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Between Near and Distance - Unter den Goldkiefern

Eine Bonanza Geschichte
von

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Kapitel 2

Kapitel 2
 

Schließlich hielt er die Luft an und lauschte angestrengt. Schon das zweite Mal hatte er etwas gehört, das hier nicht hingehörte. Da war es wieder. Joe wusste beim besten Willen nicht was er da hörte. Dann erinnerte er sich an dieses Leuchten. Er gab Cochise einen Gute-Nacht-Klaps und verließ den Stall.
 

Das Geräusch wurde lauter, je näher er kam und bald schon erkannte er, was er da hörte. Aber richtig glauben konnte er es erst, als er es sah. Er bog um die Ecke und machte erst große Augen, bis er schließlich grinste.
 

Adam hatte einen Baumstamm neben das Haus geschleppt und saß auf diesem, dabei lehnte er so weit zurück, dass er wie im Liegestuhl lag. Scheinbar war die Hauswand als Lehne auch noch bequem. Vor ihm hatte er ein Lagerfeuer angemacht und darum herum lagen Teller und Töpfe. Sogar noch gefüllt, so wie es hier roch. Doch das allein war gar nicht das unglaubliche. Sein Bruder hatte außerdem seine Gitarre ausgekramt und spielte eine versonnene Melodie. So versonnen, dass Joe das Gefühl hatte, Adam spiele gar nicht bewusst.
 

So leise wie möglich lehnte Joe sich, wo er war an die Wand und lauschte dem Gitarrenspiel. Er kam nicht umhin festzustellen, dass Adam bei diesem Spiel offensichtlich gut abschalten konnte. Sein Gesicht war vollkommen entspannt und die Augen geschlossen. Joe hatte Adam schon lange nicht mehr so gelöst gesehen und irgendwie ging diese Ruhe und Harmonie auch auf ihn über.
 

Es verging eine ganze Weile in der Joe nur zuhörte, ehe er darüber nachdachte, ob Pa sie denn nicht hören konnte. Im Kopf ging er die Zimmer der Ranch durch und kam zu dem Schluss, dass sie unter Adams Zimmer saßen und so keinen stören konnten. Schließlich wurden die Töne immer leiser, bis sie nicht mehr zu hören waren und Adam die Gitarre absetzte.
 

Joe kam sich vor, wie aus einem Traum erwacht und stellte sich aufrecht hin. Adam bemerkte ihn und sah ihn entspannt an.

"N’Abend, kleiner Bruder. Du hast sicher Hunger, setz dich."

"Hi, Adam. Stör ich dich denn nicht? Du willst doch sicher wieder alleine sein."

"Wenn das so wäre, hätte ich dich schon als du gekommen bist weggeschickt."

"Ach, ich dachte du hättest mich gar nicht bemerkt."
 

Joe grinste und setzte sich schließlich neben Adam. Hungrig nahm er sich von dem Essen, welches eindeutig nicht Hop Sing zubereitet hatte, und blickte Adam zunächst skeptisch an.

"Hast du das gekocht?"

"Mir blieb nichts Anderes übrig. Kurz nachdem du weg warst hat Hop Sing den Streik ausgerufen, du kannst dir sicher denken wieso."

Adam schmunzelte und griff, auf Joes skeptischen Blick hin, dessen Löffel, nahm sich ein wenig von Joes vollem, unangerührtem Teller und aß es selbst.

"Siehst du, nicht vergiftet." Dann gab er Joe den Löffel zurück.
 

Joe klappte der Mund auf und schwungvoll drehte er sich von Adam weg.

"Dann kannst du dir ja selbst noch was nehmen." Meckerte er und schlang das Essen gierig herunter.

Und verschluckte sich prompt.

Adam lachte und klopfte Joe auf den Rücken, bis er wieder normal atmen konnte.

"Das kommt davon."
 

Eine Weile war es still und so konnte sich Joe darauf konzentrieren ohne weitere Zwischenfälle aufzuessen. Adam hatte sich währenddessen erneut seine Gitarre auf den Oberschenkel gelegt und zupfte eher leise vor sich her.

"Und? Hast du denn einen erwischt?"

"Hä? Einen was?"

"Puma." Schmunzelte Adam und amüsierte sich wieder mal über Joe.

"Achso. Nein, leider nicht, ist keiner aufgetaucht."

Nach seinem zweiten Nachschlag legte er sein Besteck schließlich weg und lehnte sich neben Adam an die Wand. Das hatte gutgetan. Joe hatte über den Tag gar nicht gemerkt, wie hungrig er geworden war. Und zudem war Adams Essen auch noch sehr lecker gewesen.
 

