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Ende der Eifersucht?

von

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Wie schnell sich alles ändern kann

Zwei Jahre später geschah es, dass Arwen, die Königin von Gondor, im Palast in Minas Tirith mit ihrem kleinen Sohn Eldarion spielte, als sich in der Stadt die Nachricht von der Rückkehr des Truchsess und seiner Gemahlin verbreitete. Eine gewisse Unruhe machte sich in der Halbelbin breit, doch noch beschäftigte sie sich weiter mit dem Kind, bis ein Diener sie in den Thronsaal rief, wo Faramir und Eowyn schon von Aragorn begrüßt wurden. Die beiden schienen ein glückliches Paar zu sein und so schob die Königin schob ihre Befürchtung beiseite und hieß die Heimgekehrten herzlich willkommen. Eowyn gratulierte Arwen und Aragorn zu ihrem Sohn und alle waren offenbar zufrieden mit ihrer Lage.

So schlief Galadriels Enkelin auch ruhig in dieser Nacht und bis tief in den Vormittag hinein. Aragorn war schon länger wach und hatte das Schlafzimmer verlassen, um noch ein paar wichtige Regierungsangelegenheiten zu regeln. Als sich Arwen verschlafen im Zimmer umsah, entdeckte sie plötzlich eine rote, herzförmige Karte auf dem Nachttischchen ihres Gatten. Eifersüchtig und misstrauisch griff sie danach. Auf der Rückseite las sie den Schriftzug: ‚Geliebter Aragorn! Lass uns uns doch mal treffen! Zum Beispiel morgen Abend bei Sonnenuntergang an der Westseite des höchsten Mauerrings. Kuss, deine Eowyn.’ Also doch! Diese hinterhältige Schlampe wollte ihr den Mann, für den sie ihre Unsterblichkeit geopfert hatte, immer noch ausspannen!

Erbost sprang Arwen aus dem Bett, wusch sich schnell und streifte ein Kleid über, bevor sie mit der Karte bewaffnet zu Aragorn gehen wollte, um ihn darauf anzusprechen. Vor den königlichen Arbeitsgemächern versperrte ihr jedoch ein Wächter den Weg.

„Verzeiht, Majestät, doch der König wünscht absolute Ruhe, ich darf Euch nicht durchlassen.“

“Was? Mit wem, glaubt Ihr, redet Ihr hier? Ich bin seine Frau und die Königin!“

Der Wächter fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Position, blieb aber trotzdem standhaft: „Es tut mir sehr leid, aber ich muss doch vor allem den Befehlen meines Königs gehorchen. Und Elessars Befehl lautet, keinen, wirklich niemanden, in diese Zimmer hineinzulassen.“

Arwen warf dem Wächter einen hasserfüllten Blick zu, aber sonst konnte sie wohl nichts machen.

Da fiel ihr plötzlich Faramir ein. Der Arme wurde ja genauso hintergangen wie sie selbst! Und er wusste wahrscheinlich noch nicht mal etwas davon. Aus einem Aufflammen der Solidarität und außerdem aus einem recht großen Redebedürfnis heraus machte sich Arwen also auf den Weg zum Truchsess. Sie fand ihn auch tatsächlich allein.

„Seid gegrüßt, Faramir!“, sagte sie, als sie in sein Wohngemach eintrat.

„A Elbereth, guten Tag, Majestät“, erwiderte der Fürst positiv überrascht und höflich und verneigte sich. „Darf ich Euch etwas zu trinken anbieten?“, war dann sein nächster Gedanke.

Ein so höflicher und freundlicher Mann, wie konnte Eowyn ihn nur betrügen wollen?, dachte sich Arwen, während sie auf seine Frage nickte. Etwas zu trinken zu haben würde den Schock vielleicht mildern. „Habt Ihr vielleicht Miruvor?“

„Nein, verzeiht, Majestät, einen solch edlen elbischen Trunk kann ich Euch leider nicht anbieten. Aber der Wein von den Südhängen Ithiliens ist auch nicht schlecht.“

„Ja, den würde ich gerne probieren“, willigte der Abendstern schnell ein.

Faramir verschwand kurz und kam bald mit einer Flasche Rotwein und zwei Kristallgläsern zurück.

