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Breaking point

maybe
von

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[Unbedeutendes Vorwort der ebenso unbedeutenden Autorin: Ich hatte ja eigentlich versprochen, schon vor geraumer Zeit ein neues Kapitel von "Ruf der Klinge" zu veröffentlichen...

Nun, dem ist einiges dazwischen gekommen, und ich begnüge mich vorerst, die werten Augen des imaginären Lesers mit diesem One-Shot zu entzünden. Auf dass mein Scheiterhaufen schön warm ist und gemütlich knistert.]
 

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Maybe
 

Ich weiß nicht mehr, wie es begonnen hat. Und ich hätte mit absoluter, unumstößlicher Sicherheit gesagt, dass es nie passieren würde, hätte man mir vor zwei Wochen eine entsprechende Frage gestellt. Mit unerschütterlicher Gewissheit hätte ich gewusst, dass es nie geschehen würde.

Doch nun sehe ich mich hier. Ich gehe durch die Straßen, und alle fünf Meter taucht eine Straßenlaterne mich in ihr künstliches Licht, reißt den schützenden Schleier der Nacht von mir und entblößt der ganzen Welt das, was ich nicht sehen will, was ich nicht ertragen kann...

Schande. Enttäuschung. Versagen. Ein Geschöpf, welches die Luft nicht wert ist, die es durchströmt.

Furchtbar muss ich aussehen. Geschwollene, gerötete Augen... und unter meiner dünnen Weste meine für den Zweck eines nächtlichen Spaziergangs unpassende Nachtkleidung. Die Kopfhaut unter meiner verzottelten, verschwitzten Mähne fühlt sich eisig kalt an - Folge der Verdunstungskühle.

Begegnet mir nun jemand, so sieht er nicht mehr die stolze Amazone, die glänzende Siegerin, die ich immer sein wollte... sondern höchstens Abschaum, der im besten Falle noch als wehrloses Opfer für Triebtäter und den wandelnden Unrat der Gosse taugt. Wenn ich ehrlich sein soll, dann weiß ich nicht, was ich mir wünschen soll: Unbehelligt meiner Wege zu gehen und meinen Kopf zu klären, oder überfallen, ausgeraubt - umgebracht zu werden. In mir ist solch eine unerträgliche Leere, dass es mir wohl gleich wäre...

Würde ich nun angegriffen werden, so würde ich mich nicht wehren, das weiß ich - obwohl ich in jedem Falle in der Lage dazu wäre. Vielleicht bringt mich ja der Schmerz wieder zu Verstand? Zur Vernunft? Vielleicht verdrängt er diese Bilder, die mich in den Wahnsinn zu treiben versuchen...

Wieder höre ich seine Stimme, und zu meinem Entsetzen auch meine. Mir ist so übel, dass ich fürchten muss, mich zu übergeben.

Törichterweise bin ich stehen geblieben, schließe verkrampft meine Augen und halte mir mit den Händen meine Ohren zu, um die Geräusche, die Bilder aus meinem Kopf zu verbannen. Ich will nichts mehr davon sehen, nichts mehr davon hören! Ich will nicht mehr...

Aber all das wird nur schlimmer, intensiver, denn nun werde ich nicht von den Geräuschen der Nacht und ihrer Schönheit abgelenkt. All das, was ich nur noch vergessen will, stürmt mit ungestümer, ungebändigter Wut noch einmal auf mich ein. Ihr Götter, ich flehe euch an! Quält mich nicht mehr damit!

Jedoch hören sie nicht, die Götter... Ich bin vollkommen allein in meiner Verzweiflung.

Immer wieder sehe ich es, höre ich es... und mit einem Mal spüre ich wieder seine Halsbeuge unter meinen Lippen, kann den feinen Salzfilm schmecken, der sie bedeckt und fühle seine Hände auf meinem Körper. Wieder ist da dieses Gefühl in mir, diese Sehnsucht, und meine Wangen brennen vor Scham.

Schon höre ich ihre Stimmen - Urgroßmutter, Ranma, ihr geliebten Schwestern! Vergebt mir, ich flehe euch an... Vergebt mir!

Hure! Flittchen! Schlampe!, schreien sie, und sie haben Recht. Denn ich bin all das. In mir ist nichts übrig geblieben, was den Willen hätte, zu streiten, sich zu verteidigen. Rechtfertigung kann ich ohnehin nicht anbieten - wie könnte ich das rechtfertigen?

Sie haben Recht, sie haben Recht, sie haben Recht...

Ich habe mich nicht gewehrt. Ich habe es genossen. Ich habe es möglicherweise sogar provoziert.

Und ich kann es einfach nicht mehr ertragen... Nie wieder werde ich ihnen in die Augen sehen können. Nie wieder werde ich in mein Dorf zurückkehren können. Nie wieder werde ich meine Schwestern sehen können.

Ich bin auf einer Brücke angekommen, und unter mir fließt leise plätschernd ein ruhiger Fluss dahin. Schon oft bin ich diesen Weg auf meinen Auslieferungstouren gefahren, doch nie sah der Fluss so wunderschön aus. Die Nacht verändert viele Dinge, und sieht man auch bei Tage trübes, dreckiges Wasser, so glitzern nun die Sterne, die durch die dichte Wolkendecke herabfunkeln, auf den tanzenden Wellen. Doch etwas kann selbst die Nacht verschönern... Meine Schuld. Auch wenn der Fluss meine Reflexion verzerrt und entstellt, so sehe ich doch diese schuldigen Augen, die meine sind, und mich boshaft verschlingen.

Nicht mehr viel trennt mich von diesem Fluss, und bei Gott!, es wäre so einfach! So einfach... Selbst wenn es unehrenhaft ist, selbst wenn es feige ist. Es wäre einfach, und es würde vielen Menschen Leid und Kummer ersparen - mir voran.

Welche Ehre hätte ich jetzt noch zu verteidigen?

Der Wind frischt auf, und obwohl ich mir zur Zeit nichts sehnlicher wünsche, als dem Ort fern zu bleiben, der voll von diesen Erinnerungen ist, weiß ich, dass ich an ihn zurückkehren muss. Der Weg dorthin ist viel zu kurz, und schon stehe ich vor der geschlossenen Ladentür des Neko-Hanten. Unentschlossen mustere ich das Ladenschild, und versuche dem Drang zu widerstehen, einfach nur weit, weit weg zu laufen. Aber hier ist...

