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Leaving a Sign that I was there

私がいた証拠を残して
von

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15. Oktober 2000 - Bunker unter Hakone, Japan

Es war bereits nach Mitternacht, als Alexandra in den Wohnraum ihrer Familie zurück gebracht wurde, ihr Vater war bereits da und beruhigte ihre aufgelöste Mutter.

"Wo warst du, junges Fräulein!?" Sagte er nur schwer beherrscht, dann fiel ihm der Mann im Anzug auf. Sofort wandelte sich sein Ärger in Besorgnis, "Ist etwas passiert?"

Alexandra blickte den Mann verschwörerisch an, der sich in diesem Moment verabschiedete und die Familie sich selbst überließ; in Familienangelegenheiten brauchte er sich nicht einzumischen.

An ihren Vater gerichtet sagte Alexandra kleinlaut, "Ich hatte eine Unterhaltung mit Akagi-san, ähm ... ich meine ... mit Ritsuko Akagi. Also ... der Tochter deiner Chefin."

"Und warum zu so später Stunde? Und warum hast du Nichts gesagt? Deine Mutter war krank vor Sorge!"

"Es tut mir leid, es war nur ..." Alexandra kam in's Schlingern. Sie wollte ihre Familie nicht anlügen, aber sie wollte auch nicht ihr Innerstes vor ihnen ausbreiten.

Ihre Mutter trat auf sie zu und nahm sie fest in den Arm, "Konntest du endlich regeln, was du schon so lange regeln wolltest?"

Alexandra nickte nur und merkte wie sie errötete.

"Was denn regeln?" Ihr Vater verstand gar nicht um was es ging. Also fasste Alexandra kurz zusammen, was in der Schule passiert war, ohne jedoch den Kuss zu erwähnen, und dass sie jetzt die Chance gehabt hatte sich endlich mit dem Mädchen, das sie liebte, auszusprechen. Die Details mit dem chancenlosen Kampf gegen den Mann und die eiserne Tür ließ sie unter den Tisch fallen.

"Sie wollte nur ungestört mit mir reden können", beendete sie ihre Ausführungen.

Ihr Vater blinzelte sie an, "Du liebst dieses Mädchen also? Ich meine, so richtig?" Alexandra nickte schüchtern. Ihr Vater schüttelte den Kopf, aber sie las kein Missfallen in der Geste, "So ist das also. Was für ein Chaos. Du hast deiner Mutter einen riesigen Schrecken eingejagt und dein Bruder und ich waren ebenfalls krank vor Sorge, als du so lange weg warst."

"Es tut mir wirklich leid, ich wollte nicht, dass das so ausufert", entschuldigte sie sich und verneigte sich unwillkürlich tief vor ihrer Familie.

Thomas nahm sie liebevoll in den Schwitzkasten und ließ die Knöchel auf ihrem Kopf tanzen, "Schwesterchen, du hast es ja faustdick hinter den Ohren!"

"Heeey, lass mich los!" Doch ihr erboster Ausruf ging in ein befreiendes Lachen über.

"Heißt das jetzt", ihr Bruder zog ihr Ohr an seinen Mund, "dass zu mit ihr zusammen bist?"

Alexandra errötete und rieb sich verlegen die Stelle, die ihr Bruder eben mit seinen Knöcheln bearbeitet hatte, "Ähm ... ich bin nicht sicher. So ein Wortlaut fiel nicht, aber ... ich weiß jetzt, dass sie meine Gefühle erwidert."

"Na, das klingt dann aber schon stark so, finde ich", er grinste sie breit an und entließ sie aus dem Klammergriff.

Ihre Mutter nahm sie erneut in den Arm, die Sorge um die Tochter fiel von ihr ab und sie freute sich gleichzeitig darüber, dass ihre Tochter es geschafft hatte ihre Liebesdinge zu klären.

Ihr Vater seufzte, "Na wenn dann jetzt alles geklärt ist, können wir endlich schlafen gehen; ich muss morgen wieder früh raus."

"Danke Papa, und tut mir leid, dass ihr meinetwegen Stress hattet", Alexandra gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange, als er sich auf das Bett der Eltern setzte.

"Schon gut Kleines", er rieb sich verlegen über den Schnauzer, "Jetzt aber ab in's Bett mit dir!"
 

