Zum Inhalt der Seite

Trink das Leben in vollen Zügen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Ursprung des Namens

Felix wusste Rat.
 

Aber zuerst einmal war es einfach nur tröstlich, sich bei Felix auszusprechen und ihm alles zu erzählen. Er war einfach ein unfassbar guter Freund, er hörte zu und ersparte Jako Vorwürfe. Davon machte er sich weiß Gott schon selber genug. Er wusste ja selber, wie dämlich das war, dass er nach mehreren Monaten des Kennens so wenig über Marti wusste.
 

Nein, so stimmte das nicht. Er wusste schon eine ganze Menge über Marti. Hatte teilgehabt an seinen Träumen, Wünschen, Hoffnungen. Hatte Einblick erhalten in seine Persönlichkeit.

Nur Namen und Telefonnummer hatte er eben nicht.
 

Jedenfalls war Felix wie immer großartig. Er ließ Jako reden, hörte ihm zu, war für ihn da.

Er nahm ihn in den Arm und tröstete ihn. Trocknete ihm die Tränen, die ganz unweigerlich flossen.

Und als Jako sich ein wenig beruhigt hatte, machte er Vorschläge, was sie jetzt tun konnten.
 

Es begann damit, dass Jako am nächsten Freitag, ein Tag an dem er nicht geplant hatte, zu den Eltern zu fahren, zum Bahnhof lief.

Er traf dort am Vormittag ein und blieb bis zum späten Abend. Bei jedem Zug, der in Richtung Braunschweig fuhr, sei es ein ICE oder ein popeliger Regionalzug mit einer dreimal-Umsteigen-Verbindung, war er auf dem entsprechenden Bahnsteig und hielt Ausschau.

Marti war jedoch nicht in Sicht.
 

Zu der Zeit, zu der sie sich sonst immer getroffen hatten, sprach er auf dem Bahnsteig eine junge Mutter an, die auch immer regelmäßig mitgefahren war. Er kam sich blöd vor, immerhin war Marti ja SEINE Begleitung gewesen, und nun fragte er eine wildfremde, ob sie irgendetwas über ihn wüsste. Ihr Blick war auch entsprechend seltsam ... aber sie bedauerte, sie wusste nichts über ihn.

Auch am Fahrkartenschalter konnte ihm niemand helfen. Er hatte ja nicht mal ein Foto von Marti, was er hätte vorzeigen können. Er musste sich rein auf seine Beschreibung verlassen.

Die Leute, die er fragte sahen ihn geradezu mitleidig an, aber helfen konnte ihm niemand.
 

Zu Hause an seinem Computer durchforstete er gemeinsam mit Felix das Internet.

Sie suchten in der Musikszene, denn Marti hatte von gelegentlichen Auftritten erzählt.

Nichts.
 

Jako wusste, das Marti in Berlin studiert.

Er hatte allerdings keine Ahnung, was. Vermutlich Musik ... aber es konnte genau so gut etwas völlig anderes sein, und die Musik war ein reines Hobby.

Also machten sie sich daran, an den Berliner Unis und Fakultäten zu suchen.

Nun ist es auf Grund des Datenschutzes nicht ganz so einfach, irgendwo anzurufen, und zu fragen: „Sagen Sie, ist bei ihnen ein gewisser Marti registriert? Nachname? Äh ... keine Ahnung!“

Also durchsuchten sie alles, was es an öffentlich zugänglichen Quellen gab: öffentliche Aushänge. Studentenzeitungen, Bibliotheksregister.

Nichts.
 

Apropos Zeitung.

Jako gab in verschiedenen Zeitungen Anzeigen auf.

„Gesucht wird Marti, braune Haare, blaue Augen. Kommt aus Salzgitter. Wir sind jeden zweiten Freitag zusammen bis Braunschweig gefahren. Bitte melde dich bei mir.“

Seine Hoffnung, dass Marti oder vielleicht jemand, der ihn kennen würde, sich melden würde, war umsonst.

Es kam nichts.
 

Er war ja nicht einmal sicher, ob Marti wirklich Marti hieß.

Er selber hatte sich schließlich auch als Jako vorgestellt. Die meisten, die ihn nicht nicht allzu eng kannten, vermuteten, dass er Jakob hieß. In Wahrheit war sein Name Jannick Konstantin. Beide Vornamen standen als gleichberechtigt auf seinem Personalausweis, doch er mochte keinen der beiden als Rufnamen haben. Schon mit drei Jahren hatte er darauf bestanden, Jako genannt zu werden, und seitdem gab es wenige Leute, die seinen eigentlichen Namen kannten.

Und wer weiß, vielleicht war es ja bei Marti ganz ähnlich?
 

Trotzdem schnappte er sich das Telefonregister von Salzgitter und begann zu suchen. Es gab keinen einzigen Eintrag mit dem Vornamen Marti.

Es gab ein paar Martys, einige hießen Martinus und Martinos.

Aber es war unfassbar, wie viele Menschen in einer relativ kleinen Stadt wie Salzgitter Martin hießen.

Er seufzte ob der Fülle und dann machten Felix und er sich daran, jeden einzelnen von ihnen anzurufen.

Die meisten schieden schon beim Klang der Stimme aus.

Einige wenige klangen ein klein wenig ähnlich, so dass er fragte: „Sind Sie eventuell der Marti, der mit mir alle zwei Wochen von Berlin nach Braunschweig gefahren ist?“

Einige Antworten waren verärgert, andere einfach nur neugierig.

Nichtsdestotrotz.

Die ganze Arbeit war umsonst.

Am Ende hatten sie nichts.
 

Er erwog ernsthaft, das gleiche in Berlin durchzuziehen, aber die Anzahl von Martins war schier unüberschaubar, und wie gesagt, vielleicht war das ja nicht einmal der echte Name ...

Also ließen sie das. Es wäre einfach nicht zu schaffen.
 

Sie machten einen Aufruf auf ihrem relativ neuen YouTube Kanal.

Auch das brachte nichts.

Ein Aufruf auf Twitter.

Nichts.
 

Bis Ende März zog sich die ganze Aktion hin, und immer noch hatte Jako jeden zweiten Freitag gehofft, dass Marti irgendwann einfach wieder auftauchen würde.

Nada.

Niente.

Nitschewo.
 

Und schließlich, Anfang April, war der Punkt erreicht, wo Jako aufgab und sich damit abfand, dass er Marti nie mehr wiedersehen würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück