Zum Inhalt der Seite

Fremde Welten (#1)

Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Seele des Magiers

Jipiiieee! Die Jubiläumsfolge!

Ich hab sie absichtlich etwas länger werden lassen, obwohl man zwei daraus machen könnte, aber ihr sollt ja zu diesem Anlass was zu gucken haben. :) Ich hoffe, dass ich tatsächlich noch nicht erklärt hatte, wie Mad die Amazone reingelegt hat, sonst sagt mir Bescheid.

Ansonsten lernt ihr Yugis Lehrin mal etwas näher kennen und ihr erfahrt endlich, ob noch jemand das Siegel auf Crimsons Rücken kennt. Und alles dazwischen ist hoffentlich recht witzig. Bitte entschuldigt, falls rechtschreiberische Schnitzer drin sind. Ich habe getan, was ich konnte, aber bei der Hitze kann ich schonmal was übersehen.

Eigentlich sollte Fremde Welten so langsam beendet werden, aber das sehe ich noch nicht. XD

Enjoy!
 

***
 

Welt des Blauen Lichts: Montag.
 

Fremde Welten 50: Die Seele des Magiers
 

Yugi Motou fehlte wieder. Misaki Morikawa nahm diese Tatsache kopfschüttelnd zur Kenntnis. Der Junge machte ihr Sorgen. Er war immer unauffällig und freundlich gewesen, aber seit dieser Sache im Klassenzimmer schien er ein ganz anderer Mensch zu sein. Sie fand sogar, dass er sich äußerlich verändert hatte, konnte aber nicht sagen, wieso ihr das auffiel. Aber das bildete sie sich wahrscheinlich nur ein, vielleicht hatte er die Haare etwas anders.

Jedenfalls ließ ja sein Benehmen in letzter Zeit zu wünschen übrig. Er prügelte sich und fehlte dauernd. Sie wollte ihm ja nichts unterstellen, aber das fiel schon auf. Sie kannte andere Schüler, die den Schulbesuch auch nicht ganz so ernst nahmen. Aber sie wollte kein vorschnelles Urteil fällen, es konnte schließlich gut sein, dass er noch unter den Folgen seiner Kopfverletzungen zu leiden. Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass Seto Kaiba, Thea Gardner und Ryou Bakura schwindelten... bei Joey Wheeler und Tristan Taylor schloss sie das nicht ganz aus; das waren besonders dicke Freunde von Yugi und außerdem selber dafür bekannt, Raufbolde zu sein.

Yugis Veränderung hatte ja auch seine guten Seiten – seine Rechenkünste waren ganz erstaunlich, warum hatte er ihr das bisher nicht gezeigt?

Heute lag der Lehrerin noch kein Entschuldigungsschreiben von Yugis Großvater vor, aber wahrscheinlich bekam sie das morgen. Zunächst einmal machte sie sich darüber keine weiteren Gedanken, sondern fuhr mit dem Unterricht fort.
 

Als die letzte Stunde zu Ende war, die sie an diesem Tag in jener Klasse hatte, trat die Gruppe um Seto Kaiba – Gardner, Wheeler, Taylor und Bakura – an sie heran, angeführt vom besagten Firmenchef. Nebenbei bemerkt wunderte Misaki sich, dass er noch die Schule besuchte, aber vielleicht brauchte er das. Seltsam war auch, wie gut der verschlossene Junge sich jetzt mit Yugis Freunden verstand. Wie dem auch sei...

Kaiba räusperte sich ernst. „Frau Morikawa... wir waren nicht ganz ehrlich zu ihnen. Yugi Mutou hat mehr Probleme, und von anderer Art, als Sie ahnen.“

Ja, das hatte sie sich auch schon überlegt, aber jetzt fragte sie sich unwillkürlich, ob Yugi vielleicht bedroht wurde oder so... oder eine schwere Krankheit hatte. Vielleicht familiäre Probleme? Etwas mit dem Großvater? Er war ein alter Mann, vielleicht---

„Wir möchten Sie bitten mitzukommen,“ fuhr Kaiba fort. „Dann erklären wir Ihnen alles.“

oh, damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. Aber sie wollte durchaus wissen, was los war, daher nickte sie, packte ihre Sachen und folgte den Schülern. Nebenbei kam sie in den Genuss, einmal in Kaibas Limousine fahren zu können – das wünschte sich ja fast jeder hier an der Schule, seit das Fahrzeug regelmäßig zu sehen war.

Die fahrt ging ganz wie erwartet zum Spieleladen, über dem die Familie Mutou wohnte. Die jungen Leute gingen wie selbstverständlich hinein und begrüßten den alten Herrn mit „Opa“.

Misaki kannte Herrn Mutou. Er kam immer zu den Elternabenden. Sie schüttelte ihm die Hand und sah sich neugierig um... vielleicht kaufte sie nachher ein paar Karten von Duel Monsters. Jedoch wollte sie eigentlich nicht, dass ihre Schüler davon erfuhren, dass sie spielte. Das war ihr peinlich.

„Kommen Sie...“ Thea winkte sie durch eine Hintertür aus dem Laden in den Wohnbereich. Die anderen waren schon vor ihnen. Sie erreichten das Wohnzimmer, wo es nach Tee und Keksen roch.

Yugi erhob sich vom Sofa. Bei seinem Anblick fasste Misaki sich an den Mund vor Schreck. Wie sah der denn aus? Und warum? Zuerst dachte sie, es sei eine misslungene Theaterbemalung, die nicht mehr ab ging, doch es sah so... echt aus! Rote Schuppen, krallenartig verlängerte Fingernägel, mit denen er ihr sehr vorsichtig die Hand schüttelte...

„Frau Morikawa, ich bin froh, dass Sie es einrichten konnten...“ Er gestikulierte zum Sofa, und sie setzte sich. Yugis Freunde hatten ihre Taschen abgestellt und setzten sich auch dazu. Thea verteilte den Tee. Kekse waren zur Selbstbedienung.

Wieder fand Misaki, dass Yugi anders aussah... irgendwie erwachsener, aber das lag vielleicht an dem roten Zeug... „Was hat das zu bedeuten?“ erkundigte sie sich streng. „Ist das ein Scherz?“ In dem Fall hätte sie ihn nicht witzig gefunden.

Sechs junge Gesichter sahen sie ruhig und ernst an. Yugi holte tief Luft und begann seine Geschichte: „Ich bin eigentlich gar nicht Yugi Mutou...“

Was dann folgte, war... nun, wie beschrieb man es am besten? Haarsträubend bis unglaublich. Aber doch widerum gerade wegen seiner Unwahrscheinlichkeit glaubwürdig, denn wer dachte sich sowas aus, noch dazu in einer ganzen Gruppe? Da musste man schon viel auswendig lernen können, und zumindest Wheeler traute sie das nicht zu, doch er beteiligte sich fleißig an der Erzählung. Kaiba kommentierte sachlich. Die anderen ergänzten hier und da etwas.

Am Ende war sie darüber informiert, dass der richtige Yugi in einer ominösen Parallelwelt feststeckte und sein Freund hier Dinge mitbekam, die er erlebte, seit sich Yugi und Ryou Bakura geprügelt hatten. Ach nein, nicht geprügelt, sondern duelliert unter seltsamen Bedingungen... und der Weißhaarige war auch... schizophren?

Misaki schüttelte den Kopf, denn so schnell kam sie gar nicht mit. „Äh... nochmal von Anfang, ja?“ Dies hatte auch einen weiteren Sinn: Wenn die Schüler sich jetzt was anderes ausdachten, würde sie es merken... jedenfalls in etwa.

Aber nein... sie wirkten zwar etwas genervt, berichteten aber noch einmal haargenau das gleiche. Sie wussten sogar auf alle Fragen eine Antwort. Und zwar einstimmig. Sowas konnte man sich ja unmöglich ausdenken... Als Yugi ihr dann noch erlaubte, seine Schuppen zu untersuchen und zu berühren, konnte sie nichts mehr einwenden.

„Warum erzählt ihr mir das alles?“ hakte sie schließlich nach.

Yugi Mutou – oder dieser Geist in Yugis Körper; Masaki beschloss, einfach bei Yugi zu bleiben – zuckte mit den Schultern. „Ist doch klar... weil Sie ja langsam sonstwas von mir denken mussten, und ich wollte nicht, dass sie bald auch noch denken, ich wäre ein Schulschwänzer.“

Das zumindest war einleuchtend und kam der Wahrheit sehr nahe, hatte sie doch tatsächlich schon die Möglichkeit in Betracht gezogen.

