Rücken. Er ließ seine zitternden Hände auf die Knie sinken. Finger gruben sich in den Hosenstoff, krallten sich daran fest. Wie ein Ertrinkender am Rettungsring.

Diese Stimme…

 

Ein großer Mann stand vor ihm und Katsuya beobachtete wie sich die Schultern hoben und senkten. Rhythmisch. Fast schon hypnotisch. Der Mann sprach. Die Worte konnte er nicht ausmachen, als wäre er unter Wasser. Doch der Ton. Der Ton war immer gleich. An der Oberfläche war er gelassen, als wäre das Meer still, doch darunter tat sich ein kilometertiefer Abgrund auf. Unterschwellige Wut. Herablassung. Abscheu. Enttäuschung. Und Wut. Wut. So viel mehr Wut. Wut, mit der er die Hand hob. Wut, mit der er den Gürtel hob. Wut, mit der…

 

„Dein Recht auf meine Erziehung hast du aufgegeben, Seto. Dafür ist jetzt Katsuya zuständig.“

Er hörte Schritte. Das leise Quietschen der Tür als diese aufgemacht wurde, den lauten Knall bei dessen Aufprall mit dem Türrahmen und sich entfernende Schritte.

Katsuya sah auf – erst jetzt fiel ihm auf, dass er seinen Kopf nach unten gesenkt hatte. Er schüttelte sich leicht. Woran hatte er gedacht? Das war nicht wichtig. Wichtig war jetzt Mokuba!

„Diese Sachertorte ist wirklich vorzüglich. Ich würde gerne wissen, von welchem Geschäft ihr sie bestellt.“

Fassungslos blickte Katsuya zu Seto. Dieser saß ruhig da und führte gerade eine Gabel mit einem Stück Torte zum Mund. Katsuya brauchte nur eine Sekunde, um sich zu fassen. Er stand auf und schritt zu dem Größeren. Er packte an den Kragen des schwarzen Pullovers und zog Kaiba von dessen Stuhl hoch.

„Das ist nicht dein ernst, oder?! Was fällt dir ein Mokuba so anzufahren? Er ist dein Bruder!“

Das war alles so falsch. So unglaublich falsch.

Katsuya holte mit seiner Linken aus und schlug zu. Doch seine Faust traf nur die Luft. Seto stand nun auf der anderen Seite des Stuhles. Katsuya verpasste einem der Holzbeine einen Tritt und das Hindernis flog aus dem Weg. Unbeirrt ging er auf Kaiba zu und holte wieder aus. Doch auch seine Rechte traf ins Leere. Verdammt!

Er zwang sich tief Luft zu holen und stehenzubleiben. Er sah sich den Mann, der vor ihm stand, genauer an. Er suchte nach Reue in dem Gesicht, in der Haltung. Auch nur einen Funken! Doch er stieß nur auf Leere. Dabei war die Wut vorhin doch echt gewesen, oder? Wenn er sich die ausdruckslose Statue nun ansah, fragte er sich, ob es nur seine Einbildung war. Hatte dieser Mann Gefühle? Hatte er sie jemals gehabt?

„Entweder du benimmst dich Mokuba gegenüber besser, oder ich verbiete dir ihn zu sehen. Ich bin sein Pflegevater, es steht in meiner Macht.“

Mit diesen Worten wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Er musste sich um Mokuba kümmern! Ihm die Liebe und Geborgenheit einer Familie geben, denn Kaiba konnte das wohl nicht mehr. Das war…so falsch.

Seto hatte Gefühle gehabt. Katsuyas Erinnerungen konnten nicht so stark von der Realität abweichen.

Die neue Wirklichkeit – sie war es, die nicht stimmte. Doch er musste mit dieser Wirklichkeit leben.

Statt nach Mokuba zu suchen, ging Katsuya niedergeschlagen in sein Arbeitszimmer und schloss hinter sich ab. Er musste irgendwas tun. Er musste helfen. Er musste die Situation ändern. Er musste…diese neue Wirklich akzeptieren.

 