Am nächsten Morgen klopfte es zaghaft an die Bunkertür der Familie und als Alexandra öffnete stand Yuriko davor. Sie verneigte sich tief und sagte, "Guten Morgen Areksandora-senpai, hättest du Zeit und Lust mit mir und Hana-senpai eine Runde zu Lesen und zu Diskutieren?"

"Zeit? Oh bitte, ja! Zeit hab ich hier wirklich mehr als genug!" Alexandra stöhnte, aber sie lachte direkt. Zu ihrer Mutter gewandt meinte sie auf Deutsch, "Darf ich Mama? Ich bleib auch nicht so lange weg."

Ihre Mutter verzog erst das Gesicht, aber dann gab sie nach, "Na schön, aber schau, dass du zum Mittagessen wieder da bist; und keine Eskapaden", fügte sie schmunzelnd an. Sie hatte den Vorfall von gestern noch nicht ganz verdaut, aber sie versuchte ihrer Tochter die mögliche Freiheit hier unten zu lassen. Mit einem Lächeln schnappte sich Alexandra ihr Buch und ihre Notizen und folgte dem jüngeren Mädchen aus der Tür.

"Hana-senpai wurde gestern entlassen, ich habe ihr vorgeschlagen, sie in ihrem Bunker zu besuchen, damit sie sich nicht gleich mit dem Laufen überanstrengt", der Blick des jüngeren Mädchens fiel auf die Bandagen an Alexandras Händen, "Oh, was ist denn mit deinen Händen geschehen?"

Alexandra ließ sie verlegen in den Hosentaschen verschwinden, "Ach, nur ein kleiner Sportunfall", dann wechselte sie schnell das Thema, "Es ist eine sehr gute Idee uns mit Hana-san bei ihr zu treffen", Alexandra nickte. Nachdem sie eine Weile schweigend durch die Gänge gelaufen waren ergriff die Ältere erneut das Wort, "Ich wollte dir noch für neulich danken, Yuriko-chan. Du hast mir wirklich sehr geholfen, das werde ich dir nie vergessen."

Yuriko errötete leicht, "Ach was, das hab ich doch gern gemacht", sie kratzte sich etwas verlegen an der Wange, dann fügte sie vorsichtig an, "Darf ich dich etwas fragen, Areksandora-senpai? Geht es dir besser? Du wirkst heute viel fröhlicher. Also, das finde ich natürlich gut, aber na ja, du weißt vielleicht was ich sagen will."

"Ja, das weiß ich", Alexandra nickte, "Und ja, es geht mir besser; viel besser."

"Oh, dann hast du dich also mit Ritsuko-senpai ausgesprochen?"

Schlagartig wurde Alexandra rot, "W-woher weißt du- ... ich meine ..."

Yuriko kicherte, "Warum wirst du denn so verlegen Senpai? Ich meine nur, es wirkte, als hättet ihr einen Streit gehabt und heute bist du wieder so vergnügt, deswegen frage ich."

"Ein Streit war es nicht, nein, aber ... na ja, wir haben geredet, ja", antwortete die Ältere etwas ausweichend.

"Dann ist es ja gut. Mein Opa sagt immer, Kommunikation sei sehr wichtig und ich glaube er hat recht", Yuriko klang vergnügt. Manchmal wirkte sie wie eine normale 12jährige und dann wiederum hatte man das Gefühl sich mit jemandem zu unterhalten der dreimal so alt war.

Beim Wohnraum von Hanas Familie angekommen klopften sie und wurden von Hana selbst eingelassen, die mit Krücken zur Tür gehumpelt kam um ihr gegipstes Bein zu schonen.

"Es ist schön, dich raus aus dem Krankenabteil zu sehen, Hana-senpai", grüßte Yuriko sie.

"Wem sagst du das", sie humpelte zurück zu ihrem Bett und ließ sich etwas ungelenk darauf fallen, "Schließt bitte die Tür und macht's euch einfach irgendwo bequem. Bedient euch bei den Getränken, ich kann's leider nicht selbst tun."

"Schon gut, lass mich nur machen", bot sich Alexandra an und schloss die Tür mit einem Druck auf den entsprechenden Knopf. Danach holte sie aus der Küchenzeile drei Gläser und brachte aus dem Kühlschrank Saft und Wasser mit, welche sie auf dem kleinen Tisch neben dem Bett abstellte.

