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Langsam öffnete You wieder die dunklen, von unendlicher Ruhe durchströmten Augen. Er wusste, dass Gackt ihn seit geraumer Zeit beobachtete, hatte es ganz genau gespürt.

"Was ist passiert?"

"Ein Kampf... drei Wächter und ein Unterdämon."

"Und? Das ist doch nichts besonderes, oder?"

"Doch, das war es... Die Kräfte waren ungewöhnlich stark. Sie wurden nicht vollständig frei gelassen aber es steckt unglaubliches Potential dahinter."

"So groß, dass du es bis hierher spüren kannst?"

"Ja... und ganz in der Nähe ein strahlendes Licht. Eine unglaubliche Kraft..."

"Diese helle Seele, von der Yoshiki sprach?"

"Ich denke ja..."

Eine Weile schwiegen sie. Gackt betrachtete seinen Freund und Beschützer lange und eindringlich. Über die Jahre hatte er gelernt in seinem reglosen Gesicht zu lesen wie in einem Buch. Es wusste was in Yous Kopf vorging.

"Du wärest gerne dabei gewesen oder?"

You antwortete nicht. Er müsste lügen um diese Frage zu verneinen und er log nie. Es stimmte, er sehnte sich danach endlich wieder einmal seine Kräfte einsetzen zu können, aktiv etwas dazu beizutragen das Gleichgewicht zu erhalten. Er hätte den Unterdämonen einfach ausgelöscht, eine einzige Handbewegung würde reichen um diesen irregeleiteten Geist für alle Zeiten in alle vier Himmelsrichtungen zu blasen. Kurz schoben sich Erinnerungen an vergangene Tage an die Oberfläche seiner Gedanken, an die Tage, in denen er zusammen mit den anderen fünf Meistern Dämonen und Seelenfresser bekämpft hatte, offene Schlachten, Auge um Auge, um Leben und Tod, Licht und Dunkelheit.

Doch er war hier, bei Gackt. Er würde nicht weg können - er wollte es gar nicht.

"You?"

"Entschuldige, was hast du gesagt?"

"...geh, Du wünschst es dir doch, oder? Geh! Ich kann auf mich selbst aufpassen, du hast mir so viel gezeigt und beigebracht, ich..."

"Gaku-chan, du weißt, dass du nichts gegen sie bestehen würdest."

"Ja...Aber schlimmer als das Gefühl der Angst ist es, dich zu beobachten wenn du daran denkst wie frei du sein könntest wenn ich nicht wäre."

"Ich hoffe du denkst diesen dummen Gedanken nicht weiter!"

"Ich weiß, dass du einen Auftrag erfüllen musst aber..."

"Auftrag? Meinst du wirklich, du bist nur ein Auftrag für mich? Du müsstest mich besser kennen."

Lächelnd schloss Gackt die Augen. Natürlich wusste er es, natürlich kannte er ihn, aber er wollte es noch ein Mal hören, wollte erneut hören, dass er ihm etwas bedeutete. Nicht seine Seele, nicht er als Auftrag, sondern er als Mensch. Ihn derartig zu provozieren war der einzige Weg aus ihm hinauszukitzeln was er für ihn empfand, denn You sagte es von selbst nie. Gackt wusste es zwar, aber er hatte das Gefühl, dass er jedes Mal ein kleines Stück wuchs wenn You ihn lächelnd ansah, den besänftigenden Blick direkt und durchdringend auf ihn gerichtet und dann solche Dinge sagte.

Es belebte ihn langsam wieder.

"Ich weiß, You-kun... und ich bin dir so dankbar dafür..."

"Schon gut."

"Ist es das?"

"Natürlich... also sag es nicht immer!"

"Ist dir das peinlich?"

"Mag sein..."

Natürlich war es das, jedes Lob und jeder Dank war ihm peinlich. Und genau diese bescheidene Schüchternheit machte ihn immer noch liebenswerter.
 

~
 

"Na zufrieden?"

Ein selbstgefälliges Grinsen schob sich auf Miyavis Gesicht als er sich auf den Stuhl fallen ließ und die Füße auf den Tisch legte. Közi bedachte ihn nur mit einem neutralen Blick, Manas Gesicht ließ wie immer kaum Einblick auf seine Emotionen oder Gedanken zu.

"Mäßig guter Kampf. Aber es erfüllt den Zweck."

"Was? Mäßig? Hey, hast du dir das nicht angeguckt oder was? Ich hab die fast platt gemacht! Den Vogel und den Köter, und..."

"Es war nie die Rede, Aiji zu verletzen."

"Hey, seine Fresse hat mich einfach angenervt, nichts für ungut. Kommt nicht mehr vor!"

"Das hoffe ich für Sie."

Manas Bedarf an stumpfsinniger Konversation auf dem Niveau eines dummen Unterdämonen hielt sich in Grenzen, und so stand er herrisch aber langsam auf um die Unterhaltung zu beenden.

"Hey Moment, was is nu mit meiner Bezahlung?"

Eine perfekte Augenbraue hob sich ein Stück und Manas starrer Blick durchbohrte ihn gnadenlos.

"Wofür? Der Auftrag ist noch nicht erfüllt."

Es waren nicht die Worte, oder der Blick es war des Gefühl das den Unterdämonen durchbohrte, das ihn zum Schweigen brachte. Angst, ein kurzes Bild von Leid und Schmerzen schien von Mana direkt in Miyavis Kopf zu schießen.

"Ich... ja, ich weiß, also dann, was liegt als nächstes an?"

Die Stimme klang leiser und etwas eingeschüchtert, das Grinsen zeigte sich jedoch als gewohnt arrogante Maske aus trotziger Widerspenstigkeit.