„Nun, setzen wir uns doch“, meinte er und half seiner Königin auf einen Stuhl, nachdem er Flasche und Gläser auf dem Tisch abgestellt hatte. Er schenkte aus, dann setzte auch er sich.

Fragend blickte er Arwen dann an: „Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches?“

„Hier, lest, Faramir!“, sagte die Halbelbin und reichte ihm die herzförmige Karte.

Eowyns Ehemann las und hob seinen Blick dann wieder.

„Ich dachte, Ihr solltet davon erfahren, Faramir“, ergänzte Arwen.

„Aha.“

Elronds Tochter schaute ihn forschend an, wartete ob er noch mehr sagen würde, aber anscheinend war das nicht der Fall. Tröstend legte sie ihm die Hand auf den linken Arm und schlug vor: „Vielleicht solltet ihr einen Schluck trinken, damit ihr den Schock besser verdauen könnt.“

Gehorsam führte der Mensch das Weinglas an die Lippen, trank daraus und stellte es wieder ab. Dann fragte er jedoch: „Schock? Wieso sollte ich schockiert sein?“

„A Elbereth, Ihr Armer, ahntet Ihr es etwa immer schon?“

„Was soll ich ahnen, Majestät?“, entgegnete Faramir anscheinend verwundert.

„Nun“, erklärte Arwen leicht aufgebracht, „Auf dieser Karte steht es doch dunkelblau auf rot! Eure Ehefrau will Euch mit Eurem König betrügen!“

Erstaunt betrachtete der Gondorianer Aragorns Gemahlin: „Wie meint Ihr?“ Er runzelte die Stirn, schüttelte dann den Kopf: „Nein, Majestät, Ihr habt da sicher etwas falsch verstanden…“

„Falsch verstanden?“, wiederholte Arwen, die ihren Ohren nicht trauen wollte, „Was ist denn an „Geliebter Aragorn!“ falsch zu verstehen?“

“Nun, ich weiß es nicht… Offenbar habt Ihr an „geliebter Aragorn“ etwas auszusetzen, Majestät, aber verzeiht mir, wenn ich einfacher Mensch nicht verstehe, was falsch daran ist, seinen König zu lieben. Ganz Gondor liebt seinen König Elessar, der es in der Stunde größter Not rettete.“

Arwen starrte ihn an. Einen solchen Einwand hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Er konnte doch nicht wirklich glauben, dass das auf der Karte so gemeint war! Schnell fiel ihr auch ein, warum sie davon überzeugt war: „Aber nicht ganz Gondor will sich mit seinem König beim Sonnenuntergang zum Stelldichein treffen!“

„Stelldichein, Stelldichein…“, spielte Faramir herunter, „von einem Stelldichein steht da gar nichts. Sie will sich einfach nur mit ihm treffen, wahrscheinlich ein wenig reden, zum Beispiel über die alten Zeiten… Und glaubt mir, Majestät, das würde der Rest des Volkes gewiss auch gerne tun, nur wagt es der einfache Bauer wohl kaum um so was zu bitten.“ Beruhigend lächelte er Arwen zu.

Diese ließ sich jedoch nicht besänftigen. „Und wie erklärt Ihr Euch das „Kuss, Eowyn“?“

„Sie ist eben eine Tochter Rohans. Dort sind die Menschen ungenierter, ein Kuss bedeutet da nicht so viel wie hier in Gondor oder gar bei elbischen Volk: Es ist einfach nur zur Begrüßung oder zum Abschied eine Geste gegenüber Leuten, die man schätzt.“

Arwen zog ihre Augenbraue hoch, trank wortlos ihren Wein. Er konnte doch nicht Recht haben, oder? Nein, er irrte gewiss. Aber das zu beweisen war wohl allein ihr überlassen. Nun gut, sie würde das schon schaffen… zumindest wenn Eowyn nichts durch Faramir von ihrem Verdacht erfuhr. „Vielleicht habt Ihr Recht“, behauptete sie daher, „Nun… ich denke ich gehe dann wieder.“

„Sicher, Majestät, Ihr habt gewiss noch viel zu tun.“

„Versprecht mir bitte, Faramir, dass niemand von unserm Gespräch erfährt. Im Nachhinein ist mir mein eifersüchtiges Misstrauen peinlich“, bat Arwen, während der Fürst von Ithilien ihr von Stuhl hoch half und sie zur geleitete.

