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Schlaflos

von

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Risse in Mauern

„Was mache ich denn bloß, wenn es wirklich so war, Stiles?“ Derek blickte den jungen Mann an seiner Seite ratlos an: „Was mache ich, wenn sie wirklich gegen meinen Willen...? Das... das wäre ja fast so, als hätte sie mich...?“
 

Stiles holte tief Luft und erwiderte dann:

„Das sagst du immer wieder, Derek. Du sagst `Das wäre fast so, als ob...´, aber das ist nicht richtig, denn dann wäre es Vergewaltigung und nicht weniger als das. Punkt! Aus!“
 

Derek blickte ihn an, wie vom Donner gerührt. Es dauerte einen kurzen Moment, ehe er darauf antworten konnte:

„Aber...“ stammelte er: „... ich bin ein Mann! Da kann sie doch gar nicht...? Ich meine... wer würde mir das schon glauben? Das ist doch lächerlich!“
 

„Warum ist es lächerlich? Zu denken, du könntest kein Opfer werden, bloß weil du ein Mann bist, das ist lächerlich! Weißt du, wie viele von den Jungs, die ich von der Straße kenne bereits Opfer einer Vergewaltigung geworden sind? Und bei mir selbst war es auch schon ein paar Mal kurz davor.“ Irgendwie hatte Stiles das Gefühl, Derek in dieser Sache nicht allzu sehr mit Samthandschuhen anfassen zu dürfen, sondern ihn mit Ehrlichkeit auf das vorbereiten zu müssen, was höchstwahrscheinlich geschehen war.
 

„Aber das ist doch etwas anderes! Kate ist eine Frau! Eine Frau kann einen Mann doch gar nicht zwingen!“ wandte Derek hilflos ein.
 

Stiles seufzte:

„Kann sie doch, wenn sie den Mann, zum Beispiel mit einer Droge willenlos macht, oder etwa nicht?“
 

Derek sackte ein wenig in sich zusammen und schenkte ihm einen hilflosen Blick.
 

Stiles ahnte, was es für einen Kerl wie ihn bedeuten musste, sich eingestehen zu müssen, möglicherweise Opfer einer solchen Gewalttat geworden zu sein. Er war der Chef, der Mächtige, der, der die Geschicke so Vieler bestimmte. Einer wie Derek erlebte sicherlich nicht sehr oft Momente von Ohnmacht; nicht so, wie Stiles selbst, den sein Leben auf der Straße auf sehr gründliche Weise gelehrt hatte, dass Menschen Raubtiere waren und dass man höllisch aufpassen musste, um nicht ihre Beute zu werden.

Aber vielleicht erinnerte Derek diese Sache ja auch an ein anderes Mal in seinem Leben, als er zum Opfer geworden war; als man nämlich ihm und seiner Familie das Dach über ihrem Kopf angesteckt hatte, wobei er jeden verloren hatte, den er je geliebt hatte?

Stiles legte sehr sanft und bedächtig die Arme um den Älteren, weil er ihn auf gar keinen Fall bedrängen wollte, hauchte einen Kuss auf seine Schläfe und flüsterte:

„Lass´ uns wieder zu dir nachhause fahren und versuchen, noch ein wenig zu schlafen. Morgen früh wissen wir vielleicht schon mehr!“
 

Derek schluckte. Dann erhob er sich von der Treppe vor dem Krankenhaus, nahm Stiles bei der Hand und sie kehrten zu Auto zurück.
 

Egal, was Stiles in dieser Nacht probierte, es wollte ihm einfach nicht gelingen, Derek zum einschlafen zu bewegen und irgendwann war auch er selbst vollkommen erschöpft und fühlte sich wie ein totaler Versager, denn schließlich hatte er hier bloß einen einzigen Job zu erledigen und doch gelang es ihm heute einfach nicht. Um sieben Uhr morgens gaben sie es einfach auf, erhoben sich, zogen ins Wohnzimmer vor die Glotze um und Greenburg brachte ihnen einen starken Kaffee:
 

„Jetzt bist du mir bestimmt böse, dass ich dir nicht helfen konnte, oder?“ fragte Stiles beklommen und nahm einen vorsichtigen Schluck der heißen, bitteren Flüssigkeit.
 