"Das heute war zufriedenstellend. Halten Sie sich nur daran, Aiji nicht zu verletzen. Und geben Sie ihm keine Chance seine Kräfte zu..."

"Jaja, also im Prinzip der selbe blabla wie beim letzen Mal, ja?"

Közi setze an etwas zu sagen, doch Mana unterbrach ihn.

"Exakt."

Wieder nur ein einziges Wort mit der Durchschlagskraft eines Donnerschlags.

"Da Sie ja wissen was zu tun ist besteht keine Notwendigkeit für eine Weiterführung dieser Konversation mehr."

Mana sprach diesen Satz beherrscht und mit samtiger Ruhe, stand dann langsam auf und verließ den Raum, ohne noch einen einzigen Blick an Miyavi zu verschwenden.

Közi folgte ihm sofort, es war weder eine Aufforderung noch ein Blick nötig um ihn dazu zu bekommen.

"Er nervt dich..."

"Nein. Er spielt mit mir."

"Was hast du vor?"

"Das Spiel gewinnen. Er ist keine Herausforderung für mich."

"Er ist deiner Kraft aber auch nicht würdig."

"Ich weiß. Nicht einmal ansatzweise."

Manas Tonfall machte deutlich, dass diese Unterhaltung nun beendet war und Közi verfiel in Schweigen . Außer leisen, bedacht gesetzten Schritten hörte man nichts, es herrschte Stille in dem langen Korridor. Angenehme Stille, besänftigende Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm, der bald folgen würde.
 

~
 

Ohne eine Miene zu verziehen legte Kirito den Verband um. Die Wunde war weder tief noch lebensbedrohlich aber sie brannte höllisch. Egal wie oft er sie auswusch, diese schwarze Substanz ließ sich nicht vollständig abwaschen. Ein leises Klopfen an der Badezimmertüre strapazierte Kiritos Nerven kurz noch ein wenig, doch es war durchaus noch verkraftbar.

"Was ist?"

"Wie geht es dir, bist du in Ordnung?"

"Würdest du bitte tun was ich dir gesagt habe und dich um Aiji kümmern? Ich komme hier klar."

"Ich hab Aiji schon längst versorgt, du bist schon seit einer guten Stunde da drin."

"... oh..."

Einen geistreicheren Kommentar brachte er nicht zustande. Langsam räumte er das Verbandszeug weg, ohne sich damit aufzuhalten seinem Bruder zu antworten. Eine Weile sah er in den Spiegel, in eigene Gedanken versunken.

Das plötzliche Auftauchen dieses Unterdämons beunruhigte ihn mehr, als er nach außen hin bereit war zuzugeben. Kirito wurde das Gefühl nicht los, dass Jun niemals das Ziel dieses Dämons gewesen war. Aber was war es dann? Was?

"Nii-chan, ich..."

"Komme ja schon."

Kohta verschwendete gar keine Energie daran, verletzt oder beleidigt zu sein. Er kannte die Launen seines Bruders sehr gut und wusste was dieser wirklich dachte und sagen wollte.

"Ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass es Aiji gerade vielleicht nicht wirklich aushalten wird wenn du ihm klar machst, dass er dumm war... Er hat auch so schon..."

"Kohta, ich habe nicht vor ihn fertig zu machen. Keine Sorge..."

"Sorgen mache ich mir weniger um ihn als um..."

"Beruhig dich, das ist nur ein Kratzer, ich habs schon verbunden."

"Ich meinte auch nicht dich. Ich meine Jun. Wie willst du ihm das alles erklären?"

"Was erklären?"

"Deine Verletzung, Aijis Verletzung."

"Er wird nichts merken. Aiji wird sich gefälligst zusammenreißen."

Müde öffnete Kirito die Türe und trat aus dem Badezimmer hinaus. Kohta musterte ihn aus dunklen Augen, er lehnte an der Wand neben der Türe und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Zwei dünne, lange Kratzer zogen sich von seiner Hüfte aus über seinen Oberkörper.

"Woher ist das?"

"Was?"

"Das da... woher ist das?"

"Als ich Aiji von dem Dach getragen habe..."

"Was bitte? Kann der nicht selbst laufen?"

"Kirito, reg dich nicht so auf."

"Du hast mir eigentlich nicht zu sagen was ich zu tun habe!"

"Ich weiß."

Kirito stutzte. Keine Diskussion mehr? Einfach ein 'Ich weiß' und sein Bruder gab sich geschlagen? Eine Weile erlaubte er sich den Luxus, Kohta von oben bis unten zu mustern. Er tat das viel zu selten... Er hatte das Gefühl sich viel zu wenig um ihn zu kümmern, sein Bruder war vor seinen Augen erwachsen geworden und er hatte es verpasst. Er war verletzt und Kirito wusste nicht wie es passiert war, sein Bruder begann Geheimnisse vor ihm zu haben und es war unmöglich ihn zu durchschauen. Plötzlich überkam Kirito ein neues, noch nie so deutlich verspürtes Gefühl. Die Angst, dass sein Bruder sich von ihm weglebte.

Langsam glitten tiefschwarze Augen über den Oberkörper des weißhaarigen Mannes und blieben an seinem Gesicht haften, der ruhige, aber immer beschäftigte Blick versuchte in dessen Augen zu lesen, doch in Wahrheit war Kohta es, der alle Gedanken und Gefühle in dem anderen zu erfassen vermochte.

"Onii-chan... leg dich hin. Ich fahre Aiji nach hause und bringe auf dem Rückweg Essen mit. Takeo übernimmt auch die Nachtschicht."