Der Angesprochene zögerte kurz, dann nickte er. „Ich verspreche es.“

Auch seine Königin nickte, verließ ihn dann und kehrte in ihre Gemächer zurück.

Dort angekommen überdachte sie ihr weiteres Vorgehen. Die Karte hatte Eowyn wahrscheinlich gestern Aragorn zugesteckt. Somit war mit „morgen Abend“ wohl der heutige Abend. In der Nähe der Westmauer wuchsen einige Sträucher, darin könnte sie sich verstecken und beobachten, was geschah. Ja, so wollte sie es machen.

Nach einem kleinen Imbiss brach sie zu besagten Sträuchern auf, es war schon relativ spät, sie hatte heute Morgen wirklich lange geschlafen.

Dort machte sie es sich so bequem wie möglich und wartete.

Kurz bevor die Sonne den westlichen Horizont erreichte, wurde Arwens Warten belohnt, Eowyn erschien auf der Bildfläche und ließ sich auf der Bank nieder, die in die Mauer eingelassen war. Die junge Menschenfrau ließ ihren Blick erst über das Gebirge jenseits der Stadt gleiten, dann über die unteren Ringe der Stadt und schließlich drehte sie sich um und betrachtete auch den obersten Stadtteil. Plötzlich sprang die Schildmaid auf das Gebüsch zu, zog in der Bewegung ein Messer und hielt dieses Arwen, die sie zu Boden drückte an die Kehle.

Arwen wagte es nicht zu schlucken, schaute Eowyn einfach nur in die hellblauen Augen… faszinierend schöne Augen…

Diese erwiderte den Blick und langsam nahm sie das Messer von der Kehle der Halbelbin weg, legte es zu Boden.

Noch immer gebannt in Eowyns Augen blickend richtete Arwen ihren Oberkörper ein wenig auf. Die Menschenfrau wich nicht zurück und so kamen sich die Gesichter der beiden näher.

Lange, Arwen kam es wie die unsterbliche Ewigkeit vor, die sie aufgegeben hatte, versanken die beiden Frauen in den Augen der jeweils anderen. Dann, fast plötzlich, berührten sich ihre Lippen in einem zarten Kuss. Beide wichen leicht zurück, blickten einander wieder tief in die Augen.

Dann strichen Eowyns Finger sacht über Arwens Gesicht, fuhren die Konturen der edlen Züge nach. Die Halbelbin ließ sich wieder zu Boden sinken, zog die Tochter Rohans zu sich hinunter. Wieder berührten sich die Lippen, doch diesmal war der Kuss leidenschaftlicher. Arwen schloss ihre Augen, fuhr mit den Händen doch Eowyns wellige Haare und drang mit der Zunge in den Mund der anderen Frau ein, so wie deren Zunge auch in ihrem Mund eindrang und dort zärtlich aber doch leidenschaftlich zu spielen begann. Für Arwen schien dieser Kuss eine weitere Ewigkeit zu dauern. A Elbereth! A rodyn bain! Für Aragorn hatte sie, da sie diesen zu lieben glaubte, ihre Unsterblichkeit aufgegeben und nun, da sterblich war und nur einen begrenzte Zeit zu leben hatte, kam diese Menschenfrau und schenkte ihr Ewigkeit nach Ewigkeit. Arwen hatte keine Schmetterlinge im Bauch – in ihrem ganzen Körper sprühten Glücksgefühle wie hell leuchtende Sterne.

Schließlich lösten sich die beiden Frauen von einander.

A Elbereth!, dachte Arwen, dass ein Kuss so wunderschön sein konnte.

„Gilthoniel“, kam es leise von Eowyn.

Verwirrt blickte Arwen sie an, doch dann wurde der Halbelbin klar, dass sie wohl laut gedacht haben musste. Das war ihr noch nie passiert… was hatte diese Frau nur mit ihr angestellt?

Die Tochter Elronds setzte sich auf, blickte in die Sonne, die schon halb hinter dem Horizont verschwunden war und den westlichen Himmel rot verfärbte.

„Sieh nur wie schön“, sagte sie leise und schob mit einer Hand die Zweige des Gebüschs zu Seite, die den Anblick noch ein wenig verdeckten, während sie mit der anderen Hand die der Pferdeherrin suchte.