„Und was ist mit... dieser anderen Persönlichkeit von dir, Ryou?“

Der Weißhaarige grinste ganz uncharakteristisch. Sahen seine Haare anders aus als vorher? Ach was... die hatten wohl einen Windstoß abbekommen. „Das bin ich,“ sagte er. „Aber diesen Teil müssen Sie nicht verstehen, Fräulein.“

„Frau!“ verbesserte Misaki, ohne nachzudenken. „Ich bin verheiratet und habe einen kleinen Sohn! Er wird nächsten Monat vier!“

„Ohohohoooh“! Das war Herr Mutou. Er musste wohl seinen Laden kurz mal geschlossen haben. „Besuchen Sie uns doch mal im Laden, meine Dame!“

Den alten Mann hatte sie ja schon ab und zu mal gesehen, er war eigentlich wohl ein ganz netter Zausel, aber, wenn er wollte, auch sehr ernst. Ein Großvater eben.

„Wie ich sehe, wurden Sie bereits mit den Tatsachen konfrontiert,“ sagte er jetzt, wobei sein Lächeln vollständig aus seinem Gesicht verschwand. Er setzte sich ihr gegenüber auf einen Sessel und bekam von Thea eine Teetasse in die Hand gedrückt. „Ich zähle auf ihre Mithilfe, Frau Morikawa. Der Pharao gibt sich Mühe, aber im Moment... nun ja, sehen Sie ja.“

Er konnte echt gruselig sein, wenn er so war. Wie der Boss eines Syndikats. Misaki konnte nicht anders, als das irgendwie... cool zu finden. Sie räusperte sich. „Herr Mutou, sie können diese abenteuerliche Geschichte demnach bestätigen?“ Nicht dass sie noch groß was dagegen sagen konnte, bei DIESEN offensichtlichen Beweisen...

„Natürlich... ich habe das schließlich alles miterlebt, wie Sie ja erfahren haben...“

„Aber machen Sie sich denn gar keine Sorgen, Herr Mutou? Ich meine, wenn Yugi... äh...“ Sie schaute verwirrt zu dem anderen, der für sie Yugi war. „Also, wenn Yugi in dieser anderen Welt ist...“ Hatte sie das wirklich gesagt, statt ihn für geisteskrank zu erklären? Vermutlich hatte sie ihre Kindheit doch nicht so ganz hinter sich gelassen. Zuviel Duel Monsters.

Herr Mutou lächelte. „Wir haben uns im Moment vor allem darum gesorgt, dass Yami in der Schule... nun ja... einen falschen Eindruck hinterlässt.“

Oh, ja, so nannten sie ihn. Yami. „Nun... es war in der Tat schwierig für mich, nicht die falschen Schlüsse zu ziehen,“ räumte Misaki ein, da sie lieber nicht verriet, was sie sich schon so alles überlegt hatte. Ratlos nippte sie an ihrem Tee.

Der alte Mann fing nun an zu berichten, wie er diesem anderen Yugi Nachhilfe in Englisch gegeben hatte, oder wie er ihn mitten in der Nacht mit Kopfschmerztabletten versorgt hatte... alles passte zu den Geschichten der jungen Leute. Misaki musste das alles wohl glauben.

„Na gut... sagte sie schließlich. „Haltet mich einfach auf dem Laufenden, ja? Yugi... ich erwarte, dass du deine Hausaufgaben machst und den Stoff nacharbeitest, ich bin sicher, dass deine Freunde dir dabei helfen...“ Im Grunde musste sie ja bewundern, wie eng der Zusammenhalt in der Gruppe war. Das gab es nicht so oft.

Jetzt war der Gesprächsstoff irgendwie verbraucht, wurde von ihr erwartet, dass sie sich verabschiedete? Doch das erschien ihr irgendwie nicht richtig, also blieb sie erstmal still sitzen.

„Es ist auf jeden Fall gut, dass Sie versuchen, uns zu glauben!“ lächelte Yugi verlegen. Diese Schuppen sahen einfach zu krass aus.

„Wir könnten ihnen Ja noch mehr erzählen, aber besser, Sie wissen nicht, dass manchmal das Schicksal der Welt vom Kartenspiel abhängt,“ meinte Joey.

„Ja, dieser Verrückte, der letztens in Battle City...“ begann Tristan, wurde aber von Theas Ellenbogen gestoppt.

„Das interessiert Frau Morikawa bestimmt nicht!“ zischte das Mädchen.

„Äh... doch, warum nicht? Darauf kommt es ja jetzt auch nicht mehr an,“ meinte sie und versuchte, ihre Neugier zu verbergen. Wenn man Duel Monsters spielte, hatte man ja doch ein wenig Fantasie aus der Kindheit behalten, und sie hätte zugeben müssen, wenn man sie gefragt hätte, dass die Geschichten sie nun schon interessierten – zumal jeder wusste, dass Yugi Mutou der amtierende Champion war. Naja, jeder, der eine Duel Disk zu Hause hatte... ähem. Täuschte sie sich oder sah Kaiba gerade wissend zu ihr rüber? Sie war leider in Battle City nicht weit gekommen, wohl aber gerade ausreichend qualifiziert gewesen, um teilzunehmen.

Die Jungs stürzten sich auf die Gelegenheit und redeten munter drauflos. Herr Mutou saß breit lächelnd dabei, während Thea noch mehr Tee machte und neue Kekse holte. Bald tauchte Mokuba Kaiba auf und beschwerte sich, dass er nichts von Seto gehört hatte. Kurz darauf war er Teil des Gesprächs. Der Nachmittag gestaltete sich nun überraschend angenehm...
 

***
 

Crimson und Paladia hatten ein Tier von der Größe eines Kaninchens erlegt und brieten es über einem Feuer. Yugi und Appi waren eingeladen. Es war das erste Mal, das Yugi praktisch sah, was er aß. Zum Glück erkannte er das Tier von keiner Karte wieder. Er schaute weg, während Crimson es fachmännisch ausnahm. Paladia verschlang einen Teil der Innereien. Eklig! Aber für die Amazone schien es eine Delikatesse zu sein. Was nicht essbar war, gaben sie den Drachen oder Vögeln, die sich im Lager aufhielten.

Crimson verstand sich offensichtlich nicht nur auf das Kochen von Tränken und Backen von Brot, sondern war wohl generell ein Hobbykoch. Er würzte das Fleisch mit Kräutern, die er während der Jagd gefunden hatte. Was er noch alles in der Zeit gemacht hatte, blieb mal dahingestellt, denn die beiden hatten sich ziemlich viel Zeit gelassen.

Letztendlich bekamen Yugi und Appi ein heißes Stück Fleisch in die Hand gedrückt, und sie hatten inzwischen solchen Hunger, dass sie glaubten, es sei das Beste, was sie je gegessen hatten. Es war wirklich gut geworden.

„Eine weitere Karrieremöglichkeit!“ kommentierte Appi.

Yugi zuckte zusammen, das war wirklich taktlos. Doch Crimson nahm es gelassen und lachte.

Das Fleisch reichte gerade für die vier, deshalb hatte der Weißhaarige wohl auch sonst niemanden eingeladen. Aus dem Lager beklagte sich auch niemand darüber. Es war sowieso Aufbruchstimmung. Viele Krieger reisten bereits ab, obwohl es wohl eigentlich üblich war, die Versammlung mit einem großen Festschmaus zu beenden, doch dafür war die Situation einfach nicht geschaffen.

Als sie nur noch Knochen übrig hatten, erhob Crimson sich. „Ich muss los. Jungs, will bei Einbruch der Nacht ankommen. Sagt den anderen, dass ich zur Burg komme, sobald ich durch Genesis' Bibliothek durch bin.“

Die Amazone sah ihm unwillig nach, als er sich entfernte, aber sie versuchte nicht, ihm zu folgen. Möglicherweise hatten sie schon darüber gesprochen.

„Viel Glück...“ rief Yugi, da ihm nichts besseres einfiel.

Paladia nahm die Knochen und vergrub sie in der Nähe. „So zeigen wir unseren Respekt gegenüber dem Wesen, das für uns gestorben ist,“ erklärte sie den beiden verwunderten Jungen. „Entschuldigt mich, ich muss jemanden finden, mit dem ich mitfliegen kann...“ Sie entfernte sich.

Die Jungen blieben noch kurz sitzen und ließen das Essen sacken, doch dann wurde es Zeit zum Aufbruch. Yugi und seine Freunde wollten noch am Abend die Feenburg erreichen, damit sie nicht im Dunkeln fliegen mussten.

