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Fremde Welten (#1)

Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.
von

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Exodias Ende

Kapitel 32: Exodias Ende
 

Marik und Tristan verpassten ihre Rallye, während sie sich um Yami und somit auch um Yugi sorgten. Thea hatte bei Mutous zu Hause angerufen und die zurückgebliebenen Freunde über den neuesten Stand informiert. Raphael hatte sich ganz besorgt per Handy bei Marik erkundigt, ob etwas passiert sei, was der Blonde mit ein paar ausweichenden Erklärungen beantwortet hatte. Er versprach seinem amerikanischen Kumpel, zumindest abends zur Abschlussparty zu kommen. Dazu war auch der Rest der Truppe eingeladen, aber Yami und Seto waren sich einig, dass sie lieber nicht hingehen wollten. Nicht bei Yamis derzeitigem Aussehen.

"Ich werde in einem halben Jahr oder so eine Motorradrallye sponsern, damit ihr daran teilnehmen könnt," schlug Seto vor, dem nicht entging, dass Marik bei aller Sorge um den Pharao doch etwas enttäuscht war.

Das Gesicht des Ägypters hellte sich merklich auf. "Ja, das wäre nett. Tristan wird sich bestimmt auch darüber freuen, das zu hören." Er schrieb ihm sogleich eine SMS.

Indessen überlegten Großvater, Thea und Mokuba, ob Yami so in die Schule gehen konnte. Er konnte den Kragen seiner Jacke schließen, aber das sah sicher seltsam aus, wenn er es den ganzen Tag so ließ. Dann musste eben ein besonders breites Halsband her. Allerdings wussten sie nicht recht, was sie mit den Krallen machen sollten. Sie sahen sehr stabil aus und konnten wohl kaum mit normalen Werkzeugen gekürzt werden. Außerdem hatte er ja Schuppen auf dem Handrücken...

Seto, der inzwischen auf der Bettkante saß, entschied, erst einmal abzuwarten. Vielleicht ging das Phänomen ja bald von selbst wieder weg. Zumindest hatte Yami jetzt keine Probleme mit seinen Insektenstichen mehr, die waren einfach verschwunden.

"Also ich persönlich finde das schön, Drachen mag ich doch besonders," murmelte der Firmenchef. "Ob du wohl einen zweiten Schwanz bekommen hast?"

Mokuba, Marik und Thea erröteten bei der Vorstellung. Großvater machte "Uiuiui!" und war wohl eher amüsiert.

Ob Yami errötete, konnte man nicht genau erkennen, weil das meiste seines Körpers schon rot war und deshalb möglicherweise optisch auf das Gesicht abfärbte. Er fasste sich dezent an den Hintern. "Nun, also..." Korrektur: Man konnte jetzt ganz genau erkennen, dass er rot anlief.

"Zeig!" rief Seto begeistert und wollte sich auf ihn stürzen, doch der Kleinere wehrte ihn entschieden ab.

"Nicht vor den anderen!" protestierte Yami. Er schubste seinen Geliebten von sich - worauf der durchs halbe Zimmer flog. Der Pharao starrte ihn entgeistert an, dann seine Hände. Offenbar beschränkte die Verwandlung sich nicht auf das Äußere.

Seto grinste begeistert. "Ja, richtig so! Ein Drache muss auch Kraft haben!"

"Äh, Bruder, alles klar?" erkundigte Mokuba sich, der sich langsam Sorgen um den Geisteszustand des Älteren machte.

"Alles bestens," versicherte Seto, obwohl er durch das Wespengift noch etwas unsicher auf den Beinen war, als er aufstand.

Auch Yami verließ nun das Bett. Er fühlte sich überhaupt nicht mehr krank. "Ähm... könntet ihr uns vielleicht allein lassen?" bat er seine Freunde. "Ich möchte gerne selber nachschauen, was da noch alles... anders ist..."

Dafür hatten sie Verständnis, fanden es aber fast schade, dass sie das nicht erfahren würden. Außer sie konnten Yami später zum Reden bringen. Die kleine Gruppe verließ den Raum und die Liebenden waren unter sich.

Yami lächelte und zog sich mit dem Rücken zu Seto ganz aus, bis auf das Puzzle. Sein Steißbein war ein wenig verlängert und bildete ein rotes, vielleicht zehn Zentimeter langes Drachenschwänzchen mit einem winzigen fächerförmigen Fortsatz am Ende, ähnlich wie bei Slifer. Der Braunhaarige nahm es interessiert unter die Lupe. Dann drehte er Yami herum - und stellte etwas enttäuscht fest, dass der "kleine Yami" noch ganz normal aussah. Drumherum war ein Bereich menschlicher Haut sichtbar, das Glied selbst ebenfalls ungeschuppt.