Eigentlich müsste er nun gehen. Wenn er heute noch in die Stadt und auch heute noch wiederkommen wollte, dann hatte er keine Zeit mehr zu vertrödeln.
 

"Pa schläft schon?"

"Eine Weile. Er übernimmt den ersten Teil der Nachtschicht. Da sollte er sich zuvor ausgeruht haben."

"Und du bist noch nicht müde?"

"Nicht ganz. Zu wach um zu schlafen, aber zu müde für die Bücher." Joe linste zu seinem Bruder und sah, dass dessen Augen wieder geschlossen waren, auch sein Gitarrenspiel war wieder eine Spur lauter geworden.
 

Aber eigentlich konnte er auch hierbleiben. Zumindest im Moment war es ziemlich entspannt zwischen dem ältesten und dem jüngsten Sohn. Das sollte er nutzen, bevor es wieder zum nächsten Streit kam. Der nächste war nie weit weg. Joe seufzte lautlos und klappte seinen Kragen hoch, um sich tiefer in die Jacke zu mummeln. Das Feuer wärmte zwar, aber wenn der Wind mal etwas stärker vorbei wehte, fröstelte er doch etwas. Prompt schob Adam einen Fuß nach vorne und kickte gekonnt, über die kurze Distanz, einen Scheit Holz ins Feuer - und das ohne abzusetzen oder sich im Ton zu vergreifen!
 

Joe war so überrascht, dass er Adam entgeistert ansah.

"Wer bist du und was hast du mit meinem Bruder gemacht?"

Adam spielte in aller Ruhe weiter und schmunzelte auf Joes Frage hin nur.

Schließlich änderte er die Melodie ein wenig, er spielte lauter und auch etwas schneller und fing an zu summen. Joe vergaß seine Frage und entspannte langsam bei den Klängen. Eigentlich konnte er doch froh sein, dass sein Bruder etwas lockerer drauf war.
 

Adam summte die Strophe zu Ende, dann begann er die Melodie erneut und sang leise, aber trotzdem verständlich.
 

Just a melancholy echo

Lingering when the day is through,

It's the call of the canyon,

Once again I'm dreaming of you.

Every night I search the moonlight

Up and down the river shore

It's the call of the canyon,

Maybe I will find you once more.
 

Adam stieß sich von der Hauswand ab ohne sein Gitarrenspiel zu unterbrechen und beugte sich über sein Instrument. Sein Hut rutschte dabei etwas nach vorne und verdeckte einen Teil seines Gesichts. Trotzdem hatte er Joe vollkommen in seinen Bann gezogen und spielte mit einem leichten Lächeln die nächste Strophe.
 

Standing there alone by the ashes

Of the fire we said would never die,

Will I ever find an ember burning

From the days gone by.
 

Adams Stimme wurde ein wenig leiser, bis er fast flüsterte. Seine Finger flogen nur so über die Seiten.
 

Then I hear a lonely whisper

As a little spark I see

It's the call of the canyon,

Bringing back your answer to me.
 

Adams Gesang stoppte und kurz darauf auch die instrumentale Begleitung.

Joe brauchte einen Moment. Er hatte seinen Bruder zuvor schon singen gehört, aber es war immer wieder schön und mitreißend. Vergessen war seine innere Unruhe, tatsächlich fühlte er sich so entspannt wie schon lange nicht mehr.

So entspannt, dass er versonnen ins Nichts blickte und seinen Bruder nicht sah, der vor ihm stand und belustigt auf ihn herabschaute.
 

"Schläfst du schon, Kleiner?"

Joe zuckte erschrocken zusammen, sprang sofort auf und klopfte sich den nicht vorhandenen Dreck von seiner Hose.

"Ich bin jetzt müde genug. Wenn du noch hierbleiben willst, sei bitte nicht zu laut. Und denk dran das Feuer zu löschen."

"Ähm ja, klar. Gute Nacht, Adam." Meinte Joe verwirrt und setzte sich wieder.

"Gute Nacht."

Adam lächelte ihm kurz zu und ging nach Joes Antwort hinein.
 

Ja, nun war er hier alleine auf Adams improvisiertem Lagerplatz. Aber irgendwie hatte das Ganze was. Es hatte diese Lagerfeuer-Romantik und es war nicht von der Hand zu weisen, dass Adam es geschafft hatte, ihn vollkommen einzulullen. Nun hatte er doch bekommen, wonach er sich gesehnt hatte. Geborgenheit. Und das verursacht durch seinen Bruder.