Kurz vor dem Abflug gesellte sich Mad zu Appi und Yugi. Ein blauhaariges Mädchen war bei ihm, doch er wirkte etwas geknickt. „Hey ihr beiden... habt ihr meine Tochter Eria kennen gelernt?“

„Wir hatten noch nicht das Vergnügen,“ verneinte Yugi, obgleich er nur von sich sprechen konnte, denn er hatte ja lange geschlafen.

Mad legte einen Arm um ihre Schulter, während er sie einander vorstellte. „Eria, das sind Yugi und Appi, von denen ich dir erzählt habe.“

„Hallo...“ Das Mädchen wirkte leicht verunsichert, jedoch mochte das andere Ursachen haben. Erstens hatte sie ein schlimmes Erlebnis hinter sich und nun war sie in Gefahr, ihrem Vater weggenommen zu werden, wie man hörte.

„Mad, ist alles in Ordnung?“ erkundigte Appi sich. „Ich hab dich vorhin mit dieser Amazone gesehen... Rohka. Ihr habt euch anscheinend gestritten...“

[Das war wohl, während ich geschlafen habe,] dachte Yugi.

„Rohka besteht darauf, dass Eria mit ihr zu den Amazonen geht und dort in den Kampfkünsten unterrichtet wird. Dann soll sie entscheiden, ob sie dort bleiben oder als Magierin weiterleben will.“

„Aber... das eine schließt das andere doch nicht aus!“ wandte Appi ein.

„Die Amazonen haben eine Shamanin, die sie unterrichten könnte.“ Mad war wirklich am Boden. Er schien sie schon aufgegeben zu haben.

„Oh. Und was wird aus dir?“ hakte Appi nach. „Wirst du bestraft?“

Yugi stand mehr oder weniger als Beobachter daneben, denn er kannte die Bräuche der Amazonen nicht und auch nicht, wie ein solcher Fall sonst so gehandhabt wurde.

„So etwas ist noch nie vorgekommen,“ murmelte Mad. „Es gibt keine Beispielfälle, die man zu Rate ziehen könnte. Doch es kam schon vor, dass den Amazonen Kinder gestohlen wurden. Sie haben die Schuldigen aufgespürt und vernichtet, sagen ihre Legenden. Ich habe den Amazonen ein weibliches Kind vorenthalten, das ist sogar noch schlimmer. Rohka hat mich darüber aufgeklärt, dass ich nur deshalb noch lebe, weil es grausam gegenüber dem Kind wäre, mich zu töten.“

„Was? So schlimm...?“ Yugi blieb der Mund offen stehen, damit hatte er nicht gerechnet. Amazonen waren wohl sehr rabiat.

„Wie konntest du überhaupt einer Amazone vorgaukeln, dass das Kind ein Junge ist?“ wollte Appi wissen.

Mad seufzte, als ob ihn das in letzter Zeit jeder fragte. „Wir waren zusammen unterwegs. Als Rohka spürte, dass es bald soweit war, suchten wir ein Gasthaus auf. Es war eine schwere Geburt und Rohka war sehr schwach, deshalb dauerte es eine Weile, ehe sie das Kind sehen konnte. Sie war zunächst für ein paar Stunden bewusstlos. Da boten mir die Wirtsleute an, eine Frau zu benachrichtigen, die mit ihrer Familie ganz in der Nähe einen Hof hatte. Sie hatte zufällig am Tag zuvor einen Sohn geboren und konnte Milch abgeben. Ich nahm den Vorschlag an und passte auf den Jungen auf, während die Frau sich um Eria kümmerte. In der Zwischenzeit hatte ich bemerkt, dass ich mein Kind nicht hergeben wollte. Ich hatte sie in den Armen gehalten, mich um sie gesorgt... ich hatte so gehofft, dass es ein Junge wird, ein Magier. In meiner Fantasie hatte ich mir die Zukunft bereits ausgemalt; darin hatte die Vorstellung, dass es eine Amazonentochter wird, die ich ab und zu besuche, keinen Platz. Und als Rohka aufwachte und ihr Kind sehen wollte, hatte ich eine Eingebung: Ich zeigte ihr den Sohn jener Frau und behauptete, er sei unser Kind. Sie stillte ihn einmal, doch sie hatte nur wenig Milch. In der Nacht verschwand sie und ließ einen Armreif für ihren vermeintlichen Sohn zurück. Der richtigen Mutter des Jungen verschwieg ich, dass Rohka eine Amazone war, und die Wirtsleute hatten es nicht bemerkt. Ich behauptete, sie hätte mich sitzen lassen. Niemand bekam je diesen Armreif zu Gesicht. Ich blieb dort, bis Eria feste Nahrung essen konnte, und kehrte dann zur Burg Drachenfels zurück. Auch dort erzählte ich, dass die Mutter das Kind nicht wollte. Ich belog alle... sogar Eria.“

„Dann war es... eine Kurzschlusshandlung?“ fasste Yugi zusammen.

Mad nickte. „Die Gelegenheit ergab sich... und ich schlug zu. Doch das hatte lauter Lügen zur Folge und Jahre der Angst, dass es auffliegt. Eigentlich bin ich fast froh, dass das vorbei ist. Ich war noch jung und voreilig... heute würde mir sowas nicht mehr einfallen... glaube ich...“

Eria seufzte hörbar. „Ich sollte vielleicht sauer sein, weil ich meine Mutter all die Jahre nicht kannte, aber ich mache mir auch Sorgen um meinen Vater. Die Amazonen wollen über ihn Gericht halten. Auch wenn ich mich sehr freue, dass ich meine Mutter kennen gelernt habe, kann ich nicht so für sie empfinden wie für ihn... Außerdem bin ich zwar neugierig auf das Leben der Amazonen, aber ich habe mich jetzt darauf gefreut, bei Crimson zu lernen...“

„Das zumindest sollte kein Problem sein, der ist ja auch ne halbe Amazone und ist zur Zeit mit dieser Paladia zusammen,“ wandte Appi ein. „Höchstens dieses Siegel ist etwas unpraktisch...“

„Er darf nicht mein Lehrer sein, wenn er keinen Zugriff auf seine Kräfte hat,“ bestätigte Eria. „Aber wir haben schon vereinbart, dass sein Vater solange offiziell mein Lehrer ist. Dann muss ich nicht mehr in diese blöde Schule. Ich geh da nur noch meine Sachen und Gigo holen.“

„Fragen dich die Amazonen eigentlich auch mal, was du eigentlich willst?“ fragte Yugi kritisch. „Willst du denn zu denen?“

Eria zuckte mit den Schultern. „Also... ich bin ja schon neugierig. Aber ich glaube nicht, dass ich eine Amazone werden will... Crimson kann mir coole magische Sachen beibringen! Ich gehe wahrscheinlich zu den Amazonen, damit meine Mutter zufrieden ist. Aber wenn es mir da nicht gefällt, können sie mich nicht zwingen.“

„Hey, wo bleibt ihr denn?“ Mystic kam auf sie zu. „Wir wollen los.“

„Ja, klar, wir kommen gleich,“ versprach Yugi.

Sie mussten also das Gespräch unterbrechen. Yugi und Appi reisten wie immer auf Schattensturm, die Mitreisenden auf verschiedenen anderen Drachen und geflügelten Wesen.

Die Amazonen kamen natürlich samt Paladia wieder mit, ebenso Burstinatrix und Avian, und sogar Haryielle, also – wenn man Eria mitzählte – alle vier Frauen, die zusammen mit Crimson dem Drachen geopfert worden waren. Die Harpyie hatte eine Weile überlegt, ob sie die anderen Schwärme benachrichtigen sollte. Sie glaubte, dass ihr eigener nicht mehr existierte. Doch sie entschied, dass die Harpyien in ihrem geschwächten Gesamtzustand lieber nicht in diese Sache hineingezogen werden sollten, da sie gegen den Drachen auch im Nachteil waren. Eher noch konnten die Feen etwas ausrichten. Die Freunde verstanden ihren Entschluss. Harielle wirkte ziemlich pessimistisch, aber sie wollte helfen.

Auch die beiden Gilfords begleiteten die Gruppe. Sie hatten einen gigantischen Drachen... den Chaos Imperator Drachen. Seltsam, Yugi hatte erwartet, dass Black Luster auf einem imposanten Drachen wie ihm reiten würde, aber der mächtige Krieger war nicht zu sehen. Aber vielleicht war er schon aufgebrochen, ohne dass sie es gesehen hatten. Schattensturm hob ab, und Yugi hatte von da an wichtigeres zu tun, denn er hatte noch immer Probleme, keine Angst vor dem Fallen zu haben.