"Naja, Drachen und Reptilien generell haben eben keine Penisse, die denen von uns Menschen gleichen... kein Wunder also, das die Verwandlung da aufhört," überlegte er.

Yami staunte, wie sachlich Seto darüber reden konnte. "Was ist, wenn ich immer so bleibe?" fragte er nach. "Oder sollte ich mich lieber darum sorgen, was passiert, wenn ich wieder normal werde?"

"Du kommst mir nicht davon, egal in welcher Gestalt," versicherte sein Geliebter. "Auf alle Fälle hast du einen neuen Spitznamen weg, mein roter Drache!" Er begann, Yamis Körper auch mit den Händen zu untersuchen. Die Schuppen waren glatt und warm, das gefiel ihm. "Ob du wohl auch wie ein Drache schreist?" Er schubste Yami aufs Bett, um das herauszufinden...
 

***
 

Slifers Anwesenheit motivierte die Feen und ihre Verbündeten stark. Die letzten Insekten sahen schließlich ein, dass sie unterlegen waren, und ergriffen die Flucht.

Exodia tat das natürlich nicht. Das fürchterliche Geschöpf hatte die Burg fast erreicht. Dass diese nur fliegenden Wesen zugänglich war, spielte da wohl kaum eine Rolle, ein Angriff mit ihrer Vernichtungsmagie, und es war aus. Yugi wünschte sich, Obelisk wäre da, der hätte sich im Nahkampf mit Exodia duellieren können. Aber sie mussten mit dem vorlieb nehmen, was sie hatten.

Appi bekam es ein bisschen mit der Angst, als Yugi einfach so auf Exodia zu flog. Vielleicht musste man ein Duellant sein, um sich das zu trauen. Der Drache wickelte sich mit seinem langen, roten Körper mehrfach um den Feind herum. Blacky auf Schattensturm und Dark flogen ihm nach, auch Weaver und Joan kamen ihnen zu Hilfe. Sie bauten sich in der Luft um das Monster herum so auf, dass sie zusammen mit Appi, der etwas entfernt von Exodias Kopf auf Yugis Nackenkamm hockte, ein Fünfeck bildeten.

"Appi, mach dich bereit! Wir brauchen fünf Leute hierfür!" rief Dark ihm zu.

Der Blonde war entsetzt. "Ich? Aber... ich weiß doch gar nicht..."

"Du musst einfach nur mit festhalten," erklärte Dark ihm. "Hab keine Angst, du bist in letzter Zeit viel stärker geworden." Er fing an, einen Spruch in einer altertümlich anmutenden Sprache aufzusagen.

Von seinem Zauberstab schoss ein Lichtstrahl hinüber zu Weaver, die es zwischen ihren Händen auffing, von ihr zu Blacky, dann zu Joan und schließlich zu Appi. Dieser fing das Licht mit seinem Zauberstab, und es kehrte zurück zu Dark, so dass sich nun zwischen ihnen ein Pentagramm gebildet hatte, in dessen Mitte sich Exodia befand. Der Zauberlehrling hielt seinen Stab verbissen fest, stellte jedoch fest, dass es nicht ganz so schwer war wie erwartet. Seine Magie wurde angezapft, was er bereitwillig zuließ. Exodia brüllte protestierend.

Indessen sprach Dark weiterhin Zauberformeln. Die anderen hatten in Konzentration die Augen geschlossen. Nach einer Weile war auch Blackys Stimme zu hören. Sie beschworen die Magie eine Weile zusammen, während Exodia gegen ihre Fesseln kämpfte und das Pentagramm aus Licht immer heller strahlte. Es wechselte jetzt schnell hintereinander schillernd die Farbe. Als Höhepunkt der Beschwörung schrieen die beiden Magier gemeinsam ein paar letzte Worte und entfesselten damit den Zauber. Die Welt explodierte in grellen Farben. Sogar die Luft zum Atmen schien von der Wucht weggeblasen zu werden. Yugi bekam am Rande mit, dass den Windungen seines Drachenkörpers kein Widerstand mehr entgegengebracht wurde. Er wollte fliegen, aber irgendwie hatte er keine Kraft mehr.

Das nächste, woran er sich bewusst erinnerte, war Setos Gesicht undeutlich über seinem, und er konnte seinen Geliebten auch körperlich spüren... "Schrei, roter Drache! Lass mich dein Gebrüll hören!" rief der Chef der Kaiba Corporation. Und Yugi erwachte mit einem Aufschrei.

