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Walk through the Fire

von

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Kaze no boppatsu (Ausbruch des Windes)

Kapitel 4 : Kaze no boppatsu

(Ausbruch des Windes)
 

Zwei Tage saß er nun schon hier. Zwei verdammte Tage ohne etwas gegessen zu haben. Getrunken hatte er nur mäßig. Immer dann, wenn seine Wache nicht hinsah und immer nur so viel, dass man nicht sah, dass aus dem dargebotenen Becher etwas fehlte.

Ihm war schlecht, seine Muskeln zitterten und er fror entsetzlich, denn auch die Decke vermied er noch immer tunlichst.

Er wollte keine milde Gabe von Miki... er wollte nicht riskieren, dass er am Ende noch so etwas wie verzweifelte Zuneigung zu seinem Widersacher empfand.

Es war schon verwunderlich genug zu sehen, mit welcher Energie der Schwarzhaarige wieder und wieder seine Nähe suchte.

Wie oft hatte Yuki ihn nun schon angeschrien, verflucht und zum Teufel gejagt. Haha... welch ein Wortwitz... laut Aussagen der Devils war Miki ja das Ebenbild des Teufels selbst, doch sah Yuki in ihm mehr den Seelenklempner der Bande.

Leise seufzte er... es musste Abend sein, wenn nicht sogar schon Nacht... er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, was ihn ziemlich störte, denn es engte ihn nur noch mehr ein.

Er hatte sowieso schon das Gefühl durchzudrehen... er wollte hier raus, wollte den Wind wieder in seinen Haaren spüren. Er war nie an einen Ort gebunden gewesen, niemals eingesperrt gewesen.

Allerdings hatte er sich zu dieser Zeit immer wieder einen Platz gewünscht, an dem er heimisch werden konnte. Einen Menschen zu dem er gehören würde und vielleicht sogar als etwas wichtigeres, als ein Sexspielzeug behandelt zu werden.

Er wünschte sich, einen Sinn in seinem Leben zu finden, jemanden oder auch nur etwas, dass seine große Liebe überschatten und vielleicht sogar ersetzen konnte. Der Gedanke an Kira fraß ihn allmählich auf und es war ihm bewusst. Nichts war mehr wie früher und er wusste, dass er sie endlich loslassen musste. Selbst Kira hätte es so gewollt... sie hatte immer nur gewollt, dass er glücklich war.

Sie selbst war nie davon überzeugt, die einzige Freundin in seinem Leben gewesen zu sein, egal wie häufig er ihr versichert hatte, dass er immer nur sie lieben würde. Ein leben lang.

Doch war dieses Leben zu kurz gewesen und er hatte sein Versprechen gebrochen. Er hatte es nicht geschafft sich selbst zu töten und er schaffte es auch nicht sich töten zu lassen.

Irgendetwas schien ihn am Leben halten zu wollen, doch konnte Yuki keinen Sinn darin sehen.

Allerdings merkte er, wie er sich selbst immer wieder zwang in der Vergangenheit zu verweilen, an Kira und ihre gemeinsame Zeit zu denken, weil er Angst davor hatte, seiner Realität ins Auge zu blicken. Außerdem fürchtete er, dass er sie eines Tages wirklich vergessen konnte. Viele kleine Details an ihrem Körper, ihrem Geruch und ihrer Stimme waren ihm doch schon längst entfallen. Es war ein stetiger Prozess...

Und dann war da dieser Miki. Hassobjekt Nummer 1 und er war verdammt nochmal nicht so, wie Yuki es sich immer eingeredet hatte. Es war leicht sich vorzustellen, wie der andere selbstgefällig hinter seinem fetten Schreibtisch saß und seinen Untertanen den Befehl zum skrupellosen morden gab.

Ja... diesen Miki hatte er getrost hassen können, er verdiente den Tod... und noch mehr, er verdiente es zu leiden.

Der Miki allerdings, den Yuki mehr oder eher weniger freiwillig hatte kennen lernen müssen, war so verdammt anders. Nicht so wie seine Vorstellung, vor allem auch nicht so, wie Aki es ihm geschildert hatte. In Wahrheit war er nichts weiter als ein Abbild von dem, was Yuki sich als Boss gewünscht hätte.

Er war fürsorglich und warmherzig, soweit Yuki das schon beurteilen konnte. Er kümmerte sich rührend um das kleine Mädchen und hatte selbst für jeden noch so unwichtigen Wachposten ein freundliches Wort über.

Auch schienen alle Devils irgendwie miteinander befreundet zu sein. Undenkbar wäre es sich vorzustellen, dass sich die Leute innerhalb der Bande prügelten, wie es die Angels nur zu gerne taten.

Allgemein wirkte die Bande eher wie eine große Familie.

Und es widerte Yuki so an... und noch mehr störte ihn, dass er Miki und Sayaka um all das unheimlich beneidete.
 

Die Zeit hinter Gittern hatte ihn mürbe gemacht. Auch wenn er am Vortag eine neue Glühbirne bekommen hatte, konnte ihm das künstliche Licht nicht die Wärme spenden, wie Sonnenstrahlen es tun würden.

Er wollte hier raus... er musste hier raus. Wieder und wieder hatte er die kleine Haarnadel in seinen Fingern gedreht.

Sie war sein Schlüssel zur Freiheit, doch hatte er keine Ahnung wo er hingehen sollte, wenn er erst einmal aus der Zelle heraus war.

Er war geschwächt und verfluchte sich wieder heimlich dafür, dass Essen der Devil's nicht angerührt zu haben. Es war immer verlockender gewesen, je länger er hier saß. Manchmal hatte er das Gefühl, er würde genauso bekocht werden, wie Miki höchstpersönlich, denn sein Essen sah wirklich verführerisch köstlich aus.

Vor allem gab es all die Dinge, die er bei den Angels häufig vermisst hatte. Aki legte keinen Wert darauf, dass sie die Schule beendeten und einen Beruf erlernten. Es gab Fast Food und wenn man keine Lust zum kochen hatte, wurde eben eine Pizza bestellt.

Das Essen, was er hier in einem verfluchten Kellerverlies vorgesetzt bekam hätte wohl eher in ein schönes Restaurant gepasst.

Alles war selbst gekocht, dass konnte er sehen. Aus frischen Zutaten, selbst der Nachtisch.

Wollte Miki nur mit seinem Ruhm angeben? Ihm zeigen zu was er seine Bande gemacht hatte? Oder legte er einfach nur Wert darauf, dass die Mitglieder der Devil's eine fundierte Ausbildung hatten, damit sie jederzeit die Chance hatten ein eigenes Leben zu starten?

Aki wusste das immer sehr gut zu verhindern. Sie alle waren nichts, konnten nichts außer kämpfen und würden wohl niemals der Bande entfliehen und eine Familie gründen wollen.

Auch Kira und er hatten sich nicht getraut ihrem Chef auch nur ein Wort über ihre Pläne zu verraten.

Denn dann hätte wahrscheinlich Aki selbst einen von ihnen getötet. Manchmal hatte Yuki ohnehin das Gefühl gehabt, dass sie ihm ein Dorn im Auge gewesen war. Aki verehrte ihn... seinen Körper und dessen Gefügigkeit.