Derek blickte ihn erstaunt an:

„Wie kommst du darauf, dass du mir nicht geholfen hättest? Ich wäre ohne dich heute Nacht höchstwahrscheinlich durchgedreht. Ich bin so froh, dass du bei mir warst, Stiles. Es hat mir immerhin ein bisschen Sicherheit gegeben.“
 

Stiles blickte ihn erstaunt an, doch Derek nickte nur noch einmal zur Bestätigung und legte ihm einen Arm um die Schulter.
 

Im Fernsehen liefen Cartoons und Stiles legte irgendwann seinen Kopf auf Dereks Schoß. Als dieser dann auch noch dazu überging, ihm das Haar zu kraulen, konnte der Jüngere die Augen einfach nicht länger offen halten und nickte doch noch einen Augenblick lang ein.
 

Irgendwann wurde er wieder davon wach, dass Dereks Handy klingelte.

Stiles horchte auf, doch er konnte lediglich aus der Anrede schließen, dass Doktor Geyer am anderen Ende der Leitung sein musste, jedoch nichts über den Inhalt des Gesprächs, da Derek nach der Begrüßung lediglich mehrmals `Aha´ sagte, sich schließlich bedankte und dann auflegte:

„Und? Was hat er gesagt?“ erkundigte sich Stiles vorsichtig.
 

Derek wirkte unbehaglich und ein wenig verwirrt, als er antwortete:

„Sie haben kein GHB nachweisen können, aber ich könnte in zwei Woche zu einer Haaranalyse wiederkommen, die vielleicht etwas ergeben würde. Sie haben jedoch etwas anderes in meinem Blut gefunden, nämlich ein potenzsteigerndes Medikament.“ Stiles blickte ihn erwartungsvoll an und so versicherte Derek schnell: „Ich habe so etwas wissentlich noch nie eingenommen, falls du dich das gefragt hast. Oh, Stiles, ich bin so müde, dass ich gar nicht darüber nachdenken kann, was das nun bedeutet.“
 

Stiles verschränkte seine Finger mit denen von Derek und erwiderte:

„Ich denke, das bedeutet trotzdem, dass sie dir GHB gegeben hat, was allerdings bereits von deinem Körper abgebaut wurde und als du körperlich dann nicht so reagiert hast, wie sie sich das vorgestellt hat, hat sie dir noch etwas für die... uhm... Standfestigkeit gegeben. Ich denke, es bedeutet außerdem, dass sie gegen deinen Willen Sex mit dir gehabt hat und dass du zu einem Arzt gehen solltest, um sicherzugehen, dass das für dich keine negativen Konsequenzen hat. Du solltest so schnell wie möglich eine PEP-Behandlung machen, um vielleicht eine mögliche HIV-Infektion zu verhindern und dann solltest du außerdem diese ganzen Tests machen; Hepatitis, Tripper und so weiter.“
 

Derek riss entsetzt die Augen auf:

„Meinst du wirklich, dass das notwendig ist?“ fragte er mit gepresster Stimme:
 

Eine Woge von Mitgefühl überrollte Stiles:

„Ich weiß es nicht, Baby?“ erwiderte er traurig: „Aber sicher ist sicher! Und wir sollten es jetzt tun, denn die Behandlung macht lediglich 48 bis maximal 72 Stunden nachdem man den Viren möglicherweise ausgesetzt gewesen ist Sinn, also lass´ uns gehen!“
 

Einen Augenblick lang wirkte Derek unentschlossen, doch dann setzte er sich in Bewegung.
 