Er saß im Bett, ließ sich aber sogleich seufzend zurücksinken. "Nicht schon wieder... immer erwache ich in einem Bett und weiß nicht genau, wie ich da hingekommen bin..." Hatte er nur geträumt, Slifer zu sein, oder hatte er sich einfach wieder zurückverwandelt? Er betrachtete seine rechte Hand im halbhellen Abendlicht. "Was zum..."

Yugi sprang nun doch auf und stellte fest, dass er ein bescheidenes Nachthemdchen trug. Er sah deutlich, dass sein Körper rot und auf der Brust schwarz geschuppt war, seine Finger- und Fußnägel waren Krallen! Schnell rannte er hinter den Wandschirm, wo er sich morgens immer wusch und wo er einen Spiegel an der Wand wusste. "Aaargh! Oh nein, hoffentlich geht das wieder weg!"

"Maaaann, mach nicht solchen Lärm!" beschwerte sich jemand. Das war natürlich Appi, den er wieder mal im anderen Bett übersehen hatte. Auch er trug nur so ein Hemd.

Yugi suchte nach seiner Kleidung, um seine Schuppen zu bedecken, aber vermutlich war sie der Verwandlung zum Opfer gefallen. Wenigsten hatte er die Schuppen nicht im Gesicht. Vorsichtshalber tastete er in seinen Haare, ob vielleicht Slifers Gehörn auf seinem Kopf war, aber es war nichts zu entdecken. Dafür stellte er fest... "Oh nein! Ich hab einen Schwanz!"

Appi gähnte vernehmlich. "Du bist doch ein ganzer Mann, oder? Klar hast du 'nen Schwanz."

"Den meine ich doch nicht!" rief der Kleinere hastig und trat dann langsam hinter dem Wandschirm hervor. "Sieh dir das an! Die Verwandlung ist nicht ganz verschwunden..."

Appi starrte ihn mit großen Augen an. "Das ist in der Tat erstaunlich. Und dazu gehört ein Schwanz? Zeig!"

"Nein!" Yugi hielt sich entsetzt die Hände ans Gesäß. "Er ist ganz klein!"

Doch der Blonde gab keine Ruhe und jagte Yugi durch das Zimmer, bis er ihn am Zipfel des Hemdes erwischte, das dadurch zerriss und ihm einen kurzen Einblick gewährte. Lachend ließ er dann von dem peinlich berührten Jungen ab. "So klein ist der doch gar nicht! Naja, der Drachenschwanz schon! Hahahahaaaa!"

Yugi spürte, dass all sein Blut in seinem Kopf sein musste. "Appiii! Das war gemein!" Er bedeckte sich mit den Resten des Kleidungsstücks so gut wie möglich, obwohl es darauf jetzt nicht mehr ankam. "Ähm... wo sind denn die beiden Großen hin?"

Appi blickte auf das leere Bett. "Nun... entweder schon auf oder... Obwohl, ist es noch derselbe Tag? Und... haben wir Exodia eigentlich besiegt?"

"Sonst wären wir wohl nicht mehr hier," vermutete Yugi. Er blickte aus dem Fenster. "Ist anscheinend gerade Abend, die Sonne muss erst vor kurzem untergegangen sein. Es ist noch hell. Lass uns nach ihnen suchen gehen. Vielleicht sind sie ja auch verletzt..."

Appi nickte zustimmend. Sie fanden in der Kleidertruhe die allgegenwärtigen weißen Gewänder und zogen jeder eins an. Ihre Zauberstäbe lehnten daneben an der Wand. Da sie nicht wussten, wie die Lage war, nahmen sie sie vorsichtshalber mit.
 

Anscheinend gab es aber keinen Grund zur Besorgnis. Sie trafen auf dem Gang einige Feen, die Tücher, Verbandsstoffe und Heilmittel in den Händen trugen und bei ihrem Anblick geradezu ehrfürchtig stehen blieben und sich höflich verneigten. Yugi war das ziemlich peinlich, während es Appi gelang, eine passende, würdevolle Mine aufzusetzen.

"Ich bin auf dem großen Götterdrachen geritten, die halten mich offenbar auch für einen Helden! Und dich erst! Außerdem haben wir geholfen, Exodia zu besiegen!" flüsterte er seinem kleineren Freund zu, als die Feen außer Hörweite waren.

"Was mit Exodia ist, wissen wir noch nicht," gab Yugi zu bedenken. "Allerdings machen die Leute hier nicht den Eindruck, als wären sie sehr besorgt..."

