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Thirteen Steps Leading Up to the Gallows

Der Gärtner ist immer der Mörder.
von

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Step 12

„Du wirst nie wieder das Tageslicht erblicken!!“ zischte Paul noch, und dann schloss sich die Tür, und Bernd blieb allein in der Zelle zurück.

Paul atmete tief durch. Sein Kopf schmerzte und er fühlte sich hin und hergerissen; einerseits könnte er in eben diesem Moment vor Anstrengung tot umfallen, andererseits könnte er explodieren. Schlussendlich tat er weder noch, sondern ließ sich erschöpft auf einen Stuhl nieder und lehnte die Ellbogen auf den nahe dabeistehenden Tisch.

Bei ihm waren Zenzie, Maximilian, Lukas, Karol und die beiden Polizisten. Leopold hatte erneut seinen Notizblock in der Hand und ließ sich von den reichen Zeugen genaue Auskünfte geben, damit der Prozess gegen den Mörder möglichst bald und möglichst erfolgreich angestrengt werden konnte. Mit etwas Glück würde diesem schrecklichen Mörder in wenigen Wochen schon der Garaus gemacht werden; wenn die öffentliche Meinung mitspielte, vielleicht schon in wenigen Tagen, was das Riskio verringerte, dass er ausbrach und erneut arme Fischjungen erschlug.
 

Sie alle sahen müde aus, Karol am meisten. Grete bot ihnen nach mehreren Stunden Aussagen einen Tee an, und natürlich akzeptierten sie alle diese Geste. „Ich hoffe doch, diesmal ist kein Gift darin verborgen.“ versuchte sich Lukas an einem auflockernden Witz. Niemand lachte. Paul allerdings sah ihn aus giftigen Augen an, und Maximilian legte genervt die Hand über die Augen.

„Wie dem auch sei... ich denke, wenn Herr Chatten das ganze noch aus seiner Perspektive erzählen würde...“

Karol schüttelte den Kopf. „Nein, das werde ich nicht. Ich werde jetzt gehen.“ Eine Hand verschwand in seiner Manteltasche, dann legte er einen dicken Batzen Geld auf den Tisch. Grete sah ihn kurz an und lächelte dann. „Noch einen schönen Abend, Herr Chatten. Danke für die Aussage!“ Blitzschnell griff sie nach den Scheinen und steckte sie in ihre Tasche.
 

Karol verschwand nicht aus dem Polizeigebäude, ohne nicht noch einen Abstecher bei Bernds Zelle zu machen. Er ließ sich von der Wache einlassen mit der Versicherung, dass alles in Ordnung sei, und einer Handvoll Münzen.
 

Bernd sah auf. „Karol. Komm mir nicht zu nahe.“
 

„Danke. Du hast- du hast wirklich-“ Bernd zuckte mit den Schultern. „Ist doch egal. Das ist jetzt passiert. Kann man nicht mehr ändern. Ich konnte nicht anders.“

„Aber warum auch Albrecht?“

Ein Blick aus stechend grünen Augen fiel auf die von Karol. „Das war ich nicht. Ich weiß nicht, wer es war, aber ich weiß es nicht.“

„Was?! Aber- Das müssen wir sagen. Wer weiß, vielleicht hängen sie dich nicht an Galgen, wenn du ihnen das erklärst.“

„So ein Nonsens, Karol... Lass es gut sein. Es ist vorbei. Paul will mich drankriegen, gib ihm doch die Genugtuung, dass er Fontanes Tod rächt. Außerdem würden sie sonst dich verdächtigen, dass du das Gift eingeschmuggelt hättest, und die würden sicherlich Beweise finden. Glaubst du ehrlich noch an Gerechtigkeit? Lächerlich.“ Er schüttelte den Kopf und lehnte sich an die kalte Steinwand. „Es ist vorbei. In dem Moment, in dem ich gehört habe, dass die beiden besten Detektive der Stadt hier sind, habe ich mit meinem Leben abgeschlossen. Du kannst das mit all dem Geld der Welt nicht mehr aufschieben.“
 