Nein, ein Zuhause kann man es nicht nennen. Es ist ein Ort, an welchem viele Pflichten auf mich warten. Morgen früh schon muss ich die Stühle von den Tischen nehmen, den Laden öffnen und lüften und danach die Lieferungen austragen. Im Anschluss habe ich eine Schicht als Kellnerin, und dann, am Abend, warten wieder hungrige Kunden auf ihre Lieferungen. Ich kann Urgroßmutter nicht im Stich lassen, auch wenn sie ihre Urenkelin verleugnen wird, wenn sie herausfindet...

Wenn sie herausfindet, was ich... was wir getan haben.

Das schlimmste ist wohl, dass ich keine Reue für all das empfinden kann, was geschehen ist. Zum ersten Mal seit langer Zeit - vielleicht sogar das erste Mal in meinem Leben - habe ich genau das getan, was ich wollte. Dass ich es überhaupt wollte, das wurde mir erst klar, als ich realisierte, dass ich meine Hände nicht nutzte, um ihn von mir fortzustoßen, sondern ihn näher an mich heranzuziehen - ihn ermutigte anstatt ihn abzuweisen.

Vielleicht wird sie es nie erfahren? Vielleicht bleibt es auf ewig ein Geheimnis?

Die Hoffnung in mir erstirbt, als die Hintertür sich meinem Willen beugend öffnet, und mich nicht nur die Dunkelheit im Inneren unseres Wohnbereiches, sondern auch die mir so vertrauten Gerüche nach Gewürzen begrüßen.

Nein, es kann kein Geheimnis bleiben. Zumindest ein Mensch wird es erfahren... Und die Schmach wird unerträglich sein, wenn er, Ranma, es bemerkt. Wird er mich verstoßen, wenn er seinen ehelichen Pflichten nachkommt und realisiert, dass mein Blut nicht mehr unschuldig ist? Dass mein Körper unrein ist? Wird er mich so hassen, wie ich mich nun dafür hasse, ihnen allen diese Last aufgebürdet zu haben?

Denn ich bin eine Last. Kein anständiger Ehemann kann ein... ein Flittchen an seiner Seite dulden.

Ich bin nichts mehr wert. Urgroßmutter bin ich somit nur ein Klotz am Bein. Höchstens noch eine billige Arbeitskraft, die man aus Nostalgie und beschämender Blutsverwandtschaft toleriert. Nichts weiter.

Sicherlich wird sie in meinen Augen die Sünde sehen... Sicherlich wird sie spüren, dass sich mein Verhalten ihm gegenüber ändert. So sehr ich gerne optimistisch denken und naiv weiterhin in einer Welt der Illusion und Hoffnung leben würde - ich kann mich ihm gegenüber nicht so verhalten, wie ich es bisher getan habe. Es ist schlicht und ergreifend nicht möglich. Wir können nicht einfach so tun, als ob nichts geschehen wäre. Das wäre nicht nur Verrat an uns selbst, sondern es wäre auch dumm.

Selbst wenn Ranma mich nicht verstoßen sollte... Selbst dann wird mein weiteres Leben wohl eine Qual sein. Nicht nur werde ich die Verachtung in all ihren anklagenden Augen sehen und ihre Stimmen hinter meinem Rücken "Schlampe!" wispern hören, sondern bei jeder von Ranmas Berührungen seine Hände vor meinen Augen sehen, wie sie mich entzücken und so liebevoll, so zärtlich sind.

Vielleicht sehe ich heute Nacht einfach alles zu schwarz? Vielleicht wird ja doch noch alles "gut"... Vielleicht bin ich einfach zu müde und aufgewühlt. Vielleicht brauche ich einfach nur Schlaf... Und vielleicht wird morgen alles anders sein. Vielleicht weiß ich dann, dass das alles nur ein Traum war.

Nun im Bad angekommen lasse ich achtlos meine Kleidung zu Boden fallen. Es war wohl doch gut, dass mich niemand in diesem Aufzug gesehen hat... Das wäre ein Mordversuch an Urgroßmutters Ruf gewesen. Aber in meiner eiligen Flucht aus meinem Zimmer, aus diesem Haus, hatte ich keine Gedanken an angemessene Gewänder verschwendet.

Morgen wird alles besser sein.

Der heiße Wasserstrahl auf meinem Körper lässt mich lautlos seufzen. Ja, morgen werde ich all das vergessen haben. Morgen... Ist all das nur eine vage Erinnerung.

Ich muss nur noch diese Nacht über mich bringen, und dann habe ich es geschafft...

Ich liebe Wasser. Es reinigt den Körper und verschafft mir ein mir unerklärliches Wohlgefühl.

Nun jedoch ist es mir zuwider. Es reinigt mich nicht mehr. Meine Haut brennt, ist stark durchblutet und feuerrot, so verzweifelt schrubbe ich sie.

Aber das Wasser kann die Erinnerung an seine muskulösen Arme, die sich liebevoll um meinen Körper legten, nicht hinfort spülen, es kann mich nicht von seinem betörenden Geruch befreien, der an mir zu haften scheint. Es kann die Sünde nicht von mir nehmen - oberflächlich, vielleicht. Aber die Spuren die er wirklich hinterlassen hat, die kann niemand verwischen. Ich bin ein anderer Mensch. Alte Wunden hat er aufgerissen, sie gereinigt und umsorgt - und hat mir neue hinzugefügt. Er hat mir den schützenden Schleier von den Augen gerissen, der mich vor der abscheulichen Realität bewahrt hat.

Eine Realität, die ich scheinbar ohne seine "Hilfe" nicht mehr ertragen kann. Schöne Hilfe ist das - er hat mich in die Abhängigkeit getrieben. Mich, Shampoo, die ich immer unabhängig, immer frei und stolz sein wollte. Nun bin ich nicht mehr unabhängig, nicht mehr frei, und meinen Stolz habe ich mit dem ersten Kuss verloren, den er mir gestohlen hat, der Dieb.

Ich weiß, dass er mich gehen ließe, wenn ich von ihm weg wollte. Ich weiß, dass er vollkommen selbstlos mein Glück vor das seine stellen würde, käme es darauf an.

Aber da ist auch eine ganz andere Seite an ihm, die mich, anstatt mich abzustoßen, eher noch anzieht. Das war auch wohl der ausschlaggebende Grund für diese Misere...

Vor zwei Wochen begann es. Nachdem ich meinen Verlobten - das Wort klingt so hämisch in meinen Ohren! - wieder mit einer seiner unzähligen anderen Verlobten gesehen hatte, um genau zu sein. Ich wollte ihm einen Gefallen tun, wollte ihm eine gute Ehefrau sein, und brachte ihm etwas zu Essen. Denn das tun doch gute Ehefrauen! Sie sorgen sich um ihren Mann.