Er hatte immer bekommen was er wollte, wenn nicht auf freiwilliger Basis, so durch Zwang und Unterdrückung.

Yuki fühlte, dass Miki ganz anders war … und das war bei weitem nicht hilfreich.
 

Der Blonde wartete noch ab, bis die Wache wieder anfing lauthals zu schnarchen und seufzte. Der hatte ein Leben... bei den Angels wurden solche Leute höchstens zum Boden wischen degradiert.

Aki wusste schon warum. Yuki grinste wieder und stand geräuschlos auf. Die Dunkelheit würde ihn wohl jetzt nicht schützen können und er hoffte, dass sein Geruch ihn nicht verraten würde.

Er hasste es, nicht duschen zu können. Wenn er gefasst werden sollte, was natürlich nicht der Fall sein würde, dann würde er eiskalt um eine komfortablere Zelle bitten. Jawohl!

Er kicherte leise, was allerdings in einem langgezogenem Schnarcher unterging. Genauso wie das sanfte Klicken des Schlosses wurde eben so verschluckt und Yuki musste mit dem Kopf schütteln. Also das es so einfach sein würde, hätte er absolut nicht vermutet. Nun gut, dann würde es nur um einiges schneller gehen. Bald würde er hier raus sein... endlich wieder über Häuserdächer ziehen und den Wind fühlen. Oh wie sehr vermisste er es doch.

Langsam und auf lautlosen Sohlen schlich er sich die enge und gewundene Kellertreppe nach oben. Hatte er allerdings gedacht in einem Gang zu landen, so hatte er sich getäuscht. „Na großartig...“, murrte er dem vermaledeiten Fahrstuhl entgegen und schlug sauer auf den Rufknopf.

Nun musste er sich also in so eine Raumkapsel zwängen. Insgeheim hatte Miki seine winzigen Sympathiepunkte, die Yuki sowieso auf seinen Ernährungsmangel schob schon wieder verloren.

Nun musste er sich schon wieder einengen lassen. Aber was tat man nicht alles für die Freiheit.
 

Allerdings wurde auch im Fahrstuhl sein Weg noch vorbestimmt. Er seufzte leise und wählte die einzige Etage aus, welche für ihn von hier aus möglich war. Miki schien darauf bedacht zu sein mögliche Einbrecher – oder in Yuki's Fall auch Ausbrecher – zu verwirren.

Und das schaffte er auch. „Verdammte Scheiße...“, murmelte Yuki, als sich die Fahrstuhltüren wieder öffneten. Licht strömte ihm entgegen und sanfte Sonnenstrahlen wärmten sein Gesicht. Yuki lächelte verträumt, doch hielt es nur einige Sekunden an. Dann runzelte er die Stirn und begann einfach sich durch den langen Gang zu schlängeln.

Es würde ihm nicht viel bringen durch den Vorderausgang zu gehen, denn dieser wurde bewacht.

Es war schon dumm genug, dass er am hellen Tage abgehauen war. Wo war es nur geblieben, sein Empfinden für die Zeit? War der Hunger und die Schwäche schon so stark, dass er keinerlei Gefühl mehr dafür hatte, wann ein Tag endete und ein neuer begann?

Aber heulen brachte nichts, denn er wusste nicht, wann sich diese Gelegenheit noch einmal bieten würde. Er hatte ja immerhin noch vermutet, dass der Wachmann in der Nacht schlafen würde, aber anscheinend war sein Job so überaus anstrengend, dass er sich am Tage nicht mehr wachhalten konnte.

„Scheiß Devils... auf nichts kann man sich verlassen.“, fauchte er leise und versuchte sich wenigstens in den Schatten der Fenster zu halten.

Er wollte es ihnen nicht noch leichter machen. Lautlos schlich er sich durch den gekachelten Flur, hielt hin und wieder inne, um zu lauschen, doch der Gebäudekomplex schien wie ausgestorben zu sein.

Etwas mutiger und immer darauf bedacht den Weg auf das Dach zu finden lief er weiter den Flur entlang, drückte sich hin und wieder an die Wand und blickte aus dem Fenster.

Er konnte etwas hören...

Nur ganz leise... Schritte... tapsend und irgendwie unstetig. Was war das? Yuki drückte sich hinter einen der schweren dunklen Vorhänge und spähte um ihn herum. Die tapsigen Schritte kamen näher und bald schon konnte er eine glockenhelle Kinderstimme vernehmen, die ein Kinderlied sang, welches Yuki schon viele Jahre nicht mehr gehört hatte.

Kurz darauf sah er sie... Sayaka. Yuki lächelte leicht. Sie war unheimlich süß. Auch in den vergangenen Tagen hatte sie ihn immer wieder besucht. Sie hatten miteinander geredet immer wieder und er hatte die mehr oder weniger sinnvollen Fragen der Kleinen immer wieder beantwortet.

Nun sah er sie wahrscheinlich zum letzten Mal.... und eine Spurt von Wehmut machte sich in seinem Herzen breit. Wie sehr wünschte er sich ein Kind wie Sayaka. Jemanden so schutzlos, der ihn brauchte, für den er wirklich sinnvoll da sein konnte.

Aber dieses Leben war ihm kaputt gemacht worden... von ihrem Vater... dem Menschen den Yuki mehr hasste als alles andere auf der Welt.

Allerdings....vielleicht konnte die Kleine ihm helfen...

Lautlos schlich er sich hinter ihr her, als sie an ihm vorbei gesprungen war, wobei sie immer die hellen Fliesen übersprang und ihre kleinen Füße nur auf die dunklen Kacheln setzte.

„Pssssst....“, machte Yuki leise und verbarg sich noch immer halb im Schatten.

Das Mädchen verstummte und er konnte sehen, wie sie alarmiert aufhorchte.

„Sayaka....“, flüsterte Yuki leise und als sie sich umdrehte versuchte er gewinnbringend zu lächeln. Es kostete ihn verdammt viel Anstrengung.

„Kaze...“, murmelte die Kleine verwundert und legte ihren Kopf schief. „Hat Papa dich freigelassen? Wo ist Teddy? Hast du ihn im Keller allein gelassen?“, es war klar, dass dieses Kind sofort an ihren verdammten Teddybären dachte. Gab es nichts wichtigeres?

„Ich ehm...nein Sayaka... hör zu ich muss wieder nach Hause...“

„Aber warum denn? Und WO IST TEDDY!!!“

„Ssssshhhh“, schnell legte er ihr einen seiner kalten Finger auf die Lippen und schüttelte alarmiert den Kopf.

„Sayaka dein Teddy hält unten im Keller die Stellung. Er wartet darauf, dass du ihn abholst. Ich habe ihm das Licht angelassen, damit er keine Angst hat aber... vorher...“, er beugte sich zu ihr herab und legte seine zittrigen Hände an die Schultern der Kleinen und seufzte leise auf.

„Vorher meine Süße, musst du mir helfen okay?“, als sie schüchtern nickte, bemerkte er, dass er wie ein Wahnsinniger auf sie wirken musste, doch das war nebensächlich.