"Oh, wir haben übrigens gute Neuigkeiten!" Platzte es aus Yuriko hervor, "Wir haben unsere Clubleiterin gesehen, es geht ihr gut."

"Wirklich? Ihr habt Ritsuko-senpai getroffen? Wo ist sie?" Wollte Hana wissen.

Yuriko sah auffordernd zu Alexandra und diese erzählte von der flüchtigen Begegnung auf dem Gang, ohne jedoch die ganze Wahrheit zu offenbaren - sie hoffte, dass das zwischen Yuriko und ihr blieb -, aber sie erzählte, dass sie Akagi am Tag darauf gesprochen hatte; das Wie, Wo und Warum ließ sie einfach weg. "Ich glaube, sie ist einfach bei ihrer Mutter", beendete sie die knappe Zusammenfassung, "sie meinte aber, dass wir uns bald wieder sehen würden."

Zugegeben, dieser Satz war Auslegungssache, aber es half die beiden Mädchen zu beruhigen; und wenn sie ehrlich mit sich selbst war, dann hatte es auf sie die selbe Wirkung.

"Es ist schön zu wissen, dass es ihr gut geht", Hana klang erleichtert.

Dann widmeten sich die drei Mädchen endlich ihren Büchern und Diskussionen. Alexandra merkte, dass ihr das richtig gut tat nach all der Sorge der letzten Zeit und sie fühlte ein kleines bisschen Normalität zurückkehren.

Auf dem Rückweg von Hana kam ihnen auf dem Gang Akagi entgegen und sofort schlug Alexandras Herz höher.

"Oh, hallo Ritsuko-senpai", rief Yuriko sofort fröhlich, "Wie geht es dir? Wir kommen eben von Hana-senpai, wir wollen den Buchclub wieder aufleben lassen."

Die Clubleiterin lächelte der jüngeren Schülerin zu, "Hallo Yuriko-chan, mir geht es gut, danke. Dir hoffentlich auch", die jüngere nickte und Akagi fuhr fort, "Das mit dem Buchclub ist toll, vielleicht kann ich auch bald dazu stoßen." Dann wanderte ihr Blick zu Alexandra, "Kaiser-san ... hast du kurz Zeit?"

Alexandra merkte, wie sie schon wieder etwas errötete, der Anblick des Mädchens löste in ihr eine Welle an Glücksgefühlen aus, "I-ich denke schon. Darf ich dich alleine zurück gehen lassen, Yuriko-chan?"

"Klar, kein Problem. Ich kenne mich hier bestens aus. Ihr habt sicher einiges zu bereden", dann verneigte sie sich vor den beiden und verabschiedete sich.

Die beiden älteren sahen sich einen Augenblick fragend an, dann sagte Akagi, "Komm bitte." Damit dirigierte sie Alexandra den Gang ein Stück zurück und öffnete dort eine Tür zu einem kleinen Raum, der den Wohnräumen nicht unähnlich war, nur eben viel kleiner.

"Yuriko-chan ist wirklich lieb. Sie hat mir letztens sehr geholfen, weißt du" meinte Alexandra, nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.

"Ja? Das ist schön", Akagi lächelte sanft, "Dieses Mädchen ist unglaublich, sie hat irgendwie ein besonderes Gespür für Menschen und ich glaube, sie hat dich in's Herz geschlossen."

"Ich sie irgendwie auch", Alexandra lachte verlegen, "Sie ist wirklich süß, und dazu hat sie echt was auf dem Kasten; eine tödliche Kombination", sie grinste.

"Mit Sicherheit", Akagi sah Alexandra an, "Ich habe die Abwesenheit meiner Mutter genutzt und gehofft, dass du hier vorbeikommen würdest. Ich hatte von Hana-chans Mutter erfahren, dass ihr euch bei ihnen im Wohnraum treffen wollt, also ..." sie ließ den Satz unbeendet und schenkte Alexandra ihr entwaffnendes Lächeln, "Ich wollte mit dir über Vorgestern sprechen ...", als Alexandra sie fragend anblickte fuhr sie fort, "Als wir uns auf dem Gang begegnet sind, meine ich ... Du warst bestimmt sehr wütend auf mich ..."