Das Essen nahm er an, aber er hatte nur Augen für dieses burschikose Mädchen mit den kurzen Haaren. Meine Umarmung wurde nicht erwidert - an seiner statt hätte ich ebenso gut eine Statue umarmen können. Aber ich habe nichts gesagt. Zwar zerriss es mir fast das Herz, aber ich habe geschwiegen. Habe gelacht, gelächelt und bin nach einer Weile wieder gegangen.

Am Vorabend, kurz vor Sonnenuntergang, rollten mir heiße Tränen über die Wangen. Den Grund für meine Trauer kannte ich nicht. Eigentlich war ich doch glücklich! Ich hatte einen gutaussehenden, starken Verlobten, der mir gesunde Kinder schenken würde. Ich sollte glücklich sein!

Dann jedoch tauchte er auf. Mousse. Ich weiß nicht, wie er mich gefunden hat - ausgerechnet er, die vermaledeite Blindschleiche, fand mich an meinem geheimen Zufluchtsort, unter einem alten Ginkobaum am Rande der Stadt. Farbenprächtig leuchteten die Blätter im Licht der untergehenden Herbstsonne und wurden von dem Tränenschleier über meinen Augen zu einem wogenden Meer aus geschmolzenem Gold und Bronze.

Und dann stand er vor mir.

Sein Erscheinen kann ich mir immer noch nicht erklären, doch ich schätze, auch eine blinde Ente findet mal ein Korn. Oder so ähnlich, wie auch immer die Menschen das hier sagen...

Dass etwas an ihm ungewöhnlich war, das hätte ich schon daran erkennen müssen, dass seine Haltung aufrecht war und er vor unterdrückter Wut bebte. So kannte ich ihn nicht, aber ich war viel zu traurig, aufgewühlt, enttäuscht und wütend, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Obwohl ich nicht wollte, dass er meine Schwäche sah, war ich froh, dass er nun dort vor mir stand.

In ihm hatte ich immer jemanden gefunden, den man wunderbar anschreien konnte, der sich nie wehrte und der sich hervorragend als Sündenbock wie auch als Sandsack eignete.

Bevor ich meiner mich selbst verwirrenden Frustration Erleichterung verschaffen konnte, indem ich ihn völlig grundlos anfauchte, begann er zu reden.

Nach seinen ersten Sätzen war ich einen Moment lang sprachlos - fasziniert von seinen zornsprühenden Augen, die mich mit ihrem tosenden Feuer verbrannten, verzaubert von seiner tiefen Stimme, die in seiner Rage zu einem gefährlichen Grollen wurde. Dann allerdings erreichte mich der Inhalt seiner Worte, und ich spürte, wie meine eigene Wut mit voller Wucht zurückkehrte, mich kampfbereit auf meine Beine riss und mir Worte in den Mund legte, die ich schon tausendmal gedacht hatte, so wie Mousses Worte in früheren unzähligen, inneren Debatten nun den Gegenpart übernahmen.

"Der Mistkerl verdient dich nicht! Schon wieder musst du wegen ihm weinen!"

"Ich liebe ihn, und er liebt mich!" So begann unser Streit, und anstatt vor Zorn rauchend Mousse meinen Hass entgegenzuschleudern war ich von unserer hitzigen Auseinandersetzung begeistert, entzückt. So hatte ich ihn noch nie erlebt, und so hatte auch ich mich noch nie gehört. Ich hatte bis dahin nicht geahnt, dass ich je eine solche Leidenschaft, die mich wie eine gewaltige Flutwelle hilflos mitriss, entwickeln könnte - und sei es auch nur beim Streiten. Er sprach meine Zweifel an meiner Liebe zu Ranma aus; all die Dinge, die ich mir selbst nicht eingestehen wollte warf er mir vor und riss meine Mauern nieder. Anscheinend war er doch nicht so blind, wie ich immer gedacht hatte - er hatte sehr viel mehr Dinge gesehen, als mir lieb war.

Ich kann mich nicht mehr an das erinnern, was wir uns alles an den Kopf warfen. Mir ist nur noch klar in Erinnerung, dass er einen sehr wunden Punkt getroffen hatte und ich mich unbeherrscht auf ihn stürzte. Er sollte damit aufhören! Die schlimmen Dinge die er sagte - dass Ranma mich nicht lieben würde -, die waren nicht wahr! Alles Lügen!

Tief in mir hatte ich gewusst, dass er die Wahrheit sprach. Aber ich war nicht bereit dafür, die Wahrheit so direkt, so schonungslos ins Gesicht gesagt zu bekommen. In meiner Traumwelt war es einfach zu bequem gewesen. Nie hätte ich erwartet, dass ausgerechnet der dumme, schüchterne Mousse mir solche Dinge mit einer solchen Vehemenz entgegenschleudern würde.

So sah ich nur noch einen Ausweg: Physische Gewalt. Nie war ich besonders schlagfertig oder mit sonderlichem Talent in der verbalen Kampfkunst gesegnet gewesen, aber ein paar wohl gezielte, physische Hiebe würden ihm die Luft aus dem Körper pressen, sodass er endlich still war.

Aber er hörte nicht auf. Zum ersten Male kuschte er nicht vor mir - er wurde nur noch heftiger in seiner Verzweiflung, mich vor Ranma und seinen ungewollten Verletzungen zu schützen. Natürlich kochte ich vor Wut - wie konnte er es nur wagen, sich gegen mich aufzulehnen?! Doch da war noch etwas in mir... Dieses etwas wollte dieses Feuer in seinen mit einem Male so dunklen Augen lodern sehen, wollte wieder dieses Grollen aus seiner Kehle hören. Wie besessen von dieser neuen Seite an ihm wollte ich ihm Schmerzen zufügen, nur, um ihn noch weiter anzustacheln, zu provozieren - andererseits wollte ich einfach nur, dass er endlich still war und keine weiteren Zweifel in meinem unsicheren Herz säte. Beides ließ sich hervorragend kombinieren - dachte ich zumindest.

Herabgefallene Ginkoblätter flogen, aufgewirbelt durch unser aggressives Toben, um uns her, als ich ihn endlich unter mir festgenagelt hatte - und was für ein herrliches Gefühl es doch war, unter mir diesen kräftigen Körper, diese angespannten Muskeln und diese entfesselte Wut in ihm zu spüren, unter meiner Kontrolle. Ich hatte Macht über ihn, und ich fühlte mich betrunken davon.