Zum Glück war der Flug an sich ereignislos, abgesehen davon, dass die einzelnen Reisenden sich einen Spaß daraus machten, sich gegenseitig zu überholen. Dachte Yugi jedenfalls zuerst, doch nach einer Weile fiel ihm auf, dass ein bestimmtes System dahinter steckte und dass Schattensturm, ob nun von selbst oder durch Appis Einwirken, auch mitmachte. Offenbar flog jeder mal ganz vorne, und rückte dann wieder nach hinten, so dass jeder mal den Windschatten hatte. Wie bei Zugvögeln. Bisher war Yugi noch nicht in Formation gereist, aber er war ja auch mit besonders vielen Leuten unterwegs.

Es wurde doch etwas spät, ehe sie bei der Burg eintrafen. Es war eine ziemlich große Gruppe, die ankam, daher mussten sie in Etappen landen. Sobald Schattensturm aufsetzte, sprangen seine Reiter von ihm herunter und er machte sich klein, damit die nächsten Platz hatten. Yugi und Appi räumten schnell das Landefeld und achteten nicht weiter darauf, was hinter ihnen passierte. Sie hatten eigentlich schon wieder Hunger, aber sie waren auch ziemlich müde. Sie und viele der anderen Mitreisenden gingen in den großen Saal in der Hoffnung, dass sie dort noch etwas zu essen bekamen. Um diese Zeit war das eigentliche Mal schon beendet, aber sie bekamen noch eine einfache Malzeit. Bei der Gelegenheit wurden die Feen über das zu erwartende Problem informiert. Yugi und Appi bekamen nicht mehr mit, ob Weaver etwas dazu sagte, denn sie zogen sich gleich zurück und gingen schlafen.

In ihrem angestammten Zimmer stellten sie überrascht fest, dass Dark und Blacky in ihrer Katzengestalt zusammen in ihrem Bett schliefen. Appi freute sich, dass seines unberührt war, und machte sich sogleich darin breit. Yugi schob die Katzen vorsichtig etwas an die Seite und legte sich dazu. Er streichelte die beiden automatisch, bekam zwei Schnurren zur Antwort und schlief bei dem Geräusch ein, während er im Unterbewusstsein noch Appis Schnarchen mitbekam.
 

Am Morgen darauf waren alle schon früh auf den Beinen, denn es lag eine gewisse nervöse Spannung in der Luft, die auch diejenigen weckte, die sonst länger geschlafen hätten. Das galt auch für Yugi und Appi. Die beiden nahmen ihr Essen vom überfüllten Speisesaal mit aufs Zimmer, da es ihnen dort gemütlicher vorkam und weil sie den Katzen eine Kleinigkeit bringen wollten. Es war gar nicht einfach zu entscheiden, ob sie etwas wählen sollten, was eine Katze mögen würde, oder etwas, das einem Magier geschmeckt hätte. Letztendlich gab es Fleischstückchen und pflanzliche Milch. Musste wohl sowas wie Soja sein.

Dark und Blacky erhoben sich schwerfällig und tapsten zu den Schälchen, die Yugi ihnen hinstellte. Er und Appi setzten sich auf die Fensterbank und aßen da, obwohl der Raum auch ein Tischchen hatte, aber sie wollten rausgucken können.

Draußen standen auffällig viele Feen Wache. Auch in der Luft sah man sie kreisen und den Himmel absuchen. Doch die Flieger schauten auch nach unten, denn der Drache konnte im Tiefflug herankommen. Es war klar, dass Sorc wahrscheinlich einige weitere Streitkräfte mitbringen würde, denn mit dem Drachen allein würden sie sonst womöglich noch fertig werden, wenn sie sich auf ihn allein konzentrieren konnten.

Als die Jungs fertig waren und das Zimmer verlassen wollten, schlossen sich ihnen die beiden Katzen an, was sie doch ein wenig überraschte, aber sie hatten natürlich nichts dagegen. Dark und Blacky trabten neben ihnen her auf den Hof, wo sie sich in der morgendlichen Sonne – soweit man davon sprechen konnte – lang hinstreckten. Blacky schnappte nach Darks Schwanz, der sich leicht bewegt hatte.

Während Appi mit Yugi auf den Fersen herum ging und fragte, ob es etwas Neues gab, tauchte in einiger Entfernung ein Amazonenvogel auf. Er näherte sich, und bald war zu erkennen, dass es Crimson war, der ihn ritt. Er landete den Vogel, sprang von seinem Rücken und gähnte herzhaft. Yugi fiel ein deutlich sichtbares Bissmal an seinem Hals auf, zumal er danach Ausschau hielt.

„Crimson, wie ist es gelaufen?“ fragte er den Magier... oder wie auch immer er ihn jetzt bezeichnen sollte.

Crimson schüttelte nur den Kopf und winkte ab. „Nichts... Genesis kennt seine Bücher so gut wie auswendig. Er suchte alle raus, wo etwas drinstehen könnte, alle, bei denen er unsicher war und alle, die vielleicht einen Hinweis enthielten, wo man nachsehen könnte. Er schloss viele sofort aus, beauftragte aber seine Frauen, dennoch nachzusehen. Am Morgen waren wir mit einigen durch und er meinte, ich solle euch lieber helfen, statt meine Zeit zu verschwenden, er würde weiter suchen. Da hat er wohl auch Recht... ich kann euch Tränke brauen oder sowas.“

Yugi fühlte Besorgnis in sich aufsteigen. Crimson wirkte weniger zuversichtlich als gestern. Er hatte dieses fiese, charakteristische Grinsen nicht mehr im Gesicht. Anscheinend hatte er sich von Genesis' Beständen viel erhofft. Möglicherweise mehr als von den Büchern im Kristallschloss, mit denen Shiro wohl noch beschäftigt war. Vielleicht hatte er auch anfangs den Ernst seiner Lage falsch eingeschätzt oder schlicht und einfach verdrängt.

„Ich geh ne Runde schlafen... sonst habe ich gar keinen Nutzen, weil ich im Stehen einschlafe...“ murmelte er.

Als er über den Platz schlenderte und schon fast das Gebäude erreicht hatte, sprang Dark plötzlich auf, rannte ihm nach und strich ihm um die Beine. Crimson blieb überrascht stehen. Er ging in die Hocke und streichelte den Kater. „Dark? Was soll der Quatsch?“

Dark rieb sich an seiner Hand und schnurrte wie ein Trecker. Yugi war etwas näher heran getreten. Er spürte etwas, aber erst nach einigen Sekunden ging ihm auf, dass es das Echo einer telepathischen Unterhaltung zwischen den beiden war.

„Du willst mich verarschen,“ sagte Crimson.

Dark maunzte anklagend. Inzwischen hatte sich auch Blacky erhoben, schlurfte eher lustlos zu den beiden hin und setzte sich. Er fing an, sich zu putzen.

„Jaja, das geht vielleicht,“ seufzte Crimson kurz darauf. Anscheinend zog er es vor, in Worten zu antworten, während Dark das in seiner Gestalt ja nicht konnte. Er nahm wieder eine aufrechte Position ein und ging weiter auf den Eingang zu. Die Katzen folgten ihm.

„Die haben's wohl auch nicht nötig, uns einzuweihen, was?“ kommentierte Appi.

„Vielleicht mögen sie es einfach, mit jemandem im Bett zu liegen, weil es dann wärmer ist,“ spekulierte Yugi wenig ernst. „Sie werden uns schon alles erklären, wenn sie es für richtig halten.“

Appi zuckte mit den Schultern. „Und was machen wir jetzt?“

„Keine Ahnung... aber so langsam stinkt es mir, dass wir immerzu irgendwo sind und darauf warten, dass Sorc uns attackiert!“ Yugi verschränkte eingeschnappt die Arme. „Wir müssen ihn ausfindig machen und erledigen, sonst geht das ewig so weiter.“

„Naja... das finde ich ja auch, aber wir haben im Moment schlechte Karten, solange Dark und Blacky in diesem Zustand sind.“ Appi fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. „Weißte was? Ich werde ein bisschen an meiner Sense arbeiten.“

„An was? Ach so!“ Das war wohl das Ding, das Appi von Lord Genesis mitgebracht hatte. „Eine Sense? Wozu brauchtst du denn sowas?“

Appi lachte verlegen, als wäre ihm das nur rausgerutscht. „Siehst du ja dann, aber ich will keine Zuschauer. Bis später!“ Der Blonde ging mit federnden Schritten davon.

