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Ratschläge einer Therapeutin

..."Was soll das?!"
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Doom. Komplett anzeigen

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Ein unbeeindruckter Malik

Malik saß auf der Couch und klickte sich durch diverse Internetseiten auf seinem Computer durch. Gerade schaute er sich eine Homepage eines Heimarbeitsladens durch und verglich die Preise für Baumwolle zu den Meterpreisen auf den anderen beiden Internetseiten, die er parallel dazu geöffnet hatte. Seine Augen fingen an zu glänzen, als er Plüsch entdeckte. Weiß! Er brauchte weiß.

Ein Schrei lenkte Malik ab und seufzend erhob er sich von dem Sofa. Er betrat die Küche und blieb wie angewurzelt stehen. Was für ein Chaos! Der Blonde schüttelte den Kopf und hob seine Stimme, um gegen das Geschrei anzukommen.

„Brauchst du Hilfe?“

Bakura, der an seinem Handy hing und gleichzeitig Wasser in den Topf füllte, den er daraufhin auf die Herdplatte stellte, drehte sich um. Seine Augenbrauen waren eng einander gezogen. Er knurrte mehr als er antwortete: „Nein!“

Malik nickte kurz. Mehr zu sich selbst als zu jemand anderen, denn Bakura hatte sich schon lange wieder weggedreht. Anscheinend war sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung dran gegangen, denn sogleich redete er eine Spur weniger bedrohlich.

„Hier ist Bakura. Er schreit schon wieder…“

Malik zog sich wieder auf die Couch zurück und tippte weitere Suchbegriffe auf seinem Laptop ein.

Nach einiger Zeit fischte er sein eigenes Mobiltelefon aus der Jackentasche, die lässig über die Couchlehne geworfen lag. Er wählte Kuras Nummer und wartete die Freizeichen ab.

„Was ist?“, meldete sich Kura. Auch wenn die Worte harsch waren, klang die Stimme entspannt und zufrieden.

„Kannst du für mich einkaufen gehen nach der Arbeit? Ich bräuchte da…“

Malik zählte ihm eine lange Liste auf. Zum Ende seiner Aufzählung steckte Bakura seinen Kopf ins Wohnzimmer und brummte einige Dinge, die Malik dann weiter ins Telefon gab.

„Ist das alles?“

Die Stimme klang weniger zufrieden, doch auch nicht verärgert oder genervt. Malik empfand die Stimme als einen Ausdruck seines eigenen Wesens: neutral.

 

Malik begutachtete mit Freude den Inhalt der Einkaufstüten, die Kura auf dem Tisch vor ihm gestellt hatte. Mit zwei davon hatte er Kura gleich weiter in die Küche zu Bakura geschickt. Zumindest war es inzwischen ruhig geworden, man konnte nur immer wieder die nörgelnde Stimme Bakuras vernehmen, wenn er mal wieder kurz davor war die Beherrschung zu verlieren. Innerlich zollte er dem ehemaligen Ringgeist Respekt. Er hätte sich nicht so lange mit dem ‚Problem‘ beschäftigen können.

Lieber widmete sich der Ägypter dem Auspacken seiner neuen Nähausrüstung. Eine ganze Palette verschiedenfarbiges Garn ließ seine Augen voller Begeisterung funkeln. Als nächstes inspizierte er die Sammlung an Nadeln. Er war schon ganz in seine eigene Welt versunken, als ein erneuter Aufschrei ihn hochfahren ließ.

„Typisch!“

Das klang nach Bakura. Neugier ging Malik zur Küche und linste hinein. War es nicht eine idyllische Familie, die er da sah?

Kura hielt ein blondes Baby auf seinem Arm und kitzelte es mit einem Finger, was dem Kleinen ein freudiges Quicken entlockte. Das Bild wurde perfekt ergänzt von einem Bakura, der durch die Küche jagte und dabei Kura mit ‚gehobener Stimme ansprach‘ – was dieser jedoch völlig ignorierte.