Meine nächste Handlung überraschte uns beide, denke ich - aber es war die einzige Möglichkeit, die ich noch sah, um ihn zum Schweigen zu bringen. Doch diese Überraschung wandelte sich bald in Entzücken um. Seine warmen Lippen waren so ganz anders als die von Ranma. Sie schienen nicht unbeweglich aus Stein gemeißelt zu sein und sehnten sich nach mehr - zogen mich zu sich, anstatt mich von ihnen wegzuzwingen.

Um es kurz zu sagen: Ich war begeistert. So etwas hatte ich noch nicht gefühlt - da war jemand, der sich nach meinen Berührungen verzehrte. Doch er gab ebenfalls, anstatt nur zu nehmen. Ich fühlte nicht mehr diese Leere, diese Verzweiflung in mir, die stets dann folgte, wenn ich Ranma sein Essen brachte und er dennoch nur Akane mit diesem warmen Blick betrachtete, mit diesem Blick, von dem ich manchmal träume. Mousse schenkte mir das, was Ranma mir verwehrte - was auch immer das sein mochte. Zumindest vermittelte er mir das Gefühl, gebraucht zu werden - etwas, was Ranma noch nie in mir wecken konnte. Ranma hatte mir immer nur Abweisung entgegen gebracht, und so wehrte ich mich zuerst nicht, als Mousse einen Positionswechsel initiierte. Dann jedoch machte ich den Fehler, kurz aufzusehen, als ich nach Atem rang - und sah direkt in seine Augen. Augen, die vor Glück strahlten - Augen, die braun waren und doch blau sein sollten.

Einen Moment später war Mousse verschwunden. Hatte er das aufkeimende Entsetzen in meinen Augen gelesen? War auch ihm aufgefallen, dass wir einen Fehler begangen hatten? Ertrank auch er in den kalten Fluten der Realität? Wurde auch ihm wieder vollauf bewusst, dass ich Ranmas Braut war?

Da lag ich nun also: Verloren in einem Meer aus herabgefallenen Ginkoblättern. Meine Augenwinkel brannten erneut verdächtig, und wieder einmal weinte ich Tränen, die ich mir nicht recht erklären konnte.

Das einzige, was ich fühlte, war ein herbes Gefühl des Verlustes.
 

Damit hatte es wohl begonnen. Doch erst später sollte ich erkennen, was er mit mir angestellt hatte. Immer öfters ertappte ich mich dabei, mir das Bild seiner glühenden, vor innerer Wut und feuriger Kraft sprühenden und Funken stiebenden Augen in Erinnerung zu rufen, doch die wirklich deutlichen Anzeichen dafür, dass ich auf eine Katastrophe zutrieb, welche ich völlig missachtete, zeigten sich nach jeder Begegnung mit Ranma. Seltsamerweise mied ich meinen Geliebten, nachdem Mousse mich in meinen Zweifeln bestärkt hatte. Wenn ich ihn traf, sah ich mehr und mehr das, was Mousse mir hatte sagen wollen: Er liebte eine andere. Diese Blicke, unschuldige Berührungen, das Erröten seiner Wangen... Meine Verzweiflung, meine Enttäuschung wurde zu Wut, und nach jeder Konfrontation mit dem Offensichtlichen, der Wahrheit, die ich so lange geleugnet hatte nicht hatte sehen wollen, lief ich zu dem, der mich nun diese Dinge sehen ließ, dem ich die Schuld an meinem Unglück gab.

Nach unserem Streit war ich auch ihm aus dem Weg gegangen, doch mein Zorn trieb mich zu ihm und leitete mich wie ein äußerst zuverlässiger Kompass. An ihm ließ ich meinen Frust aus, und jedes Mal endete ich in seinen Armen.

Das allein hätte mich warnen sollen. Nie hätte es so weit kommen dürfen.

Doch auch hier stellte ich mich blind, taub - achtete nicht auf die vielen Warnzeichen. Zwei Wochen lang ging das so, und jedes Mal enttäuschte ich Mousse, wenn ich nach einigen leidenschaftlichen Küssen vor ihm flüchtete. Er sagte nie etwas, doch konnte ich diese furchtbare Enttäuschung in seinen Augen, seiner ganzen Mimik und Gestik erkennen.

Nicht er hatte sich mir aufgedrängt, sondern umgekehrt... Und doch flüchtete ich vor ihm. Er ließ mich all das vergessen, was mich bekümmerte - er ließ mich die ganze Wirklichkeit vergessen. Genau das war sein Mittel der Verführung, seine Anziehungskraft - und der Grund, aus welchem ich immer wieder versuchte, mich aus seinem Bann herauszureißen. Es war gefährlich, sich so gehen zu lassen: Ich vergaß meine Pflichten Ranma und Urgroßmutter gegenüber.

Außerdem war es verboten.

Letztendlich ging meine Verzweiflung und meine Sehnsucht nach dem herrlichen Vergessen, welches ich nur in seinen Armen fand, so weit, dass ich ihn unüberlegter Weise nach einem weiteren schmerzhaften Zusammenstoß zwischen Ranma, mir und der Wirklichkeit, in der Küche des Neko-Hanten überfiel, während er gerade das Geschirr wusch. Das Lokal war voller Leute, und wäre Urgroßmutter in diesem Augenblick auf ihrem Stab in die Küche gehüpft, hätte sie gesehen, wie ihre sonst so brave kleine Amazone ihren nichtsnutzigen Tellerwäscher gegen die Spüle in die Ecke gedrängt und ihre angestaute Wut an ihm abreagiert hätte - und die Folgen wären nicht auszudenken gewesen. Ich könnte in Schmach weiter existieren, ließen sie und das Gericht des Stolzes Gnade walten, aber Mousse...

Der Gefahr, in welche ich nicht nur mich selbst, sondern auch Mousse mit meiner selbstsüchtigen Ignoranz gebracht hatte, wurde mir erst später bewusst, als ich ihn wieder einmal mit enttäuschten und so furchtbar verführerisch wütenden Augen zurückgelassen hatte und wieder einigermaßen klar denken konnte.

Geschockt von meinem eigenen Handeln und dem einschüchternden Mangel an Vorsicht schaffte ich es, mich eine halbe Woche von ihm fern zu halten.

Bis heute Abend.

Sah ich ihn zufällig, so spürte auch ich den Schmerz, den meine erneute Zurückweisung ihm zugefügt hatte. Vor allem jedoch schien es ihn zu ärgern, dass ich wieder versuchte, mich Ranma ein wenig anzunähern. Er schwieg natürlich wieder einmal, doch gingen öfters als gewöhnlich Teller zu Bruch, und Urgroßmutter drohte Mousse mit einer sofortigen Kündigung, sollte er noch einen einzigen Teller demolieren.