Yugi blieb etwas ratlos allein zurück, aber es war ja nicht so, als wäre er auf Appis Gesellschaft angewiesen. Er beschloss, sich unter den Kriegern und Feen umzusehen. In gewisser Weise war es ja auch entspannend, mal alleine unterwegs zu sein, statt immer jemanden am Hacken kleben zu haben.

Er suchte die Gärten auf, weil er sich davon die meisten Entspannung versprach.Während er herum ging, fiel ihm die große, rothaarige Gestalt von Black Luster auf. Dann war er also doch mitgekommen. Umso besser, das beruhigte Yugi doch. Der mächtige Krieger war gerade damit beschäftigt, ohne Waffen und nur in Trainingskleidung in die Luft zu boxen, was Yugi an Tai-Chi erinnerte. Der Ort war günstig dafür: Mehrere Bänke aus Stein standen am Rand um einen runden Platz von vielleicht vier Metern Durchmesser herum, der schon so aussah, als sei er für kleine künstlerische Darbietungen oder so etwas geschaffen. Die Steine auf dem Boden waren zu einem Strahlenmuster angeordnet, das aber wahrscheinlich reine Zierbedeutung hatte. Außen darum herum befanden sich Blumenbeete und Sträucher. Mehrere Frauen – sowohl Amazonen als auch Feen – saßen auf den Bänken oder standen dahinter und himmelten Black Luster an.

[Meine Güte, macht er das absichtlich? Naja er sieht schon verdammt gut aus...] Yugi ging näher ran, aber keineswegs, um ihn ebenfalls zu bewundern. Ihn interessierte eher, wie der Krieger auf die ganze Aufmerksamkeit reagierte. Manche waren ja doch sehr arrogant. Das war ihm bisher nicht so vorgekommen, aber man konnte sich täuschen.

Als Blacky, der Krieger, Yugi sah, hielt er inne und lächelte ihm entgegen. „Ah, mein lieber Junge! Wie geht es dir denn heute? Ich fand deine Vorstellung auf dem Berg äußerst faszinierend!“

Der Junge war überrascht. „Wirklich?“ Er selbst erinnerte sich, dass er fast die Kontrolle über diese animalische Seite von sich verloren hatte, was ihm Angst machte, wenn er im Nachhinein darüber nachdachte, deshalb vermied er diese Gedanken.

„Blacky, du darfst dein Training nicht unterbrechen!“ rief eine junge Fee von den Zuschauerrängen. Die anderen stimmten ihr nickend und rufend zu.

Der Krieger drehte sich galant um. „Keine Sorge, meine Damen!“ Er lächelte dieses strahlende Lächeln, bei dem Yugi immer schwören konnte, dass seine Zähne blitzten wie im Film. „Ich habe mich doch kaum angestrengt... meinem Körper schadet eine kleine Pause nicht.“

Die Zuschauerrinnen schmolzen dahin. Was war an seinen Ausführungen nur so toll?

Blacky nahm Yugi zur Seite. „Yugi, du bist eine Berühmtheit, alles spricht von deiner Verwandlung in Slifer! Du solltest dir ein passendes Benehmen angewöhnen!“

„Hä?“ Das traf natürlich auf Unverständnis beim Avatar. „Wie meinst du das?“

„Na, du bist ziemlich klein, also halt dich besonders gerade!“ Luster rückte seine Schultern zurecht. „Breaker hat erzählt, dass du beim Duellierverein warst – du solltest dir ein Kostüm entwerfen lassen, in dem man dich wiedererkennt, dann kann der Zeichner in deiner Welt das vielleicht sogar übernehmen! Und wie wäre es... mit einem unverkennbaren Lächeln?“ Er führte seins vor, und diesmal war Yugi ganz sicher, dass seine Zähne aufblitzten. Aber wie ging das, wenn es hier gar keine Sonne gab? Oder jedenfalls keine, die direkt zu ihm durch kam.

„Äh... hast du was an deinen Zähnen? Einen... Glitzerstein oder so?“ Yugi kam sich blöd vor, aber es gab ja Menschen, die sich kleine Zierplättchen auf ihre Zähne kleben ließen.

„Ahaaa, du hast es bemerkt!“ grinste Blacky. „Ist ein ganz einfacher Lichttrick, willst du es lernen?“

„Wie bitte? Äh, also... nein, ich glaube, das passt nicht zu mir...“

„Ach komm, dir verrate ich es gerne. Vielleicht wirst du mal größer und von Frauen umlagert... dann musst du dem auch gerecht werden!“

„Na also, ich glaube nicht, dass... Oh, du hast da was...“ Yugi deutete auf Blackys rechten Oberarm, der ja von seiner Trainingskleidung nicht bedeckt wurde. „Sieht aus wie... Schuppen?!“

„Oh, ja...“ Blacky griff danach und zupfte den Bereich ab. Schien ganz leicht zu gehen. „Passiert manchmal... hier, willst du sie haben? Alchemisten sind ganz scharf darauf!“

Yugi nahm die Schuppen entgegen. Sie waren getrocknet wie alte Haut, von grünlicher Farbe und fühlten sich hart an. Er konnte drei Stück unterscheiden, die zusammenhingen. Skeptisch blickte er zu dem Krieger auf, dann auf seine eigenen Schuppen. „Aber... wie kann das...“

Luster grinste strahlend. „Muss ich DIR das erklären?“ Er lachte gutmütig. Der weibliche Fanclub blieb zurück in der Hoffnung, dass er gleich wiederkam.

Yugi war bei sich selbst nicht aufgefallen, dass er Schuppen verlor. Vielleicht verschwanden sie auch wirklich nur. Er zog aus Lusters Worten so seine Schlüsse und fragte nicht weiter nach, weil er nicht für blöd gehalten werden wollte.

„Können wir Sorc schlagen?“ fragte er statt dessen. Die Frage war irgendwie auch nicht die hellste, aber ihm fiel nichts besseres zu sagen ein.

„Den Drachen können wir zumindest in Schach halten, und je nachdem, was er sonst noch anschleppt, müssen wir eben unsere Strategie anpassen,“ winkte der Größere lässig ab. „Keine Sorge, es gibt immer eine Lösung.“

„Aber angeblich ist eine Lichtfee mit ihm fusioniert, so dass er gar nicht mehr angreifbar ist...“

„Nichts und niemand ist unbesiegbar.“

Das sagte der Krieger so, als schlösse er damit sich selbst mit ein, und das konnte Yugi ja nur bestätigen, schließlich hatte er bei Duel Monsters auch schon unbesiegbar erscheinende Gegner geschlagen.

„Wie geht’s deiner Wunde?“ wurde er nun gefragt.

„Ach die...“ Yugi hatte sie kaum noch gespürt, während er auf etwas anderes konzentriert gewesen war. Sie war gut verbunden worden. „Naja, ich weiß nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich mich gleich wieder verwandeln kann, wenn der Angriff kommt...“

„Geh lieber zu den Heilern und lass danach sehen. Die können sie vielleicht auch gleich wegheilen,“ riet Luster ihm.

Yugi nahm das als Gelegenheit, sich zu verabschieden und ihn wieder seinen Anhängern zu überlassen. Er verschwendete keine Zeit mehr, sondern ging direkt zu den Heilern. Da hätte er ja auch selbst drauf kommen können! Aber genau genommen hatte er ein wenig Angst davor, sich wieder zu verwandeln. Er wurde dann immer sich selbst fremd. Wie machte Black Luster das nur? Ging es ihm auch so?
 

Drei Stunden später verließ Yugi den Heilertrakt. Seine Wunde war zu einer kleinen, ziehenden Stelle zusammengeschrumpft, die aussah, als wäre sie zwei Wochen alt. Es war zur Hälfte die Wirkung von Heiltränken und Salbe und zur Hälfte das Werk eines Feenheilers, der das mit seiner Magie erreicht hatte. So fühlte er sich viel sicherer, aber die Furcht blieb. Bei den Heilern hatte er nebenbei bemerkt auch die Schuppen gelassen. Die zuständige Fee war ganz verrückt danach gewesen. Yugi hatte ihr das Material gerne überlassen, aber eigentlich hatte er vorgehabt, es Crimson zu geben. Naja, nächstes Mal vielleicht.