Diese drehte sich nun auch der Sonne zu und nickte. „Fast so wunderschön wie du.“

„Auch du bist bezaubernd schön“, erwiderte die Halbelbin, während sie aufstand, Eowyn zu sich zog und eng umschlungen mit der jungen Frau zur Bank ging, um von dort den Sonnenuntergang zu genießen.

„Du schmeichelst mir doch nur, Abendstern.“

„O nein, ich spreche die Wahrheit. Du bist schön wie der Morgentau, der im ersten Licht des Tages auf den Blättern glitzert.“

Lächelnd blickte Eowyn Arwen in die Augen und glaubte zumindest, dass diese so empfand. Wieder versanken die beiden Frauen im Blick der anderen.

Wenn ich in diese Augen blicken kann, wird jeder Sonnenuntergang nebensächlich, schoss der Dunkelhaarigen durch den Kopf.

Eowyn zog sie zu sich, legte ihre Lippen wieder auf Arwens und die Tochter Rohans und die Halbelbin verschmolzen erneut in einem langen, intensiven Kuss.

Und wenn ich sie küsse, dachte Arwen Undómiel, dann verblasst alles andere, außer der Erinnerung an sie und der Freude in meinem ganzen Körper.

Nichts Schöneres konnte sie sich vorstellen, als von den starken und doch zärtlichen Armen der Pferdeherrin umschlungen zu sein, deren Lippen auf ihren, deren Zunge in ihrem Mund und deren warmen Körper ganz nah bei sich zu fühlen…

Die Gestalt ungefähr 200 Ellen entfernt blieb von ihnen unentdeckt…
 

Draußen ging die Sonne unter und in Faramirs Wohnung schwand das Licht zum Lesen. Der Truchsess griff gerade nach einer Kerze und Feuerstein und Stahl, um diese zu entzünden, als König Elessar von Gondor und Arnor, der frühere Waldläufer Aragorn, kreidebleich in sein Gemach stürzte.

„Faramir“, brachte Aragorn hervor, „Faramir!“

„Was ist, Majestät?“, fragte dieser besorgt und stand erstmal auf, um dem König seinen Stuhl zu überlassen.

Dieser aber blieb stehen und griff stattdessen den Truchsess bei den Schultern.

„Arwen“, schluchzte der ehemalige Waldläufer schon fast, „Arwen und Eowyn… sie sind draußen auf der Mauer und küssen sich… meine Arwen…ich hab doch alles für sie getan… alles… Arwen…“

Tröstend tätschelte Faramir Aragorns Arm. Wie sollte er mit einem dem Weinen nahen König nur umgehen? Vielleicht Alkohol? Hm, das konnte eine Lösung sein…

Der Fürst von Ithilien drückte Elessar nun gegen dessen schwachen Widerstand doch auf den Stuhl und holte die Flasche Wein, die noch vom Besuch der Königin am Mittag übrig war und zwei saubere Gläser. Aragorn schenkte er schon mal ein. „Trink, Freund“, forderte er ihn auf während er sich noch einen zweiten Stuhl holte und sein Buch über die Kräuter Ithiliens weglegte. Als er sich zu dem unglücklichen Ehemann setzte, stellte er fest, dass dieser inzwischen die Flasche schon geleert hatte.

„Mehr?“, fragte Aragorn hoffnungsvoll.

Faramir nickte und organisierte eine zweite Flasche.

Nachdem die beiden auch diese ausgetrunken hatten, der König mehr, der Truchsess eher nur zur Begeleitung und als zweiter mit einer dritten Flasche zum Tisch zurückkam, legte Aragorn seine Hand auf Faramirs Arm und begann wieder zu sprechen: „Fa… Faramir… sag mal, wo… unschere Frauen uns jetz’ da… miteinander fremdgehen, findescht du nicht, dass wir da auch was Spaß zuschammen haben sollden?“

Ich hätte ihm nicht so viel Wie geben sollen, dachte der Angesprochene schief lächelnd, während er die Hand seines Königs sachte von seinem Arm entfernte. „Ähm, also, ich glaube, das ist keine so gute Idee…“, erklärte der Fürst von Ithilien vorsichtig.