Sie erreichten schließlich den Hof und sahen, wie etliche Helfer die Reste von Insekten wegräumten, die noch herumlagen. Feen, Magier, ein paar wenige Krieger und einige Leute vom Friedenslicht-Orden arbeiteten Hand in Hand. Yugi sprach einen Mann an. Als dieser ihn erkannte, fanden die beiden Zauberschüler sich sogleich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wieder. Die Ordensmitglieder fielen sogar vor ihrem Avatar auf die Knie und versuchten, seine Füße oder zumindest den Saum seines Gewandes zu küssen. Yugi konnte nicht zurückweichen, ohne gegen jemanden zu stoßen, also musst er es geschehen lassen. Selbst Appi wurde das allmählich zuviel.

Es dauerte eine Weile, bis sie in Erfahrung bringen konnten, dass Blacky und Dark Exodia in irgendein Tier verwandelt hatten, aber von den Anwesenden wusste niemand etwas Genaues. Die beiden Magier waren sehr schwach und in einem speziellen Bereich der Burg untergebracht, wo sie sich erholen sollten. Appi und Yugi wollten natürlich zu ihnen, aber erst einmal mussten sie etwas zu essen finden - was sich nicht als zu schwierig erwies, denn alle rissen sich darum, ihnen zu helfen.

Ehe sie den Platz verließen, warf Yugi noch einen Blick zurück auf die Insektenteile, die übrig waren. Als Slifer hatte er sie einfach niedergemacht, und er konnte im Nachhinein keine Reue empfinden. Das erschreckte ihn, aber es war sicher besser so... immerhin hatte er seine Freunde retten können.
 

***
 

Sorc lief wie eine nervöse Katze auf und ab, während Malice scheinbar gleichgültig am Fenster lehnte und auf ein ganz normal aussehendes Land hinabblickte. Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung wohnte nicht jeder Herrscher des Bösen in einem Schloss irgendwo im finsteren Tal. Aber was Sorc betraf, der hatte mehrere Stützpunkte, und vielleicht war ja auch so ein finsterer dabei.

"Ich kann nicht glauben, dass er Slifer schon wieder gerufen hat! Wie hat er das gemacht? Er kann nicht jedes Mal drei der stärksten Kämpfer opfern! Da hat natürlich sogar Exodia keine Chance. Ich war so sicher, dass er endlich seine Freunde aus der anderen Welt zu Hilfe rufen würde..." Sorc hatte sich regelrecht in Rage geredet. Oder er redete sich gerade die Wut von der schwarzen Seele, Malice war sich nicht sicher. Er wartete, bis sein Verbündeter mit seinem Monolog fertig war.

"Können wir jetzt vielleicht einen neuen Plan entwerfen?" schlug er dann vor. "Wir erreichen nichts, wenn wir über den fehlgeschlagenen alten lamentieren, obwohl es schon bedauerlich ist, nachdem wir so viel Aufwand dafür betrieben haben..."

Sorc riss sich zusammen. "Nun gut. Dann schlage ich vor, dass wir es nun mit etwas Einfachem versuchen." Er dachte über ein Beispiel nach, aber ihm fiel nichts ein. Schließlich machte er eine wegwerfende Geste und verließ den Raum.

"Wo gehst du hin?" rief Malice ihm entgeistert nach.

"Ich will mich vergnügen, vorzugsweise mit ein paar geilen Weibern oder Jünglingen. Komm mit oder lass es sein."

Der Blonde grinste und folgte ihm. "Aber was machen wir mit unseren Gegnern? Wir können sie doch nicht einfach in Ruhe lassen!"

"Geduld, mein Freund," lächelte der Hexer nun auf seine hinterhältige Art. "Unterschätze nie die Fähigkeiten des Chaos. Wir müssen ihm nur etwas Zeit geben. Und bis dahin beobachten wir ein wenig, um die Schwächen unserer Gegner zu ergründen."

"Ich kapier' nicht, was du meinst."

"Macht nichts. Aber glaub mir, die Zeit läuft für uns. Auch wenn wir nun unseren Gegnern Zeit geben, ihre Wunden zu lecken - was taktisch unklug sein mag - so wird die Zeit auch die Sehnsucht des Pharao nach seinem kleinen Bettgefährten steigern, nicht wahr?"

Malice lachte gehässig, als er das begriff. Sie mussten eigentlich kaum etwas unternehmen außer zu warten, bis entweder Yami oder Yugi etwas Dummes tat. "Ich habe mir aber schon vor einer Weile erlaubt, eine Vorsichtsmaßnahme einzubauen," bemerkte er. "Wie du weißt, war ich gut darin, mit Hilfe des Millenniumsstabes Leute zu manipulieren. In diesem Reich stehen mir aber noch ganz andere Mittel zur Verfügung."