Inzwischen hatte er schon wieder Hunger und suchte sich im großen Saal einen Snack. Irgendwie war da immer was los, und immer gab es irgendwelche Leute, die aßen und ihm etwas anboten. Er hatte noch nicht herausgefunden, wo die Küche war, falls er mal anders nichts mehr fand. Kuriboh kam angeschwirrt und wollte kuscheln. Yugi ließ sich das gerne gefallen, hauptsächlich deshalb, weil er nicht wusste, was er sonst machen sollte. Alle Leute, die er gut kannte, waren außer Gefecht, beschäftigt oder nicht aufzufinden. Magi hatte er zum Beispiel lange nicht mehr gesehen.

Auf der anderen Seite hatte Yugi auch keine Lust, die ganze Burg nach seinen Freunden abzusuchen, da wartete er lieber, bis er jemanden zufällig traf. Und da war er ja hier genau richtig, denn hier kam jeder irgendwann mal hin. So begegnete ihm nach einer Weile Neo, der ein bisschen schwitzend, aber auch zufrieden aussah.

„Hey, Yugi! Ganz alleine? Ich hab mit dem neuen Schwert trainiert, es ist wie für mich geschaffen!“ rief der Magier ihm schon von weitem zu. Besagte Klinge hing auf seinem Rücken.

„Oh, das freut mich für dich,“ antwortete Yugi ehrlich und zog ihm einen Stuhl zurück. „Appi scheint auch eine neue Waffe zu haben, die muss er aber wohl noch bearbeiten...“

„Etwa dieses Geschenkt von Genesis?“ Neo setzte sich und nahm sich von einem Brot, das in einem Korb auf dem Tisch lag. „Naja, ich hoffe, das ist nichts Seltsames. Appi ist so anders, seit er bei dem Vampir war... Inzwischen habe ich gehört, dass Genesis sich wohl ganz gerne mal einen hübschen Jüngling oder eine holde Maid vornimmt... die Feen reden mehr oder weniger mit Abscheu über ihm, was mir ganz natürlich erscheint, schließlich ist er ein Unterweltler... oder Zombie, weiß ich nicht genau. Naja die Typeneinteilung ist eh nicht immer so passend. Zombies stelle ich mir hirnlos vor. Jedenfalls habe ich mit einigen Leuten gesprochen seit Appis selbstbewussten Auftritt hier, da hat ja auch jeder mitbekommen, wo er vorher war... manch einer hat mich gefragt.“

„Ah, ja...“ Du liebe Zeit, Genesis erfreute sich wohl einer gewissen Berühmtheit, wenn auch nicht unbedingt im positiven Sinne. Yugi war neugierig geworden. „Was redet man denn so?“

Neo kaute, zeigte aber schonmal an, dass er was zu sagen hatte und schluckte schnell. „Also, es heißt, dass der Lord kein Kostverächter ist, und es soll Leute geben, die zu ihm gehen und sich ihm hingeben, weil es dafür irgendeine Belohnung von ihm gibt, eine mysteriöse Gabe oder seltene Artefakte... das wissen wohl nur die, die dabei waren. Appi hatte nicht nur dieses Ding dabei, sondern er konnte die seltsame Dunkelheit im Wald durchblicken, als wir gingen, oder?“

Yugi nickte. „Ja, stimmt, er war ganz fasziniert, sobald wir nach draußen kamen. Aber das kam doch von dem Biss, oder?“

„Ja, soweit ich weiß, schon.“

„Es gibt bei mir zu Hause viele Geschichten, in denen ein Biss von einem Vampir einen auch zum Vampir macht, aber das ist nicht zwangsläufig so. Und hier bei euch ist eh alles anders. Wenn Genesis jemandem eine Gabe verleihen kann, dann wäre es doch nahe liegend, dass es durch den Biss passiert, nicht wahr?“

„Naja, schon...“ Neo kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Aber er ist so verändert! Ich habe wirklich Angst, dass er beeinflusst wurde oder irgendwie umgekrempelt.“

„Warum fragst du ihn nicht einfach mal? Oder Crimson, der war vorhin bei Genesis, um seine Bibliothek zu durchsuchen, aber jetzt hat er sich schlafen gelegt... Er hat ein Bissmal am Hals.“

Der Blonde fuhr zu Yugi herum. „Was, der auch?“

„War nicht das erste Mal, wenn ich das richtig mitbekommen habe, aber genauer nachgefragt habe ich nicht.“

„Ich geh sofort hin!“ Neo sprang auf und vergaß sein halb gegessenes Brotstück. „Ich muss wissen, was mit meinem Bruder los ist!“

„Aber Neo, Crimson schläft! Er muss sich ausruhen!“ Yugi lief Neo nach, als dieser aus dem Saal marschierte. Kuriboh schwebte hinterher, was gut war, denn sie kannten den Weg zu Crimsons Zimmer gar nicht...
 

***
 

Crimson freute sich über die Ruhepause. Normalerweise machte ihm eine durchwachte Nacht nicht viel aus, aber er war wohl noch von den jüngsten Ereignissen etwas mitgenommen. Da passte es ihm nicht so recht in den Kram, dass Dark ihn gebeten hatte, etwas von seiner Magie nutzen zu dürfen. Woher wusste der Kerl, dass das ging? Oder wollte er einfach ausprobieren, ob es klappte? Jedenfalls hatte er Crimson angeboten, ihm zu helfen, konnte die Zeichen seines Siegels angeblich entziffern. Das hatte den Magier dazu veranlasst zuzustimmen, auch wenn Dark sein ärgster Rivale war. Rivalität war schließlich nicht gleich Feindschaft. Und wenn er dafür das verdammte Siegel los wurde, konnte Crimson noch viel weiter als bloß über seinen Schatten springen. Er entschied stets so, dass es das kleinere Übel für ihn war... wie kürzlich, als er sich nicht gegen Malice gewehrt hatte, um nicht noch weiter gedemütigt zu werden. Er wollte lieber nicht mehr daran denken.

Er wäre wohl noch lange grübelnd wach geblieben, wenn Dark nicht seine Kraft angezapft hätte. Crimson merkte, dass es funktionierte, und musste zugeben, dass er staunte, weil der andere Magier das in Katzengestalt schaffte. Durch die Aktion wurde er zugleich ruhiger und konnte schließlich schlafen.

Als es an der Tür donnerte, weil jemand wie irre dagegen schlug, kam es ihm vor, als wäre keine Minute vergangen. „Wer stört?“ rief er unwirsch. „Kann man hier nicht mal eine Weile seine--- Waaaaah!“

Seine Schimpftirade brach in einem Aufschrei ab, dann polterte er seitlich aus dem Bett. Zu sehr hatte er sich erschrocken, denn neben ihm lag ein Mann. Das war an sich nichts Schlimmes, aber es gab Männer, die er nicht im selben Bett haben wollte, und er war sicher, dass er keinen mitgenommen hatte. Naja, nicht im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Tür öffnete sich, aber Crimson achtete nicht darauf. Er rappelte sich schon wieder hoch. „Dark! Verdammt, was soll das?“ Im Gegensatz zu seinem Rivalen hatte er selbst zumindest sein Amazonenröckchen noch an, wenn auch nicht das Oberteil.

Dark schaute schwerfällig gähnend an sich herunter. „Oh... entschuldige, Crimson, ich verwandle mich im Schlaf zurück, wenn ich genug Energie hab...“ Er griff neben sich, wo Blacky noch immer in Katzengestalt zu ihm hoch blinzelte. Mit der anderen Hand zog er die Decke über seine Blöße, was Crimson zum Anlass nahm, sich zur Tür umzudrehen.

„Yugi, was gibt es denn so Wichtiges? Neo, hast du so bescheuert geklopft? Ich hoffe, wir werden angegriffen, sonst gleiche ich deine Größe Yugis an!“ Yugi stand etwas versetzt hinter Neo, daher verdächtigte er den Blonden.

„Ich will wissen, was mit meinem Bruder passiert ist!“ fuhr dieser ihn an.

Mit dieser Antwort hatte Crimson nicht gerechnet und wusste auch nichts damit anzufangen, ehe er einige Fakten in seinem Kopf ausgewertet hatte. Das dauerte im Moment bei ihm etwas länger als sonst. „Dein Bruder? Ach, du meinst Appi! Und was soll ihm passiert sein? Etwa bei Genesis? Mann, der hatte kürzlich eine Erleuchtung, was sonst? Spiel dich nicht so auf, bloß weil der Kleine ein Stück größer geworden ist!“ Was er eher symbolisch meinte, aber man hatte bei dem Lehrling echt den Eindruck, als sei er gewachsen.