Ich selbst hasste mich für jede Minute, die ich, meinen Stolz als Frau vergessend, damit zubrachte, mich an den Hals meines unwilligen Verlobten zu werfen, doch hatte ich eingesehen, dass es genau das war, was Urgroßmutter und mein Stamm von mir verlangten. Der Stolz einer Frau ist nicht der einer Amazone, einer Kriegerin.

Dass diese Demütigung zur Erfüllung meiner Pflicht gehörte, war kein großer Trost.

So sehr früher einmal die strengen Gesetze der Amazonen mein Leben bedeuteten und leiteten, so fühlte ich nun in meinem Herzen eine stille Rebellion gegen sie aufkeimen. Sie erschienen mir von Sekunde zu Sekunde unsinniger.

In einer kargen Umgebung, einer unwirtlichen, unfreundlichen und groben Welt, in der Frauen sich in ihrer Not und Verachtung für die "Rasse" der Männer selbst behaupten müssen und nichts anderes besitzen als ihren Stolz, da sind diese Weisungen und Bestimmungen natürlich das einzige, was im Leben zählt. Sie und ihre Einhaltung sind sogar wichtiger als das eigene Leben an sich.

Keine Amazone unterwirft sich einem Mann, der sie nicht besiegt hat. Sie gibt sich keinem Mann zu der Befriedigung seiner Gelüste hin, nur, um sich etwas zu Essen leisten zu können.

Lieber verhungert sie.

Die Amazonengesetze und ihr Stolz sind das, was jeder Amazone ihre Kraft gibt, sie am Leben erhält und ihr Hoffnung selbst in den dunkelsten Stunden spendet - denn das ist es, was ihr niemand nehmen kann.

Doch ich habe in den letzten zwei Wochen entdeckt, dass es noch mehr im Leben geben muss als diese Gesetze.

So erschreckend es auch festzustellen ist - lieber möchte ich mein bisheriges Leben aufgeben, vergessen, als die letzten zwei Wochen missen zu müssen. Es kommt mir so vor, als hätte ich zum ersten Male in meinem Leben gelebt, denn ich habe geliebt.

Auch wenn ich noch so viele Tränen vergossen habe, auch die Verzweiflung mich ein ums andere Mal an den Rand eines furchtbaren Abgrunds getrieben hat - ich bereue nichts.

Eine angenehme Ruhe überkommt mich bei dieser Erkenntnis.

Vom heißen Wasser durchgewärmt hat sich das Zittern meines Körpers bis auf ein unmerkliches Minimum reduziert, und die letzten Reste der Kälte und des Wassers vertreibe ich eilfertig durch kräftiges Rubbeln meiner Haut mit Hilfe eines weichen Handtuchs.

Meine schmutzige Wäsche verstaue ich in einem Wäschekorb und verfluche mich dafür, mir keine Wäsche zum Wechseln mitgebracht zu haben - das Lächeln auf meinen Lippen verblasst trotzdem nicht, denn ich kann mich nun der Zukunft entgegenstellen, egal, was sie auch bringen mag.

Durch die beruhigende Stille im Haus davon überzeugt, dass nun alle seine Bewohner schlafen, schlinge ich ein Handtuch um meinen Körper und eile in mein Zimmer, um mich für die Nacht anzukleiden. Bevor ich jedoch zu meiner Kommode gelange, sehe ich etwas weißes im Mondlicht auf meinem Kopfkissen leuchten. Ein ungutes Gefühl erfasst mich, denn bei näherer Betrachtung wird aus dem weißen Etwas ein gefalteter Brief.

Das Vorhaben , mich Anzukleiden, ist vollkommen vergessen, als ich mit nun wieder einmal bebenden Händen den Brief halte und meine Augen über die chinesischen Schriftzeichen huschen. Immer wieder verschwimmen die Striche vor meinen Augen, denn Tränen verschleiern meinen Blick.

Es sieht so aus, als habe nicht nur ich einen Entschluss getroffen.

"[...]Du und ich, wir wissen beide, dass es so nicht weitergehen kann[...] Du musst dich entscheiden, so wie ich mich entschieden habe. Ich kann so nicht weiterleben, und so ist es wohl das beste, wenn ich gehe. Du kannst bei Cologne und Ranma bleiben und so weiter leben, als wenn nichts gewesen wäre, oder du kannst mich begleiten. Ich gebe mich keinen Illusionen hin - es würde sehr schwierig für uns beide werden, wenn wir zusammen bleiben wollten.

Nun musst du dich entscheiden, ob ein Leben mit mir dir dieses Risiko wert ist.

Ich werde bis zum Sonnenuntergang warten. Wenn du dann nicht gekommen bist, ziehe ich alleine los. Du wirst wissen, wo du mich finden kannst - dort, wo..."

Wie in Trance bewegt sich mein Körper zu seinem Zimmer, und schon auf den ersten Blick kann man erkennen, dass das Zimmer verwaist ist. Ordentlich ist alles an seinem Platz wie vor Mousses Einzug in unsere kleine Wohn- und Arbeitsgemeinschaft - so, als habe hier nie der junge Mann gelebt, der mir die letzten zwei Wochen so unvergesslich gemacht hat. Und doch... Ich kann noch immer seinen Duft riechen. Ganz schwach, doch immer noch angenehm, wohltuend.

Melancholisch gehe ich zurück in mein Zimmer und kleide mich nun endgültig an. Ein letztes Mal werfe ich einen Blick auf das weiße Papier. Soll ich wirklich all das hier, meine Familie, mein Dorf und eine sichere Zukunft aufgeben? Wo endet meine Pflicht als Amazone? Meine Treue zu meinem Blut und der Ehre meines Dorfes?

Tränen brennen heiß in meinen Augenwinkeln, und mein Herz fühlt sich furchtbar schwer an.

"Ja, Mousse... Ich habe eine Entscheidung getroffen."
 

"Shampoo? Shampoo!"

Verwirrt blicke ich auf und sehe in das nachdenkliche Gesicht meiner Großmutter. Steht sie schon länger da und beobachtet mich bei der Arbeit?

Meine aktuelle Aufgabe ist es, die Tische zu reinigen. Die letzten Gäste sind vor einiger Zeit gegangen, und bald beginnt meine Dienstzeit als Liefermädchen. Die ersten Strahlen der untergehenden Sonne verfärben das Firmament mit gelbgoldenen Lichtspielen.