„Also... hör mir gut zu. Ich muss hier raus. Du weißt ja ich bin hier nicht Zuhause und... meine Familie wartet auf mich. Ich kann sie nicht so lange alleine lassen, verstehst du das Sayaka?“, fragte er eindringlich und warf einen Blick über die Schulter. Er war gehetzt, er wusste, nur ein falsches Wort und er würde alles zunichte machen.

„Also Kleines... sag mir bitte, wo ich hier auf das Dach komme okay?“, murmelte er und schüttelte sie ein kleines bisschen, um sie dazu zu bewegen schnell zu antworten.

Einige Augenblicke sah sie ihn furchtsam an, schüttelte dann aber ihren Kopf.

„Magst du mich denn nicht? Ich habe dich doch immer besucht... warum willst du denn weg?“, fragte sie leise und biss sich verstört auf die Unterlippe.

„Nein... Sayaka, darum geht es nicht... ich werde gebraucht... ich bin nicht ganz alleine auf der Welt weißt du? Du würdest doch auch nicht wollen, dass dein Papa ganz lange von dir getrennt ist oder?“, er sprach noch immer eindringlich und gehetzt... sie sollte ihn nicht aufhalten, sonst musste er sie aus dem Weg schaffen.

„Nein... das will ich nicht...“, murmelte sie leise und drehte sich ein wenig von ihm weg. „Geh dort durch die große Tür...“, sagte sie dann schlicht und Yuki, der keine Zeit verlieren wollte drehte sich sofort um.

„Mach es gut kleine Sayaka!“, rief er ihr noch über die Schulter zu und stürmte auf die große Flügeltür zu, welche er aufriss, ohne das verschmitzte Grinsen auf dem Gesicht des kleinen Mädchens zu sehen.
 

Gehetzt rannte er in einen Raum und brauchte einige schrecklich lange Sekunden um zu verstehen, was er dort sah.

Er war keineswegs wie vermutet in einem Treppenhaus gelandet, sondern stand direkt vor einem großen Schreibtisch und blickte geschockt in die nicht minder erschrockenen Augen des Menschen den er wohl am wenigsten sehen wollte.

Hinter Yuki knallte eine Tür... und die kleine Sayaka drehte den Schlüssel im Schloss herum. Fassungslos drehte Yuki sich um und starrte das Kind mit einer Mischung aus Wut, Verblüffung und grenzenlosem Hass an.

„Warum Sayaka? Warum verarscht du mich so?“, rief er wütend und die Kleine lief erschrocken schnell um den Schreibtisch herum, wo sie sich an die Seite von Miki drückte, der aus lauter Schreck noch nicht ein Wort gesagt hatte.

Schnell schob sie ihm den kleinen Schlüssel in die Tasche und blickte den Blonden mit einem wehleidigen Blick an.

„Du wolltest mich alleine lassen. Ich will nicht das du wieder gehst. Da wo du wohnst ist es gar nicht schön.“, sagte sie leise und Yuki blieb die bösartige Antwort im Halse stecken. Diese Worte mit solcher Inbrunst gesprochen brachten ihn zum schlucken.

„Was weißt du schon über mein Zuhause?“, fragte er leise und sie zuckte mit den Schultern. „Nichts... nur das gar keiner herkommt, der dich abholen will. Ich bin die einzige die dich besucht hat. Und Papa!“, murmelte sie und sah ihren Vater dann verstört an, welcher leicht lächelte.

„Genau... und jetzt frage ich mich ja, wie ich zu der Ehre komme, dass du mir einen Besuch abstattest!“, fragte er leise und wanderte um seinen Schreibtisch herum. Langsam wanderte er auf den Blonden zu, welcher mehr wirkte wie ein Häuflein Elend, als wie der stärkste Kämpfer der Angels.

„Und du hast noch immer nichts gegessen. Kaze was bringt es dir, Aki oder mir, wenn du dich zu Tode hungerst?“, wenn Miki sauer war, dann wusste er es gut zu verstecken. Und Yuki, ohnehin mürbe vom Hunger und von seinem unstillbaren Durst verlor eine Sekunde lang die Festigkeit in seinem Blick.

„Fick dich Arschloch!“, knurrte er leise und trat bedrohlich auf den Dunkelhaarigen zu. „Glaubst du ich bin zu schwach um dich zu töten?“

Miki schnaubte leise. „Wenn du mich wirklich töten wolltest, dann hättest du es getan. Leere Worte Kaze. Du würdest mich nicht umbringen und wenn dein Leben davon abhinge. Und ich kann dir genau sagen warum... weil du in mir all das siehst, was du dir von deinem Leben wünschen würdest. Du willst behütet werden, gehalten und geliebt werden. Du willst wahre Freundschaft, wie die Devils sie untereinander führen. Du willst nicht mehr der einsame Kämpfer der Angels sein, der alles verloren hat, was ihm einmal etwas bedeutete!“, seine Worte waren nur gehaucht und Miki war Yuki so nahe gekommen, dass er den warmen Atem auf seinem Gesicht prickeln fühlen konnte.

Miki klang nicht eine Sekunde lang bedrohlich, auch nicht spottend oder überheblich. Er war sachlich, als würde er nur über das Wetter reden und dennoch flammte in Yuki eine Wut auf, die er sich in dieser Sekunde selbst nicht erklären konnte.
 

Lag es daran, dass Miki wirklich einen wunden Punkt getroffen hatte? Oder war es die Tatsache, dass er einen Menschen, so liebevoll im Umgang mit anderen, so vorsichtig und so wertschätzend.

Er hasste Miki und er hasste Aki dafür, das er ihm all diese Liebe nicht bieten konnte. Doch gleichzeitig bewunderte er diesen Typen dafür, dass er all das besaß, was Aki auch hatte und dennoch glücklich zu sein schien.

Warum durfte er selbst nicht auch ein wenig Glück erfahren, warum?

Wütend drehte er sich um, er war vielleicht geschwächt, doch immer noch ungemein schnell. Ehe Miki sich rühren konnte, hatte er einen schweren Brieföffner gegriffen und ihn auf den Dunkelhaarigen geschleudert.

Der Devil konnte im letzten Moment noch ausweichen und das schwere Metall knallte gegen die verschlossene Tür, wo es eine tiefe Kerbe hinterließ.

Sayaka riss die Augen auf und starrte für einige Sekunden in ihr Spielzimmer. „Wehe du machst mein Puppenhaus kaputt!!“, rief sie und rannte schnell in die rosa gestrichene Ecke, mit dem weißen Flauschteppich und setzte sich demonstrativ vor das Haus, als könnte sie es im Zweifelsfall schützen.

Doch Yuki interessierte sich nicht dafür. Der Schmerz über den Verlust von Kira, der Hass auf Miki und auf sich selbst, seine Verzweiflung und die Angst, vor der neuerlichen Tortur von Aki, waren wieder so allgegenwärtig, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Was interessierte es, wenn er hier und jetzt starb, solange er Miki vorher noch Schmerzen zugefügt hatte.