Alexandra machte eine abwehrende Geste, "Du hattest sicher deine Gründe-" "Der Grund war meine Mutter", fiel ihr Akagi sanft aber bestimmt in's Wort, "Und ich war auch total nervös, weil ich dich endlich nach all dem Chaos wieder gesehen hatte, damit hatte ich nicht gerechnet ... Und ich war erleichtert, weil ich schon das Schlimmste befürchtet hatte ... Wären wir allein gewesen, hätte ich dich sofort angesprochen, aber in Begleitung meiner Mutter ... nun ja, vielleicht war es mir auch etwas peinlich" sprudelte es aus ihr hervor.

Alexandra merkte, dass das andere Mädchen leicht zitterte und griff vorsichtig nach ihren Händen, die sie sanft drückte.

"Weißt du, ich wollte meiner Mutter keine Angriffsfläche bieten", fuhr sie sie fort, "Sie hat gern eine kontrollierte Umgebung und ein verliebter Teenager gehört sicher nicht dazu", sie lachte aufgesetzt, "Aber ich habe ihr von uns erzählt, Kaiser-san, und sie scheint erst mal Nichts dagegen zu haben" fügte sie ernst hinzu und blickte dem anderen Mädchen in die blauen Augen.

Alexandras Augen weiteten sich, "Wirklich?"

Das Mädchen mit den grünen Augen nickte und errötete, "Wissen deine Eltern ...?"

"Ja, sie wissen Bescheid. Ich hatte mit meiner Mutter schon vor den Sommerferien darüber gesprochen", Akagi zog überrascht die Augenbrauen nach oben und Alexandra lächelte verlegen, dann fuhr sie fort, "Als ich gestern Abend so spät Heim kam, gab's erst mal kurz eine Standpauke von meinem Vater, aber ... ich hab ihm erklärt worum es ging und er hat es verstanden."

Akagi blickte sie glücklich aus verlegenen Augen an, "Da bin ich aber froh" murmelte sie.

"Sind wir ...", begann das langhaarige Mädchen vorsichtig, "Ich meine ... nach gestern drängt sich mir eine Frage auf. Sind wir denn jetzt ... zusammen? Also, sind wir ein Paar, meine ich ..."

"Ich ... denke schon ... Wenn du es willst?" Antwortete Akagi schüchtern und wurde rot. Alexandra konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, dann nahm sie das andere Mädchen impulsiv fest in den Arm und drückte sie an sich. Akagi war von der Geste so überrascht, dass sie einen Moment wie versteinert stehen blieb.

"Und wie ich das will! Wie sehr hab ich mir das gewünscht", wisperte Alexandra in ihr Haar, "Du ahnst vermutlich gar nicht, wie sehr ich gelitten hab in all der Zeit."

"Gomen nasai - tut mir leid", murmelte Akagi und legte dann schüchtern die zitternden Arme um sie.

"All die seltsamen Schwindelgefühle, die Übelkeit vor Aufregung und mein ständiges Ausweichen, wenn ich auf dich traf ... all das waren Symptome dafür, dass ich mich in dich verliebt hatte. Ich hab es nur am Anfang nicht begriffen und dann brauchte ich eine Ewigkeit um dir das zu sagen, denn ich wollte mir auf jeden Fall sicher sein. Und dann noch der Unfall am Südpol und die Kämpfe ... Ich hatte solche Angst, dass ich dich nie wieder sehen würde! Und dann stehst du plötzlich vor mir ..." brach ein Schwall an Erklärung aus ihr hervor.

"Oh ...", sagte das andere Mädchen, "Und ich hatte die ganze Zeit gedacht du würdest mich nicht mehr leiden können. Ich dachte, ich hätte was falsch gemacht und da du mit mir darüber nicht reden wolltest, beschloss ich, dich in Ruhe zu lassen ... Das hatte mich sehr verletzt ... Und dann dein Geständnis ... das hatte mich überrumpelt. Damit hatte ich gar nicht gerechnet ..."

"Das wollte ich nicht, wirklich", beteuerte Alexandra und lockerte den Griff. Sie legte ihre Stirn an die des anderen Mädchens. Akagi zuckte erst kurz zurück, ließ die Berührung dann aber zu. Tränen traten in ihre Augen und als Alexandra das sah, kamen auch ihr Welche.