"Nein, ich mache das schon. Takeo kann nichts ausrichten wenn..."

"Shinya, auch andere Menschen können Dinge richtig machen, nicht nur du."

Wie wahr... geschlagen senkte er den Kopf ein wenig, die seidig schwarzen Haare verdeckten müde Augen, wie ein Vorhang aus Zweifeln, der jede Hoffnung verbergen kann.

"... fährst du zum Chinesen?"

"Ja... Nudeln oder Curry?"

"Curry."
 

~
 

Langsam näherte er sich der Gestalt, die in Gedanken versunken an der Wand lehnte und ins Nichts starrte, das sich in Form von leblosen Häusern und grauen Fassaden kilometerweit hinter dem Fenster erstreckte. Ruhige Augen erfassten das stumpfe Treiben auf den Straßen einige Meter weiter unten, entspannte Lippen zeigten keinerlei Ansatz eines Lächelns. Es tat ihm fast schon leid ihm diesen Moment der Ruhe zu nehmen, am liebsten würde er ihn in Frieden lassen, ihn einfach so seinen Gedanken nachhängen und sich in ferne Traumwelten flüchten lassen.

"Reita..."

Langsam öffnete er die Augen und sah ihn an. Sanftmütige Trauer und endloses Vertrauen trafen auf offene Zuneigung und bedingungslose Verbundenheit.

"Wir haben einen Auftrag bekommen... gerade eben. Ich werde wohl auch allein hin gehen, musst nicht mit, ich meine wenn du nicht willst. Ist ja kein Problem."

"Nein, ich komme mit. Warum nicht?"

"Ist doch eigentlich Blödsinn..."

"Meinst du, ich lasse dich mit ihm allein?"

Leise Worte die tief im Inneren auf alte Wunden trafen und tief stachen.

"Okay..."

"Aoi?"

"Hm?"

Keine Antwort, eine kleine Geste reichte aus. Reita hob kurz die Hand in seine Richtung und Aoi kam einen Schritt näher, legte die Arme von hinten um Reitas Schultern und lehnte die Wange an seine. Einen Moment nur, ein kurzer, unverbindlicher Austausch von Nähe und ein Versuch sich davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde. Selbstverständlich vollkommen vergebens...

"Wir müssen das nicht machen. Das weißt du."

"Doch! Natürlich müssen wir, was denkst du denn. Ich hasse es wenn du sagst wir müssen nicht, ich hasse es wirklich! Nimm es doch einfach hin!"

Aoi gab sich keine Mühe seine Wut zu verbergen, gab aber die lockere Umarmung nicht auf.

"Du nimmst es doch auch nicht hin. Eigentlich ist das mein Leben, ich kann tun was ich will."

"Nein! Reita ich will das nicht hören, also sag nichts mehr okay? Du weißt wie sehr ich das hasse! Lass es einfach! Kein Wort mehr!"

Seine Stimme wurde lauter, seine Hände begannen leicht zu beben. Er spürte wie seine Selbstbeherrschung auf eine erneute Probe gestellt wurde, wie jedes Mal wenn Reita mit diesem Thema anfing. Sein Gefährte wusste das ganz genau, warum fing er immer und immer wieder davon an? Machte es ihm Spaß ihn so zu sehen, zu wissen dass er ihn mit diesen Worten den Gewissensbissen und der Erinnerung an unverzeihliche Schuld auslieferte?

Halt... So durfte er nicht über ihn denken, das war falsch und er wusste es. Reita meinte es nicht so.

"Entschuldige. Ich mache mir nur Sorgen."

"Um wen, um mich? Warum das? Vollkommener Schwachsinn, mir geht's gut ich komm klar."

Reita drehte sich zu ihm um, entwand sich so aus der lebenswichtigen Umarmung und sah ihm kurz in die Augen. Der vertraute Blick, den Aoi zwar auswendig kannte, der ihm aber immer wieder neues sagte und ihn immer wieder zu faszinieren und beruhigen vermochte, ruhte eine Weile auf seinem Gesicht und wandte sich dann ab. Reita sah ihm nie lange in die Augen, er konnte nicht. Er zehrte von dem was er in Aois dunklen Augen sah, aber er hielt nicht viel dieser Gefühle aus. Sie waren zu stark für ihn.

Leise seufzte Aoi, dann grinste er breit und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter.

"Hey, lass uns fahren, je schneller desto besser, dann sind wir auch früh zurück."

"Gut..."

Das Lächeln wurde nicht erwidert, aber Reitas Augen belohnten Aoi kurz mit einem Blick aus Sanftheit und Wärme und einem seltenen Ausdruck, der sonst immer hinter blondem Haar und der ewigen Stoffbinde verborgen wurde. Ein äußeres Zeichen für unergründliche und ungeahnt tiefe Abgründe in seinem Inneren.
 

~
 

Nachdem er Kohta mindestens zwanzig Mal beteuert hatte, dass er klar kommen würde, war der weißhaarige junge Mann endlich wieder nach hause gefahren. Aiji ließ sich seufzend auf das Bett fallen, verzog kurz das Gesicht als der raue Stoff seines Hemdes kurz an seiner Wunde rieb, schloss dann die Augen und versank in Gedanken, zu müde um sie wie sonst auszuschalten.

Die Erinnerungen an diesen Kampf tauchten immer wider auf, glitten an die Oberfläche seines Bewusstseins und piesackten ihn gehässig mit verhassten Selbstzweifeln.

Er hatte versagt, er hatte sich blamiert, hatte Kohta und Kirito, und nicht zuletzt Jun in Gefahr gebracht.

Menschlein...