„Warum nicht?“, fragte Aragorn enttäuscht. Kurz dachte er nach, dann vermutete er: „Du hascht wasch gegen homosessuelle Beziehungen, richtisch?“

„Nein, Majestät, weiß Ilúvatar, das habe ich nicht.“

Elessar runzelte die Stirn. „Dann…“, äußerte er schließlich, „dann magst du mich nicht! Du findescht mich ekelisch!“

„Nein, Majestät“, bestritt Faramir eilig, aber Aragorn beachtete den Einwand gar nicht. Er erhob sich schwankend vom Stuhl und fuhr, mit dem Zeigefinger auf des Truchsess’ Nasenspitze deutend fort: „Du sagst hinder meinem Rücken beschtimmt auch, dass ich schimmeln würde! Aber dasch tue ich nicht! Seit ich Könich bin, wasch ich mich sogah einmal im Monat! Gansch gründlich!“

Kein Wunder, dass Arwen lieber mit Eowyn kuschelt als mit ihm, dachte Faramir, denn obwohl der Schildmaid trotzdem immer ein leichter Pferdegeruch anhing, wusste er, dass sie sich mindestens zweimal täglich wusch, wenn es irgendwie möglich war. Laut jedoch beteuerte er: „Nein, mein König, es ist wirklich nicht so, dass Ihr mich anwidern würdet!“

Der ehemalige Waldläufer sah ihn skeptisch an. „Was is’ es dann? Wiescho willest du nicht mit mir ins Bett?“

Ein leichter rötlicher Hauch überzog die Wangen des Gefragten, als er antwortete: „Nunja… es ist eben so… ich bin in einer festen Beziehung…“

„Du bischt mit Eowyn verheiratet, ja, aber ich hab dir doch grad gesagt, dassch Eowyn dir fremdgeht“, bemerkte Aragorn verwirrt.

„Ich rede nicht von Eowyn“, gestand Denethors Sohn, „die Ehe mit ihr… ist nur eine Scheinehe. In Wahrheit ist ihr Bruder Eomer mein Geliebter. Ich hab ihn kennen gelernt, als er seine Schwester damals in den Häusern der Heilung besuchen kam, und er ist so süß und so stark… aber wir haben uns nicht getraut, es der Öffentlichkeit bekannt zu geben, weil wir nicht wussten, wie die Leute darauf reagieren… und da war Eowyn so freundlich, mich zu heiraten, damit ich mich unauffälliger mit ihm treffen konnte…“ Ein wenig unsicher schaute er den König von Gondor und Arnor an und wartete auf dessen Reaktion.

Aragorn wirkte irgendwie beleidigt und nach ein paar Augenblicken jammerte er dann auch: „Du magst Eomer lieber als mich. Du ziehst diesen Pferdebengel mir vor. Wasch hat der, was ich nicht hab? Rohan is’ doch nur ’ne Pferdeweide im Vergleich su meinem rieschigen Reich. Quasi nur ’n Vasall von mir. Und meine Linie is’ auch viel älder und edler. Meine Vorfahren waren schon legendär, alsch Eorl der Junge noch in die Windeln gemacht hat. Un’ schau dir die Hallen von Minasch Tirith an! Edorasch is’ doch nur ’n stinkender Pferdestall im Vergleich su ihrer steinernen Pracht. Un’ ich bin der König von Gondor un’ Arnor, ich bin auch viel besser un’ edler un’ stärker als dieser Schlappschwans von Eomer.

Faramir hatte leicht entgeistert zugehört, wie sein betrunkener Herrscher über das verbündete Land herzog, beim letzten Satz überkam ihn jedoch eine selten zuvor gekannte Wut. Ohne darüber nachzudenken, sprang er auf, verpasste er Aragorn einen kräftigen Kinnhaken und schrie: „Eomer ist kein Schlappschwanz!“

Als Aragorn bewusstlos zu Boden ging war Faramir selbst überrascht. Und schockiert: Er hatte seinen König niedergeschlagen! Aber der hatte ja auch seinen Geliebten beleidigt.