Sein Begleiter hob eine Augenbraue. "Erzählst du es mir?"

Der andere gab sich nachdenklich. "Vielleicht später."

Gemeinsam begaben sie sich in die Gefilde der Festung, in der die dienstbaren Frauen und jungen Männer wohnten.
 

***
 

"Jungs, da seid ihr ja!" Skill flog den beiden am Eingang zum großen Gemeinschaftssaal förmlich entgegen. Seit er bei den Feen angekommen war, sah er nicht mehr wie ein Landstreicher aus, denn er trug ein sauberes Gewand und die Haare ordentlich gekämmt. Sein rechtes Bein war dick bandagiert, aber das schien ihn nicht weiter zu stören, starke Schmerzen hatte er offenbar nicht. "Ihr zwei habt euch ja wieder selbst übertroffen!"

Weaver tauchte auf und zog ihn am Ohr zu einem der Tische. "Du sollst dich hinsetzen! Dein Bein ist verletzt!"

Appi und Yugi folgten ihnen. Hunger hatten sie nicht mehr, denn ihre Verehrer hatten sie bereits reichlich bewirtet. Hier waren keine Angehörigen des Friedenslicht-Ordens anwesend und es fand auch gerade kein Essen, sondern eine Lagebesprechung in kleineren Gruppen statt. Verwandte und Freunde informierten einander über das Befinden ihrer Lieben. Zerato saß mit drei seiner Sendboten an einem anderen Tisch und redete bei einem Becher Wein mit ihnen. Merkur fehlte. Entweder hatte er etwas zu tun oder er war verletzt.

Einige der Magier aus Darks Burg waren auch da, und eine Gruppe von Feen, die Yugi vom Sehen kannte. Nach einer Weile wurden sie auf den Jungen aufmerksam, zeigten auf ihn und standen auf, um seine roten Schuppen aus der Nähe zu bewundern. Doch Weaver scheuchte sie alle energisch weg. Endlich konnten sie in Ruhe reden.

"Du hast den Kampf anscheinend unbeschadet überstanden," stellte Appi fest.

"Was man von meinem Jungen nicht behaupten kann, ich habe immer gesagt, dass diese Magie schädlich ist," seufzte die Fee.

Sie ersparten sich eine Diskussion mit ihr über dieses Thema. "Wo sind Blacky, Dark und Joan?" fragte Yugi statt dessen.

"Joan schläft noch, ihr ist aber nichts passiert," gab Weaver Auskunft. "Auch Dark und Blacky sind nicht verletzt, aber sie haben ihre Kräfte zu sehr strapaziert, so dass es fast ihre Leben gekostet hätte."

Yugis Augen verengten sich. "Warum hast *du* nicht mehr von *deiner* Kraft geopfert, wenn du so besorgt um deinen Sohn bist? Du bist schließlich eine der mächtigsten Feen, die ich kenne!" Die Worte waren heraus, ehe er wusste, was er sagte. Aber im Nachhinein bereute er sie nicht.

"Was fällt dir ein?" fuhr sie ihn an. "Auch ich war nach dem Kampf bewusstlos, falls es dich interessiert! Aber ich habe mich wieder aufgerafft, um den anderen zu helfen!"

"Sie wären auch ohne dich klargekommen, wenn du nicht hättest helfen können. Aber Dark und Blacky hätten sich nicht selbst so aufopfern müssen, wenn sie mehr Energie von dir bekommen hätten! Dark hätte nie so etwas von dir verlangt, deshalb hättest du selbst mehr geben müssen! Für ihn ist es nämlich selbstverständlich, bis an seine Grenzen zu gehen - und sogar noch weiter!"

"Schieb nicht mir die Schuld in die Schuhe! Ich habe mich genauso an dem Kampf beteiligt wie die anderen auch!"

Beide waren im Affekt aufgesprungen und keiften sich über den Tisch hinweg an. Yugi war sich vage bewusst, dass er etwas für ihn einigermaßen Untypisches tat. Aber das lag wohl nur daran, dass bisher immer Yami übernommen hatte, wenn er wütend wurde. Da das jetzt nicht ging, musste sich die Fee dem Zorn dessen stellen, der normalerweise als der Harmlosere von beiden galt. In Wahrheit war Yami einfach nur eher bereit, zu tun, was offensichtlich getan werden musste, um zu gewinnen. Er konnte selbstbewusster auftreten und scheute sich nicht, ein Risiko einzugehen. Aber manchmal war es Yugi, der ihm die Kraft dazu gab, nicht aufzugeben.