Hätte ich doch an dem Gedanken festgehalten, dass etwas falsch war. Hätte ich doch wirklich rennend nach Mokuba gesucht und mit ihm darüber geredet. Ihn beruhigt, ihm zugehört. Hätte ich doch nicht zwei Stunden alleine in meinem Arbeitszimmer verbracht. Diese zwei Stunden hatten gereicht. Gereicht, um mich davon zu überzeugen, dass es nur Setos Reaktion auf die Verletzung war, die der Skandal und die Trennung von Mokuba ihm zugefügt hatten. Dass Seto sich in den Jahren verändert hatte. Dass ich nicht das Recht hatte zwei Brüder zu trennen. Dass alles nicht so falsch und unerklärlich war, wie ich es dachte. Menschen sind schon komische Wesen. Wir sind erstaunlich gut darin Ausreden für das Verhalten anderer Menschen zu finden. Vor allem dann, wenn es richtig wäre die Unnatürlichkeit einer Situation anzuerkennen. Dafür stempeln wir Menschen als ‚Unnatürlich‘ ab, die nicht in unser Weltbild passen, obwohl sie sich ihrer Natur nach verhalten. Menschen sind wirklich merkwürdig. Zwei Stunden hatten gereicht, um viele meiner Zweifel zu zerstreuen. Wenn ich doch nur zu Mokuba gegangen wäre, wie ich es eigentlich für richtig gehalten hatte… Vielleicht hätte sich die Zukunft nicht geändert. Aber vielleicht hätte ich nicht machtlos zuschauen müssen wie das Bruderband zerriss. Stattdessen ging ich in mein Zimmer. Denn schon damals waren Seto und ich nicht mehr frei in unseren Entscheidungen.

 

Katsuya saß in der kleinen Bibliothek. Es war ein recht kleiner Raum mit Regalen an allen Wänden, die fast bis zur Decke reichten. Sie waren vollgestellt mit Büchern. Einige davon sahen alt aus, doch die meisten hatten bunte Einbände, die modern aussahen. Eine mobile Leiter lehnte an eines der Regale. Sie wurde nur noch selten benutzt, denn sogar Leo Wood persönlich wusste schon nicht mehr welche Bücher ganz oben verstaubten. Katsuya bediente sich meist an den unteren Regalen, wo aktuelle Ausgaben aus der Wirtschafts-, naturwissenschaftlichen und philosophischen Sphäre standen. Hier standen auch wenige Einführungsbände in Psychologie und die berühmtesten amerikanischen und französischen Romane der klassischen Literatur. Die Mitte des Raumes wurde eingenommen von einem niedrigen Glastisch und bordeauxroten Sesseln. Sie waren tief und weich. Die Bezüge waren kein Leder, wie bei der Einrichtung in den anderen Zimmern, sondern Textilstoff. Katsuya wusste nicht genau, ob es Samt oder ein anderer Stoff war, und es interessierte ihn nicht. Er wusste eins: die Sessel waren bequem. In einem davon saß er gerade und las unter dem Schein einer Stehlampe. Er blätterte gerade die Seite um in einem Buch mit dem Titel „Realität und Wirklichkeit. Ist unsere Welt echt?“. Es war eine Sammlung von verschiedenen Theorien, die in den letzten 60 Jahren entwickelt oder neu aufgegriffen wurden. Das Buch offenbarte die Antworten verschiedener Philosophen, Wissenschaftler und Literaten auf Fragen nach der Realität der Welt. Viele dieser Theorien waren in Katsuyas Augen absurd, doch sie ließen ihn nachdenken. Was, wenn es doch Parallelwelten gab? Was, wenn sie nur gesteuert wurden? Sehr anregend fand er den Artikel über simulierte Welten soweit.

 

Es klopfte und Katsuya blickte überrascht zur Tür. Ohne seine Antwort abzuwarten, wurde die Tür geöffnet und Mokuba trat herein. Wortlos ging er zu dem Sessel gegenüber Katsuyas und ließ sich darin seufzend nieder. Unschlüssig blickte er hoch. Katsuya legte sein Buch auf dem Tisch ab und drehte seinen Oberkörper in Mokubas Richtung. Er versuchte mit seiner Körperhaltung Offenheit und Bereitschaft zum Zuhören auszustrahlen. Mokuba wirkte weiterhin unsicher. Nervös ließ er seinen Blick im Raum wandern. Währenddessen verstrichen schweigsame Minuten, die Katsuya versuchte geduldig abzuwarten. Aber vielleicht brauchte der Kleinere einen Anstoß?

„Mokuba?“, fragte er vorsichtig.

Dieser seufzte und drehte sich wieder zu Katsuya.

„Seto…Seto ist komisch“, murmelte er.

Ohne überlegen zu müssen nickte Katsuya.

„Vielleicht ist es seine Art den Skandal zu verarbeiten. Eure Trennung hat bestimmt auch…“

Katsuya verstummte als ihn ein feuriger Blick traf.

„Nein“ – Mokuba schüttelte heftig den Kopf. „Ich kenne meinen Bruder. Das war nicht er! Er war auch früher manchmal streng. Doch niemals so…so…abweisend.“ Katsuya beobachtete wie die bei dem Lampenlicht die fast schwarz wirkenden Augen sich mit Tränen füllten. Er sah das Unverständnis. Die neue Wunde, die klaffend blutete im Herzen des Jugendlichen. Er sah die Schuldgefühle.

„Es ist nicht deine Schuld…“, versuchte es Katsuya. Er merkte wie seine eigene Stimme zitterte.

