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Trink das Leben in vollen Zügen

von

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Der Beschützerinstinkt der Zicke

Marti schüttelte tadelnd den Kopf, doch in seinen Augenwinkeln stand ein Schmunzeln. Und das breitete sich schnell als Lächeln, ja als Strahlen über sein ganzes Gesicht aus.

„Kann mir mal einer sagen, was hier los ist?“, fragte nun Martis Schwester.

„Klar“, sagte Marti. „Das hier ist Jako, aus Berlin.“ Und dann, mit Freude und auch ein bisschen Stolz in der Stimme:

„Er ist mein Freund.“

Er strahlte und seine Schwester machte große Augen.

„Jako, das ist meine Schwester, Liona. Aber sie möchte am liebsten einfach Li genannt werden.“
 

Li reichte Jako die Hand.

„Du bist Martis Freund? Also Freund wie in 'Freund' oder Freund wie in 'fester Freund' ?“

„Ich bin sein fester Freund“, sagte Jako und schaute dann ein klein wenig unsicher zu Marti hinüber.

Marti nickte und strahlte.

„Ja, genau. Wir sind zusammen.“

Li schüttelte verwundert den Kopf.

„Brüderchen“, sagte sie, „ich komm da nicht ganz mit. Da hast du mir monatelang vorgejammert, du könntest jenen Jako nicht finden, und nun ist er hier, leibhaftig und in Lebensgröße, und du hast ihn dir gleich klar gemacht? Meine Güte, so schnell warst du ja nicht mal, als du noch laufen konntest!“

„Zicke!“, sagte Marti grinsend und liebevoll und boxte sie auf den Oberschenkel.

„Doofkopp!“, sagte sie und verpasste ihm eine Kopfnuss.
 

Jako mochte Li sofort. Sie schien ihrem Bruder von Herzen zugetan und ging locker und entspannt mit ihm um, und Marti schien genau das zu mögen.

Sie schien Humor zu haben und ziemlich cool zu sein, und man merkte, dass auch Marti sie lieb hatte.
 

Sie klatschte in die Hände.

„Na dann lasst uns mal losgehen, Mutter wartet mit dem frischgebackenen Kuchen. Und Loverboy nehmen wir mit, dann könnt ihr uns nachher in Ruhe erzählen, wie ihr euch gefunden habt, okay? Ich mache einfach das Bett im Gästezimmer fertig und dann sehen wir weiter.“

„Danke“, sagte Jako, schulterte seine und Martis Tasche und trabte hinter den beiden Fischers her.
 

Marti war schnell im Bulli untergebracht, das Gepäck verstaut und Jako nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Eigentlich hatte er sich nach hinten zu Marti setzen wollen, aber Li hatte darauf bestanden, dass er zu ihr nach vorn kam.

Als Marti protestieren wollte, sagte sie nur: „Klappe, Bruderherz. Ich muss mal alleine mit Loverboy reden!“

Und dann schlug sie die Hecktür vor Martis Nase zu.
 

Sie lenkte den Wagen vom Parkplatz und sagte:

„Du bist also der Jako, der monatelang verschollen war?“

„Was heißt hier verschollen", sagte Jako. „Ich habe mich nach deinem Bruder dumm und dusselig gesucht!“

„Mag sein“, sagte sie. „Jedenfalls bist du der Jako um den es geht?“

„Ja“, sagte er. „Das bin ich wohl.“

„Gut. Dann solltest du wissen, dass es Marti ziemlich ernst mit dir ist. Er hat gelitten wie ein Hund, weil er zu all der Scheiße, die ihm geschehen ist, auch noch dich schrecklich vermisst hat. “

Jako nickte.

„Ich hab ihn auch furchtbar vermisst.“

„Und du solltest auch wissen, Jako, dass ich dir nur raten kann, die Finger von ihm zu lassen, wenn du es nicht mindestens ebenso ernst meinst.“
 

Jetzt musste Jako grinsen.

„Aha, ist das jetzt hier das 'Tu ihm weh und ich bring dich um' Gespräch, große Schwester?“

„Nun, genau genommen bin ich die kleine Schwester, aber Marti und ich haben uns schon immer besonders nahe gestanden und uns gegenseitig beschützt, und ich gedenke nicht, ausgerechnet jetzt damit aufzuhören.“

Ihre Stimme wurde ernst.

„Weißt du, nach all dem, was der Große durchgemacht hat, kann er jetzt nicht auch noch ein gebrochenes Herz vertragen. Und wenn du ihm wehtun würdest, würde ich dir das sehr übel nehmen. Und ja, dann solltest du schnell und weit laufen können. Glaub mir.“
 

Jako lächelte. Ja, er mochte Li.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte er. „Ich hab Marti wirklich gern und habe nicht vor, ihm wehzutun. Ja, wir müssen uns erst richtig kennenlernen und so. Aber ich bin fest entschlossen, ihn nicht mehr loszulassen, jetzt, wo ich ihn endlich wiedergefunden habe.“

Sie räusperte sich.

„Dir ... ist schon klar, dass Marti wahrscheinlich für den Rest des Lebens auf diesen Rollstuhl angewiesen sein wird? Und dass das nicht gerade alles einfacher macht?“

„Mann", knurrte Jako, „sehe ich so aus, als wäre ich komplett naiv?“

Li grinste. „Nun ja ...“

Jetzt musste Jako lachen.

„Schon gut, Li. Glaub mir, ich habe die besten Absichten und bin nicht ganz dumm und auch nicht ganz lebensuntüchtig. Wenn dein Bruder das wirklich auch so möchte wie ich, dann werden er und ich das zusammen hinbekommen, was immer da auch kommen mag. Zufrieden?“

Sie nickte.

„Ja,“ sagte sie. „Ich glaube du bist ganz in Ordnung.“
 

Sie waren nun am Stadtrand von Salzgitter angekommen.

„Unser kleiner Bruder wird auch dort sein. Er ist dreizehn und die Pest auf Beinen“, sagte sie, aber das liebevolle Lächeln in ihren Augen strafte sie Lügen. „Und nicht dass du dich wunderst, er heißt Lion. Ja, ich weiß, Lion und Liona. Frag nicht, was unsere Eltern da geritten hat. Sie wissen es vermutlich selber nicht so genau.“

Jako lachte.

Dann fragte er:

„Meinst du, dass das für eure Eltern okay ist, wenn ich einfach so bei euch auftauche?“

Sie nickte.

„Klar. Die hatten schon immer ein offenes Haus für Freunde, auch die Freunde ihrer Kinder. Das hat sich nicht geändert. Und vielleicht kannst du helfen, Mama davon abzuhalten, Marti all zu sehr zu bemuttern. Das geht ihm nämlich gehörig auf die Nerven.“

„Ich gebe mein bestes“, sagte Jako und lächelte.
 

Als sie vor dem Haus der Fischers aus dem Auto stiegen und Marti holten, war der etwas verschnupft.

„Na, Schwester, hast du ihn in der Luft zerrissen?“, fragte er und nahm Jakos Hand.

„Ich lebe noch“, sagte Jako und beugte sich zu ihm, um ihn zu küssen.
 

Ein erschrockenes Ausatmen ließ sich hören.

Sie sahen sich um.

In der Tür stand Mama Fischer und schaute sie mit großen, aufgerissenen Augen an.



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