Wenn er schon keine Waffe besaß, dann würde er ihn eben mit bloßen Händen töten. Er vergaß, dass er seit Tagen weder anständig gegessen noch ausreichend getrunken hatte und stürmte mit einem kleinen Schrei wieder auf das Oberhaupt der Devils zu.

Seine schlanken Finger schlossen sich um den Hals Miki's und er drückte zu, mit all der Kraft die er noch aufbringen konnte.

Durch die Wucht mit der ihre Körper aufeinander prallten, taumelte der Dunkelhaarige gegen die rückwärtige Wand und knallte hart dagegen. Miki kniff für eine Sekunde die Augen zusammen und blickte Yuki an. Er spürte die schwindende Kraft in den Fingern des Blonden und rührte sich nicht, selbst wenn ihm die Luft sehr knapp wurde.

Stattdessen suchten seine ruhigen Augen den Blick des Blonden. Es dauerte nicht lange und er versank in den glanzlosen Irden, die so viel Leid gesehen zu haben schienen. Augen, die einmal geglänzt hatten, die fröhlich und frech in die Welt geblickt hatten und die jetzt abgestumpft und tot aussahen.

Langsam hob Miki seine Hände und griff gewaltsam die Handgelenke des Blonden. Er wusste, Kaze hatte viel zu wenig Kraft, um ihm ernsthaft etwas anzutun, sonst hätte er sich schon viel mehr gewehrt.

Fest riss er nun die schmalen Finger des etwas Kleineren von seinem Hals und presste seine Handgelenke fest in seine eigenen Hände.

„Warum quälst du dich so Kaze? Was ist es Wert mich zu töten? Wird es deinen Augen den Glanz zurück geben? Wird es deinen Lippen wieder zeigen, wie man lächelt? Wird dein Herz wieder beginnen zu schlagen?“, fragte er leise und nur seine leicht zitternde Stimme und sein Atem, welcher beschleunigt war, verrieten, dass er gerade angegriffen wurde.

„Was in aller Welt schürt deinen Hass gegen mich?“
 

Yuki riss fest an seinen Handgelenken, welche von Miki gehalten wurden, hatte jedoch keinerlei Chance wieder frei zu kommen. Miki war einfach viel stärker gerade, als er selber.

Der Essensentzug und auch die fehlende Flüssigkeit schwächten seinen Körper ungemein, aber noch lange nicht seinen Geist, welcher einfach nur hier weg wollte.

Gerade hielt ihn hier garnichts mehr, selbst nicht das kleine Mädchen, welches ihn auf eine so bösartige Art und Weise reingelegt hatte. Dabei hatte er doch erklärt, das er jemanden hatte, der auf ihn wartete. Wie konnte sie nur so gemein sein und nur an sich denken? Typisch Devil!

Der würde er es schon zeigen!

Aber erstmal musste er irgendwie von Miki loskommen, welcher ihm auch noch so neugierig irgendwelche Fragen stellte.

Pff, als wenn er diese beantworten würde, einfach so.

Mit einem etwas kräftigeren Ruck, bekam er sich endlich aus Mikis Griff los und sah diesen böse an.

„Als wenn ich dir meine Lebensgeschichte offenbaren würde, Mikilein.“, murmelte er deswegen nur und sah sich im Raum um. Der einzigste Weg, den er noch hatte, war die Flucht nach vorn und das hieß, frontal durch die Glasscheiben und versuchen, dabei nicht zu sterben.

Gerade würde er einfach alles dafür geben, endlich wieder raus zu können, endlich wieder den Wind zu spüren und die Sonne zu genießen.

Vorsichtig ging er etwas zurück und sah wieder zu Miki, damit dieser ihm auch ja von der Pelle blieb. Das Dumme war, das dieser große Schreibtisch vor dem Fenster stand, aber selbst den würde er noch bewältigen.

„Ich würde mir jedenfalls wünschen, das wir mal ordentlich miteinander reden könnten. Ich will dir nichts böses, ich will dir nur helfen.“, murmelte Miki wieder mit normaler Stimme, konnte aber sehen, das Kaze irgendwas vor hatte. Er wirkte angespannt und so, als wenn er etwas ausbrüten würde.

Was es war, bemerkte er erst, als Kaze begann zu laufen, auf den Schreibtisch zu springen und die großen Glasfenster anzusteuern.

„NEIN KAZE!“, rief er laut und so schnell wie er konnte, rannte Miki um den Schreibtisch drum rum, sprang in die Luft und konnte Kaze gerade noch so vor den Fenstern abfangen und wieder zu Boden reißen.

Es schepperte laut, da bei dem Fall einige Sachen mit vom Schreibtisch gerissen wurden, doch es kümmerte Miki weniger. Das konnte man wieder aufräumen.

Kaze jedoch schrie und tobte unter Miki, schlug mit seinen Armen um sich, weil selbst dieses Manöver nicht geklappt hatte.

„Kaze, das ist reiner Selbstmord, wir sind hier im 5. Stock verdammt, sei doch vernünftig!“, versuchte Miki auf den wild gewordenen Jungen einzureden, welcher aber garnicht daran dachte zuzuhören.

Miki hatte alle Mühe Kazes Arme einzufangen und sie auf den Boden zu drücken, hatte zuvor noch schnell einen Schalter unter seinem Schreibtisch aktiviert, damit die Wachen wussten, das er Hilfe brauchte.

Wie gut das selbst diese einen Schlüssel für sein Büro hatten, denn sonst wäre seine schöne Tür gleich dahin.

Aber erstmal war es wichtiger Kaze zu beruhigen, welcher noch immer um seine Freiheit kämpfte.

„LASS MICH ENDLICH IN RUHE VERDAMMT!“

„Das werde ich, sobald wir miteinander gesprochen haben und ich weiß, was ich wissen will.“

„Fick dich.“

Miki seufzte leise und hielt Kaze weiter auf den Boden, welcher langsam aber sicher immer mehr an Kraft verlor und irgendwann garkeinen Widerstand mehr gab, bis die Wachen ins Zimmer kamen.

„Chef? Was ist hier los?“, fragte einer sofort, worauf Miki hinter seinem Schreibtisch aufsah.

„Wir haben hier einen Ausbrecher.“, murmelte er leise und stand auf, da Kaze gerade sehr fertig zu sein schien, weswegen er sich nicht mehr wirklich rührte.

„Wie konnte das passieren?“, fragte der Devil gleich und machte große Augen, legte mit seinen Kumpanen den Angel wieder in Ketten.

„Das frage ich mich auch, wozu haben wir eine Wache im Keller? Aber gut, er ist schlauer als wir dachten. Er nutzt immer die Zeit aus, in der wir am unwachsamsten sind. Wir müssen besser aufpassen. Wir dürfen nicht mehr unachtsam werden.“, murmelte Miki streng, worauf die Wachen nickten.