Appi lehnte sich lässig mit dem Rücken gegen den Tisch, sich mit den Ellenbogen abstützend. "Gib es auf, Lady, gegen einen Drachen kommt du eh nicht an!"

"Halt du dich mal schön da raus!" ging Weaver auf ihn los. "Er hat uns vielleicht alle gerettet, und ich bin gewiss nicht undankbar, aber deshalb kann er sich hier nicht alles erlauben!"

"Ich gehe jetzt zu Blacky und Dark! Komm mit, Appi!" beschloss Yugi und stapfte, begleitet von mehreren Augenpaaren, aus dem Saal.

Appi folgte ihm, obwohl es ihm nicht passte, dass Yugi ihm das so einfach befohlen hatte, doch er sah es ihm nach. Früher hätte er das wohl nicht getan, aber die letzten Tage in der Gesellschaft dieses Jungen hatten ihn mehr verändert als Jahre des Magiestudiums. Er kam sich vor wie in der Rolle des besten Freundes des Helden, den es neben dem Mentor und dem Feind in so vielen Geschichten gab. Naja, er hätte es schlechter treffen können. Vielleicht war er ja auch ein gleichwertiges Mitglied in einer Gruppe von Helden? Aber dann gefiel ihm die erste Möglichkeit besser, da war die Chance geringer, in der Gruppe an den Rand gedrängt zu werden.

"Hey, Appi!"

"Was?"

"Ich hab dich schon zum dritten Mal gefragt, ob du weißt, wo Dark und Blacky sein könnten!"

Der Blonde war einen Moment verwirrt, dann hatte sein Gehirn die Frage verarbeitet. "Nein, ich war noch nie zuvor hier."

Yugi nahm das mit einem Nicken zur Kenntnis. Er ging einfach weiter den Gang entlang, und kurz darauf erschien Kuriboh aus einem Seitengang. Das Fellknäuel hatte Mava und Neo im Schlepptau.

Appi freute sich, seine Brüder zu sehen und fragte sie sogleich nach dem Rest der Familie aus. Aber sie waren selber noch nicht dahinter gekommen, wohin man Gerfried und Freed gebracht hatte.

"Als ich Vater zuletzt sah, war er verwundet, konnte aber noch laufen. Dann musste ich mich auf andere Dinge konzentrieren," erzählte Mava. Er hatte einen Verband am Kopf, aber sonst keine sichtbaren Verletzungen.

Neo dagegen trug den linken Arm in einer Schlinge und hatte einen hässlichen Kratzer auf dem rechten Handrücken. Er bewegte sich vorsichtig, was darauf schließen ließ, dass unter seiner Kleidung weitere Wunden verborgen waren. Ein Paar Verbände lugten unter dem Gewand hervor. Aber sein Gesicht war in Ordnung, wäre auch schade drum gewesen.

"Wir suchen Dark und Blacky," eröffnete Yugi ihnen.

Mava und Neo tauschten Blicke aus. "Haben sie sie nicht in euer Zimmer gebracht? Wir beide waren jedenfalls gerade auf der Suche nach euch, um euch nach ihnen zu fragen. Das trifft sich ja gut."

"Ja, ich wollte auch gerade Kuriboh suchen, aber er taucht ja immer auf, wenn man ihn braucht, trifft sich echt gut," bestätigte Yugi. "Kuriboh, bring uns dahin, wo Blacky und Dark sind!"

"Huuuh!" machte Kuriboh und flog eifrig voraus.

Das kleine Pelzbüschel führte sie über Treppen und Gänge nicht nur in die Tiefen der Burg, sondern scheinbar auch tief unter die Erde. Yugi wurde an seine Expedition in das Eisgebirge erinnert. In diesen Gefilden, wo nie die Sonne hinkam, war es entsprechend kalt. Die Magier frohren ein bisschen in ihren luftigen Gewändern. Mava, Neo und Appi erschufen Lichtkugeln, die nicht nur die finsteren Gänge ausleuchteten, sondern auch wärmten. Yugi gelang es nach ein paar Versuchen ebenfalls, was ihn sehr freute.

Die Gänge wurden immer enger, und alle vier hatten längst vergessen, um wie viele Biegungen sie gekommen waren und an welcher Abzweigung sie welchen Weg genommen hatten. Vielleicht befanden sie sich schon gar nicht mehr unter der Burg. Der kalte Boden unter ihren nur in Sandalen steckenden Füßen war ausgetreten wie von Jahrhunderten der Benutzung, obwohl man meinen sollte, dass so tief hinunter selten jemand kam.