"Hätte ich nicht so furchtbare Angst davor gehabt, dass du mich danach nicht mehr leiden können würdest, hätte ich dir schon viel früher die Wahrheit gesagt", murmelte sie und hob zitternd eine Hand um ihr damit die Tränen weg zu wischen, dabei fuhr sie mit dem Daumen über das Muttermal, das sie schon so oft bemerkt hatte.

Akagi lächelte und es sah nach einem wahrlich glücklichen Lächeln aus, "Jetzt ist ja alles gut, Kaiser-san, und wir müssen nicht mehr in dieser Ungewissheit leben."

Alexandra sah sie leicht vorwurfsvoll an, "Bitte nenn mich nicht mehr so, das klingt furchtbar. Sag Alexandra zu mir."

"Oh ... okay, ich versuche es" gab Akagi etwas verlegen zurück.

"Darf ich dich denn jetzt auch beim Vornamen ansprechen?" Alexandra kam sich fast etwas doof vor, diese Frage zu stellen, aber man wusste ja nie.

"W-wenn du möchtest ...?" sagte das japanische Mädchen leise.

"Ritsuko-san ...", murmelte Alexandra. "Das wollte ich schon länger zu dir sagen, aber ich habe mich nicht getraut ...", entschlüpfte es ihr und sofort wurde sie rot.

Der Blick des Mädchens mit den halblangen Haaren war verlegen und als es nach unten sah fiel er wieder auf Alexandras bandagierte Hände. Sie deutete darauf und fragte vorsichtig, "Sagst du mir heute, was ist mit deinen Händen passiert ist?"

"Ach das," Alexandra trat verlegen einen halben Schritt zurück und hob eine ihrer Hände. Sie kratzte sich kurz am Kopf und lachte, "Ähm ... eine Sportverletzung." Ritsuko sah sie mit erhobenen Augenbrauen an und Alexandra merkte, dass sie sie durchschaute. Entwaffnet ließ sie die Hand sinken und steckte beide verlegen in die Hosentaschen, "Na ja, ich musste irgendwo Dampf ablassen", gab sie schließlich zu, "Nach unserem Treffen auf dem Gang war ich tatsächlich etwas ... wütend."

"Also doch" murmelte Ritsuko betreten, die sich daran erinnerte, dass das andere Mädchen gegen die Wand des Ganges geschlagen hatte.

"Nicht auf dich, falls du das denkst", stellte das langhaarige Mädchen sofort richtig, "Ich war im ersten Moment schockiert und enttäuscht, ja, und dann war ich wütend auf mich selbst, weil ich dachte, dass ich mit meinem Geständnis alles kaputt gemacht hätte. Ich dachte du würdest nie wieder ein Wort mit mir reden ..." fügte sie halblaut hinzu.

Ritsuko griff sanft nach Alexandras rechtem Arm, zog die bandagierte Hand damit aus der Hosentasche und nahm sie in ihre Linke. Alexandra ließ es geschehen und als sie Ritsukos fragenden Blick auf sich spürte fuhr sie fort, "Na ja, ich war im Trainingsraum und hab es wohl etwas übertrieben", schloss sie ihre Erklärung. Ritsuko sah an ihrem verlegenen Blick, dass sie nicht genauer ausführen wollte, was vorgefallen war.

"Es tut mir leid, dass das zu so einem Missverständnis zwischen uns geführt hat", Ritsuko blickte betreten auf die bandagierte Hand hinab.

Alexandra nahm die zweite Hand aus der Hosentasche und strich dem anderen Mädchen vorsichtig ein paar Haare hinters Ohr; etwas, das sie schon seit geraumer Zeit tun wollte, auch wenn ihre Hand jetzt vor Aufregung zitterte. Sie war sich nicht sicher wie das andere Mädchen auf die Berührung reagieren würde, aber sie konnte das Bedürfnis nicht unterdrücken. "Jetzt ist doch alles gut", sagte sie leise, "es ist keine schlimme Verletzung, das wird heilen."

"Ich hätte nie gedacht, dass Berührungen so schön sein können ...", murmelte Ritsuko mit geschlossenen Augen und schmiegte ihre Wange an die Hand des anderen Mädchens, "Bisher hielt ich zu allen Menschen einen gewissen Abstand. Einerseits aus Anstand und Etikette, anderseits aus Furcht und ... Einsamkeit."

"Jetzt bist du nicht mehr allein", gab Alexandra sanft zurück, "und wir haben alle Zeit der Welt um es genießen zu können."