"Ja, Urgroßmutter?"

"Ist etwas nicht in Ordnung mit dir? Du wirkst abwesend." Deutlich kann ich spüren, wie Schamesröte in meine Wangen steigt.

"Nein, Urgroßmutter! Alles in Ordnung sein!" Wie schwer es mir doch nun fällt, dieses strahlende, sorglose Grinsen auf mein Gesicht zu zaubern.

Ein weiterer Blick zum Himmel - wie wunderschön, und doch so hässlich!

"Deswegen putzt du auch seit einer Viertelstunde den selben Tisch. Lass gut sein, mein Kind. Ich erledige den Rest der Arbeit."

Erstaunt und dankbar sehe ich sie an und sammele allen Rest meiner Zuversicht, um begeistert meinen Entschluss, Ranma noch ein "anständiges" Abendessen vorbei zu bringen, zu verkünden.

Zufrieden nickt die alte Dame, aber war das, was kurz in ihrem Blick aufblitzte, etwa Wehmut? Ich musste mich verguckt haben. Denn als ich nun schnell in die Küche eile, um meinem Verlobten sein Essen zuzubereiten, höre ich sie fröhlich bei der Arbeit pfeifen - wahrscheinlich waren die Tageseinnahmen erstaunlich gut gewesen, sodass sie sich auch mir gegenüber ein wenig großzügig zeigt.
 

Die letzten Vorbereitungen sind getroffen, und eilig liefere ich die "heiße Ware" an ihrem Bestimmungsort aus. Dieses eine Mal jedoch verzichte ich darauf, Ranma persönlich sein Essen zu überliefern und bitte die älteste Tendotochter, die mir freundlich lächelnd die Tür öffnet, dies für mich zu tun.
 

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"Sieh mal, Ranma! Das hier hat Shampoo gerade für dich gebracht!"

Der junge Kämpfer blickte von seiner Beschäftigung, seinen Vater in Form eines Pandas zu würgen, verwundert auf und betrachtete die Thermobox misstrauisch.

Dem Panda verpasste er schnell eine Kopfnuss, als er das Schild mit der Aufschrift "Oh! Lecker, her damit!" las und nahm das Präsent argwöhnisch mit größter Vorsicht an. Ein kurzer Blick zu der schmollenden Akane bestätigte seine Vermutungen, dass er später wieder einmal wegen etwas völlig belanglosem zusammengeschlagen und verprügelt würde, aber die Neugier siegte letztendlich.

Keine durchgedrehte Amazone, die die ganze Zeit ekstatisch "Wo ai ni!!" quiekte und ihm die Luftzufuhr mit ihren "liebevollen Umarmungen" abdrückte? Das war höchst ungewöhnlich.

Vielleicht hatte sie ja wieder eines dieser berühmt berüchtigten Amazonenmittelchen und/oder Liebesdrogen hinein getan?

Nein. Dem Geruch nach zu urteilen nicht. Aber das Gemüse war auf der Suppenoberfläche in Form von japanischen Schriftzeichen angeordnet. Ranma war im ersten Moment fassungslos.

Das konnte kein Geschenk von Shampoo gewesen sein. Und doch deutete die falsche Konjugation des Verbs daraufhin, dass das Gericht tatsächlich von der blauhaarigen Chinesin stammte - kein anderes Chinarestaurant schrieb auf ihre Gerichte "Leben wohl, Ranma!"
 


 

Als der verwirrte, junge Kampfsportler am Neko-Hanten ankam, fand er eine entspannte Cologne vor, die an einem der Tische im Restaurant saß, gemütlich ihre Pfeife paffte und die Stellenanzeigen der örtlichen Zeitung studierte.

"Cologne, hast du Shampoo gesehen? Mit ihr scheint etwas nicht zu stimmen, sie-"

"Ist verschwunden.", beendete die alte Frau den Satz des Schwarzhaarigen und sah ruhig auf in sein fassungsloses Gesicht. "Du machst dir doch nicht etwa Sorgen um sie?" Ihr Ton war listig, allerdings handelte es sich bei ihrer Frage offensichtlich um eine rein rhetorische.

Ranma war baff.

"Du machst dir gar keine Sorgen, obwohl deine Urenkelin absolut untypisches Verhalten zeigt und verschwunden ist??"

Cologne antwortete nicht, lächelte nur kurz, sodass sich die unzähligen Falten um ihren Mund für einen kurzen Moment teilweise glätteten.

"Sag mal, Ranma... Suchst du einen Job?"

Die offensichtliche Verwirrung in seinem Blick ließ die "alte Hexe" laut lachen. Seine Gedanken standen auf seinem Gesicht geschrieben wie in einem offenen Buch, und er verstand den Grund für den plötzlichen Themenwechsel nicht.

Cologne deutete auf eine bestimmte Anzeige in der Zeitung.

"1 Tellerwäscher und 1 "Mädchen für alles" gesucht. Tellerwäscher muss williger Arbeitssklave und vorsichtig im Umgang mit seinem Arbeitsmaterial sein.

"Mädchen für alles" sollte hübsch, klug und möglichst jung sein, sich auf lange Arbeitszeiten einstellen und in ihrem Arbeitsbereich recht flexibel sein. Schlechte Bezahlung, eine strenge Chefin. Bitte beim Neko-Hanten melden."

Ranma sah sprachlos auf und in Colognes gespielt nachdenkliches Gesicht. "Ich glaube, ich war zu ehrlich in der Beschreibung der Arbeitsbedingungen, denkst du nicht auch?"

Diesmal blieb Ranma ihr eine Antwort schuldig.
 

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Die letzten Strahlen der Sonne wurden von der hereinbrechenden Nacht verschluckt, und traurig wandte sich der junge Mann mit den langen, schwarzen Haaren und dem schweren Wanderrucksack zum Gehen.

Bevor er jedoch das verwilderte Grundstück des heruntergekommenen, unbewohnten Hauses verlassen konnte, hörte er fliegende, leichte Schritte auf raschelnden Ginkoblättern und wollte seinen Ohren nicht trauen.

Zu ängstlich, sich umzudrehen, enttäuscht zu werden und sehen zu müssen, dass sein Wunschdenken seine Wahrnehmung getäuscht hatte, verharrte er bebend in seiner Position. Hinter sich hörte er heftiges, keuchendes Atmen und die süße Stimme einer vor Glück strahlenden Amazone.

"Shampoo sich so sehr beeilt haben - Mousse nicht ohne Shampoo gehen dürfen!"
 