Letztendlich gelangten sie in eine riesige Tropfsteinhöhle. Die vier Magier betrachteten die Formationen staunend, als ihre Lichtkugeln hoch über ihre Köpfe flogen und ihre Helligkeit weitläufig verteilten. Dieser Ort musste uralt sein, viele der Tropfsteine waren von der Decke aus mit ihrem von unten hoch wachsenden Partner zusammengewachsen und bildeten dicke Säulen. Es roch nach kühlem, mineralstoffhaltigem Wasser. Geräusche von herunterfallenden Tropfen waren leise zu hören, manchmal klang es, als fielen sie in einen unterirdischen See. Kuriboh flog ihnen weiter voraus, nachdem sie eine Weile dagestanden und geschaut hatten. Ehrfürchtig die verschiedenen Tropfsteine bewundernd, gingen sie ihm nach. Alle konnten sie Magie an diesem Ort spüren, die so alt war wie die Welt selbst.

Plötzlich blieb Neo, der als Erster ging, ruckartig stehen. "Leute..." Er zeugte auf einen besonders dicken Tropfstein, und sie erkannten, dass er die Gestalt eines menschlichen Wesens hatte - vielleicht einer Fee.

Mava hob eine Augenbraue und ging näher heran. "Vielleicht hat sich hier nur ein Künstler verewigt..."

Der Tropfstein sah aber so aus, als sei er nie so dick gewesen, als dass man so eine große Figur daraus schnitzen konnte. Sie war etwas größer als Yugi. Ob es ein Mann oder eine Frau war, war schwer zu sagen.

Als der Lichtmagier eine Hand auf das Material legte, zuckte er entsetzt zurück. "Das Wesen lebt! Wie schrecklich, was ist das hier? Ein ritueller Opfertempel?"

Sie blickten sich etwas genauer um und fanden weitere Tropfsteine, in die lebende Geschöpfe eingeschlossen waren. Schockiert von ihrer Entdeckung, wagten sie es nicht, auszusprechen, was sie alle befürchteten. Doch schon bald mussten sie sich der schrecklichen Wahrheit stellen.

Appi schrie erschrocken auf, als er den Tropfstein erblickte, obwohl er mit dem Anblick gerechnet hatte. Dennoch hatte ihn nichts wirklich darauf vorbereiten können. Schon waren die anderen an seiner Seite und starrten fassungslos in dieselbe Richtung. Eine sehr dicke Tropfsteinsäule verbarg einen Großteil der beiden Gestalten; die Gesichter, die sie einander zugewandt hatten, verschwanden im Stein. Aber bei der Art, wie sie sich gegenseitig hielten, die schlanken, offenbar unbekleideten Körper Haut an Haut, das lange Haar auf dem Rücken des Größeren, konnte es keinen Zweifel geben. Dark und Blacky waren dem zum Opfer gefallen, was auch die anderen Wesen hier gefangen hielt.

Yugi sackte fassungslos in die Knie. Waren seine beiden Freunde nun für immer verloren, dazu verdammt, auf ewig hier unten eingeschlossen zu sein?
 

***

Fortsetzung folgt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  jyorie
2013-06-09T00:47:53+00:00 09.06.2013 02:47
Hallo ^_^

*schmunzelt* ich kann mokuba nur beipflichten ... Was ist mit seto los *ggg* hat er jetzt seinen drachen Fetisch erkannt >.< sowas ... :)))

Schade das sich yugi nicht komplett zurück verwandelt hat. Ob es daran lag, wie sehr er sich verausgabt hat? Ich fand das fangen Spiel lustig ... Appi und yugi werden wohl doch noch irgendwann mal Freunde?!

Das ist ja ein Schlag, wer oder was hat Black, dark und die anderen den in Stein eingeschlossen??? Und wieso wurde yugi verschont? Er hat doch auch gekämpft ... Oh Mann.