Wieder wurde er unterbrochen. Dieses Mal war es ein starkes Kopfschütteln, der viele schwarze Strähnen in verschiedene Richtung fliegen ließ.

„Das denke ich nicht. Seto ist komisch. Er hat sich wie Gozaburo verhalten. Das bedeutet, dass er etwas plant.“

Verwundert blinzelte Katsuya. Diesen Vergleich und die Schlussfolgerungen schienen ihm doch etwas weit hergeholt.

„Ich bin nicht dumm“, führte Mokuba aus. „Egal ob Seto mich beschützen will oder ob er mich wirklich nicht mehr mag, er will mich fernhalten.“

Katsuya wusste, dass er widersprechen musste. Er musste etwas sagen. Natürlich liebte Seto Mokuba noch! Seto hatte schon immer einen besonderen Platz in seinem Herzen für seinen kleinen Bruder gehabt. Doch…stimmte das wirklich noch? Konnte Katsuya so gut lügen, dass er seine eigene Unsicherheit hätte verbergen können? Von den Gedanken gelähmt, verpasste er seine Chance etwas zu sagen.

„Er war trotzdem hier. Wenn er aber nicht wegen mir hier war, dann weswegen?“

Katsuya ahnte sofort, worauf Mokuba hinauswollte. Doch es ergab einfach keinen Sinn.

„Er plant etwas und du bist Teil seines Planes.“

Mokubas Stimme hatte fest und überzeugt geklungen. Diese Kraft strömte nun auf Katsuya ein. Die Alarmglocken, die hätten viel früher in seinem Kopf schrillen müssen, meldeten sich endlich. Etwas stimmte gewaltig nicht. Vielleicht hatte Mokuba Recht.

„Was könnte er denn planen?“, flüsterte er nachdenklich.

Mokuba schloss die Augen und lehnte sich im Sessel zurück.

„Ich weiß es nicht“, entgegnete er ebenso leise. „Doch ich will nicht, dass dir etwas passiert. Pass bitte auf dich auf.“

 

Sie saßen schweigsam und hingen jeder den eigenen Gedanken nach. Katsuya suchte nach der Erklärung für diese bizarre Situation. Was hatte Seto so stark verändert? Was plante er? Oder war es das gar nicht und Mokuba wollte sich nur selbst Setos Verhalten auf eine Weise erklären, die weniger schmerzte? Was war die Wirklichkeit und was nur die Illusion ihrer Gehirne?

Mokuba erhob sich.

„Unabhängig davon ob Seto mein Bruder ist, lebe ich jetzt hier, Katsuya. Das ist mein Zuhause. Ich will nicht, dass es mir schon wieder genommen wird. Beschütze es. Wenn es sein muss, bin ich bereit Seto zum Feind zu machen.“

Katsuya blickte in zwei entschlossene Augen. Er hatte das beängstigende Gefühl, dass in diesem Moment eine Entscheidung gefällt wurde, die ihr aller Leben von da an bestimmen würde.

„Ich verspreche es“, entgegnete er mit eigenem Feuer.

Das Lächeln auf Mokubas Gesicht war klein, doch es sprach von ganzen Weiten geschaffen aus Erleichterung und Freude. Mit diesem Ausdruck im Gesicht und leicht hüpfenden Schritten verließ Mokuba das Zimmer.

Wieder allein ließ Katsuya seine angespannten Schultern sinken. Warum konnten sie nicht einfach zu dritt fröhlich Tee trinken und eine kleine, nette Familie sein?

Katsuyas Schatten auf dem Boden grinste ihn an. Verwirrt blinzelte Katsuya. Hatte er schon langsam Halluzinationen von dem ganzen Stress? Kopfschüttelnd stand er auf und verließ die Bibliothek mit dem Buch in der Hand.

Er war Katsuya, er gab nie auf. Doch diesmal war er sich nicht sicher wogegen er ankämpfte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Seelendieb
2016-01-16T15:44:07+00:00 16.01.2016 16:44
Hm....

Das letzte KApitel war in meinen Augen eine Art Schlüsselkapitel. Udnd nach dem Kapitel hier behaupte ich, dass Seto was mit JOeys Entführung zu tun hat.... ist nur die Frage, ob er JOey als Feind oder Freund betrachtet...
Von:  Onlyknow3
2016-01-16T04:23:35+00:00 16.01.2016 05:23
Manch mal muss man gegen die Schatten aus der Vergangenheit ankämpfen, und wenn Mokuba recht das Seto etwas gegen Joey plant bleibt nur die eine Schlussfolgerung:"Seto hat was mit Joeys Entführung und dem Autocrach zu tun." Das war eine Warnung, ein Schuss ins Leere um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Was anderes kann ich mir mit dieser Aktion sonst nicht vorstellen. Bin jetzt neugierig ob ich richtig liege mit meiner Vermutung. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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