„Jawohl!“

„Gut und jetzt bringt ihn in den Keller. Und bringt ihm etwas zu Essen, er ist ja vollkommen ausgehungert.“

„Aber er isst doch nicht von sich aus.“

„Das ist egal. Wir müssen es wenigstens versuchen. Und du Kaze, solltest unser Angebot vielleicht einmal annehmen, sonst kippst du bald wirklich vom Fleisch. Und das wäre schade.“

Kaze gab nichts von sich und ließ sich in Fesseln legen, sah mit einem enttäuschten Blick nochmal zu dem kleinen Mädchen, welche das alles mit angesehen hatte.

Dabei wollte sie doch nur, das Kaze nicht wieder etwas böses passierte.
 

„Papa, bleibt Kaze jetzt bei uns?“

„Erstmal ja.“, murmelte er leise und sah den Wachmännern dabei zu, wie sie Kaze wieder versuchten auf die Beine zu bekommen.

Doch dieser schien viel zu schwach. Hatte er wirklich all seine Kräfte schon verbraucht?

Miki schluckte. War es vielleicht dann nicht wirklich besser, ihn wieder gehen zu lassen? Es schien so, als wenn man seinen Wille nicht brechen konnte. War es denn fair, ein freies Lebewesen wie ihn, einfach einzusperren, weil man selber ihn interessant fand und mehr erfahren wollte? Miki überkamen Zweifel, Zweifel, die eigentlich garnicht gut waren an seiner Stelle. Immerhin sollte er ein Vorbild sein, aber gerade hatte er einfach nur Mitleid. Kaze wirkte auf ihn wie ein Tier, welches man eingeschüchtert und dann eingesperrt hatte und welches nun sterben wollte.

War es denn so?
 

Kaze hingegen war zwiegespalten. Auf der einen Seite war ihm so unendlich schlecht und schwindelig. Er sah nurnoch doppelte Bilder und konnte sich kaum mehr richtig bewegen, auf der anderen Seite jedoch, wollte er einfach abhauen und ausbrechen aus diesem Gebäude.

Er wollte nicht länger hier bleiben!

Vielleicht sollte er noch einen Versuch starten. Nur noch einen einzigen. Würde er dieses mal Erfolg haben?

Die Wachen hatten ihn gerade wieder auf die Beine bekommen und so torkelte er mehr, als das er normal lief, hinter den Wachen her und dachte angestrengt nach.

Seine Fesseln auf dem Rücken waren nun wirklich kein Hindernis und an eine Waffe zu kommen genau so wenig. Aber wie sollte er hier raus kommen?

Ach er würde schon einen Weg finden.

War er wirklich schon so verzweifelt etwas durchzuführen, ohne sich einen genauen Plan auszudenken? Anscheinend schon.

Yuki hockte sich wieder auf den Boden und tat so, als wenn er nicht weiter laufen könnte. In Wirklichkeit aber stülpte er seine Fesseln gerade über seinen Hintern und stieg dann vorsichtig darüber. Eher sich die Wachen versehen hatten, hatte er die Fesseln vorne, statt hinten und konnte sich somit wieder frei bewegen.

Einer der verdutzten Devils konnte garnicht so schnell reagieren, wie sein Schlagstock weg und in Kazes Händen war.

„Passt auf, er hat eine Waffe!“, rief einer der Devils und nahm etwas Abstand zu dem Angel, welcher aber nicht mehr ganz zurechnungsfähig aussah.

Gott ihm war so kotz übel!

„Lasst mich.. hier .. raus..“, murmelte Yuki leise und doch mit schneidender Stimme.

„Das geht nicht.“

„Das ist mir egal, ich will es so!“

Miki stand an der Tür und sah es sich mit an. Der Junge quälte sich und doch hatte er noch nie einen Menschen erlebt, welcher so viel Willenskraft hatte, um sich noch immer zu wehren.

Miki war fasziniert. Was trieb diesen Jungen nur so an?

Dennoch musste es ein Ende haben.

Leise schlich sich Miki an Kaze heran, ohne das er dies bemerkte und stellte sich, in einem günstigen Moment, vor diesen.

Kaze, welcher einen Moment unachtsam war, da die Bilder vor seinem inneren Auge wieder verwischten, sah Miki gross an, als dieser vor ihm stand.

„Es tut mir leid..“, murmelte Miki noch leise und schlug mit seiner Faust kräftig in Kazes Magen, welcher garnicht so schnell reagieren konnte und bewusstlos in Mikis Armen zusammen brach.

Eigentlich hasste Miki es, andere zu verletzen, aber hier sah er keinen anderen Weg. Es war besser so, denn immerhin wollte er seine Leute nicht immer der Gefahr aussetzen.

„Aber Miki..“, rief einer überrascht, worauf dieser den blonden und unsagbar leichten Jungen auf seine Arme hob.

„Ich bring ihn runter. Einer kommt mit als Wache.“, murmelte er leise und ging schon mal voraus.

Dieser Junge faszinierte ihn immer mehr und er konnte es sich einfach nicht erklären.

Es war genau wie damals mit Kaede. Dieser hatte ihn auch immer sehr fasziniert, durch seine Art und Weise, wie er mit den Menschen umging, wie liebevoll und doch bestimmt er war.

Seine ganze Person hatte ihn fasziniert und Kaede war es auch immer gewesen, welcher Miki verblüffen konnte, denn er hatte immer irgendwas neues auf Lager. Er hatte bis zum Schluss immer das Gefühl gehabt, Kaede nie wirklich gekannt zu haben.

Und bei Kaze.. es war anders, definitiv anders, aber er konnte es so schlecht erklären.

Er war so stark und doch so wahnsinnig schwach. Es war merkwürdig, aber vielleicht würde er irgendwann noch darauf kommen.
 

Miki hatte Kaze wieder in seine Zelle gebracht und hatte ihm etwas zu Essen und Trinken kommen lassen. Sayaka hatte gesagt, das Kaze kein Wasser mochte, weswegen er einfach mal Tee gekocht hatte. Vielleicht würde er das ja lieber mögen.

Er blieb die ganze Zeit bei Kaze am Bett sitzen. Er wusste, das er in diesem Zustand keine Angst vor ihm haben brauchte, weil Kaze keine Kraft mehr hatte, um irgendwelche gefährlichen Angriffe auszuführen, das hatte er am Nachmittag in seinem Büro gesehen. Dennoch war er auf der Hut. Besonders bei einem Menschen wie Kaze, welcher so viele Geheimnisse hatte und auch so unzurechnungsfähig war.

Es dauerte lange, bis der Blonde wieder erwachte. Irgendwie schien es ihm, als hätte der Junge lange nicht richtig geschlafen. Nur keine Schwäche zeigen, das passte zu dem Kleinen.

„Na, gut geschlafen?“, fragte Miki deswegen ganz leise, damit er den Jungen nicht verschreckte, welcher erstmal orten musste, wo er war.

Okay, dunkles Gemäuer, eine schwache Glühbirne, ein Bett.. Gitterstäbe.. er saß wieder in der kleinen, muffigen Zelle.

Er seufzte leise und legte seine Arme über die Augen, da ihn das Licht sehr blendete. Doch Moment mal!

Ruckartig setzte sich Kaze auf und starrte Miki an, welcher auf einem kleinen Stuhl IN seiner Zelle saß.

Einen Moment musste er das nun wirklich realisieren.

