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Eisjungfrau

Geschichte eines Mädchens
von

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Die Suche

Gerade so konnte ich noch die Gestalt von Ren erkennen die zwischen einigen Tannen verschwand. Ich eilte hinterher und schob die Äste beiseite. Ein nicht zu erkennender Pfad erstreckte sich vor mir und ich blickte unsicher zurück. Ich wollte wissen wo sie hinging. Und wenn es nur um dem Willen der alten Frau ging. Mit einem tiefen Seufzer folgte ich Ren, die ab und an zwischen den Bäumen verschwand.

Eine Ewigkeit verstrich und der Schnee fiel immer dichter. Bald konnte ich sie oder die Bäume überhaupt nicht mehr sehen. Ich wusste noch nicht einmal ob ich ihr noch folgte oder nicht.

Ratlos blickte ich sich um. Von Fußspuren war nichts zu sehen und an den Rückweg brauchte ich auch nicht mehr zu denken. Den konnte ich weder sehn noch wiederfinden, dafür war das Schneetreiben zu stark. Frierend hielt ich mir eine Hand vors Gesicht. Ich musste nach Ren rufen, ich brauchte ihre Hilfe.

“REN!” Der Wind wehte mir seine eigenen Worte ins Gesicht. “REN!! WO BIST DU??”, versuchte ich so laut ich konnte und sackte in die Knie. Ich wurde immer müder und meine Glieder wurden kalt.

Urplötzlich stand Ren vor mir. Trotz des Windes, regte sich kein Haar bei ihr. “Ciel? Was machst du denn hier? Ich dachte du wolltest nach Hause gehen?” Ich stemmte mich mühsam hoch und sagte so laut ich konnte. “WOLLTE DIR FOLGEN. WOLLTE SEHEN WO DU HINGEHST!” Ren sah mich an und fing an zu lächeln. “Das ist lieb. Es ist nicht mehr weit. Komm einfach mit, ich geh auch ein wenig langsamer.” Sei reichte mir ihre Hand und selbst durch meine Handschuhe konnte ich ihre Kälte spüren. “Komm.” Sagte sie immer wieder während wir durch den Schnee stapften. Zwischendurch bemerkte ich das sie gar keine Spuren hinterließ. Ich Dummkopf, folgte einfach so einem Geist. Innerlich musste ich lachen.

Alles verschwamm in grau und weiß und meine Sinne fühlten nichts mehr. Automatisch machten meine Beine ihre Schritte. Mein Kopf hatte schon längst abgeschaltet. Nach einigen Blackouts ließ der Wind abrupt nach und ich spürte Felsigen Grund unter meinen Schuhen. Rens leise Stimme hallte noch durch meinen Kopf, bevor alles Schwarz wurde. “Hier kannst du dich ausruhen, hier bin ich zu Hause.”
 

Ich war erst Glücklich das Ciel zu mir nach Hause wollte, bemerkte aber langsam, das er immer müder wurde. Ich musste ihn geradezu in die Höhle ziehen, damit er Windgeschützt sich ausruhen könnte, aber er ist dann einfach zusammen gebrochen. Ich wusste, das etwas nicht in Ordnung war und grübelte bis mir der Einfall kam, dass Ciel erfrieren würde. Erschrocken und völlig Panisch schwirrte ich in der Höhle herum und fand ein paar Lumpen, die mir seltsam bekannt vorkamen. Sie waren zwar eisverkrustet, doch was anderes hatte ich nicht. Ich nahm alle Anstrengung auf mich und hiefte das Bündel hinüber zu Ciel. Einzeln verstreute ich die Sachen über ihn und hoffte das würde helfen. Ich berührte sein Gesicht. Es war immer noch eiskalt. Die dunklen Haare waren voller Schnee, dort wo sie aus der Mütze lugten. Ich wurde traurig. Was wenn er hier erfrieren würde? Würde er dann so werden wie ich? Dann könnten wir für immer zusammen spielen. Ich schüttelte den Kopf. “So was darfst du nicht denken, Ren!”, schalt ich mich. “Er muss am leben bleiben. Seine Eltern würden ihn sonst vermissen…” Mir kam eine Idee. Seine Eltern würden ihn suchen! Mit einem letzten Blick auf Ciel, fasste ich den Entschluss und floh regelrecht aus der Höhle, Richtung Dorf. Ich betete zu den Schneejungfrauen in den Bergen, sie mögen dafür sorgen, das es aufhören würde zu schneien.
 