Joe bemerkte eine weitere Lichtquelle, diesmal schien sie aber von hinten zu kommen, genauer gesagt von oben. Adam hatte Licht in seinem Zimmer gemacht. Kurz darauf hörte Joe wie Adam das Fenster öffnete, wie jeden Abend. Joe nutzte die Gelegenheit und legte den Kopf in den Nacken.
 

"Hey Adam." Flüsterte er hinauf.

Prompt tauchte sein Bruder im Fenster auf und beugte sich hinab, um Joe sehen zu können.

"Ja?"

Joe konnte genau sehen, dass Adam das Hemd bereits ausgezogen hatte, doch der Morgenmantel fehlte. Er grinste kurz.
 

"Gibst du mir eine Decke ab?"

"Jetzt? Ich bin schon halb im Bett."

"Lass sie einfach runterfallen, ich fang sie schon."

Adam seufzte.

"Joe..." Adam seufzte. "Na gut, aber nicht in den Dreck fallen lassen."

"Ich würde mir ja eher Gedanken ums Feuer machen, aber wenn du meinst, lass ich sie nicht in den Dreck fallen."
 

Adam war mit dem Oberkörper eigentlich schon wieder im Zimmer gewesen, doch schnellte er sofort wieder hinaus und blickte Joe eindeutig mahnend und wenig begeistert an. Joe lachte leise und ignorierte den erhobenen Finger. Als ob. Und lange musste er auch nicht warten, da tauchte Adam wirklich mit seiner Lieblingsdecke auf.

"Was macht denn meine Decke bei dir im Zimmer?" Fragte Joe besorgt. Sofort stand er auf, die musste er wirklich unbedingt fangen.

"Die liegt bei mir, weil das meine ist. Und die will ich wiederhaben. Verstanden?"

"Ja, kriegst du wieder", murmelte Joe und konzentrierte sich auf die Decke, die Adam noch immer in den Händen hielt.
 

Adam verdrehte die Augen. Da glaubte er doch nicht wirklich dran. Aber wenn sein Bruder da unten fror, dann musste er ihm doch eine Decke geben. Adam zielte genau auf Joe, ließ die Decke erst etwas hinab und dann los.

Joe reagierte sofort und streckte seine Arme nach dem Stoff aus. Tatsächlich schaffte er es sie zu fangen, bevor sie in die Nähe des Bodens kam.
 

"Gute Nacht Joe."

"Nacht Adam."

Zufrieden wickelte sich Joe in die Decke ein und tippelte zurück zu dem Baumstamm, auf den er sich fallen ließ.
 

Tatsächlich versuchte Joe so leise wie möglich zu sein. Irgendwann bemerkte er, dass Adam sämtliches Besteck mit reingenommen hatte, die Gitarre aber lehnte noch am Baumstamm.

Leise nahm sich Joe die Gitarre und zupfte an ein paar Seiten. Müde schloss er die Augen und ließ sich von seinem eigenen Spiel einlullen.
 

Das Licht bei Adam war schon vor Stunden gelöscht worden als er behutsam an der Schulter gerüttelt wurde.

Es fiel Little Joe verdammt schwer wach zu werden. Er fühlte sich wie gerädert und doch erholt zugleich. Schließlich aber war er wach genug, um seinen Vater zu erkennen.

"Joe. Geh doch auf dein Zimmer."

"Nee, ich will noch hierbleiben."

Nun sah Joe sich um und entdeckte, dass das Feuer schon so gut wie ausgebrannt war, da glühten noch die letzten Reste, aber eine Flamme suchte man vergeblich. Wie lang hatte er denn geschlafen?
 

"Geh ins Bett, mein Junge. Hoss kommt auch gleich Heim, ich gehe ihn jetzt ablösen."

Joe nickte stumpf und kämpfte sich aus den Fängen seiner Decke frei. Anschließend knüllte er sie in seinem Arm zusammen und nahm die Gitarre in die andere Hand.

"Machst du das Feuer aus?" Murmelte Joe leise und versuchte nichts fallen zu lassen.

"Natürlich mein Sohn. Gute Nacht."

"Nacht Pa, oder eher guten Morgen."
 

Ben löschte das Feuer und wartete, bis Joe drinnen angekommen war. Schließlich lief er zum Stall. Als er das nächste Mal am Haus vorbeikam, war nun auch das Fenster bei Joe offen. Ben stieg auf und gerade als er von der Ranch ritt ging auch bei Joe das Licht aus.



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