„Einfach typisch! Ich kümmere mich den ganzen lieben Tag um ihn. Mache esse, wechsle die Windeln, wasche ihn, wiege ihn in den Schlaf und dann kommst du kurz herein und schon ist sein erstes Wort an dich gerichtet!“

Kura blickte nicht einmal hoch, sondern schenkte seine Aufmerksamkeit dem kleinen Bündel in seinen Armen.

„Dadda!“

„Schon wieder!“

 

Ein Lachen unterdrückend drehte sich Malik um und schmiss sich wieder auf die Couch. Kura hatte ihm auch eine kleine Auswahl an Stoffen mitgebracht. Malik griff nach Karton, Stift und seiner neuen Schere. Nur einige Augenblicke später war er in die Anleitung auf seinem Laptop vertieft. Er merkte nicht mal auf, als Kura wieder die Wohnung verließ.

 

Es war schon dunkel als Ryou nach Hause kam und sich seufzend auf die Couch neben Malik niederließ. Dieser war gerade fleißig am Nähen. Verwirrt beobachtete Ryou seinen Mitbewohner bei der Tätigkeit einige Zeit. Malik ließ sich zuerst nicht davon beirren, doch nachdem das Schweigen sich über mehrere Minuten gezogen hatte, legte er sein Handwerk zur Seite und lächelte Ryou an.

„Abend. Willkommen zu Hause.“

„Abend…“, murmelte Ryou. Sein Blick war immer noch auf den Stoff gerichtet, der zusammengefaltet neben Malik lag. „Was machst du da?“, fragte er vorsichtig nach.

Voller Stolz griff der Ägypter nach seinem Erstlingswerk und hielt es hoch. Es war zwar noch nicht ganz fertig, doch unverkennbar ein Strampelanzug aus gelben Stoff.

„Ich werde da noch Stickereien anbringen. Ich konnte mich nur noch nicht für ein Motiv entscheiden. Es war schon eine Aktion Bakura davon zu überzeugen, dass ich Maße nehmen durfte…“

„Bakura?“ Ryous Augen weiteten sich. Der Gedanke „Habe ich was verpasst?“ stand ihm auf der Stirn geschrieben.

„Aber ich habe es am Ende doch größer gemacht. Mariku scheint übermenschlich schnell zu wachsen.“

„Mariku?“

Malik hatte es nicht für möglich gehalten, dass Ryous Augen noch weiter aufgerissen werden konnten. Doch dieser schaffte es ihn mit einer Mimik voller Entsetzen eines Besseren zu belehren. Es verschaffte Malik eine für ihn selbst unerwartete Befriedigung Ryou so lange im Dunkeln zu lassen. An nur einem Tag hatte sich immerhin sehr vieles verändert! Der Blonde schmunzelte ehe er sich erbarmte und eine Erklärung lieferte.

„Du weißt, dass Mariku heute bei Frau Kawasaki war.“

Ryou nickte zur Bestätigung.

„Nun, nach der Sitzung war er sehr nachdenklich und schweigsam. Als wir nach Hause gekommen sind, hat er sich in unser Zimmer verkrochen. Nichts Ungewöhnliches soweit, nicht wahr?“

Abermals nickte Ryou.

„Eine halbe Stunde später hörte ich dann einen Schrei. Als ich das Zimmer stürmte, fand ich dort statt Mariku eine Miniversion von Mariku vor. Also ein kleines blondes Baby, das schrie.“

Amüsiert beobachtete Malik das Entgleisen von dem Gesichtsausdruck Ryous. Die Geschichte klang auch wahrlich verrückt.

„Das ist kein Scherz. Du kannst ihn dir gerne nachher selbst anschauen, auch wenn er zwischen schon etwas gewachsen ist. Vielleicht ist er jetzt schon ungefähr eins?“

„Aber…das…wie…“

Malik nickte.

„Ich habe Bakura gefragt. Er meinte, dass das wohl die Reste von den Kräften der Milleniumsgegenstände und des Reichs der Schatten waren, zu denen Mariku wahrscheinlich noch unbewusst eine Verbindung hatte.“

Ryou schluckte.

„Könnten Kura und Bakura…“

Malik schüttelte sofort den Kopf, ehe Ryou den Satz auch nur beenden konnte.