Ich machte mir schreckliche Sorgen. Mein Sohn war verschwunden. Und das schon seit mehr als zwei Stunden! Unruhig lief ich in der Stube auf und ab. Die alte Wirtin sah mir ebenso kummervoll zu und mein Mann telefonierte mit den hiesigen Bergpatroullien.

Mitten in die Stille meiner Gedanken drang plötzlich ein spitzer Schrei von der Etage über uns. Die Wirtin zuckte zusammen und lief eilig hinauf. Mein Mann hielt im Telefonat inne und sein Gesichtsausdruck wurde starr. “was heißt das, sie können nicht nach ihm suchen, bei diesem Schneefall?” Mein Kummer und meine Tatenlosigkeit setzten mir immer mehr zu.

Die Wirtin kam die Treppen heruntergepoltert, an der Hand ein kleines Mädchen von ca. sieben Jahren. Sie war vollständig angezogen. “Madame! Meine Enkelin Marie hatte eben gesagt, das Geistermädchen war bei ihr. Sie behauptet zu wissen wo ihr Junge ist.” Mir stockte der Atem und mein Mann warf das Telefon weg. “So hoffnungsvoll das auch klingen mag, gute Frau, aber ich glaube nicht an Geistergeschichten.”, brummte er und setzte sich vornüber gebeugt in den Sessel.

Die kleine Marie schüttelte den Kopf. “Sie sagt Sie müssen sofort mitkommen, oder Ciel erfriert. Sie…” Die kleine lauschte und sah erschrocken neben sich nach oben. “Was ist, Kind?”, fragte die alte Frau drängend. “Sie ist hier. Ciel ist ihr gefolgt, sagt sie. Er wollte sehen wo sie zu Hause ist. Bevor er umgefallen ist, sagt sie, hat sie ihn in eine Höhle geschleift, wo es Windgeschützt ist, jedoch auch sehr kalt.” Eindringlich sah die Kleine mich an. “Bitte. Er erfriert. Sie will nicht, das er genauso wird wie sie.” Ich sah sie bekümmert an. “Selbst wenn wir nun aufbrechen würden, wir könnten bei diesem Sturm nichts sehen.” Die kleine Marie sah wieder zur Seite und nickte. “Sie sagt, der Sturm habe eben nachgelassen. Sie habe die Schneejungfrauen drum gebeten.” Die alte Frau bekam ein Entschlossenes Gesicht. “Ich werde den Jungen suchen gehen! Kind, hole die Isolierdecken und den Erste- Hilfe -Kasten! Ich zieh mich schnell an. Und hol Bruno aus der Hütte! Er kann den weg zurück finden.” Marie nickte und lief los.

Ich sah der Frau aufgeregt zu. Mein Mann blieb skeptisch. “Wer ist Bruno?” Die Frau sah ihn herausfordernd an. “Mein Wolfshund!” Sie rannte in ihre Kammer und man hörte wie sie Sachen aus den Schränken holte. Ich konnte nicht einfach still sitzen bleiben dun stürmte ebenfalls in unser Zimmer. Hastig kramte ich alle warmen Sachen heraus, zog sie an und packte ein paar Decken und einen Rucksack. Für mein Kind. Mein Mann kam stirnrunzelnd herein und sah mich verzweifelt an.

“Glaubst du dem Mädchen?”, fragte er und ich hob die Schultern. “Eigentlich müsse ich jetzt sagen, nein, doch das ist das einzige was ich tun kann, ohne rum zu sitzen.”, entgegnete ich gereizt und mir kamen die Tränen. Mein Mann nahm mich in den Arm und drückte mich ganz fest. “Ich hoffe, die Kleine hat recht.” Ich nickte dun er ließ mich los um sich ebenfalls anzukleiden.

Nur Wenige Augenblicke später standen wir bereit im Flur und die kleine Marie stand neben uns mit dem riesigen Hund an der Leine. “Oma holt nur noch die Thermoskannen.” Auf mein fragenden Blick hin trat schon die alte Frau in voller Montur aus der Küche heraus mit zwei Thermoskannen in der Hand. “Heißer Glühwein und Kaffee. Er wird’s brauchen, und wenn nicht, wir ebenfalls!”, brummte sie und wir taten hinaus in den Schnee.