Dr. Geyer hatte heute eigentlich seinen freien Tag, wie er Derek am Telefon mitgeteilt hatte, dennoch hatte er versprochen, die Untersuchungen selbst durchzuführen, um auch wirklich Diskretion zu Gewährleisten und sich gleich auf den Weg zu machen und so kamen beide Parteien dann beinahe zeitgleich am Krankenhaus an.
 

Der Arzt wollte Stiles bei der Untersuchung eigentlich nicht dabei haben, doch Derek bestand darauf, dass er bei ihm blieb. Das Untersuchungsprozedere kannte dieser ja schon, da er und Scott es ja jüngst erst selbst hinter sich gebracht hatten. Derek würde aber in einer Woche noch einmal kommen müssen, um das Ganze zu wiederholen, da eine eventuelle Infektion ja erst zweieinhalb Tage zurücklag.

Derek wurde blass, als Dr. Geyer von ihm einen Harnröhrenabstrich nahm.

Er wurde noch blasser, als er hörte, dass er nun vier Wochen lang ein HIV-Medikament einnehmen musste, mit Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen:
 

„Ich helfe dir da durch!“ versicherte Stiles und fühlte sich elend für Derek, denn irgendwie fand er es ungerecht, dass dieser so etwas nun durchmachen musste. Solche Zumutungen des Alltags waren doch eigentlich bloß für so kleine Sünder, wie ihn selbst vorbehalten, oder etwa nicht?

Kurz stellte Stiles sich die absurde Frage, ob er irgendwie verantwortlich für das war, was Derek zugestoßen war; ob er ihm wohl irgendwie Unglück brachte, indem er ihn mit seinem eigenen Elend infizierte, doch dann schüttelte er heftig den Kopf, um diesen erschreckenden Gedanken wieder loszuwerden.
 

Als sie den Termin bei Dereks `Leibarzt´ hinter sich hatten, verschwanden sie umgehend aus dem Krankenhaus und fuhren zu Stiles nachhause um sich noch ein wenig hinzulegen, ehe Derek sich dann am Abend mit Malia treffen würde. Und dieses Mal schlief der Ältere; er schlief sogar wie ein Toter und Stiles ahnte, dass es daran lag, dass die jüngsten Ereignisse ganz einfach zu viel für ihn gewesen waren. Wer konnte es ihm verdenken?

Stiles wachte nun also über seinen Schlaf und nach einer Weile vielen auch ihm selbst die Augen zu.
 

Gegen drei erwachte Derek dann von allein wieder und saß sogleich aufrecht im Bett.
 

„Alles okay, Baby?“ murmelte Stiles verschlafen: „Hattest du einen bösen Traum?“
 

Derek schüttelte den Kopf und erklärte ernst und entschlossen:

„Ich werde mit Kate sprechen! Ich werde sie zur Rede stellen!“
 

„Sicher, dass das so eine gute Idee ist?“ erkundigte sich Stiles und rappelte sich ebenfalls mühsam auf: „Vielleicht solltest du lieber zu den Cops gehen und Anzeige gegen sie erstatten?“
 

Derek drehte sich mit entsetztem Blick zu ihm um:

„Ich soll der Polizei sagen, ich sei von einer Frau vergewaltigt worden? Die lachen mich doch aus! Auf keinen Fall! Kommt nicht in Frage! Nein, ich werde mit Kate sprechen und dann werde ich erfahren, was passiert ist!“
 

Stiles schenkte ihm einen zweifelnden Blick:

„Ich werde dann aber mit dir kommen!“ entschied er.
 

„Das ist nicht nötig. Ich komme schon klar!“ versicherte Derek
 

„Ich kann ja im Auto warten, aber ich lasse dich auf keinen Fall allein dort hingehen!“ beharrte Stiles nachdrücklich und ignorierte damit ganz dreist die offensichtliche Tatsache, das Derek ihn nicht dabei haben wollte, denn eine Sache wusste er ganz genau: Derek war diesem Miststück allein nicht gewachsen und unterschätzte Kate vollkommen.
 