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
07.07.2013 14:35
Seto ist doch so ein Drachenfan, dass er in dieser Situation im Paradies sein muss. ^^
Hey, wenn Yugi sich nicht ganz zurückverwandelt, isses doch lustiger. :)
Das mit den Steinen klärt sich noch. Keine Sorge.
Von: abgemeldet
2005-11-30T11:51:31+00:00 30.11.2005 12:51
wau das war wieder so toll.
das yami und yugi sich nicht ganz zurück verwandelt haben war auch eine tolle idee.
und das beide fast das selbe erleben ist ja auch so komisch yami das mit seto und yugi mit appi.
sind woll sehr neugierig die beiden.
das seto sich so freuen kann ist auch kein wunder wo er doch voll auf drachen abfährt.
was woll die beiden blacky und dark da unten woll getrieben haben und wieso sie nun so sind.
wirklich eine gute frage und freu mich auf die lösung.
ich mein ich freu mich schon wenns wieder weiter geht.
Von: abgemeldet
2005-11-30T11:37:59+00:00 30.11.2005 12:37
wau das ist so toll.
das mit yami und yugi die sich nicht ganz war so komisch als seto und dann appi nachschauen wollten.
das seto sich so freut nun einen drachen zu haben war so niedlich.
freu mich schon wieder riessig wen es wieder weiter geht.
Von:  Pheline
2005-11-28T14:31:48+00:00 28.11.2005 15:31
Also die Stelle mit dem Schwanz zwischen Yugi und Appi war echt mal der Hammer xDDD
Dieses Kapitel kam ja mal schnell oO
Also ich kann nicht meckern, du weißt ja
Ich liebe deine Story seit Anfang an ^_____^
Von:  Angel_Ayane
2005-11-25T17:41:42+00:00 25.11.2005 18:41
das is ja supa dass das so schnell gegangen ist
das mit dem 2 "schwanz" fand ich zum brüllen xD sowohl die reaktion von seto auch appi xDD aber das sich yugi so bei dieser fee aufregt fand ich cool er traur sich ja eh fast nie was zu sagen aber wenn er so wütend ist gefällt mia das passt ja auch einigermaßen zu ihm. ich bin neugierig was das mit dieser höhle zu tun hat also warum die da so hängen Oo ich hoffe die sind nicht tod oda so alles in einem wort wars wieder mal gigantisch aufregend mach weiter so °.~ du sagst mir per ens wiedda bescheid ja? danke das du mir diesmal wieda bescheid gegeben hast also viel spaß beim schreibn ^-^ *knuddel* cucu
Aya
Von:  SoraNoRyu
2005-11-25T15:30:52+00:00 25.11.2005 16:30
Hey, das ging ja jetzt wirklich schnell mit dem Hochladen ^^

Setos Reaktion auf Yamis Verwandlung hat mir sehr gut gefallen; er wirkt wie ein kleines Kind, dass gerade ein ganz tolles Geschenk gekriegt hat...
Süß, ihn mal so aufgeregt zu erleben, normalerweise beherrscht er sich ja und tut zumindest so, als wäre ihm alles egal, solange noch jemand im Raum ist... Allerdings traue ich ihm so eine Reaktion durchaus zu. Dass sich sein Geliebter in einen Drachen verwandelt ist ja wie Geburtstag und Weihnachten zusammen für ihn...

Im Kampf gegen Exodia war sehr gut beschrieben, wie der Zauber aussieht, mit dem sie besiegt wurde. Nur ist nicht ganz klar, was jetzt aus ihr geworden ist. Die Verwandlung in ein Tier wird allein ja nicht ausreichen, um sie unschädlich zu machen - ihre Kraft würde ja erhalten bleiben, egal welche Form sie hat.

Die Szene, als Yugi und Appi wieder in ihrem Zimmer sind, hat mir persönlich mit am besten gefallen. Ich war die ganze Zeit am Lachen, das war wirklich witzig ^^
Dass die Verwandlung noch nicht völlig aufgelöst wurde war auch etwas, was ich nicht erwartet hätte. Aber das sorgt sicher in beiden Welten noch für einige Komplikationen... Vor allem bei Yami, der muss ja jetzt auch längerfristig damit leben...
Seine Lehrerin wird sich schon ihren Teil denken, wenn er sich wieder befreien lässt (Schulschwänzer...). Bei mehr als drei Tagen oder Abwesenheit bei einer Schulaufgabe muss man ein ärtztliches Attest bringen, aber sowas ist wohl leicht zu bekommen.

Der Einschub mit Sorc und Malice war auch amüsant. Ich frage mich, was Malice ausbrütet... Das riecht jedenfalls nach einem ganz faulen Ei.
Und vergnügen gehen sie sich... Nun, zumindest hat er seinen Harem und rennt nicht einfach ins nächste Dorf, um sich jemanden zu suchen.

Das Ende hat mich ziemlich erschreckt, als ich es das erste Mal gelesen habe, aber eigentlich steht ja schon weiter vorne genug an Erklärungen, um sich einigermaßen zu denken, was es mit dieser Tropfsteinhöhle auf sich hat.


Ok, ich hab wahrscheinlich wieder die Hälfte von dem vergessen, was ich noch sagen wollte, aber meine Schwester spielt im Hintergrund keybord und macht mich ziemlich nervös... *seufzt*


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