 

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Gewidmet Deepdream, der mich mit seiner erstaunlichen Einstellung zur Eifersucht inspirierte und außerdem eine wahrlich bemerkenswerte Geduld mit mir faulen Ratte zeigt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2005-10-31T11:55:10+00:00 31.10.2005 12:55
An eine der besten Fanfic-Schreiberinnen die ich kenne (und das sind viele):

Bitte, bitte, vollende doch deine zuvor begonnenen Fanfics irgendwann einmal, wenn du etwas Zeit und Lust dazu hast. Du hast einen so hervorragenden Schreibstil. Die inneren Monologe deiner Protagonisten bringen auf wundervolle Weise ihre Gefühlswelt zum Ausdruck und dein Sprachstil ist einfach nur begnadet. Leider schreibst du in letzter Zeit viel zu wenig.

Weiterhin viel Erfolg und liebe Grüße!
Von:  Deepdream
2005-10-30T16:27:43+00:00 30.10.2005 17:27
Hallo Kuschelkätzchen... *grinst verschmitzt*

Von vornherein möchte ich mich erst einmal herzlich für den verbalen Hinweis bezüglich der Publikation dieses digitalen Pamphlets bedanken. Ebenso - so muss ich gestehen - empfand ich es als eine sehr nette Geste von dir, mir dein nachdenkliches Herzblut zu widmen.
Und so inadäquat es auch erscheinen mag, manchmal streifte doch ein amüsiertes Grinsen meine Lippen. Allein bereits wegen dem Faktum, dass du Mousse mit meiner Attitüde versehen hast. Aber einen kleinen Fehler hast du dann doch begangen...
Mousse ist selbstlos, ich hingegen ein arroganter Ignorant. *zwinkert*

Verzeih, meine Gedanken tragen mich wieder hinfort an einen kontextlosen Ort namens Träumerei.
Widme ich meine Konzentration lieber dem zu verfassenden konstruktiven Kommentar, somit erfüllt die am Computer zugebrachte Zeit auch zur Abwechslung einmal einen produktiven Nutzen.

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[Sprachlicher Ausdruck]

Wählen wir als bestes Beispiel für den typischen Verlauf eines deiner Sätze die nachfolgende Phrase.

>Als der verwirrte, junge Kampfsportler am Neko-Hanten ankam, fand er eine entspannte Cologne vor, die an einem der Tische im Restaurant saß, gemütlich ihre Pfeife paffte und die Stellenanzeigen der örtlichen Zeitung studierte.<

Deine schriftlichen Expressionen werden insbesondere durch einen komplexen Satzbau, vornehmlich Hypotaxe und selbstverständlich auch so manchem Relativsätze geprägt. Während Animexx generell zwei Primärkategorien von Autoren aufweist, fandest du einen entsprechenden Spagat zwischen den beiden insgeheim verfeindeten Parteien.

Gruppe 1# etwa ist überdurchschnittlich darauf fixiert sehr viele Ereignisse in möglichst wenigen Sätzen und hauptsächlich einfacher Sprache niederzuschreiben. Häufig stellen die Repräsentanten dieser "Abteilung" eine Analogie für das vermehrte Auftreten von schlichten Parataxen dar. Die Masse der Leser bevorzugt diese Lesekost, welche sich nicht "nur" allein im Vokabular und Syntax immens vom Standardbegriff der Belletristik differenziert. Qualität und Quantität tanzen für gewöhnlich einen heiteren Niveaulimbo.

Gruppe 2# zielt auf eine schlichtweg überfordernde Anzahl von Fremdwörtern lateinischen, griechischen oder anderweitigen Unsprungs und die pedantische Schilderung jeglicher Ereignisse ab. Nur allzu häufig werden Geschichten dieses Metiers heftig gemieden, gänzlich ignoriert oder geraten ins Sperrfeuer verzweifelter Individuen deren auffälligstes Merkmal chronisches Unverständnis ist. Des Weiteren weisen diese Geschichten Metaphern und philosophische Anleihen zuhauf auf und glänzen nebenbei mit anormaler Allgemeinbildung.

Soviel hierzu.
Deine Erzählung impliziert wie besagt eine ausgewogene Mischung aus beidem. Einerseits überanstrengst du den Leser nicht, respektiv unterstehst dich ihn mit grammatikalischen Schwertern zu spicken und zu tranchieren, andererseits weist dein Text eine Kleinigkeit auf, die zunehmend rarer auf dieser Internetseite geworden ist. Logik und Emotionalität.
Romantische Schwachsinnigkeiten - man denke nur an Bollywood-Produktionen - und abstruse Zufälligkeiten werden vermieden, zugunsten eines realistischen Leseeindrucks. Zugegeben, manchmal ufert dein Satzbau in ultimative Dimensionen aus, aber gerade das fordert im Gegenzug die Aufmerksamkeit des interessierten Lesers. Demnach, wer den Inhalt eines Satzes nicht verstanden hat, sollte sich diesen eben nochmals zu Gemüte führen, um Verständnis zu erlangen. Denn diese Geschichte ist nicht nur verständlich, sondern zusätzlich auf einem gewissen literarischen Niveaugrad. Sollte es dennoch etwaige Klagen von irgendwelchen nachfolgenden Kommentatoren geben, so sollten diese besser in brennender Scham über ihre eigene Inkompetenz schweigen. Soviel zumindest zu meiner persönlichen Meinung. Fühlt sich jemand dadurch auf den Schlips getreten, so entschuldige ich mich für meine eventuell etwas harsche Formulierung, nicht jedoch für die Kernaussage dieses Absatzes.

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[Thematik]

Mein Lieblingspunkt, die Geschichte selbst.
Das Ziel dieser Erzählung stellt vielleicht kein wirkliches Novum dar.
Möglicherweise ist auch der Ausgangspunkt keine auffällige Innovation.
Nichtsdestotrotz wurde selten so rational und nachvollziehbar auf eine Beziehungsentwicklung zwischen Mousse und Shampoo A) hingewiesen und diese B) intensiviert.
Vielleicht ist dir dieser Umstand noch gar nicht richtig klar geworden, aber du besitzt eine Fähigkeit, die den meisten "Mitbewohnern" dieser Internetkommunität komplett abzugehen scheint. Nämlich der logische Verweis auf die Gründe für bestimmte Veränderungen, egal ob diese nun emotionale Bindungen, Attitüden oder aber Umgebungen betreffen.