Derek machte ein unglückliches Gesicht, doch er verbot Stiles auch nicht, mit ihm zu kommen. Er sagte lediglich:

„Also gut, wenn dir das auch wirklich nicht zu langweilig im Wagen wird?“
 

„Keine Sorge, ich kann mich schon beschäftigen!“ versicherte Stiles und damit war die Sache beschlossen. Er nahm sich ein Fachbuch über Kriminalistik mit und sie machten sich auf den Weg zu dem Hotel, in welchem Kate abgestiegen war.
 

Stiles wünschte Derek viel Glück und blickte ihm sorgenvoll hinterher, wie er, um eine tapfere Körperhaltung bemüht, auf das Gebäude zuschritt.
 

`Seltsam?´ dachte Stiles, als er das Hotel näher in Augenschein nahm. Es war zwar nicht gerade eine billige Abstiege, aber die erste Adresse am Platze war es nun auch nicht gerade. Lief es am Ende etwa mit der Modellkarriere gar nicht so spitzenmäßig, wie Kate alle glauben machen wollte?

Denn selbstauferlegte Bescheidenheit schien irgendwie nicht ganz dem Stil dieser Frau zu entsprechen. Sie hatte bislang keinen Zweifel daran gelassen, dass sie Luxus liebte.

Ging es etwa ausschließlich darum? Suchte Kate bloß einen Versorger, um sich zur Ruhe setzen zu können, weil ihre Karriere nicht mehr lief? Tat sie Derek das alles wirklich bloß deswegen an?
 

Stiles war überrascht zu sehen, dass Derek das Gebäude bereits nach einer halben wieder verließ und nun mit verwirrter Miene auf den Wagen zusteuerte:

„Und? Was hat sie gesagt?“ fragte er stirnrunzelnd, nachdem Derek wieder neben ihm saß.“
 

„Sie hat es zugegeben, dass sie mir ein Potenzmittel gegeben hat, doch so wie sie es darstellt, habe ich es selbst so gewollt?“ erwiderte Derek: „Sie hat gesagt, sie hätte es mir angeboten, weil ich zu betrunken gewesen sei, um eine Erektion zu haben. Dass sie mir GHB eingeflößt hätte bestreitet sie vehement. Da ist sie richtig sauer geworden und hat mich gefragt, ob ich sie eigentlich für ein Monster halten würde. Sie hat mich angebrüllt und schließlich sogar rausgeworfen. Sie hat so aufrichtig gewirkt?“
 

„Und glaubst du ihr das Theater etwa?“ fragte Stiles ungläubig.
 

„Welchen Grund sollte Kate haben, mich zu etwa zu zwingen? Sie ist eine schöne Frau und könnte vermutlich Jeden haben. Warum also? Vielleicht ist es ja wirklich so, wie sie sagt und ich war einfach zu betrunken, um zu wissen, was ich tat?“ gab Derek zu bedenken.
 

Stiles verdrehte die Augen:

„Selbst wenn es so gewesen wäre, was ich nicht glaube, dann hatte sie die Situation ja scheinbar immer noch besser im Griff als du, denn schließlich hat SIE keine Erinnerungslücken. Sie hätte nein sagen müssen, anstatt dir Pillen zu geben. Ich glaube, Kate will dich für sich haben. Deucalion und sie haben das eingefädelt, denke ich!“

Und nun berichtete Stiles, was Deucalion zu ihm bei Dereks Geburtstagsparty gesagt hatte.
 