Immer wieder und wieder hallte dieses Wort in seinem Kopf wieder, es verhöhnte ihn, so wie dieser Unterdämon ihn verhöhnt hatte.

Menschlein...

War er vielleicht wirklich nichts anderes als ein Mensch? Ein schwacher Mensch, ohne Kräfte, ohne Möglichkeiten sich oder die, die er liebte zu schützen? War er vielleicht nichts anderes als eine leere Hülle, die verzweifelt versuchte endlich etwas von Wert zu werden?

Unruhig drehte er sich auf die Seite, seine Brust schmerzte dabei. Schmerzen, die er verdient hatte... er hatte noch viel mehr verdient als das stumpfe Ziehen und das leichte Brennen. Aiji drehte sich ein paar Mal hin und her damit er die Wunde spüren konnte, so oft bis er sich sicher war dass sie wieder aufgegangen war und den reinen Verband mit dunklem Blut beschmutzte.

Was Jun wohl sagen würde wenn er das alles wusste... ob er enttäuscht war? Nein sicher nicht, eigentlich war Jun nie wegen irgendetwas enttäuscht. Aiji wusste auch, dass er ihm keinen Vorwurf machen würde, trotzdem würde er sich vor ihm schämen. Abgrundtief.

"Jun... du hast vier Schutzengel, wusstest du das? Einen stillen Beobachter, einen intelligenten Kämpfer und seinen starken Bruder, die eine perfekte Einheit bilden und dich so gut beschützen können dass ich vollkommen überflüssig bin."

Das war es, er war überflüssig. Ob er da war oder nicht machte überhaupt keinen Unterschied.

"Oh, wirklich? Aber warum das denn?"

Er verstellte die Stimme leicht, versuchte wenigstens ansatzweise Juns jungenhaften, klaren Ton zu treffen, doch alles was er hörte war seine eigene, kratzige, tiefe und langweilige Stimme. So langweilig, wie der Rest von ihm.

"Weil du in Gefahr bist... weil es so viele gibt, die deine reine Seele haben wollen. Mich eingeschlossen..."

Jetzt würde Jun lachen und ihn fragen was er damit meinte.

"Deine Seele ist... unbeschreiblich, wenn ich dir nahe bin dann kann ich sie förmlich spüren, ich fühle wie sie dich umgibt und alles um dich herum in helles, warmes Licht taucht, und ich will auch dazu gehören, ich will auch in dieses Licht gehüllt sein. Deswegen will ich dich schützen. Aber ich kanns nicht, lustig oder? Ich nutze deine Seele aus, ich bade in dem Gefühl dass du mir gibst, das von dir ausgeht, und ich kann dir nichts zurück geben. Gar nichts..."

Ein frischer Schwall von Selbsthass erfasste ihn, spülte das leichte, sarkastische Lächeln von seinen Lippen. Was war das denn für ein Leben? Kein Mensch, kein Wächter. Zu sehr auf Jun angewiesen um einfach zu gehen, zu unnütz um zu bleiben. Und selbst wenn er gehen könnte, wohin sollte er denn? Die einzige Person, zu der er hätte gehen können, war tot. Verloren weil ein bestimmter Wächter seine Pflicht nicht erfüllt hatte, ausgelöscht vor so vielen Jahren.

Er wollte so etwas nie wieder erleben, wollte nicht so ein unfähiger Wächter sein wie er. Er würde ihm zeigen, wozu er fähig war, er würde...

Nichts würde er, er konnte nichts. Er hatte keine Kräfte, er war technisch gesehen nur ein normaler unbedeutender und schwacher Mensch. Nicht mehr.

Er war nicht in der Lage, einen geliebten Menschen zu schützen. Das schien wohl in der Familie zu liegen...
 

~
 

Konzentriert starrte Yoshiki auf den Bildschirm, tippte stetig und arbeitete im Kopf härter als sein ruhiger Ausdruck verriet. Die fremdartige Präsenz hatte er schon wahrgenommen als er das Büro betreten hatte, aber so lange Toshi noch im Raum war wollte er nichts sagen, er wollte seinen Freund nicht beunruhigen.

"Wird das ein Geduldsspiel?"

"Wenn es eines wäre, hättest du verloren."

"Spiele dieser Art sind recht unamüsant..."

"Das stimmt..."

"Fragst du mich gar nicht was ich möchte?"

"Nein, du wirst es mir schon selbst sagen oder?"

"Deine Weisheit ist beinahe erschreckend... ebenso wie deine Selbstsicherheit belustigend ist."

"Danke, wenn das aus deinem Mund kommt ist das ein Kompliment, nicht wahr?"

"Ich pflege keine Komplimente zu machen."

"Ich dachte es mir schon..."

Eine Weile herrschte Stille in dem Zimmer, indem Yoshiki alleine saß und Berichte abtippte. Sich der Präsenz des zwiespältigen Spions stets bewusst legte er großen Wert darauf, keinerlei Ausdruck von Gefühlen zuzulassen.

"Du bist sehr unvorsichtig... du weißt dass ich hier bin und trotzdem versuchst du nicht all diese Informationen vor mir zu verbergen."

"Warum sollte ich, das was du weißt hilft dir sowieso nicht, habe ich Recht?"

"Es amüsiert mich nicht wirklich."

"Das denke ich mir... wie geht es Mana?"

"Dein Gegenstück erfreut sich körperlicher Gesundheit und geistiger Abhängigkeit."

"Also alles wie immer..."

"Nicht ganz. Er bereitet sich vor."