„Was zum Teufel machst du hier?“, fragte er leise und mit gebrochener Stimme, worauf Miki lächeln musste.

„Ich passe auf dich auf. Trink was, dann kannst du auch wieder richtig reden.“

Yuki sah zur Seite, wo ein Tablett mit Essen und Trinken stand.

„Ich brauche das nicht.“

Seine Stimme war kratzig und versagte hin und wieder, wenn er redete. Doch es war ihm egal. Er brauchte keine Almosen, er brauchte seine Freiheit wieder.

„Doch du brauchst das sehr wohl. Komm schon Kaze, wie stur kann ein Mensch sein? Willst du verhungern?“

„Das ist mir allemal lieber, als Essen von dir anzunehmen.“

Miki seufzte leise.

„Es ist nicht vergiftet, falls du das meinst. Glaubst du wirklich, ich hätte dich nicht schon lange anders umbringen können, wäre das wirklich in meinem Sinn? Glaubst du dafür muss ich dich vergiften? Wenn es mir Spaß machen würde, dich sterben zu sehen, dann würde ich dich qualvoll verhungern lassen, aber das steht nicht in meinem Sinne, deswegen bring ich dir doch immer etwas zu Essen.“

„Ganz ehrlich Miki? Ich würde es dir auch zutrauen, das du das Essen noch zusätzlich vergiftet hast, sodass ich sterbe, egal was ich tu. Ob ich esse und vergiftet werde oder verhungere und dadurch drauf gehe.“

Miki hob die Brauen.

„Wieso traust du mir sowas zu?“

„Menschen, die ich nicht kenne, traue ich alles zu, denn sie sind mir fremd.“

„Hmh.. das ist eigentlich auch garnicht so falsch. Man sollte nicht jedem vertrauen. Aber mir kannst du vertrauen. Wir kennen uns zwar nicht, aber wir können uns kennen lernen.“

„Wir können es auch sein lassen.“

Miki musste leise lachen, denn irgendwie hatte er mit so einer Antwort gerechnet.

„Wir werden sehen.“, murmelte er darauf nurnoch und sah das Essen, welches noch immer vor sich hin dampfte,überlegend an.

Wie konnte er Kaze dazu bringen, wenigstens ein bisschen zu essen?

„Soll ich dich füttern?“

Yuki riss die Augen auf und setzte sich abrupt auf.

„Was zum Teufel ist nur falsch mit dir? Geh einfach, los hau ab!“

Miki lachte leise.

„Ach komm, vielleicht isst du dann ja was.“

Yuki glaubte bald seinen Ohren nicht mehr zu trauen. Das durfte doch nicht wahr sein. Er war hier in der Vorhölle gelandet, ganz sicher oder aber bei einem geisteskranken Therapeuten.

Das war doch ein schlechter Witz, ein ganz ganz schlechter Witz!

Doch als Miki dann wirklich den Teller vom Tablett nahm und etwas auf den Löffel packte, hätte Yuki am liebsten hysterisch angefangen zu lachen.

„Probier es wenigstens mal.“

„Ey, welches Wort von 'Verpiss dich' hast du eigentlich nicht verstanden?“

„Ich überhöre solche Ausdrücke gern mal. Komm, einen Happen wenigstens.“

Yuki sah Miki an, als sei dieser total durchgedreht, holte mit einer Hand aus und traf damit gegen den Löffel, welcher klirrend auf den Boden fiel.

Miki sah dem Löffel nur doof hinterher und dann wieder zu Yuki.

„Willst du lieber so essen?“

Yuki wollte schreien, stattdessen nahm er sich aber lieber etwas von dem Salat, welcher noch auf dem Tablett stand und warf dieses zu Miki.

„Jetzt hau endlich ab!“

Miki lachte.

„Ey, mit Essen wirft man nicht.“

Yuki grunzte leise und nahm noch die kleine Puddingschale, woraus er den Pudding zu Miki schleuderte, die Schale weiter in seinen Händen hielt.

Miki saß nun da, Pudding im Gesicht, in den Haaren und auf den Klamotten und konnte irgendwie dennoch nicht drum herum leise zu lachen.

Wenn Kaze so war, konnte man ihn einfach nicht ernst nehmen, denn diese Aktionen waren mehr Verzweiflung als ernst gemeint und das fand er irgendwie schon wieder lustig.

„Der gute Pudding..“, murmelte Miki nur und wischte mit seinem Finger über die beschmierte Wange und leckte den Puddingmatsch dann ab.

„Schade eigentlich, der schmeckt wirklich gut.“

„Wenn du nicht sofort gehst, schmeiß ich die Schale noch nach dir.“

„Oh jetzt wird er brutal, aber gut, dann gehe ich eben. Aber du solltest etwas trinken, sonst gehst du wirklich noch drauf.“

Yuki schnaufte leise und hob die Hand, mit der Schale, schon zum Wurf an, doch Miki verließ die Zelle wirklich und musste wieder lachen.

„Wenn du verzweifelt bist, bist du schon fast niedlich.“

Okay nun warf Kaze die Schale doch nach dem Schwarzhaarigen, welche an der gegenüberliegenden Wand in tausend Teile zerschellte.

„VERSCHWINDE ENDLICH!“

Miki lachte und ging wirklich. Zwar guckten ihn die Devils komisch an, weil ihr Boss so voll gesaut durch die Gänge lief, aber den schien das garnicht zu stören. Er würde jetzt einfach duschen gehen und sich nebenbei überlegen, wie er Kaze denn dazu bringen konnte, zu duschen. Immerhin hatte er sich, seit er hier war nicht mehr gewaschen. Er musste sich selber doch ekelig finden.
 

Yuki hingegen saß noch immer in der Zelle und verstand die Welt nicht mehr. Wieso war der Boss der Devils auf einmal so zugänglich? Fast schon freundschaftlich!

Das war ja ekelig, wenn er so darüber nachdachte.

Missmutig sah er den Tee neben sich an und zog die Brauen zusammen. Nicht mit ihm.

Fest entschlossen stand er also auf, nahm das Tablett mit und stellte dieses eiskalt vor seine Zelle.

Er würde davon nichts anrühren, garnichts!

Aber nun saß er wieder in dieser dummen Zelle fest und dachte darüber nach, wie er ausbrechen konnte.

Doch wurde er in seinen Überlegungen gestört, als er leise, tapsige Schritte auf dem Flur hören konnte und er wusste auch schon genau, zu wem sie gehörten.

Sein Wissen wurde darin bestätigt, als er ein kleines Mädchen vor seiner Zelle sehen konnte, welches traurig zu ihm hin blickte.

„Kazeee?“

„Was willst du hier?“

Sayaka zog eine traurige Schnute.

„Bist du böse mit mir?“

„Ja.“

„Aber.. aber wieso denn?“

„Du hast mich eiskalt verraten und dir tut es nicht mal mehr leid.“

„Doch das tut es, aber ich wollte doch nicht..“

„Das ich wieder gehe, ich weiß. Egoistisches verhalten der Devils, kennt man nicht anders.“

„Das stimmt doch garnicht, ich mach mir Sorgen um dich.“

Yuki seufzte leise und stand auf.