„Nein. Bakura erklärte da Kura und er in zwei verschiedene Körper aufgeteilt wurden, obwohl sie eigentlich den gleichen Ursprung haben, ist ihre Kraft endgültig aufgebraucht. Aber ich bin noch gar nicht fertig mit Erzählen.“

„Da kommt noch mehr?“

Ein vorfreudiges Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Blonden aus.

„Natürlich. Als Bakura nach Hause kam, hat er sich den restlichen Tag voller Hingabe um Mariku gekümmert.“

 

Ryou war felsenfest davon überzeugt gewesen, dass ihn nichts mehr schocken konnte. Was konnte auch schon überraschender sein als ein geschrumpfter Mariku? Doch dies übertraf es. Bakura verhielt sich allgemein in der letzten Woche komisch. Seit sie bei Frau Kawasaki waren. An dem Tag kam Bakura erst am späten Nachmittag Heim und verschwand dann fast täglich um die Mittagszeit. Er wollte strikt nicht verraten, was er tat. Jeder Versuch es ihm zu entlocken endete in einem kleinen Wutausbruch seitens Bakura. Doch sogar diese waren anders – er wirkte nicht mehr, als würde er am Rande vom Kontrollverlust stehen. Stattdessen erinnerten sie Ryou an einen Jugendlichen, dem etwas peinlich war. Über seine absurden Gedanken selbst verwundert, schüttelte Ryou den Kopf und konzentrierte sich wieder auf sein Gegenüber. Malik strahlte ihn förmlich an. Da schien noch mehr zu kommen…

„Bakura hat sogar jemanden angerufen und um Hilfe gebeten. Danach klappte es ganz gut mit den beiden. Ich vermute, er hat irgendwo eine Mutter kennengelernt. Oder eine nette alte Oma mit viel Erfahrung. In die Küche würde ich an deiner Stelle trotzdem nicht gehen, es sei denn du möchtest das Chaos wieder beseitigen.“

Innerlich stellte sich Ryou bei den Worten schon mal auf eine lange Nacht des Aufräumens ein.

„Das Beste kommt übrigens noch.“ Wie lange war denn dieser Tag gewesen?! „Kura ist irgendwann nach Hause gekommen und hat Mariku in den Arm genommen. Daraufhin hat ihn Mariku „Dada“ genannt.“ Malik lachte bei der Erinnerung laut auf und hielt sich schnell die Hand an den Mund, um den Geräuschpegel niedrig zu halten. „Bakura ist ausgeflippt. Ich vermute er hat sich eigentlich in der Vaterrolle gesehen, irgendwo musste Mariku ja das Wort gelernt haben. Aber Mama sein steht ihm bestimmt auch…“

Ryou schüttelte sanft den Kopf. Diese Erzählung hörte sich wie aus einem schlechten Roman an. Gleichzeitig spürte er Stolz in sich aufkeimen. Es war beeindruckend, dass Bakura sich so gut um Mariku gekümmert hatte. Vorher schienen sich die beiden eher zu ignorieren. Das war doch schon mal eine positive Entwicklung. Gut, eine sehr sonderbare Entwicklung. Aber auch eine Positive.

„Macht es dir gar nichts aus, dass Mariku jetzt ein Baby ist?“, fragte er vorsichtig nach. Die Vorstellung von Kura oder Bakura als Kleinkinder jagte ihm eine Gänsehaut ein.

Malik schüttelte lächelnd den Kopf und nahm wieder den Strampelanzug in die Hände.