„Rede nicht so über meinen Bruder!“ plusterte Neo sich weiter auf. „Warum ist er so verändert? Was hat er mit ihm gemacht?“

Crimson fand das lästig. „Er ist ein Vampir, rate doch mal!“ Er legte seinen Kopf etwas auf die Seite, so dass sein eigenes Bissmal zu sehen war, falls der Heißsporn es vorher noch nicht entdeckt hatte. „Tür zu.“ Er wartete, bis seiner Anordnung Folge geleistet worden war und niemand mehr auf dem Gang lauschen konnte. Dann setzte er genervt zu einer längeren Erklärung an, doch wieder einmal wurde er unterbrochen. Dieses Mal von Dark.

„Crimson, während du erzählst, könntest du dich doch aufs Bett setzen, so dass ich das Siegel sehen kann, ja? Hallo Yugi übrigens, und hallo Neo.“

Yugi lief um das Bett herum, umarmte den Magier und knuddelte die Katze Blacky. „Dark, ich freue mich, dass du wieder... naja normal bist? Bist du doch, oder?“

„Weitestgehend. Noch etwas müde. Crimson war sehr hilfreich.“

Besagter Weißhaariger reckte trotzig das Kinn vor, verschränkte die Arme und schnaubte nur, enthielt sich aber eines Kommentars. Er setzte sich auf die andere Bettkante mit dem Rücken zu Dark und zog seine Haare allesamt nach vorne.

„Was denn für ein Siegel?“ wollte Neo wissen.

Der hatte von der ganzen Sache anscheinend noch gar nichts mitgekriegt, das sah ihm mal wieder ähnlich. Crimson verdrehte die Augen und ließ ihn gucken. War ja nicht so, als hätte er ein Problem damit oder gar ein Trauma! Er doch nicht!

„Sorc hat seine Magie damit gebannt,“ hörte er den Knirps sagen, was bei Neo zumindest ein geschocktes Einatmen auslöste. Na danke.

Der Blonde hielt erstmal die Klappe und ließ Dark das Siegel untersuchen. Crimson bedauerte, dass er kein einziges Gesicht sehen konnte, er hätte gerne einen Anhaltspunkt gehabt, was sie gerade dachten. Aber sie befanden sich jetzt alle hinter ihm.

Dark rückte näher an ihn heran und berührte seinen Rücken mit einer Hand. Crimson war darauf vorbereitet, umso mehr ärgerte er sich, als er trotzdem zusammen zuckte. Die Angst saß ihm doch noch in den Knochen. Verflixt!

Eine Weile sagte Dark nichts dazu, dann: „Erklär mir, wie Malice und Sorc das gemacht haben.“

Crimson schloss für einen Moment des Sammelns die Augen. „Malice hat es mit einem Dolch eingeritzt und Tatoofarbe draufgetan, damit es sichtbar bleibt. Ich glaube nicht, dass man das einfach rückgängig machen kann… er hat gesagt, dass außer ihm niemand weiß, wie es zu brechen ist.“

„Einfach vielleicht nicht…“ Darks Blick auf seinem Rücken war fast spürbar. „Aber vielleicht mit viel Fingerspitzengefühl.“ Der Magier strich vorsichtig über die tätowierten Stellen. „Man kann hier und da ein paar Zeichen ergänzen, andere verändern… dann verliert die Formel ihre Bedeutung. Natürlich kann man auch einfach alles wegbrennen… aber das wäre zu schmerzhaft und dafür ist die Farbe auch zu tief.“ Seine Stimme klang anders, und auch wieder nicht. Es war seine, aber sie hatte einen fremdartigen Tonfall angenommen. „Würdest du zulassen, dass ich es tue?“

Er sagte tun, nicht versuchen, nahm Crimson zur Kenntnis. „Du bist dir ja deiner Sache sehr sicher.“

„Ich kenne dieses Ritual. Man kann damit auch Teile der Kräfte von jemandem wegsperren. Normalerweise ritzt man es aber nicht in die Haut, außer man will den Betreffenden wirklich für immer zeichnen. Es gibt verschiedene Varianten, je nach Bedarf.“

Crimson schnaufte wieder. „Toll. Weißt du, was der Kerl gesagt hat? Man muss es nicht so machen, aber er hat unter anderem Erfahrung mit sowas… Ich glaube es hat ihm Spaß gemacht.“

„Hmmm...“ machte Dark nachdenklich. „Yugi und Neo, würdet ihr bitte draußen warten? Ihr könnt auch Blacky mitnehmen...“

„Ähm... ist gut.“ Yugi nahm die Katze auf den Arm und ging als Erster zur Tür. Neo folgte unter Protest. Er wollte seine Information auf jeden Fall noch kriegen.

Crimson war froh, dass er nun mit Dark alleine war. Er wollte nicht, dass alle mithörten, was man über seine Erlebnisse und die weiterführenden Maßnahmen zu besprechen hatte. Er wollte nicht bemitleidet werden oder vor Zeugen Schwäche zeigen. Schlimm genug, wenn Dark es mitbekam. Und wenn der ihm wirklich helfen konnte, würde sich das kaum vermeiden lassen. Sie kannten einander auch zu gut, als dass er ihm etwas hätte vormachen können.

„Dark… woher weißt du etwas über diese Sachen? Dieser Malice sagte, er käme aus Ägypten.“ Crimson spürte noch immer die Hand seines Rivalen auf dem Rücken. Die Hand war sanft; er fragte sich, ob sie so auch immer Blacky berührte. Sein Rücken war momentan sehr empfindlich, doch Dark verursachte ihm keine Schmerzen.

„Ich bin mit dem Pharao verbunden – auf mehr als eine Art. Ich glaube, zu dem Thema existieren mehrere Gerüchte…“

Crimson drehte sich ungläubig um. „Stimmt es, dass du die Seele eines Menschen besitzt?“

Dark lächelte geheimnisvoll „Besitzen ist das falsche Wort. Manchmal kommt seine Persönlichkeit in mir hoch, aber es ist nicht so, dass ich dann nichts mitkriege – also es ist nicht vergleichbar mit Yugi, wenn er Yami seinen Körper überlässt. Eher wie… eine andere Seite von mir selbst. Ich war sein Ka, eine Manifestation seiner Seele… niemand weiß ganz genau, was das bedeutet.“

Crimson verzog angewidert das Gesicht, aber nicht wegen Dark. „Mann… ich hoffe, ich bin nicht das Ka von diesem Arcana… und vor allem will ich nicht mit dem verschmelzen!“

Dark lachte leise. „Mach dir keine Sorgen…das würde dich kaum verändern.“

Crimson beschloss, das mal als gut gemeinten Spott zu werten, und kam wieder zum eigentlichen Thema zurück. „Also... musst du mir auch was in die Haut ritzen?“ Seine Schultern sackten etwas nach vorne. Das wollte er nicht! Aber es war wohl unvermeidlich, wie Darks Nicken gleich darauf anzeigte.

„Ich muss es möglichst so machen wie Malice, mit Farbe und allem. Am besten wäre, wir hätten die gleichen Materialien. Aber etwas Gleichwertiges wird auch reichen.“

Crimson schloss erschaudernd die Augen und bemühte sich, seine unbewusst zu Fäusten geballten Hände zu entkrampfen. Dark war die einzige Person im ganzen Schattenreich, vor der er sich keine Blöße geben wollte – obwohl es ihm sonst egal war, ob er vor Schmerzen schrie. „Kann man nicht einfach quer über das Symbol einen Schnitt machen oder einen Teil wegbrennen?“ Das würde er auch ohne die Hilfe seines Rivalen schaffen.

Doch Dark schüttelte entschieden den Kopf. „Es ist zu tief in deinem Fleisch, wie ich schon sagte. Außerdem ist es magisch auf deinen magischen Kräften verankert, was sich nicht ändern würde, indem man das rituelle Symbol beschädigt. Im Gegenteil, wenn es beschädigt wird, ist es schwieriger, es zu neutralisieren, weil es dann eben nicht mehr funktioniert... aber immerhin wirkt. Klingt verwirrend, ist aber so... Stell dir ein Türschloss vor, das sich nicht öffnen lässt, weil das Schlüsselloch verformt ist.“

Der Vergleich war gut verständlich. Crimson zog es vor, einfach nur zu nicken.

„Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der dir helfen kann,“ murmelte Dark, und es klang wieder nach dem Dark, den er kannte. Keine Schadenfreude schwang in der Stimme mit. „Ich weiß, dass dir das widerstrebt. Aber ich bin auch nicht scharf drauf.“

Crimson schaffte ein Lächeln. „Irgendwer muss dir ja auf die Nerven gehen... also sag mir einfach, wann du es machen kannst.“

„Ich muss solche Tatoofarbe besorgen... oder hast du welche da?“

„Ich könnte welche herstellen, wenn mir mein Vater mit seiner Magie hilft.“

„Sie ist nicht magisch... die Farbe dient wahrscheinlich nur dazu, dich zu ärgern.“

„Oh...“ Crimson seufzte. „Was habe ich diesem Malice getan, dass er mir das antut?“

Das wusste Dark natürlich auch nicht. „Vielleicht ist er einfach nur... irre. Stell die Farbe her und wähle ein paar Leute aus, die dich halten können... es sei denn du möchtest, dass ich das mache.“

Crimson dachte darüber nach. „Mach du das. Nimm niemanden, der mich kennt. Ich wüsste nicht, wen ich fragen sollte... meinem Vater möchte ich das nicht zumuten, er würde es vermutlich nicht über sich bringen. Und... besorgst du auch ein passendes Messer und so?“

„Ich mach das schon,“ versicherte Dark und drückte ermutigend seines Rivalen Schulter. „Aber ich weiß nicht, ob ich jemanden finde, der dir völlig fremd ist. Ich suche einfach Leute aus, die mit der Situation umgehen können und nicht spotten werden. Stell die Farbe her, in der Zwischenzeit werde ich sicher auch mit meinen Vorbereitungen fertig sein. Lass mich wissen, wenn du bereit bist.“

Crimson nickte, und Dark legte sich wieder im Bett zurecht.

„Hey, was denkst du, was du da tust?“

„Na ich muss mich noch ausruhen!“ grinste der Dunkle Magier frech. „Komm, gib mir noch etwas magische Energie. Eine Stunde oder so haben wir sicher noch.“

„Duuuu, ich geb dir gleich!“ Crimson griff sich ein Kissen und warf es ihm ins Gesicht, doch Dark kicherte nur und drehte sich einfach auf die Seite.

„Komm schon, stell dich nicht so an. Ich muss schließlich bei Kräften sein, wenn der Angriff erfolgt...“

„Du gehst nirgendwo hin! Wenn dir was zustößt, hilft mir keiner mehr!“ protestierte der Weißhaarige. Er seufzte und gab nach.

Er lag noch eine Weile wach auf dem Bett und dachte daran, dass er sich bald noch einmal einem solchen Ritual aussetzen musste. Würde er das über sich bringen?

Vor der Tür wartete vielleicht noch immer Neo auf seine Erklärung, doch die blieb er ihm vorerst schuldig. Sollte er doch Appi fragen. Crimson schloss die Augen und lächelte. [Falls Appi ihm das so gut erklären kann, wie ich das könnte...]
 

***
 

Fortsetzung folgt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2013-06-14T21:41:15+00:00 14.06.2013 23:41
Hallo ^_^

Die arme Lehrerin, aber so wie sie ihr Prüfsystem an der Geschichte angesetzt hat, ist sie wohl doch gewillt diese Geschichte zu glauben :D … aber schade das sie sich Schämt auch Duell-Monsters zu spielen. (also es zuzugeben)

Die Geschichte von Mava und seiner Tochter ist auch gut ausgedacht. … Hoffentlich gibt’s keine Strafe für ihn, wie Yugi schon erkannt hat, war es ja keine Absicht gewesen.

Yugi fühlt sich bestimmt sehr wohl, das er jetzt endlich wieder zurück in der Burg ist, irgendwie ist das alles fast wie in seinem Richtigen Leben. Blayck und Dark die zwei festen Konstanten und dann noch viele Freunde die er dazu bekommen hat.

Schaust du Naruto. Dein BlackLuster mit dem Zahntrick erinnert mich an Guy.

*grummelt* du ärgerst uns wohl gern? Ständig diese Andeutungen mit Genesis und jetzt war Crimson auch noch bei ihm und hat sich vernaschen lassen … man ich will das auch wissen!!! :D

Ist Dark dann vielleicht Mahado? Ich würde zu gern wissen, wie Mariku reagiert, wenn er hört, das das siegel unbrauchbar gemacht wurde *hi hi* hoffentlih bekommt er es hin.

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
18.07.2013 08:02
Die Lehrerin hat Angst, dass man sie nicht mehr ernst nimmt, wenn alle von ihrem Hobby wissen.^^
Du meinst sicherlich Mad und seine Tochter? (Mava hat noch keine)
Yep, Yugi freut sich, wenn gewisse Bezugspersonen in einer fremden Welt für ihn da sind.
Nein, mit Naruto hab ich kaum was am Hut (hab ein oder zwei Mangas gelesen), aber das mit dem Zahn machen öfter mal diese Frauenhelden-Charaktere in Zeichentrickfilmen. Ich glaub ich habs aus nem Disneyfilm. *g*
Es ist mein Job aus Autorin, meine Leser (im positiven Sinne) zu ärgern, sonst langweilt ihr euch ja.
Ja deine Vermutung bezüglich Dark trifft schon zu, kann man sagen. Die Reaktion sieht man später. Logisch, sonst machts ja keinen Spaß!^^
Danke für den Kommi!
PM
Antwort von:  jyorie
20.07.2013 02:25
okay :D
dann kein Naruto, *ggg* wäre aber die perfekt beschreibung für diesen Leherer gewesen XD
Von:  SoraNoRyu
2010-07-04T12:23:08+00:00 04.07.2010 14:23
Glückwunsch zum Jubiläum ^^ 50 Kapitel durchzuhalten ist echt eine Leistung, auf die Du enorm stolz sein darfst - das schaffen nicht viele, schon gar nicht über den langen Zeitraum und neben Studium und Arbeit... *lob*

Schön, Dark und Blacky(den Magier) wieder in Aktion zu sehen. Und noch besser, dass Dark so schnell auf eine rettende Idee gegen das Siegel kommt. Nun, Mahado war immerhin ein Grabwächter von Atemus Familie, vermutlich ist er mit dem Ritual vertraut, das auch Marik und damit Malice kennt.

Dadurch wäre immerhin dann auch schonmal ein Problem gelöst, sodass sich die anderen mehr auf Gegenmittel gegen den fusionierten Drachen konzentrieren können - ich bin mal gespannt, wie das funktioniert, immerhin ist der Drache selbst ohne die Fusion mit einem Lichtmonster ein extrem harter Brocken.


Bisher hat Yugi ihn ja auch eher mit Fusionen/effekten und dergleichen geschlagen, die in der Schattenwelt vielleicht nicht ganz so leicht umzusetzen sind...
Von den mir bekannten Lichtmonstern hätte Mava ja am ehesten das Potential, die Angriffskraft des Drachen zu übertreffen, wenn er sich inzwischen genügend ausgeruht hat - schade, das man von ihm schon so lange nichts mehr gehört hat.


Der Black Luster Soldier/Dragon errinnert mit seinem Auftritt (und vor allem der Reaktion der Damen) ein wenig an Gilderoy Lockhart aus Harry Potter, allerdings hat er wohl wesentlich mehr, worauf sein großes Ego sich stützen kann.
Vielleicht kann er Yugi ja auch helfen, den Drachen in sich besser zu kontrollieren?
Immerhin kann ersich ja selbst verwandeln, wenn ich das noch richtig im Kopf habe.


Auf der anderen Seite (=in der anderen Welt) hat Yugis Lehrerin die Überraschung ja ganz gut aufgenommen. Die Frau hat wirklich starke Nerven ^^ Und noch genug kindlicher Fantasie, um auch das unmögliche nicht von vorneherein auszuschließen.
Vielleicht fällt es Yami dann auch in der Schule leichter, wenn sie über seine Situation Bescheid weiß - immerhin hat sie ihn bisher anhand von Yugis Leistungen gemessen und nicht an seinen eigenen, dass macht es einem ja immer schwerer.

Was Rechtschreibfehler und dergleichen angeht hab ich zumindest anfangs ein paar gefunden, später aber nicht mehr darauf geachtet. Wenn ich die Zeit finde, alles nochmal durchzugehen, such ich sie dir raus, aber es sind immerhin wenig genug, um den Lesefluss nicht wirklich zu stören.


Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel ^^
~SoraNoRyu
Von:  Tunishaidoru
2010-07-03T13:45:37+00:00 03.07.2010 15:45
juhu Dark und Blacky werden wieder aktiv!!!
ich hab sie die ganze Zeit vermisst <3

ich glaube deine ist die erste FF die ich selbst nach dem 50ten Kapitel immernoch furchtbar gerne lese!!

Glückwunsch zum Jubiläum


Zurück