Denethors Sohn seufzte. Hier konnte er wohl kaum bleiben. Wenn Elessar sich an irgendwas erinnern konnte, vor allen an den Schlag, dann würde er in Gondor arge Probleme bekommen. Er würde nach Rohan fliehen, und dort würde Eomer ihn beschützen. Eomer war so stark und so mutig und entschlossen und so liebevoll…

Faramir überzeugte sich noch kurz davon, dass Aragorn wirklich nur bewusstlos war und nicht irgendwie in Lebensgefahr, dann zog er sich eine leichte Rüstung an und band seine Waffen um, schnappte er sich eine Tasche und sein Lieblingsgartenbuch und verließ seine Gemächer… seine ehemaligen Gemächer wohl…

Fast hatte er schon die Ställe erreicht, als er plötzlich eine Stimme rufen hörte: „Herr Faramir!“

Er kannte die Stimme und als er in die Richtung blickte, aus der sie kam, sah er auch ihren Träger. „Was gibt es, Beregond?“

„Nun, nichts, ich wunderte mich nur, wohin Ihr so spät unterwegs seid, Herr. Verzeiht meine Neugier“, antwortete der Hauptmann der Weißen Schar von Ithilien, der Leibgarde Faramirs.

„Nein, ist schon gut“, entgegnete Denethors Sohn mehr automatisch, während er Beregond nachdenklich ansah. Dieser Mann hatte viel für ihn getan und vielleicht könnte er ihm auch heute helfen. Aber durfte er das von Beregond verlangen? Ihn so in seine Probleme mit hineinziehen?

„Ihr habt irgendwas, Herr Faramir“, äußerte der Hauptmann, dem Faramirs Geistesabwesenheit wohl nicht entgangen war. „Bitte, erzählt mir, was Euch bedrückt… wenn Ihr wollt, Herr.“

Faramir schluckte und nickte. „Verspreche mir aber eins: Verrate mich nicht.“

Beregond runzelte die Stirn. „Natürlich nicht, Herr.“

Faramir nickte noch einmal und erzählte Beregond dann seine Geschichte.

„Hm“, sagte dieser danach, „dass mit Eomer habe ich mir fast schon gedacht… Ihr wart viel zu oft in seinen Gemächern und viel zu selten in Eowyns…“

Beregond dachte noch einmal nach und meinte dann: „Ich denke auch, Herr, dass Ihr besser die Stadt verlasst… solltet Ihr Glück haben, und König Elessar erinnert sich an nichts mehr, kann man immer noch eine Ausrede für Eure Reise finden. Ich würde Euch auch begleiten, aber ich denke, ich gucke besser nach dem König… es wird nicht gut sein, wenn er alleine in Euren Gemächern aufwacht…“

Faramir nickte. „Kannst du mir Nachricht geben? Du erinnerst dich doch gewiss an Ort nahe Amon Din, wo wir auf der Rückreise aus Rohan übernachtet haben. Ich werde dort auf dich warten.“

„So sei es, Herr. Und nun geht und passt auf Euch auf.“ Mit diesen Worten verschwand Beregond in Richtung Faramirs Gemächern in der Dunkelheit, während Faramir weiter zu den Ställen eilte, sein Pferd – ein Geschenk Eomers – sattelte und Minas Tirith verließ. Die Torwachen mochten sich zwar auch über den Ausritt des Truchsess wundern, wagten aber nicht, ihn zu hindern.
 

Noch immer hockten Arwen und Eowyn eng umschlungen auf der Bank in der Mauer, blickten hoch in den unendlichen Sternenhimmel und in die Augen der jeweils anderen, in der Überzeugung, dort ebenso unendliche Liebe entdecken zu können. Immer wieder tauschten sie vorsichtiger Zärtlichkeiten aus.

Irgendwann jedoch wurde ihre Zweisamkeit gestört. Geräusche von Stiefeln auf dem Weg hinter ihnen, brachte die beiden Frauen dazu sich umzudrehen. Und da sahen sie ihn: Aragorn, mit einer Alkoholfahne, offensichtlich zornig und in Begleitung einer Einheit der Wache.

„Eowyn von Rohan, Ihr seid festgenommen! Wegen Hochverrats“, verkündete Arwens Gatte.

Sofort griffen zwei Wächter nach den Armen der Schildmaid, zogen sie weg von der Dunkelhaarigen.

„Aragorn“, brachte Arwen in einem Tonfall hervor, in dem die unterschiedlichsten Gefühle von Vorwurf bis Schuld steckten.

„Arwen“, fuhr der Erbe Isildurs fort, „Ich werde dir Zeit geben, über deine Untreue nachzudenken und deine Einstellung zu unserer Ehe und deren Bedeutung für dich.“

Dann wandte er sich zu den Wachen. „Bringt sie weg!“

Die beiden Wächter, die Eowyn gepackt hatten, führten sie ab, zwei weitere gingen mit diesem mit.