"Das klang sehr ...", begann Ritsuko.

"Kitschig?" Vervollständigte Alexandra grinsend und nahm die Hand runter.

"Romantisch, wollte ich eigentlich sagen. Doch für Romantik hab ich im Moment leider wenig Zeit, ich muss wieder zurück. Wenn meine Mutter wiederkommt und merkt, dass ich weg bin ... Sie ist in der Hinsicht sehr streng. Ich erwähnte ja, dass sie gern eine kontrollierte Umgebung hat", sagte Ritsuko mit leicht flehendem Blick.

Alexandra nickte, "Ich verstehe. Wann ... sehen wir uns wieder?" Fügte sie noch hinzu und Ritsuko fühlte sich, als würde ein Hund versuchen sie mit seinem Blick zu bezirzen.

"Bald, Kaiser-san. Ich verspreche es", antwortete sie lächelnd.

"Alexandra", korrigierte das langhaarige Mädchen sie freundlich, "Also gut, dann bis bald, Ritsuko-san" fügte sie hinzu und gemeinsam traten sie aus dem Raum.

"Ki o tsukete - sei vorsichtig", verabschiedete sich Ritsuko mit einer üblichen Floskel, dann wandte sie sich um und schritte den Gang entlang. Alexandra blickte ihr kurz nach, dann machte auch sie sich auf den Heimweg; es war schon über die Mittagszeit hinüber.

Freudig beschwingt über das Treffen und die Unterhaltung mit Ritsuko ging Alexandra den Weg zu ihrem Wohnraum entlang. Wenn ihr jemand begegnet wäre, hätte er ein glückliches Mädchen mit einem verträumten Blick und einem breiten Grinsen im Gesicht vorgefunden.

Mit dieser guten Laune kam sie zuhause an und wurde bereits von ihrer Mutter erwartet. Diese bemerkte das Hoch ihrer Tochter sofort und lächelte. Eigentlich hatte sie sie ermahnen wollen, weil sie schon wieder zu spät kam, aber sie beließ es dabei, weil sie die Freude ihrer Tochter nicht trüben wollte.
 

Die nächsten Tage verstrichen, ohne dass die beiden Mädchen sich wiedersahen, aber Alexandra versuchte ihre Ungeduld zu zügeln und konzentrierte sich auf den Buchclub, den sie abwechselnd in den Familienunterkünften von ihr, Hana und Yuriko abhielten. Ihre Mutter freute sich über die Abwechslung und stellte mit Genugtuung fest, dass ihre Tochter offenbar einige nette Kontakte geknüpft hatte.

"Habt ihr schon gehört? Ab morgen sollen wir Unterricht bekommen", erzählte Yuriko aufgeregt und ihre Augen nahmen einen leicht leuchtenden Ausdruck an.

"Ach ja? Wo denn?" Alexandra spitzte die Ohren, denn vermutlich war das ihre Fahrkarte Ritsuko wenigstens täglich sehen zu können.

Die jüngste im Bunde zuckte mit den Schultern, "Das weiß ich leider nicht, ich hab nur gehört, wie meine Mutter mit jemandem darüber geredet hat."

"Nun, wenn es schon morgen losgehen soll, dann werden wir es wohl heute noch erfahren", sagte Hana und sie klang ein wenig erleichtert, "Wurde auch mal Zeit, langsam fängt es an, hier unten langweilig zu werden."

Alexandra nickte bestätigend, "Ich würde ja zu gerne mal nach oben gehen."

Yurikos Augen wurden groß, "Das ist doch sicher gefährlich."

"Glaube ich nicht mal unbedingt", erwiderte die älteste, "Es klingt immer alles recht ruhig, niemand redet darüber, dass man hier kämpfen würde, oder so."

"Das stimmt allerdings", klinkte sich Hana ein, "vielleicht waren die Kämpfe nur in der Stadt so schlimm?"

Die drei schwiegen kurz, bevor sie sich wieder ihrem Buch widmeten und schließlich verabschiedeten sich die beiden jüngeren von ihr. Alexandra half Hana beim Zusammenpacken ihrer Sachen und öffnete für die beiden die Tür. Yuriko trug die Tasche der älteren, damit diese mit ihren Krücken nicht noch zusätzlich was schleppen musste.