Nachfragen wäre zwecklos. Darauf wartete Juka nur, aber Yoshiki hatte nicht vor ihm diesen Gefallen zu tun. Er hatte mindestens genau so viel Geduld wie der unsichtbare Spion.

"Ich spüre ein ungewöhnlich hohes Maß an Zuversicht..."

"Seltsam, dabei erfüllt mich im Moment nur Gleichgültigkeit."

"Nun, das wird sich sicher ändern... Dein Gegenstück hat die Schwachstelle in deiner kleinen Verteidigung gefunden. Wenn einer der beiden Türme fällt, stehst du im Schach."

"Hm... ich wüsste nicht warum meine Figuren in Gefahr sind."

"Weil unter weißer Farbe manchmal schwarze Schatten lauern."

Die letzten Worte verhallten und ließen Yoshiki in einem unangenehmen Meer aus Zweifeln und Unsicherheit zurück. Juka war verschwunden, er hatte erreicht was er wollte, er hatte ihn mit einem Rätsel allein gelassen von dem ungeahnt viel abhing. Er durfte sich nicht zu viele Gedanken über dessen Lösung machen sonst würde er wahnsinnig werden, aber er durfte Jukas Worte nicht vergessen. Es war ein Hinweis, aber er war zu klein um ihn zu verstehen.

Sicher würde nach einer Weile noch mehr kommen, offenbar fand Juka Geduldsspiele doch nicht ganz so uninteressant.
 

~
 

Immer wieder fuhr Takeo sich mit den Händen durch das Gesicht und blinzelte. Er durfte nicht einschlafen... egal was passierte, er musste wach bleiben. Am liebsten würde er aufstehen und herumlaufen, aber dadurch würde er Jun sicher wecken. Und das wollte er auch nicht.

Im halbdunklen konnte er nur die Umrisse von Juns Gesicht erkennen, der schmale Lichtstreifen der durch die Vorhänge fiel erleuchtete den Raum gerade gut genug um die feine Linie halbwegs zu erkennen, die Juns Profil von der Dunkelheit abhob. Aber auch mit geschlossenen Augen hätte er ihn sehen können, hätte genau gewusst wo er war. Das unsichtbare Licht, das beinahe blendend weiß von ihm ausging, verriet ihn überall. Und genau das war die Gefahr, nachts mehr denn je. Das Kraftfeld, das Takeo um die Wohnung errichtet hatte würde zwar Seelenfresser und schwächere Dämonen davon abhalten an Jun heran zu kommen, aber es erregte auch ihre Aufmerksamkeit. Er spürte die Gegenwart von einigen schwachen Geistern, die seit geraumer Zeit um das haus schlichen und nach einem Eingang suchten. Es ging keine ernsthafte Gefahr von ihnen aus, selbst Takeo würde sie zerstören können, sollten sie es wirklich ins Haus schaffen. Trotzdem würde er sich keine Ruhe gönnen, seine Konzentration lag einzig und allein auf dem Kraftfeld und auf Jun, der ahnungslos neben ihm lag und schlief.

Die Versuchung war groß, sich einfach ein kleines Stück seiner Seele zu nehmen... nur ein winziges Stück, dem Verlangen und der erregenden Anziehungskraft für einen Moment nachgeben... ein einziges Mal die vollkommene Reinheit kosten.

Aber er würde es nicht tun, er hatte sich noch nie an Juns Seele vergriffen. Er wusste, dass Aiji dieser Versuchung nicht immer gewachsen war, selbst Kirito hatte einmal diese Schwäche zugelassen. Lediglich Kohta schien von dieser verführenden Anziehungskraft unbeeindruckt, er hatte kein Mal erkennen lassen wie sehr auch ihn dieses Verlangen packte wenn er Jun zu nah kam. Aber diese Gier war da, wie bei ihnen allen. Kohta schaffte es einfach am besten sie zu unterdrücken.

Takeo war ein paar Mal kurz davor gewesen sich etwas zu nehmen, Aiji hatte ihn ein mal davon abgehalten. Dabei stahl er sich ab und an selbst ein Stück... Es schadete Jun nicht, er merke es nicht einmal, aber es war einfach falsch. Es war nicht ihr Job ihn auszunutzen.

Leise murmelnd drehte Jun sich um, seufzte im Schlaf und lachte dann leise.

Selbst im Schlaf legte er seine Persönlichkeit und seine angeborene Fröhlichkeit nicht ab. Es fiel Takeo schwer ihn nicht anzustarren, er wusste dass die Versuchung nur noch größer werden würde.

Leise stand er auf, deckte seinen Freund kurz wieder zu und tapste dann ins Wohnzimmer.

Er brauchte kurz eine Auszeit von dieser blendenden Seele.
 

~
 

Glasige Augen, aus denen unentwegt bedeutungslose Tränen rannen starrten ihn an, als er den leeren Körper aufhob und aus dem Zimmer trug. Er war jetzt viel leichter als vorhin, nicht vom Gewicht, sondern von der Bedeutung her. Alles was an Sinn und Hoffnung in diesem Mädchen gewesen war hatte Mana gnadenlos und restlos ausgesaugt, in kürzester Zeit den Geist aufgesogen und den Körper somit vollkommen wertlos gemacht. Er würde von innen heraus verrotten, es gab keine Medizin dafür. Dass das Mädchen wirklich bis auf den letzten Rest leer gesaugt worden war, zeigte Manas tatsächliche Verzweiflung und seine unstillbare Gier. Es war ein weiterer Beweis für das, was Közi schon seit geraumer Zeit befürchtete. Mana hatte seine Sucht nicht mehr im Griff, er war abhängig, vollkommen besessen von dem Geschmack der Reinheit. Mehr noch, er hatte sein Leben der Jagd nach der reinsten aller Seelen verschrieben. Er würde nicht ruhen bis er sie bekam, und die Reinste war gerade gut genug. Mit weniger gab er sich nicht zufrieden, es ging ihm nicht ums überleben, er wollte diese Seelen nicht fressen um des Fressens willen, er wollte das Licht zerstören und in pure Dunkelheit wandeln. Das Licht, das er so sehr hasste, die Reinheit die er verabscheute weil er sie selbst nicht besitzen konnte. Er brauchte helle Seelen zum Leben, aber er hasste sie auch. Je reiner und strahlender die Seele, desto größer sein Hass, desto unwiderstehlicher die Gier danach, sie zu besitzen.

Er wusste nicht wie lange er seinen Meister noch davor bewahren konnte, dem Wahnsinn endgültig zu verfallen. Aber er würde alles dafür geben, und sollte es seine eigene Seele kosten.

Közi trug das Mädchen den gang entlang und legte sie mit einer Behutsamkeit, die beinahe spöttisch wirkte, in die Arme eines gesichtslosen Dieners. Er würde sich um die Entsorgung kümmern. Közi hatte nun wichtigeres zu tun, es galt Mana Gäste zu ihm zu geleiten.
 

~
 

Unbehagen erfüllte ihn sobald sie das Anwesen betraten. Die Fahrt hierhin war schweigend verlaufen, der beste Trost den sie sich gegenseitig geben konnten war Stille. Reita warf Aoi einen flüchtigen Blick zu als er ihm die Treppe hoch in das Empfangszimmer folgte, in das sie von Közi geführt wurden. Sein Freund gab sein bestes sich die Unsicherheit und die blendende Angst nicht anmerken zu lassen, die ihn schon allein bei dem Gedanken an Mana erfasste, doch für Reitas wachsamen Blick lagen diese Emotionen offen und schutzlos auf Aois Gesicht.

Eigentlich müsste er es sein, der die größere Angst von Mana hatte, eigentlich müsste er vor ihm auf Knien kriechen und betteln, aber er tat es nicht. Nicht, weil ihm sein Leben egal war, das war es sicher nicht. Aber einer musste stark bleiben, und Aoi war zu kurz davor zusammen zu brechen unter der Last die Mana ihnen beiden aufbürdete, und so hatte Reita vor langer Zeit beschlossen den Part des starken zu übernehmen. Es war die einzige Möglichkeit Aoi zu unterstützen.

"Wenn Sie hier warten würden, Mana empfängt Sie gleich."

Ein kleiner Trick, eine sinnlose Spielerei. Mana wusste dass sie hier waren, er ließ sich bewusst Zeit. Aoi nickte Közi zu und setzte sich seufzend auf einen der verzierten Holzstühle. Reita blieb eine Weile stehen, dann ging er zum Fenster und sah hinaus. Es lag fast eine gewisse Ironie darin, dass dieser wunderschöne Garten zu diesem grausamen Ort gehörte...

"Reita... lass mich gleich reden ja?"

"Ich denke wir werden sicher beide besser nicht reden sondern zuhören..."

"Ja schon aber... du weißt wie ich das meine."

"Ja ich weiß... ist gut."

Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen als sich die Türe aufschob und Mana mit erhobenem Haupt und herrischem Blick eintrat. Aoi stand auf, Reita beeilte sich an die Seite seines Freundes zu kommen, blieb neben ihm stehen, ein Stück hinter ihm.

Közi blieb ebenfalls hinter Mana stehen, deutete dann auf die beiden Stühle gegenüber seines Herrn.

"Setzen Sie sich doch..."

Die beiden gehorchten vollkommen synchron, in einer tausend Mal gemachten und perfekt einstudierten Geste.

"Kommen wir gleich zur Sache. Dies ist die Akte über die Zielperson... hier die Daten über die Wächter. Sie sehen, dass sich bereits um zwei der Wächter gekümmert wird. Der dritte Wächter wird Ihre Aufgabe sein. Recherchieren Sie gut über Schwachstellen und Schwächen, Sie müssen auf Abruf bereit stehen, wir können nicht genau sagen wann wir Ihre Dienste brauchen."

Aoi war immer wieder von diesem Kerl fasziniert. Er schaffte es tatsächlich, das alles wie eine vollkommen legitime Geschäftsverhandlung dar zu stellen. So als würden sie hierfür bezahlt, als wären sie Angestellte oder Partner. Dabei war es in Wirklichkeit ganz anders, dabei hatten sie eigentlich keine Wahl. Langsam zog er die Akte zu sich heran und schlug sie auf, blätterte Seite um Seite weiter, nicht wirklich auf das Gerede von Közi achtend.

"...daher ist es notwendig dass Sie sich gut vorbereiten, denn wenn der Zeitpunkt gekommen ist müssen Sie so schnell wie möglich..."

Ein kaum vernehmbares Geräusch drang an Aois Ohr als er eine ganz bestimmte Seite aufschlug. Ein kurzer Seitenblick zu Reita reichte aus um die Sorge wie eine Welle über ihm zusammen schwappen zu lassen. Sein Freund war kreidebleich und starrte auf die Akte in Aois Händen, nur ganz kurz, aber lang genug um seine Aufmerksamkeit zu erregen - und Manas offenbar auch.

"Haben Sie ein Problem mit der Zielperson, Reita?"

Langsam hob er den Kopf und sah dieses Geschöpf an, dass die pure Dunkelheit hinter perfekter Schönheit verbarg.

"Nein..."

"Gut, dann besteht ja auch keine Gefahr für Sie, nicht wahr?"