Ich sah in den bewölkten Himmel hinauf. “Tatsächlich! Der Schneesturm hat völlig aufgehört. Selbst der Wind ist verschwunden!”, flüsterte die Frau und nahm die kleine Marie an die Hand.

“Kommt. Lasst uns keine Zeit verschwenden.”, sagte ich entschlossen und wir stapften los. Marie führte uns zunächst zu dem Hügel wo wir uns von Ciel getrennt hatten und an eine Gruppe von Tannenbäumen. Der Hund schnüffelte neugierig und winselte. “Wir haben die Spur nur ganz schwach.”, erklärte die Frau und Marie zog sie hinein in das kleine Wäldchen. “Beeilung! Sie sagt, der Weg sei weit.”

Ich geriet in Panik und schritt umso schneller aus. Etwas berührte mich an der Wange und Eiseskälte breitete sich darauf aus. Ich schrak zusammen und blickte in Maries Augen. “Sie sagt, wir werden rechtzeitig kommen. Du sollst nicht weinen.” Ich nickte und berührte meine Wange. Eine vereiste Träne fiel in meinen Handschuh. Mein Mann nahm mich auch an die Hand und wir gingen gemeinsam durch den hohen Schnee.

Mir kam es vor wie eine Ewigkeit, als der Hund anfing zu Bellen. Er zog und Zerrte an der Leine. Die Frau konnte ihn kaum noch halten. “Sie sagt, es ist gleich hier hinter dem Felsen.” Ich blickte mich um und konnte nichts als Bäume ausmachen. “Welcher Fels?”, ´fragte mein Mann. Marie ging hinüber zu einer Tanne und schob den Schnee daneben weg. “Hier”

Zum Vorschein kam ein Großer Felsblock, den ich doch tatsächlich in all dem Schnee übersehen hatte. Der Hund stürmte sofort dorthin und riss der Frau die Leine aus der Hand. Er verschwand hinter dem Felsen. Verwundert kam die Frau näher und untersuchte den Fels. “Hier ist ein schmaler spalt. Wir könnten eventuell durchpassen.”, meinte sie. Doch Marie schüttelte energisch den Kopf. “Sie sagt, das der Spalt gerade groß genug wäre für einen Jugendlichen oder alten Greis.” Bleich sah die Frau ihre Enkelin an. “Ein alter Greis?” Ihre Stimme zitterte vor Furcht. Mir war das alles egal. Ich wollte nur zu meinem Sohn. Ich drängte Marie beiseite und betrachtete den Spalt. “Ich würde hindurchpassen ohne Gepäck. Vermutlich stimmt ihre Schätzung nicht. Ich geh rein.” Mein Mann hielt mich kurz zurück. “Hier, nimm das mit” Er gab mir ein Seil in die Hand das er an ein Baum Knotete. Marie ging voraus. “Ich geh vor. Sie ist direkt vor mir”, sagte sie bestimmt und ihre Großmutter verkniff ängstlich das Gesicht. “Passt auf, Kinder.”

Marie verschwand im Felsspalt dun ich folgte ihr entschlossen. Zu meiner Überraschung war nur der Eingang etwas eng, danach wurde der Gang breiter und man konnte ruhig vorwärtsgehen. Nach nur wenigen Schritten wurde die Höhle Breiter und öffnete sich dann ganz für uns. Ich erblickte ein dunkles Bündel vor einer Eissäule und rannte darauf zu. Mein Augenmerk galt ganz meinem Sohn, der in vereiste Lumpen gehüllt war. Ich nahm sie beiseite und betrachtete das Gesicht von Ciel. Seine Lippen waren schon blau und ich hievte ihn hoch. Dann fiel mir ein das ich ihn nicht durch den spalt bekommen würde. “Marie könntest du mein Mann holen? Ciel lebt noch aber ich brauche die Decken und ihn, damit er mir hilft, Ciel hier heraus zu holen.” Als ich nichts darauf hörte sah ich Marie ins Gesicht. Sie starrte über meinen Kopf hinweg auf die Eissäule.

“Stimmt etwas nicht?” Marie deutete langsam über meinen Kopf. “Hier wohnt sie.”, murmelte sie und trat Schritt für Schritt zurück. Ich drehte mich um und hob den Blick. Zuerst konnte ich nichts erkennen, doch dann betrachtete ich das Eis genauer. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken und mir sträubten sich die Nackenhaare. “CHRISTOPH! KOMM SCHNELL!”, rief ich und schluckte heftig.



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