Stille drängte sich zwischen sie, und dann trat Karol einen Schritt vor und berührte Bernd sacht an der Schulter. „Danke. Vielen Dank. Ich... ich verzeihe dir.“ Als Bernd sich umdrehte, war Karol wieder verschwunden, und die Tür war fest verschlossen. Er lächelte, während Tränen seine Wangen hinunterliefen. Bernd Cranach, der geistesgestörte Gärtner, starb genau eine Woche später. Karol, der die Beerdigung des Mörders bezahlte, verbrachte den Rest seines Lebens in seinem Haus und kümmerte sich um Maria.
 

„Hey Paul. Meinst du, du packst das mit Albrecht?“ Die Stimme Maximilians klang unangenehm in Pauls Ohren nach. Was sollte man denn auf so etwas antworten. „Natürlich pack ich das, siehst du nicht, wieviel besser es mir geht?“

„Oh! Klar, hast Recht! Ha, das ist ja gut, dann hat er dir wohl doch nicht so viel bedeutet, wie ich immer gedacht habe! Hahaha!“ Nachdem Maximilian fertig gelacht hatte, kehrte wieder unangenehme, erdrückende Stille ein. Paul blickte seine Hände an, die ruhig auf dem hölzernen Tisch lagen. Der Raum wurde erhellt von zwei Petroleumlampen, die grünlich schimmerten. Er holte tief Luft, und dann stand er auf.

„Ich gehe.“ teilte er den anderen mit. „Max. Könnt ihr mir Geld leihen? Ich will nicht in dieses Haus zurückkehren, zu dieser... zu dieser Familie.“

„Äh...“ Bevor Maximilian etwas sagen konnte, schüttelte Lukas vehemente den Kopf. „Keine Chance. Kein Geld für dich.“ Ein böser Blick wurde ihm zugeworfen, aber im Endeffekt war Maximilian glücklich, dass er selbst nicht dazu gezwungen war, seinem Freund diese Bitte abzuschlagen. Freundschaft war gut – Geld war besser, und jemand Unverantwortlichem wie Paul sollte man kein Geld leihen, wenn man vorhatte, dieses irgendwann wieder zu sehen.

Also zuckte Paul phlegmatisch mit den Schultern.
 

„Gut. Dann werde ich ohne Geld gehen.“

Fünf Augenpaare blickten ihm nach, und ohne den Aufklärer des Falles erklärten Grete und Leopold die Arbeit für beendet, und die Reichen kehrte in ihre opulenten Häuser zurück. Die beiden Polizisten arbeiteten noch jahrelang, bis Grete angeschossen wurde und den Rest ihres Lebens, liebevoll von ihrem Partner gepflegt, bettlägerig verbringen musste.

Zenzie, die ihr Imperium mit einer Bierbrauerei gemacht hatte, wurde immer reicher und reicher, bis sie als alte Frau und zweitreichste Frau des Königreichs verstarb. Lukas und Maximilian verloren ihren Reichtum, als das Deutsche Reich an die Macht kam und damit ihre dubiose Haupteinnahmequelle wegfiel, und sie starben gemeinsam, als ein Schiff sie in die Vereinigten Staaten bringen sollte und unterging, bevor sie die Chance gehabt hatten, einen Neuanfang zu wagen.
 

Und Paul hielt seine Worte und ging. Und er kletterte wieder etwas hinauf auf der Leiter der Glücks. Als Wanderarbeiter von Belgien bis nach Russland hinein verscheuchte er Albrecht aus seinen Gedanken, und erst, als er im sibirischen Winter erfror, dachte er wieder an das Gefühl der warmen, toten Haut unter seinen Fingern, und die Tränen auf seinen Wangen froren ein.



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