Aois Blick durchbohrte Mana förmlich. Am liebsten würde er aufspringen und ihm den überlegenen Blick aus den Augen kratzen, aber er würde nicht einmal ein einziges Wort dazu sagen können. Die Gefahr war zu groß, er musste schweigend mit ansehen wie Mana Reita anstarrte, ihm vielleicht in Gedanken Dinge und Bilder zeigte, die ihm Angst einjagen sollten, so wie er es mit ihm schon so unzählige Male getan hatte.

Er hatte diesen Gedanken noch nicht zu ende gedacht, da sah Mana ihn an. Aoi erstarrte, ein leises Keuchen entkam seinen Lippen als sich für den Bruchteil einer Sekunde ein Bild vor seinem inneren Auge auftat. Das selbe Bild dass er immer ertragen musste wenn Mana ihn daran erinnerte, wo sein Platz war. Das selbe schreckliche Bild... einen winzigen Augenblick sah er wie ein Körper zerfetzt wurde, hörte einen verzweifelten Schrei den er als seinen eigenen erkannte, sah wie eine Gestalt zu Boden sank..

"Das war soweit alles. Wenn Sie mir nun folgen würden..."

Mit einer ausladenden Geste deutete Közi den beiden an ihm zu folgen. Ohne zu zögern kamen sie der Aufforderung nach.
 

~
 

"Guten Morgen!"

Juns extrem gut gelaunte Stimme hallte in Kiritos Ohren schmerzhaft wieder und er verzog grummelnd das Gesicht. Die letzte Nacht war nicht gerade erholsam gewesen, Sorge und nervtötender, ziehender Schmerz im Bein hatten ihm kaum Ruhe gelassen.

"Morgen."

Mehr Gruß bekam Jun vorerst nicht von ihm, Kirito wollte schlecht gelaunt sein. Mürrisch ließ er sich auf das durchgesessene Sofa fallen und beobachtete Aiji und Takeo dabei wie sie sich leise unterhielten und Jun seine Gitarre stimmte. Kohta war wie immer noch nicht hier, und zum ersten Mal machte es Kirito wirklich wütend. Er hatte keine Schicht, er müsste schon längst hier sein. Wenn er verschlafen oder die Probe gar vergessen hatte würde er was erleben!

Er hatte diesen Gedanken noch nicht zu ende geführt, als er seinen Bruder hörte. Auch Takeo schien ihn zu vernehmen denn er deutete Aiji mit einer kleinen Handbewegung still zu sein.

Jun zupfte vollkommen Ahnungslos an seiner Gitarre herum

"Ich hol mir nen Kaffee...bin gleich wieder da."

Kirito verließ den Raum in müder Ruhe, doch sobald er die Türe hinter sich geschlossen hatte, rannte er los. Den Gang entlang, zum Hinterausgang raus und die Straße entlang. Er konnte es bereits spüren bevor er Kohta sah.

Die Präsenz des Unterdämons.

"Takeo... ein Schutzfeld. Und beschäftige Aiji!"

"Er ist dir schon hinterher gelaufen...."

Die Gedankenverbindung brach ab, die Entfernung wurde zu groß. Dafür kam er Kohta und Miyavi immer näher, er konnte das elektrische Knistern in der Luft spüren, es reizte seine Nerven und verursachte eine Gänsehaut. Er lief schneller, in den Zorn über diesen unverschämten Kerl mischte sich große Sorge um seinen Bruder. Der Kampf hatte bereits begonnen...

"Ach komm schoooon, du bist ja wirklich langweilig!"

Miyavi saß in der Seitenstraße oben auf einer Feuerleiter und flippte Kohta immer wieder Erdnüsse gegen den Kopf. Er grinste und wandte den Kopf zur Seite als Kirito hinzutrat. Kohta, der die ganze Zeit über an der Wand gelehnt da gestanden hatte und Miyavi ab und zu einen Warnschuss verpasst hatte, sah seinen Bruder kurz an um abzuschätzen was dieser vor hatte.

"Ah, der Spatz is auch da! Fehlt ja nur noch die unfähige Missgeburt."

Kirito ließ den Blick nicht von dem breit grinsenden Dämon weichen als er immer näher kam und sich dann neben Kohta stellte, die Hände leicht seitlich von sich gestreckt und bereits die nötige Energie für einen Angriff sammelnd.

"Machen wir hier Schluss?"

Ein knappes Nicken war Antwort auf die Frage seines Bruders und keine halbe Sekunde später entluden sich ihre Kräfte gemeinsam gegen den nervtötenden Dämonen. Die Hauswand bebte leicht, die Gitterstäbe der Feuerleiter schepperten und brachen schließlich auseinander, an der Stelle an der sie getroffen wurde glühte das Metall. Miyavi lachte, er war geschickt ausgewichen und hockte nun über ihnen auf dem Dach. Kohta sah sich um, die einzige Möglichkeit auf da Dach zu kommen hatte er sich gerade verbaut als sie die Feuerleiter zerstört hatten. Er musste die Leiter des nächsten Hauses nehmen, und dann vom einen auf das andere Dach springen. Kein Problem, aber verdammt zeitaufwändig.

Doch es war gar nicht nötig, Miyavi zu folgen.

In dem Moment als Kohta eine wohl bekannte Präsenz wahrnahm, die sich schnell näherte, kam Miyavi mit einem gewagten Sprung vom Dach runter. Er landete behände wie eine Katze auf allen Vieren und richtete sich dann grinsend auf.

"Echt, für diesen Aili solltet ihr euch mal ne Leine anschaffen."

"Ich heiße Aiji, du dämliches Arschloch!"