Die restlichen nahmen Elronds Tochter mit sich, auch wenn mit ihr rücksichtsvoller umgingen. Sie brachten in ein einfaches Gästezimmer Palast, in ein Gästezimmer mit Gittern vor den Fenstern und sperrten sie darin ein.

Unsicher, wie sie sich fühlen sollte, setzte Arwen sich af das Bett, zog die Schuhe aus und die Beine eng an den Körper. Ihre Arme um die angewinkelten Beine geschlungen und das Kinn zwischen den Knien liegend begann sie tatsächlich nachzudenken.

Rein objektiv betrachtet hatte sie falsch gehandelt. Sie hatte jemand anderen so geküsst, wie sie nur ihren Ehemann küssen sollte. Und empfand vor allem für diese andere Person, wie sie bislang nur für Aragorn empfunden hatte. Und nun für ihn nicht mehr empfand. Das war wohl Untreue. Untreue… dass sie untreu werden könnte, daran hatte sie nie gedacht. Sie war als Elbin aufgewachsen und bei Elben gab es keine Untreue. Elben führten streng monogame Ehen und hatten nie ein Problem damit, soweit Arwen wusste. Die Gefühle eines Elben veränderten sich wohl einfach nicht, sondern waren ewig wie sein Leben. Das hieß, ewig, wie sein Leben, wenn er nicht getötet wurde oder an gebrochenem Herzen starb. Wobei Untreue wohl das Herz auch brechen würde. Aber sie war ja keine Elbin mehr, war für Aragorn ein Mensch geworden. Und anscheinend vollständig Mensch geworden. Bis auf die spitzen Ohren.

Mit der rechten Hand begann Arwen an ihrem Ohr zu spielen, hörte jedoch bald wieder damit auf und vertiefte sich wieder in ihre Gedanken.

Ja sie war jetzt ein Mensch, wenn sie auch äußerlich noch Elbin war mit der edlen Gestalt und den scharfen Sinnen, innerlich war sie ein ganz normaler Mensch… mit all den schwankenden Gefühlen und einer gewissen seelischen Härte, die ein gewöhnlicher Mensch nun einmal hatte. Und auch wenn ihr Verstand ihr sagte, dass sie sich Aragorn gegenüber schuldig gemacht hatte, so tat er ihr im Herzen freilich leid, aber Reue empfand sie für ihre Gefühle für Eowyn nicht. Sie waren da, diese Gefühle, und sie fühlten sich so gut und wahr an. Bisher war sie immer ihren Gefühlen gefolgt, und sie glaubte nicht, dass sie diesmal anders handeln könnte. Oder dies überhaupt wollte.

Aber wie konnte sie überhaupt handeln? Aragorn wollte, dass sie sich für ihn entschied, wahrscheinlich würde er sie dann wieder bei sich aufnehmen. Aber ihr Herz sprach gegen ihn. Zumal sie eben, auf der Mauer, bei der Festnahme, keine Liebe für sie mehr in seinen Augen gesehen hatte. War da wirklich keine mehr? Oder hatten nur Wut und Enttäuschung sie verborgen? Er wollte sie zurück, da musste sie ihm doch noch irgendwas bedeuten, oder? Oder verbaten ihm nur sein Stolz und sein Ehrgefühl, seine Frau zu verlieren? Und er hatte Eowyn des Hochverrats angeklagt. Arwen bezweifelte, dass diese Anklage wirklich stichfest begründet werden konnte, aber als König war Aragorn der oberste Richter in Gondor, er hatte die Macht. Auf Hochverrat stand der Tod. Auf keinen Fall wollte sie, dass Eowyn hingerichtet würde. Sie würde alles tun, um sie zu retten. Vielleicht würde Aragorn die Pferdeherrin gehen lassen, wenn sie, Arwen, ihn darum anflehte und ihm alles versprach, was er wollte. Ja ihr blieb wohl nichts anders übrig, als das zu tun. Diese wundervolle Eowyn musste gerettet werden, musste leben, musste frei sein, auch wenn das für sie, Arwen, bedeutete, dass sie ein unglückliches Leben an der Seite eines Mannes führen musste, dem sie im Herzen nicht mehr treu sein konnte.