"Na dann bin ich mal gespannt, ob wir uns ab morgen wieder Schulstoff widmen dürfen", sagte Hana noch mit einem Grinsen, dann verabschiedeten sich die beiden von Alexandra und diese winkte ihnen noch kurz nach, bevor sie wieder rein ging.

"Die beiden scheinen ja echt nett zu sein", meinte ihre Mutter mit einem Lächeln.

"Ja, das sind sie", Alexandra klang zufrieden und räumte die Gläser der Mädchen weg.

"Ist deine Ritsuko nicht ebenfalls in eurem Buchclub?" Ihre Mutter versuchte beiläufig zu klingen.

Alexandra wurde rot und erwiderte, "Sie ist nicht meine Ritsuko, aber ja, ist sie."

"Warum kommt sie denn nicht auch? Oder ist es euch etwa peinlich, wenn man euch zusammen sieht?" Ihre Mutter konnte ein kleines Grinsen nicht unterdrücken.

Ihre Tochter wurde noch röter, "Nein, das ist es nicht!" Fuhr sie auf, fügte dann aber leiser hinzu, "Ich wünschte, sie wäre auch dabei, aber ihre Mutter ist wohl recht streng ... Seit wir hier unten sind habe ich sie nur dreimal gesehen und das immer nur kurz und meist in Begleitung ihrer Mutter." Sie vergrub ihre Hände in den Hosentaschen, eine Geste, dass sie verlegen, aber auch etwas betrübt war.

Alexandras Mutter wuschelte ihr entschuldigend durch das Haar, "Sicher seht ihr euch bald wieder. Es ist schade, dass ihr jetzt hier unten getrennt voneinander sitzen müsst, anstelle wie alle Teenies bisher, die ihr Leben abseits der Schule genießen konnten", ihre Mutter klang fast etwas wehmütig.

"Yuriko-chan erwähnte, dass wir ab morgen wieder Schule haben könnten, vielleicht seh ich sie dann wenigstens täglich", sie versuchte zu lächeln.

Ihre Mutter drückte ihr einen Tee in die Hand, "Vielleicht kannst du sie mir dann ja mal richtig vorstellen. Ich habe sie zwar kurz kennengelernt, als sie dich besuchen wollte, aber da habe ich ja kaum mit ihr gesprochen. Und ich würde sehr gern das Mädchen kennenlernen, das dir so den Kopf verdreht hat." Sie lächelte, als sie bemerkte, dass ihre Tochter wieder rot wurde und fügte schnell hinzu, "Also nur wenn du magst. Es muss ja auch nicht sofort sein, ich bin nur neugierig", gestand sie. Alexandra nickte verlegen.

Im Gegensatz zu den Mädchen bei ihr damals auf der Schule, war sie nie verliebt gewesen und hatte sich auch nicht in diesem Maße für Jungs interessiert. Sie hatte irgendwie immer andere Dinge im Kopf gehabt.

Sie blickte auf den Tee in ihrer Hand hinab und entdeckte ihr Spiegelbild darin; es lächelte sie seicht an. Plötzlich kam sie sich ein kleines Stück erwachsener vor.

"Mama, findest du ich hab mich verändert?" Als ihre Mutter, die sich gerade dem Haushalt gewidmet hatte, fragend aufsah, schüttelte sie lächelnd den Kopf, "Ach nicht so wichtig", dann nahm sie einen Schluck von dem Tee.

"Du bist verliebt, da verändert sich immer irgendwas in einem", gab ihre Mutter sanft zurück, "Die letzten Monate waren generell eine große Veränderung für uns alle, ganz besonders die letzten vier Wochen ... Ihr Kinder müsst wohl schneller erwachsen werden, als gedacht." Wehmut klang in ihrer Stimme mit, "Vielleicht bist du jetzt auch nur einfach nicht mehr die kleine Alexandra, die ich bisher in dir gesehen habe. Du bist immerhin schon 14. Das wurde mir erst jetzt so richtig bewusst", gab sie zu und richtete sich auf. Mit der Hand maß sie die Höhe zwischen ihnen, "Und scheinbar bist du auch tatsächlich etwas gewachsen; du bist jetzt größer als ich", sie grinste.