„Hör zu kleines Mädchen, welches keine Ahnung von der Welt hat.. ich habe dir gesagt, jemand wartet auf mich, jemand der mich braucht und dennoch hast du mich so getäuscht und egoistisch gehandelt. Ich hab echt gedacht wir sind Freunde.“

„Aber das sind wir doch auch.“

Yuki hob die Brauen und sah dann in Sayakas Arme, wo sie eine kleine Puppe fest hielt.

„Zeig ma deine Puppe..“, murmelte er leise und streckte die Hand aus.

Sayaka zögerte einen kleinen Moment, bevor sie ihre Barbiepuppe zu Kaze hielt, welcher sie kurz entschlossen in die Hand nahm.

Einen Moment noch betrachtete er die kleine Plastikpuppe, welche dem Mädchen wohl sehr am Herzen lag.

„Magst du sie?“, fragte er leise, worauf Sayaka lächelte und nickte.

„Papa hat sie mir gekauft. Ich spiele sehr oft mit ihr. Für sie hab ich auch das grosse Puppenhaus.“

Yuki nickte und grinste dann.

„Weißt du.. mein bester Freund ist der Wind.. ich spiele auch sehr gern mit ihm. Er trägt mich, er ist für mich da und hin und wieder singt er mir ein Lied vor.“

„Der Wind singt?“

„Das kann ein Kind wie du nicht verstehen. Aber ja, er kann singen. Wenn man ihm lauscht, dann hörst du seine Melodie.“

Sayaka verstand nicht, was Kaze ihr sagen wollte. Das war alles irgendwie merkwürdig.

„Und jetzt ist der Wind allein, weil ich weg bin.“

„Das stimmt doch garnicht, da sind so viele andere Menschen, die dem Wind zuhören können.“

„Aber sie tun es ja nicht.“, murmelte Yuki wieder leise und sah zu Sayaka, welche leise seufzte. Für sie war das zu hoch. Dem Wind zuhören, so ein Unsinn.

Sie konnte Musik zuhören, aber dem Wind? Und wie sollte man mit dem Wind spielen können? Sie kannte ihre Barbies, das reichte.

„Das ist doch alles quatsch.. man kann weder mit dem Wind spielen, noch mit ihm reden oder seiner Musik lauschen. Das ist doch Blödsinn.“

Yuki grinste etwas.

„Achso, ist es das? Macht es dir Spaß alles anzuzweifeln, was andere gern haben, du selber aber nicht kennst ja? Pass mal auf, was mir Spaß macht.“, murmelte er leise und zog an der kleinen Plastikpuppe, bis der Kopf irgendwann nach gab und sich vom Körper löste.

„Schau, sowas macht mir Spaß. Ist nicht schön etwas zu verlieren oder kleines Mädchen?“

Sayaka sah Yuki erschrocken an und schluchzte leise.

„Wieso bist du so gemein?“

„Wieso ICH gemein bin? Überleg mal, WER hier wirklich gemein ist.“, murmelte er sauer und schmiss die beiden Teile der Puppe durch das Gitter, stand auf und nahm den Stoffteddy, welchen Sayaka ihm am ersten Abend hier gelassen hatte.

„Hier, nimm deinen Bären auch noch mit. Ich kann nichts von einer Verräterin gebrauchen.“

Sayaka war inzwischen in Tränen ausgebrochen und schluchzte bitterlich, während sie die beiden Teile ihrer Puppe an sich drückte.

„Ich hasse dich..“, flüsterte sie leise und stand wieder auf.

„Ja genau hass mich, bring das auch deinem tollen Papi bei.“, rief er Sayaka hinterher, welche weinend die Treppen hinauf gelaufen war.

Yuki seufzte leise und setzte sich wieder auf sein Bett.

Er wollte eigentlich nicht so gemein sein, aber irgendwie hatte ihn die Kleine schon sehr enttäuscht. Außerdem merkte er langsam, das er weicher wurde und das wollte er auf jeden Fall verhindern.

Diese Zelle machte ihn mürbe und auch die Abstinenz von allem anderen gewohnten, was er sonst immer um sich hatte, machte ihm schwer zu schaffen. Er brauchte endlich wieder etwas Freiraum.
 

Sayaka hingegen rannte nach oben, in das Büro ihres Papas, welcher gerade frisch geduscht aus dem Bad kam, welches an sein Büro angrenzte. Das war ein Luxsus, welchen selbst der Boss der Devils klasse fand. Besonders wenn es im Sommer so heiß wurde, war es angenehm, einfach duschen gehen zu können.

Doch als seine Kleine so weinend in sein Büro gerannt kam, war er schon verwundert.

„Hey, was ist denn passiert?“

„Kaze hat... Kaze ist... Kaze ist so gemein.“, schluchzte sie leise und hielt ihrem Papa ihre geköpfte Barbie entgegen.

Miki hob verwundert die Brauen.

„Hat er die kaputt gemacht?“

Sayaka nickte und schluchzte wieder laut auf.

„Och Kleines. Aber wieso denn?“

Sie erklärte ihrem Papa, was Kaze gesagt hatte, mit dem Wind und das es Sayaka wohl Spaß machen würde, anzuzweifeln, an was andere glaubten.

Miki hörte es sich aufmerksam an und seufzte leise aus.

„Hör zu Kleines. Kaze ist im Moment sehr durcheinander. Er hat vorher anders gelebt, als wir es tun. Wir wissen noch zu wenig von ihm, als das wir überhaupt etwas anzweifeln können, was ihn angeht, verstehst du das?“

Sayaka schüttelte den Kopf und schnäuzte erstmal in das große Taschentuch, welches ihr Papa ihr gab.

„Naja schau mal. Du weißt nicht, was er für Freunde hatte damals und vielleicht hat er zum Beispiel den Wind wirklich als seinen Freund angesehen. Und jetzt kann er nicht mehr draußen sein und ihn fühlen. Manchmal bringt es den Menschen schon Glück, wenn sie nur etwas fühlen dürfen. Das ist schon besonders für sie. Manche wissen nicht, wie es ist, wenn man sie umarmt. Du kennst das, für dich ist es nicht mehr sooo besonders, aber für die Menschen, die es nicht kennen, ist es ganz besonders und das kennen sie nicht.“

Sayaka hörte ihrem Papa zu und nickte.

„Also glaubst du auch, das Kaze den Wind als Freund hatte?“

Miki zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht, aber ich will es auch nicht anzweifeln, weil ich ihn noch nicht kenne. Und im Moment ist er sowieso sehr gereizt, weil er so großen Hunger hat, aber nichts isst. Sei nicht so traurig über deine Puppe, ich kauf dir eine neue, okay?“

„Dieselbe?“

„Auch dieselbe, wenn du möchtest. Aber weißt du was?“

Sayaka schüttelte den Kopf und sah ihren Papa gross an, welcher sich etwas vorbeugte und ihr leise etwas ins Ohr flüsterte, worauf sie wieder kichern musste.