Ein Standardschriftsteller hätte höchstwahrscheinlich einige der üblichen Fehler begangen. So etwa das Fehlen eines konkreten Plots, der Zusammenhänge oder ein absolutes OOC Verhalten seitens der Protagonisten. Auf diese Weise werden dann oftmals Geschichten mit gehörigem Potenzial beinahe ins Lächerliche karikiert. Und das ohne merkliches Hinzutun des Autors selbst.
Du als alter Hase im FF-Business weichst solchen Fehlern anscheinend rein instinktiv aus. So legst du etwa bereits von Anfang an viel Wert auf eine gute Hinleitung zum Hauptgeschehnis. Bei dir werden Gründe aufgezeigt, bei den meisten Autoren nicht. Bei den Letzteren reagieren die Charaktere zumeist absolut unglaubwürdig und dazu addiert sich, dass nicht einmal biedere Ursachen à la Unfall, Liebe, etc. genannt werden. Es wird schlicht und einfach vorausgesetzt. An und für sich nicht weiter schlimm, soweit man die "Modifikationen am Gedankenapparat" im Verlauf der Erzählung erklärt. Dumm nur, dass diese potentielle Möglichkeit ebenfalls nur allzu häufig außer Acht gelassen wird. Nicht so bei dir, worüber ich ehrlich froh, gar glücklich bin.^^

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[Charakterverhalten]

Selbstverständlich könnte ich nun die konzentrierte Fassung der nachfolgenden Zeilen lakonisch in einem Satz expressiveren. Tue ich aber nicht. ;-)

Shampoo:
Insbesondere aufgrund der Ermöglichung einer Identifikation mit der Protagonistin ist ein Hineinfühlen in die Figur eine ungezwungene und angenehme Leichtigkeit. Shampoos subjektive Wahrnehmung definiert die Welt in einem Licht, dass durch ihre ganz eigenen Empfindungen getrübt oder erhellt wird. In ihrem Inneren fechtet das naive kleine Mädchen noch immer den Kampf mit der ausgewachsenen, pflichtbewussten und jungen Frau aus. Das ist auch der Grund, weshalb sich manchmal taktische, kühle Kalkulation mit überreizter Emotionalität paart und somit Shampoo im einen Moment Ranma um den Hals springt, als wäre sie ein verschmustes Kätzchen, ihm jedoch wenige Augenblicke später ruhigen Gewissens ein Amazonen-Toxin ins Essen schüttet. Shampoo ist auf den ersten Blick ein einfältiger, nymphomanischer Charakter. Ein Eindruck der Täuschung verheißt. Den hinter der starken Fassade des unbekümmert lächelnden Mädchens verbirgt sich ein Herz, das unter dem Druck von Pflicht und Ehre allmählich zu Grunde geht.
Meiner bescheidenen Meinung nach ist dir die Charakterisierung vortrefflich gelungen. Mein uneingeschränktes Lob hierzu.

Mousse:
Kaum eine Person in Takahashi-samas Universum ist dermaßen unberechenbar. Auf der einen Seite ein liebeskranker, tollpatschiger Volltrottel, auf der anderen ein talentierter, beherzter Kämpfer mit der Seele eines vernarbten Löwen. Gewissermaßen lässt ihn seine definitiv zu dick geratene Brille und die damit einhergehende Halbblindheit als lästiges Übel erscheinen, dennoch bewies er mehr als nur einmal, dass er Shampoo grundlegend ein würdiger Ehemann wäre. Ein Fakt, den diese jedoch stets verhemmend als unrealistisch klassifizierte.
Okay, zugegeben, ein wenig wunderte es einen schon, dass sich der anhängliche Brillenträger mit einem Male besann und seiner "geliebten Shampoo" gegenüber soviel Mut aufbrachte. Nicht nur widersprach er ihr, sondern zog sich auch von seinen Liebesbekundungen zurück. Ließ sie ihren Weg zu ihm finden.

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[Summa summarum]

Du weißt, dass ich deine Geschichten über alles Liebe. Und nicht nur die Storys selbst.
*frech lächelt und anstößig zwinkert*

Man merkt bei dir noch, dass echtes Herzensblut in der Sache steckt und eine Ideologie vertreten wird, über die die Allgemeinheit lacht, gerade weil eben jene die Schönheit eines solchen Traums versteht. Gewiss, Tränen fließen, doch trocknen sie auch. Irgendwann.
Und außerdem muss das Salzwasser, das sich aus den Drüsen drückt nicht unbedingt in dubio mit einem bedauerlichen Ereignis gleichgesetzt werden. Manchmal muss erst eine Blüte vertrocknen, damit im nächsten Frühling eine Neue heranwachsen kann.
Vergleichbar mit deinen Bemühungen wendet manch Otto-Normal-Prosaist gerade einmal ein paar faulige Blutkonserven auf und schüttet sein kostbares Herzblut in den Abfluss teurer und sinnloser Freizeitbeschäftigungen.
In möchte meinen, dass nicht die Fortpflanzung der Sinn des Lebens ist. Vielmehr die Kanalisierung innigster Träume und damit verbunden der Phantasien, welche trostlos auf einem grauen metaphorischen Dachboden schlummern und nur darauf warten, dass man seine Möglichkeit der Visualisierung entdeckt.
Manch einer malt. Manch einer modelliert. Manch einer schreibt.
Du hast deinen Weg gefunden.

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Auf bald,

*Kotau und Handkuss*

dein P******.

P.S.: Hoffentlich habe ich es mit der Quantität meines Kommentars nicht übertrieben. ^^°
Von:  Mark_Soul
2005-10-29T14:47:26+00:00 29.10.2005 16:47
Nanu? Keine Ranma/Akane Geschichte? Ich bin überrascht.

Nicht, das ich es schade finde, das dies keine Ranma/Akane Fanfic ist - es ist nur so, das ich eine Mousse/Shampoo ehrlich gesagt nicht erwartet habe.

Ich mag solche Überraschungen.

Du hast es hier geschafft, eine ungewöhnliche, aber doch recht glaubwürdige Charakterisierung von Shampoo abzugeben. Ich lese es immer wieder gerne, wenn eine Figur in einem neuen Licht dargestellt wird, ohne dabei den Bezug zu sich selbst zu verlieren. Diese Fanfic ist ein hervorragendes Beispiel dafür.

Persönlich hätte ich es noch besser gefunden, wenn du diese Geschichte als Handlung wiedergegeben hättest, anstatt den größten Teil nur in den Gedanken der Amazone zu erzählen. Aber da letzteres dein hier gewählter Stil ist, kann es schlecht kritisiert werden, und letztendlich tut es der Gesamtqualität keinen Abbruch.

Übrigens, Cologne war wirklich SEHR ehrlich ;-)


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