Für einen Moment hatte Kirito doch tatsächlich gedacht dass seine Laune auf dem Nullpunkt war, doch Aijis Auftauchen katapultierte sie in den Minusbereich.

"Wie auch immer..."

Miyavis Grinsen war eine groteske Mischung aus Freude, Ekel und finsterer Erregung, als er die Arme Theatralisch hob und dunkle Kraft sich sichtbar zwischen seinen Händen sammelte.

Ohne Zeit zu verlieren bereiteten die beiden Brüder sich auf eine Gegenattacke vor, Seite an Seite und als perfekte Einheit. Doch der Angriff von Miyavi blieb vorerst aus. Er blieb reglos stehen und starrte Aiji aus funkelnden Augen grinsend an.

"Was is mit dir, hast du etwa noch immer keine Kraft? Meinst du, der Streichelzoo hier kann mir was anhaben? Willst du denen nich lieber helfen?"

Auf ein unsichtbares Zeichen hin griffen sie an. Sie konnten nicht zulassen dass dieser dumme Dämon Aiji so provozierte, eine Kurzschlussreaktion ihres Freundes war nicht gerade das was sie brauchten. Miyavi schaffte es noch, seine Energie gegen Aiji zu schleudern, auszuweichen vermochte er nicht mehr. Die Macht von Eis und elektrisierter Luft traf ihn am ganzen Körper und er wurde mehrere Meter nach hinten geschleudert, krachte gegen eine Hauswand und sackte zu Boden. Staub und Mörtel bröckelte von der Mauer und die Mülltonne, die eben noch dort gestanden hatte war vollständig geschmolzen. Langsam öffnete er die Augen, sein ganzer Körper schmerzte und seine Fingerspitzen fühlten sich taub an.

Diese Kraft... es war unglaublich. Mana hatte in der Tat nicht übertrieben, das wusste er jetzt. Leider zu spät...

"Aiji!"

Kohta kniete sich neben seinen Freund, der wimmernd am Boden lag. Seine Klamotten waren zum Teil schwarz verkohlt, zäher Teer klebte an seinem Körper und seinem Gesicht. Er schien nur noch halb bei Bewusstsein zu sein.

"Kirito, Aiji ist verletzt!"

Sein Bruder reagierte nicht, er stand vor Miyavi, der keuchend am Boden lag. Er hatte gut Lust diese kleine Ratte hier und jetzt auszuschalten, ihn einfach auszulöschen. Aber er wollte zuerst ein paar Antworten haben.

"Wer ist deine Zielperson? Wie lautet dein Auftrag?"

Blutige Lippen schafften es frech zu grinsen.

"Was geht dich das an, Wellensittich?"

"Ich frag dich nur noch ein Mal."

"Ah gut, dann nervst du mich ja wenigstens nich..."

Langsam hob Kirito eine Hand, bläuliche Kraft sammelte sich augenblicklich und pulsierte im Takt mit seinem Herzschlag. Doch er kam nicht mehr dazu sie gegen den Unterdämonen zu entladen, ein heißer Schmerz schoss durch seinen Rücken und machte ihn bewegungsunfähig. Keine Sekunde später war Kohta da, schützte ihn vor dem was sich hinter ihm befand.

Eine dunkle Gestalt stand auf dem Dach, doch sobald Kohta sie halbwegs ausgemacht hatte, verschwand sie wieder. Die Präsenz war ihm dennoch bekannt...

"Közi...seit wann hat er denn Kräfte? Ich dachte er wäre ein Mensch?"

"Ist er auch..."

Matt sank Kirito in die Knie und stützte sich keuchend am Boden auf. In seinem Rücken steckte eine lange Nadel, die Kohta nun vorsichtig herauszog.

"Vergiftet?"

"Betäubungsmittel nehme ich an... ich..."

"Kirito! Ich kann dich nicht nach hause tragen!"

Die letzte Kraft die Kirito noch hatte reichte gerade aus um seine Gestalt zu verändern. Vorsichtig hob Kohta den schwarzen Vogel hoch, dann half er Aiji in eine halbwegs aufrechte Position.

"Aiji, reiß dich zusammen..."

Die Gasse die er nun verließ zeigte deutliche Spuren eines Kampfes der höheren Mächte.

Miyavi war verschwunden.
 

~
 

"Wie jetzt, keine Probe? Wo sind die anderen denn hin? Kirito wollte sich doch nur einen Kaffee holen oder? Langsam hab ich da Gefühl ihr verarscht mich, ich meine was soll das denn, da komm ich hier her und...."

Mit der Zeit lernte man, Juns Geplapper erfolgreich auszuschalten. Takeo war Meister darin. Gerade fiel es ihm sowieso nicht schwer, denn er hatte andere Dinge auf die er sich konzentrieren musste. Das Kraftfeld hatte er bereits aufgelöst, was ihn mehr beunruhigte war die plötzliche Stille in seinem Kopf. Weder die Präsenz seiner Freunde, noch die des Unterdämonen war spürbar. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht...

"Komm, wir fahren nach haus. Ich bring dich noch..."

Jun seufzte und packte sein Instrument wieder ein. Irgendwie kam ihm das ganze komisch vor, doch er sagte nichts. In letzter Zeit kam ihm so einiges komisch vor...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rabbid
2005-09-04T18:43:50+00:00 04.09.2005 20:43
weiter, weiter, weite~r
deine personenbeschreibung gefällt mir...
und von der idee bin ich imma noch hin und weg......*kicher*

hoffe es geht im selben tempo voran´, wie bisher......XD
*immer noch auf den auftritt von den fünf meistern warten tut ^-^*


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