„Nicht wirklich. Jetzt habe ich halt einen kleinen Bruder statt einem gleichaltrigen. Ist eigentlich ganz schön. Immerhin bin ich eigentlich der Jüngste in der Familie. Solange sich Bakura um ihn kümmert und ich ihn nicht selbst aufziehen muss, ist es gut so. Außerdem kann ich ihm süße Kleidung nähen.“

„Ich wusste gar nicht, dass du nähst.“

„Habe ich auch schon lange nicht mehr gemacht. Isis hat es mir mal aus Langweile beigebracht. Da war ich…zehn, denke ich.“

 

Ryou lehnte sich auf die Couch zurück und entspannte sich. So vieles hatte sich plötzlich verändert. Kura war ausgeglichen und zufrieden mit seinem Leben. Er arbeitete sogar gerade für Kaiba und verdiente eigenes Geld, was Ryou sehr erleichterte. Es wurde doch langsam sehr schwer für alle zu sorgen. Malik war die Ruhe selbst, noch mehr als sonst, und hatte wohl ein neues Hobby gefunden. Mariku war anscheinend zu einem Kind geworden. Und Bakura…Bakura hatte angefangen zu leben. Erst jetzt wurde Ryou bewusst, wie sehr er doch vorher das Zentrum von Bakuras Universum gewesen war. Doch nun hatte Bakura eigene Interessen und Sorgen. Manchmal…ja, manchmal vermisste er es. Vielleicht hatte Frau Kawasaki doch Recht und er sollte sich ein Hobby suchen. Er brauchte auch etwas außerhalb dieses Irrenhauses.

„Was sie wohl mit Mariku besprochen hatte…“, flüsterte Ryou gedankenverloren.

Er hatte keine Antwort erwartet, doch Malik lieferte ihm trotzdem eine.

„Ich kann es mir denken.“ Ryou drehte seinen Kopf leicht zur Seite, um Malik sehen zu können. Der Blonde jedoch blickte nicht einmal von seiner Arbeit auf.

„Weißt du, Mariku ist ursprünglich ein Teil von mir gewesen. Ich habe ihn aus meinem Hass erschaffen. Ich hatte schon keine erfüllte Kindheit, doch er hat all die Wut und Schmerzen geschluckt. Gemessen daran, dass ich mich nur noch verschwommen an die negativen Ereignisse erinnere und an viele positive nach dem Tod meines Vaters, hatte Mariku vermutlich gar keine Kindheit. Vermutlich ist ihm das klar geworden und er wollte das jetzt nachholen.“

„Wie lange er wohl so bleiben wird?“

Malik zuckte mit den Schultern. „Vermutlich solange er will. Vielleicht wird er weiter so schnell wachsen und ist in wenigen Monaten fertig. Vielleicht auch nicht. Aber ganz ehrlich, ich freue mich für ihn. Eine Kindheit mit umsorgenden Eltern ist schön.“

Ryou lachte leise auf. „Umsorgende Eltern?“

Malik sah auf und grinste breit. „Schon eine komische Vorstellung, was? Vielleicht sollte ich Kura auch Papa nennen.“

Ein Schauer jagte Ryou über den Rücken bei der Vorstellung.

„Zumindest ist Bakura nicht mehr in seinem Teenager-Stadium“, fügte Malik an.

Ryou lächelte leicht bei den Worten. Das war in der Tat ein Fortschritt.

 

„Apropos Kura, wo steckt er eigentlich?“

Jetzt wo er darüber nachdachte, fiel Ryou auf wie still die Wohnung war. Er konnte ganz deutlich das Ticken der Küchenuhr hören.

„Vermutlich in irgendeinem Club. Oder bei Kaiba. Wer weiß das schon. Du kannst ihn anrufen. Dank dem Diensthandy, das er schamlos für private Zwecke benutzt, ist er ja erreichbar.“

Ryou schüttelte den Kopf und setzte sich auf. „Er kann auf sich aufpassen. Ich gehe mal nach Bakura schauen.“

Malik nickte in Richtung seines und Marikus Zimmer und widmete sich wieder dem Nähen zu.

 

Ryou öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt weit und spähte hinein. Es war eine klare Nacht mit einem fast vollen Mond, dessen Schein durch das Fenster hineinströmte. Auf dem Futon am Fenster lag Bakura zusammengerollt. Daneben schlief ein kleines Kind. Definitiv älter als eins, entschied Ryou und beobachtete die Szene einige Zeit lang ehe er die Tür wieder leise schloss. Dann konnte er diese Nacht sein Bett ganz für sich alleine haben. Das war doch auch eine schöne Abwechslung. 



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