Derek blickte ihn mit einer Mischung aus Misstrauen und Zorn an und sagte lauter als nötig:

„Du denkst, Deucalion hätte Kate dazu angestiftet, mich mittels Drogen gefügig zu machen? Er ist mein Freund, Stiles! Er würde das niemals zulassen!“
 

Stiles versucht, sich von Dereks Wut nicht allzu sehr einschüchtern zu lassen und erwiderte so gefasst, wie er es vermochte:

„Das habe ich auch nicht behauptet! Ich denke, auch wenn er mich nicht leiden kann, ist Deucalion dennoch im Grunde ein anständiger Kerl, der dir ganz sicher nicht schaden will. Ich denke eher, dass er auch keine Ahnung davon hat, wie kreativ Kate werden kann, wenn sie etwas will.“

Dereks Blick blieb finster und so erklärte Stiles:

„Ich denke, ich lasse dich jetzt besser allein, damit du über alles nachdenken kannst. Ruf´ mich an, falls du mich sehen willst!“

Er machte Anstalten aus dem Wagen zu steigen.
 

`...FALLS du mich sehen willst´?

Dieses `Falls´ klang schneidend und unangenehm und mit einem Mal bekam Derek es mit der Angst zu tun:

„Bitte bleib!“ forderte er nun ganz kleinlaut.
 

Stiles wandte sich um und seufzte:

„Ich bin nicht dein Feind, Derek! Ich sage dir bloß was ich denke. Ich weiß, dass das alles so unangenehm ist, dass man es nicht einmal denken möchte, aber deswegen werde ich dir trotzdem nichts vormachen. Was für ein schlechter Freund wäre ich dann?“
 

Derek hatte diesen reumütigen Blick, dem Stiles einfach nicht widerstehen konnte und dann sagte er sogar noch:

„Es tut mir leid!“
 

Stiles ließ sich zu einem kleinen Lächeln verleiten und zog den Älteren in seine Arme, um ihn festzuhalten.
 

Kate starrte durch die Vorhänge ihres Hotelfensters, sah wie Derek in seinem Wagen mit diesem Jungen herummachte und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr war vollkommen Klar, wer ihr diesen ganzen Schlamassel eingebrockt hatte. Diese dreckige, kleine Ratte war ihr doch ein bisschen ZU clever. ER hatte Derek diesen Floh ins Ohr gesetzt und auch wenn sie gerade eine recht passable Vorstellung abgegeben hatte, war sie nicht sicher, ob Derek ihr das wirklich abgekauft hatte.

Verdammt!

Sie musste diesen Burschen endlich loswerden, bevor er ihr noch alles ruinieren konnte!
 

„Was willst du denn jetzt in einem Shoppingcenter, Stiles?“ fragte Derek verwirrt:
 

„Ich will etwas besorgen.“ erwiderte der Jüngere geheimnisvoll:
 

„Ach was? Also darauf wäre ich jetzt von selbst nicht gekommen.“ behauptete Derek und folgte Stiles in die Mall.
 

Zielstrebig marschierte dieser auf ein Bekleidungsgeschäft zu, griff sich eine Jeans, mehrere T-Shirts und Boxershorts und zwei Trainingshosen:
 

„Willst du das Zeug nicht wenigstens vorher anprobieren? Die Hosen sehen mir ehrlich gesagt ein bisschen zu lang für dich aus.“ kommentierte Derek, der die Shoppingtour skeptisch beobachtete
 

Stiles schenkte ihm ein kleines Grinsen:

„Du hast ein gutes Augenmaß, aber das passt schon! Die Sachen sind nämlich gar nicht für mich.“
 

Da ging Derek ein Licht auf:

„Also ist das für Isaac, richtig?“
 

„Bingo!“ bestätigte Stiles grinsend und trabte hinüber zur Kasse:
 

„Lass´ mich doch dafür bezahlen!“ forderte Derek: „Du hast nicht so viel Geld und das Wenige was du hast, solltest du lieber für dich selbst ausgeben!“
 

Stiles lachte:

„Also erstens kommt mein Geld doch ebenfalls von dir, zweitens habe ich mehr als reichlich im Vergleich zu früher und drittens ist es mir wichtig, das hier selbst zu bezahlen.“
 

Als sie einen Augenblick später wieder im Wagen in Richtung Malias Apartment saßen, wollte Derek wissen:

„WARUM ist es dir wichtig gewesen, die Sachen für diesen Isaac selbst zu bezahlen?“
 