Gerade als Arwen zu diesem Schluss gekommen war, hörte sie vor ihrer Tür erst ein zwei dumpfe Geräusche, dann ein leises Klirren und ein klicken im Schloss. Sie hob ihren Kopf von den Knien und blickte zur Tür, die grade geöffnet wurde. Eowyn schlüpfte hinein und kam zu Arwens Bett. Sie trug ein Schwert, wie der Halbelbin auffiel.

„Hauptmann Beregond hat mich befreit“, erklärte Eomunds Tochter, „und will mich zu Faramir und dann mit ihm nach Rohan bringen. Willst du hier bei Aragorn bleiben oder möchtest du mit mir kommen?“

Mit dir kommen, wollte Arwen schon antworten, da stutzte sie noch einmal. „Beregond befreit dich, um dich zu Faramir zu bringen?“, fragte sie sehr erstaunt nach.

Eowyn lächelte. „Faramir ist nur zur Tarnung mit mir verheiratet. In Wahrheit liebt er meinen Bruder Eomer von ganzem Herzen.“

„A“, kam es von der Spitzohrigen, als diese die neue Information verarbeitete. Sie nickte, zögerte aber noch einen Moment bevor sie auch sagte: „Ich will mit dir kommen.“ Tut mir Leid, Aragorn, fügte sie in Gedanken hinzu, aber ich liebe Eowyn.

Die Schildmaid führte Arwen aus dem Zimmer, vor dessen Tür Beregond neben einer bewusstlosen Wache stand.

„Sie kommt mit uns“, teilte Eomers Schwester ihm mit. Beregond nickte und brachte den bewusstlosen Wächter in das Zimmer, wo er diesen auch knebelte und fesselte.

„Wir brauchen Zeit“, erklärte er Arwen, „und ein bewusstloser Wächter würde schnell auffallen.

Er steckte den Schlüssel ein und machte die Tür einfach nur zu. Einen ehemaligen Kameraden in einem abgeschlossenen Zimmer zu verstecken, brachte er wohl doch nicht fertig.

„Folgt mir… leise“, forderte er die beiden Frauen dann auf. Er führte sie unbemerkt aus dem Palast, zur Bergseite Minas Tiriths. Als sie am Berg angekommen waren, bahnte er sich einen Weg durch ein dichtes Gebüsch, hinter dem sich nicht, wie erwartet, eine undurchdringliche Felswand, sondern der schmale Eingang zu einer Höhle befand.

„Ich habe diesen Weg als Kind beim spielen entdeckt“, erläuterte der Gondorianer, „Ein alter Geheimweg wahrscheinlich, über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Er führt aus der Stadt heraus. Folgt ihm bis in die Ebene. Ich werde versuchen, uns Pferde zu holen und Euch dort zu treffen.“

Die beiden Frauen nickten. „Danke, Beregond“, sagte Arwen. „Viel Glück“, wünschte Eowyn. Während der Hauptmann sich wieder aus dem Gebüsch heraus kämpfte, ging das Paar in die Höhle hinein, Eowyn voran, mit einer Hand den dunklen Weg abtastend, Arwen hinterher, die andere Hand haltend. Spinnweben machten die Wanderung unangenehm, und einmal hörten sie über ihren Köpfen Fledermäuse fliegen.

„Hoch über unseren Köpfen“, stellte Arwen jedoch dank ihrer Elbensinne fest.

Der Weg durch die Höhle war lang, schließlich gelangten sie aber zu einem Ausgang und einem abwärts führenden Gebirgspfad außerhalb der Stadt. Beschwingter folgten die beiden Frauen diesem, bis sie kurz vor Sonnenaufgang ins Tal gelangten, wo ein berittener Beregond schon mit zwei Handpferden auf sie wartete.

Eowyn lief auf ihr Pferd zu und streichelte es erstmal, während Arwen Beregond begrüßte und meinte: „Ihr hattet also Erfolg. Den Valar sei Dank.“

Der Mann nickte: „Ihnen sei wahrlich gedankt, denn ich hatte Glück. Wir sollten nun aber auch schnell aufbrechen, denn ich weiß nicht, ob wir nicht verfolgt werden.“

Zustimmend saßen auch die Frauen auf und gemeinsam ritten die drei zum Treffpunkt mit Faramir und mit diesem dann weiter nach Edoras.



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