Alexandra lächelte etwas verlegen. Tatsächlich überragte sie ihre Mutter um wenige Zentimeter, aber wie diese immer betonte, war es unschwer größer zu sein als sie. Thomas hatte ihre Mutter bereits mit 12 Jahren überholt, daher war es vielleicht naheliegend, dass auch sie die großen Gene ihres Vaters geerbt hatte.

Mit ihrem Tee setzte sie sich an den Küchentisch und half ihrer Mutter bei Kleinigkeiten im Haushalt um den Nachmittag rum zu bringen.

Als ihr Vater etwas später von der Arbeit kam erzählte er genau das, was Alexandra sich erhofft hatte: sie durften ab morgen wieder zum Unterricht. Es hatten sich in den aufgenommenen Familien drei Lehrkräfte gefunden, die die nötigsten Fächer unterrichten konnten, bis der Normalzustand wieder hergestellt sein würde; zwar wusste keiner wann das sein würde, aber alle waren sich einig, dass es sicher bald der Fall wäre. Der Unterricht sollte in einem Raum auf der selben Ebene, auf der  auch die Bibliothek lag, stattfinden damit Bücher von dort zurate gezogen werden konnten, denn es fehlte an Material. Alexandra jubelte innerlich, denn sie war sich sicher, dass Dr. Akagi auch ihre Tochter zu diesem Unterricht schicken würde.

"Das ist großartig, nicht wahr Schätzchen?" Sprach ihre Mutter sie an, während sie in sich hinein grinste.

Aus ihren Träumereien gerissen nickte sie eifrig, "Ja, das ist prima!"

Ihr Vater blickte sie etwas verdattert an, "Seit wann bist du denn so versessen auf den Unterricht?"

Alexandra war nie faul gewesen, aber zur Schule ging sie doch immer mit einem gewissen Widerwillen. Sie hatte Glück, dass der meiste Schulstoff an ihr hängengeblieben war, ohne großartig dafür lernen zu müssen, und darüber war sie sehr froh gewesen, hatte sie ihre Freizeit früher doch gerne draußen verbracht.

"Ach weißt du, langsam wird es hier unten eben langweilig" antwortete sie ihm, und es war keine Lüge, denn sie langweilte sich tatsächlich. Damit ergab sich die Gelegenheit ihren Vater nach der aktuellen Situation zu fragen, "Weiß man denn schon, wie es oben aussieht? Gibt es noch Kämpfe?" Sie fragte das durchaus mit leichten Magenschmerzen, denn ein Krieg war nie etwas schönes und sie hatte auch Angst, dass irgendwann die Lebensmittelrationen hier unten zur Neige gingen.

Ihr Vater schüttelte den Kopf, "Tokyo ist wohl noch ein hartumkämpftes Pflaster und in großen Teilen der Welt sieht es auch nicht rosig aus. Ich habe versucht meine Schwester zu erreichen, aber in Deutschland muss es auch katastrophal sein ..."

Alexandra schwieg. Sie schämte sich, dass sie ihre Familie durch ihre eigenen Probleme komplett vergessen hatte. Jetzt wo ihr Vater es ansprach machte auch sie sich Sorgen um ihre Tante, den Onkel und ihre Cousine.

"Ich hoffe, wir können sie bald erreichen", murmelte sie.

Ihre Mutter legte ihre Hand auf die des Vaters, "Es geht ihnen bestimmt gut, Schatz. Vielleicht ist nur die Telefonleitung gestört", sie lächelte ihm aufmunternd zu.

"Du hast sicher recht", gab er müde zur Antwort und begab sich dann in's Bad um sich frisch zu machen. Als ihre Mutter sich dann an's Abendessen machte fiel Alexandra erstmals auf, was für eine Rolle ihre Mutter in dieser Familie eigentlich hatte. Sie kümmerte sich natürlich um den Haushalt, aber sie hatte für jeden ein offenes Ohr und tröstende Worte; auf ihr musste eine große Last liegen, die keiner so richtig wahr nahm. In diesem Moment nahm sie sich vor, ihre Mutter mehr zu unterstützen, ihre persönlichen Probleme mal zurück zu stecken und öfter nachzufragen, ob es ihr auch gut ging.

Die Familie aß gemeinsam zu Abend, unterhielt sich noch ein bisschen und dann begaben sich alle zu Bett. Ihr Vater weil er müde war, und sie weil sie möglichst schnell schlafen wollte und den Morgen kaum abwarten konnte.



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