Stiles auf dem Beifahrersitz zuckte mit Schultern:

„Ich will nicht vergessen, wo ich herkomme und was ich erlebt habe. Ich weiß, wie viel Glück ich gehabt habe, dich getroffen zu haben, Derek. Du tust so wahnsinnig viel für mich!“
 

Derek lachte und es klang ein wenig bitter:

„Ich tue doch überhaupt nichts. Das bisschen Spielgeld, dass ich dir gebe bemerke ich shließlich gar nicht. Vielleicht finden meine Finanzberater ja sogar ein Hintertürchen, um dich irgendwie von der Steuer abzusetzen, oder so. Zuzutrauen wäre es diesen gerissenen Frettchen. Nein wirklich, ich tue überhaupt nichts! Für niemanden! Ich drehe mich nur um mich selbst und tue mir leid. Im Grunde ist es ziemlich erbärmlich!“
 

„Hör auf mit dem Quatsch!“ forderte Stiles streng: „Dir mag es wie Spielgeld vorkommen, doch dank dir können Scott und ich verdammt gut leben, statt lediglich zu ÜBERleben. Wir haben ein Dach über dem Kopf und es fehlt uns an nichts, im Gegenteil, es ist sogar noch genug zum Teilen! Du bist mein Retter und mein Held, verstehst du mich?“
 

Derek sagte nichts dazu, sondern verfiel in düsteres Schweigen.

Stiles fragte sich, was wohl gerade hinter seiner Stirn vorgehen mochte, doch er fragte nicht. Stattdessen sagte er nach einer Weile:

„Ich habe Malia vorhin eine Nachricht geschrieben, dass sie dafür sorgen soll, dass Isaac und du euch nicht begegnet. Gestern war er vielleicht zu fertig, um viel mitzukriegen, doch er ist clever und wenn er dich heute erkennt, würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass er nicht sofort zur Presse rennt und denen die Geschichte von Derek Hale und seinem Stricher erzählt.“
 

„Und für so jemanden gibst du dein Geld aus?“ fragte Derek erstaunt:
 

„Warum nicht?“ gab Stiles zurück: „Nur, weil ich so nicht handeln würde, heißt das nicht, dass ich es nicht verstehen könnte. Jeder muss sehen, wo er bleibt und ich weiß zwar nichts über Isaacs Geschichte; das weiß niemand, denn er spricht nie über sich selbst, aber eines sagt mir mein Gefühl, und zwar dass er es schwerer gehabt hat, als die meisten von uns.“
 

Sie hielten an einer roten Ampel und Derek nutzte die Chance, um sich zu Stiles hinüberzubeugen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben:
 

„Wofür war das?“ fragte der Jüngere überrascht.
 

Derek blieb die Antwort schuldig, lächelte schüchtern und musste sich dann wieder auf den Verkehr konzentrieren, als die Ampel auf grün umschlug.
 

Malias Stimmung war schwer einzuschätzen, als sie ihnen die Tür öffnete. Von ihrer unbändigen Energie und auch von ihrer Kratzbürstigkeit war jedenfalls gerade nicht viel zu spüren. Sie wirkte lammfromm und in sich gekehrt, beinahe wie betäubt.

Bis auf Isaac, der immer noch in ihrem zum Krankenzimmer umfunktionierten Studio seine Verletzungen auskurierte, war sie allein Zuhause. Danny und Lydia seien vor einer Stunde gegangen, teilte sie mit.
 

Derek folgte seiner Cousine in ihr Schlafzimmer und Stiles klopfte, mit seinen Einkaufstüten bewaffnet, an der Tür des Krankenzimmers.
 