„Au ja, das versuchen wir.“
 

Und so kam es, das Sayaka keine halbe Stunde später wieder nach unten in den Keller lief, gefolgt von ihrem Vater, welcher sich aber sehr im Schatten hielt und vor Yukis Zelle stoppte.

„Kazeee..“, fiepste sie, wie immer wenn sie seinen Namen rief.

Yuki ruckte hoch, da er in einen kleinen Schlaf abgedriftet war und sah auf.

„Was willst du denn schon wieder hier?“, fragte er leise und setzte sich auf.

„Ich wollt mich entschuldigen. Es war nicht nett, was ich gesagt hab.. und.. hier, ich hab dir was mitgebracht.“, murmelte sie lieb und hielt Kaze ein kleines Beutelchen entgegen, stellte dieses dann aber vorsichtig auf dem Boden ab.

Der Teddy von Sayaka, saß noch immer vor der Zelle, da sie ihn nicht mitgenommen hatte.

Yuki wusste nicht recht, was er davon nun halten sollte. Ein Geschenk?

Vorsichtig stand er auf und ging auf das Gitter zu, nahm das kleine Säckchen an sich, welches irgendwie schon sehr gut roch.

Als er es öffnete, wusste er auch, was da so gut roch.

„Kekse?“

„Ja genau, die haben mein Papa und ich letzte Woche gebacken. Ich dachte du magst sie vielleicht.“, murmelte sie lieb und kam etwas näher ans Gitter.

„Die sind auch alle ganz toll verziert mit Lilifee-Sternchen, die knuspern, wenn man sie isst und mit Schokoflocken und Zuckerguss. Ich hoffe du magst Kekse.“

Yuki sah das kleine Mädchen verdutzt an, da er mit sowas garnicht gerechnet hatte.

„Ich will deine Kekse nicht.“

„Oh bitte bitte Kaze.. nimm sie.. es tut mir wirklich leid, was ich gesagt habe. Ich glaube daran, das der Wind dein Freund ist, ich wollte dir nicht weh tun. Und es tut mir auch leid, das ich dich in eine Falle gelockt habe, wirklich. Bitte nimm sie an. Sie sind auch nicht vergiftet, schau.“, murmelte sie schnell und nahm einen der Kekse und steckte sie sich in den Mund, sodass Yuki schon mal keine Zweifel mehr haben konnte.

„Aber ich..“

„Bitte.. probier sie wenigstens einmal.“, flehte Sayaka leise und machte große Augen, denen selbst der harte Kaze nicht widerstehen konnte.

Außerdem war er sowieso so ausgehungert. Und von einem kleinen Mädchen konnte man doch wirklich nichts böses erwarten, oder?

Okay, sie hatte ihn hinterrücks in eine Falle gelockt, aber sonst.. war sie doch eigentlich immer Ehrlich gewesen.

Yuki seufzte leise und nahm sich einen Keks aus der Tüte und besah ihn sich. Er war niedlich rosa in Hello Kitty Form, sofern das diese komische Katze sein sollte. JA, auch er kannte sich damit aus.

„Aber nur weil dus bist.“, murmelte er leise und steckte sich den Keks in den Mund und knusperte leise darauf herum. Er schmeckte wirklich gut. Irgendwie etwas himbeerig, aber dennoch lecker.

„Die sind gut, vielen Dank.“, murmelte Kaze leise und nickte dem Mädchen entgegen.

Diese lachte leise und klatschte in die Hände.

„Es freut mich, das sie dir schmecken. Ich kann dir öfters mal Süßigkeiten mitbringen, wenn du sowas gern isst.“

Kaze schüttelte etwas den Kopf.

„Behalt die mal für dich selber. Das ist schon okay. Ich werde mir die Kekse gut einteilen, versprochen.“

Ob er sein Versprechen halten konnte, wusste er selber noch nicht so genau, denn gerade hatte sein Magen wieder laut begonnen zu rumoren, da es das erste seit Tagen war, was er zu essen bekam.

Sayaka hingegen lächelte und nickte.

„Ich bring dir trotzdem was mit. Magst du was trinken?“

„Nein danke.“

„Aber wieso nicht? Kekse schmecken gut mit Kakao.“

„Ich mag trotzdem nicht.“

„Aber..“

„Boah du bist genau so nervig wie dein Papa, ich habe NEIN gesagt.“

Sayaka zog eine breite Schnute.

„Gut dann halt nicht.“, murmelte sie kleinlich und nahm ihren Teddy wieder in den Arm, welcher noch immer so allein vor der Tür saß.

„Kaze, ich geh dann wieder ja. Ich komm dich morgen wieder besuchen.“

„Mach was du willst.“, murmelte Yuki leise und setzte sich auf sein Bett, legte die Kekse auf den kleinen Tisch vor sich.

„Ich lass dir Teddy wieder hier, der scheint dir gut zu tun. Schlaf schön, ja?“, murmelte sie lieb und stopfte den Bären wieder durch das Gitter und setzte ihn auf den Boden.

Kurz lächelte sie noch zu Kaze rüber, welcher seinen Blick jedoch nicht wieder gehoben hatte und vor sich her starrte und rannte den Flur dann wieder lang, nahm unterwegs die Hand ihres Papas, welcher alles mit angehört hatte und verließ den Keller wieder.

Ihr Plan war aufgegangen bzw. Mikis Plan, dass Sayaka mehr an Kaze heran kam, wie er selber. Nun war es nurnoch daran, Kaze mal zum duschen zu bewegen. Das würde noch schwer genug werden, da war er sich sicher. Aber selbst das würde er meistern. Er würde es schon schaffen den blonden Jungen irgendwie zu öffnen. Heute waren sie ja schon ein Stückchen weiter gekommen, wie ihm schien und das freute ihn ungemein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-12-02T00:15:50+00:00 02.12.2011 01:15
Eeeeeeeendlich. <3
Das war so toll in Animexx Online zu gehen und die kleine ENS oben zu sehen.. sie zu öffnen und dann..zu lesen, dass ein neues Kapitel freigeschaltet wurde.

Ich finde die kleine wirklich genial. XD
Sorry. Aber ich musste echt Schmunzeln, als sie Yukilein hintergangen hatte. Eiskalt. Sie bekommt wohl immer alles was sie will... weil sie ein Määääädchen ist. :3 *sing*
Nein, aber die kleine ist echt Hammer und zuckersüß.
Yuki muss doch einfach verstehen, dass die kleine ihn mag und nicht will das Yuki verschwindet. D:
Ich würde glaube ich genauso wie sie handeln.
Und.. ihre Kekse haben mich hungrig gemacht. u__u'

Also ist die Mission 'Yuki zum essen zu bewegen' geglückt und nun steht das duschen bevor? Na dann bin ich mal gespannt. :D

Ach, übrigens (sorry meine Gedanken sind so wirr ,-,), fand ich diese.. ''Essensschlacht'' sehr niedlich. Es schien, als hätte sich Yuki für einen kleinen Moment geöffnet. Auch wenns nur eine Verzweiflungsakt war aber irgendwie.. ich kanns nicht erklären.

Zusammengefasst ist das aber wieder ein tolles Kapitel gewesen und ich freue mich auf das nächste. <3


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