„Was willst du denn hier Stilinski?“ fragete Isaac überrascht, als er seinen Gast erblickte:
 

„Ich will dir bloß schnell etwas geben.“ erwiderte der Angesprochene schlicht:
 

„Was ist es denn? Ein Blow-Job vielleicht? Das ist zwar nett, aber komm´ lieber in ein paar Tagen noch mal wieder, wenn ich mich nicht mehr so fühle, als hätte mich ein Truck gerammt.“
 

„Sorry Kumpel, aber wegen sexueller Gefälligkeiten musst du dich an jemand anderen wenden. Ich war bloß ein wenig für dich einkaufen!“ gab Stiles grinsend zurück und reichte Isaac die Tüten.
 

Dieser rappelte sich mühsam auf, betrachtete die Einkäufe und fragte misstrauisch:

„Sag mal, bist du verrückt geworden, oder so? Wieso kaufst du denn für mich ein? Was willst du von mit, hm?“
 

Stiles seufzte:

„Ich will gar nichts von dir. Ich dachte nur, dass es dir vielleicht gefallen würde, Malias Wonder-Woman-T-Shirt gegen etwas zu tauschen, was ein bisschen besser zu dir passt. Da ist kein Haken dran, oder so.“
 

Isaac kniff die immer noch geschwollenen Augen zusammen:

„Was bist du? Die Hure mit dem Herzen aus Gold? Keiner tut etwas für einen, ohne eine Gegenleistung zu fordern, und schon gar nicht in unserer Branche, also raus mit der Sprache!“
 

„Doch sicher tut man das. Ich habe in letzter Zeit ein bisschen Glück gehabt, also tut es mir nicht weh, einem Freund einen kleinen Gefallen zu tun!“ versicherte Stiles:
 

„Wir sind aber keine Freunde, Stiles, denn ich habe keine Freunde!“ knurrte Isaac giftig.
 

Stiles zuckte mit den Schultern:

„Tja, daran solltest du vielleicht langsam mal etwas ändern, dann wirst du auch nicht mehr auf der Straße zusammengetreten. Verdammt, Mann... Danny hat gesagt, sie hätten dich tatsächlich umgebracht, wenn er nicht dazwischen gegangen wäre! Willst du wirklich immer so weitermachen, wie jetzt? Und nun sei kein Arschloch und freu´ dich gefälligst über die Sachen!“

Stiles wollte sich schon zum Gehen wenden doch dann zückte er, einem Impuls folgend seine Brieftasche und legte alles Bargeld, welches er gerade bei sich trug, zweihundertsechsundfünfzig Dollar in die Hand eines fassungslosen Isaacs:

„Für dich, weil du ja zur Zeit nicht arbeiten kannst, denn du siehst aus, wie Scheiße!“ erklärte er.
 

„Du... du bist doch wohl völlig übergeschnappt!“ stammelte Isaac: „Ich geb´s dir auf jeden Fall alles wieder zurück!“

Kurz schien es, als würde die überaus raue Fassade erste Risse bekommen.
 

„Nicht nötig!“ versicherte Stiles, der keine große Sache daraus machen wollte und drehte sich ein weiteres Mal in Richtung Tür, wurde jedoch sogleich von Isaac am Handgelenk festgehalten:
 

„Verrätst du mir, was passiert ist, dass du neuerdings mit Geld um dich werfen kannst? Wieso sieht man Scott und dich schon seit Wochen nicht mehr auf der Straße?“
 

Stiles lächelte:

„Das erzähle ich dir vielleicht, falls wir beide eines Tages wirklich Freunde werden!“

Mit diesen Worten verließ er das Zimmer
 

In Malias Wohnzimmer sah es immer noch wüst aus. Die Gastgeberin hatte es bislang offenbar noch nicht geschafft, nach der gestrigen Geburtstagsparty aufzuräumen und weil Stiles das Familientreffen, welches gerade im Schlafzimmer stattfand nicht stören wollte und nichts Besseres zu tun hatte, begann er nun damit, Flaschen und Geschirr einzusammeln und den Abwasch zu erledigen.
 

Derek und Malia hatten eine Weile nebeneinander auf dem Bett gesessen und schweigend die Briefe und Fotos betrachtet, welche der Notar am gestrigen Abend dagelassen hatte.

Irgendwann ergriff Malia das Wort, indem sie fragte:

„Gibt es eigentlich noch weitere Familienmitglieder?“
 

Derek schluckte, ehe er die traurige Antwort über die Lippen brachte:

„Nein, ich bin der letzte Überlebende. Also... das dachte ich zumindest bis gestern.“
 

„Und hast du diesen Peter... also ich meine meinen biologischen Vater... hast du ihn gemocht?“ wollte Malia wissen. Ihre Stimme klang dabei seltsam abwesend.
 

„Ich habe ihn bewundert und geliebt. Er war wie ein großer Bruder für mich, doch er war ganz anders als ich selbst; lebenslustig, schillernd, faszinierend... ? Ich kenne dich noch nicht sehr gut, doch ich glaube, du kommst in vielen Dingen nach ihm.“ erklärte Derek nachdenklich:
 

„Ich fürchte eher, ich komme in vielem nach meiner Mutter. Sie ist eine herzlose, rücksichtslose Frau!“ murmelte Malia: „Ich hasse sie und nun noch mehr, seit ich weiß, dass ich ihretwegen niemals meinen echten Vater kennenlernen durfte.“
 

Derek schüttelte den Kopf:

„Ich bezweifle, dass du wie deine Mutter bist. Dieser Danny hat Isaac gestern gezielt zu DIR gebracht. Er wusste, dass es dir nicht gleichgültig sein würde, was aus ihm wird und dass du helfen würdest, dabei scheint Isaac ja allgemein nicht allzu beliebt zu sein, stimmt´s? Und Stiles hat mir erzählt, dass du ihm und Scott in der Vergangenheit immer wieder geholfen hast, indem du ihnen Geld geliehen und sie durchgefüttert hast. Das klingt nicht besonders herzlos für mich.“
 

Malia zuckte mit den Achseln:

„Aber du hast mein Arbeitszimmer gestern gesehen, oder? Du hast gesehen, wie ich mein Geld verdiene?“
 

Derek lachte ein klein wenig:

„Na und? Was ist schon dabei? Diese Männer, die zu dir kommen, kriegen doch nur das, wonach sie verlangen, oder nicht? Ich finde es nicht schlimm, dass deine Kunden es auf diese Weise wollen. Und genauso wenig finde ich es schlimm, dass du diese... Dienstleistung anbietest.“
 

Malia dachte einen Moment darüber nach und sagte dann:

„Aber ich schätze, ich werde den Job trotzdem an den Nagel hängen. Irgendwie hängt´s mir zum Hals raus.“ Sie schüttelte mit einem ungläubigen Grinsen den Kopf: „Eine Millionen Mäuse! Kannst du mir verraten, was man mit so einem Haufen Schotter machen soll?“
 

„Also als erstes würde ich mir einen guten Anwalt suchen. Der kann bestimmt noch mehr für dich rausholen, als diese läppische Millionen. Meine Familie hatte immer schon wahnsinnig viel Geld.“ schlug Derek vor.
 

Da löste sich Malia urplötzlich aus ihrer Erstarrung und sie begann lauthals loszulachen:

„Du bist echt ein komischer Vogel, weißt du das, Derek?“ stellte sie fest, als sie sich wieder beruhigt hatte: „Du gibst mir Tipps, wie ich dich um dein Erbe erleichtern kann? Wer macht denn so etwas?“
 

Nun lachte auch Derek und plötzlich war es so, als wäre ein Bann gebrochen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mamesa
2018-05-30T19:22:49+00:00 30.05.2018 21:22
Hey ho!
Pfffff gib ihr doch einfach das geld, dann spart ihr euch den anwalt !

Armer derek der ist total am Ende mit den Nerven
Antwort von:  GingerSnaps
30.05.2018 21:26
Die beiden regeln das schon! :-)

Ja, Derek ist am Ende, aber wer kann es ihm verdenken.


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