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I Shall Rise

von

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[Su] - You are so cold


 

VII

Summer
 

Was geschah mit ihr?

Samantha Nishimura lag zusammengekauert auf ihrem Bett; ihr Körper bebte unaufhörlich, hie und da verkrampfte er. Tränen hatten eingesetzt, aber verbot sie sich jeden Schluchzer.

Zu welch einem Scheusal mutierte sie? Von Kindesbein an war sie als ein lebensfroher und aufgeschlossener Mensch bekannt; sie liebte ihr Leben und genoss es in vollen Zügen. Mittlerweile jedoch hatte sie sich verloren. Ihr Innerstes war zerrissen. Wo blieb ihre Gelassenheit, ihre spitzfindigen Kommentare?

Sie war nicht mehr alleine.
 

»Sam?«, hörte sie ihre Mitbewohnerin, das Klopfen an der Tür. Nach dem Fiasko am späten Nachmittag war sie nach Hause geeilt und hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Sam hatte die Kontrolle verloren; wie schon wenige Tage zuvor.

»Ich hab uns Tee gemacht.«

Samantha biss sich auf die Zunge, vergrub das Gesicht unter dem Kissen. Sie wollte Lara Croft weder sehen noch hören und das erschreckte sie. Steckte sie dahinter, Himiko? Mehr und mehr lernte sie die Gegenwart der Archäologin hassen. Egal, was Lara auch tat, sie spürte eine unsagbare Wut in ihrer Nähe, die von Tag zu Tag stärker wurde. Sam kam bereits der Gedanke, ob sie nicht woanders hin ging, zur Not in ein Hotel, bis sich ihr Zustand eben besserte. Einfach um einen größeren Abstand zwischen sie zu bringen.

»Verdammt, Sam! Ich weiß, dass du nicht schläfst!«
 

»Verschwinde, Lara!«, fauchte die junge Produzentin. Sie konnte es nicht aussprechen – ihr nicht die Wahrheit sagen, die sie seit Wochen bedrückte. Selbst Kaz gegenüber war die Vermutung nur schwer über die Lippen gekommen und seither schien sie komplett zu blockieren.
 

»Tut mir leid«, wisperte Sam in die Dunkelheit ihres Zimmers, wissend ihre Stimme würde nicht bis nach draußen dringen.
 

Mitten in der Nacht hatte sich Samantha aufgerappelt. Durst trieb sie auf die Beine und nach dem sie mit gespitzten Ohren gelauscht und nichts vernommen hatte, war sie vor die Türe getreten. Kein Licht brannte in der Wohnung und vorsichtig tapste sie zur Zimmertür ihrer Mitbewohnerin, die einen Spalt offen stand. Das Bett war unberührt, sie war nicht da. Dieses Mal spürte sie einerseits eine Entspanntheit, doch andererseits wieder einen Hauch von Wut darüber, dass die andere tatsächlich aufgab und verschwand. Samantha wusste, dass sie rasch eine Lösung finden musste. Denn so konnte sie auf Dauer nicht leben! Nicht so.
 

In der Küche schaltete sie das Licht an; am Esstisch erkannte sie die Teekanne und zwei Tassen, beide unbenutzt. Davor lag – neben einem Stift – ein beschriebenes Blatt. Neugierde entfachte und während Sam auf den Stuhl glitt, griff ihre Hand bereits nach der feinsäuberlichen Nachricht.
 

Sieh wie weit wir gekommen sind. Du hast Recht behalten, wir laufen in unterschiedliche Richtungen. Wo sind die Zeiten geblieben in denen wir lediglich einander brauchten?

Wir haben uns gegenseitig Halt gegeben.

Weißt du noch? Auf Yamatai habe ich dein Leben über meines gestellt. Ich täte es wieder.

Und dann? Du hast nicht gelogen, Sam. Für eine Nacht hast du auf mich aufgepasst … eine Nacht lang, aber dann? Dann ist alles anders gekommen.

Uns hat dieses Abenteuer nicht stärker werden lassen, es hat uns auf eine Weise geschlagen, wie wir es uns nicht erträumt haben.

Ich kenne die Gründe für meine Veränderung, kennst du auch deine?

Lass uns nicht eine weitere Niederlage einstecken. Ich bin nicht gut darin sang- und klanglos aufzugeben, wie auch du. Wir können uns aufraffen. Gemeinsam.

Nach dem mehrmaligen Lesens der Zeilen, legte Samantha die Nachricht zurück. Wahrhaftig waren sie an einem Punkt angelangt, der so nie eingetroffen wäre. Seit ihrem Kennenlernen hatte sie stets aufeinander gebaut, sich zu einem unantastbaren Gespann entwickelt. Schon immer waren sie verschieden gewesen. Sie liebte das laute, das volle Getümmeln; Lara hingegen zog die Ruhe und entspannte Umgebung vor. Am Ende hatten sie stets die perfekte Mischung gefunden und allein das Beisammensein hatte gezählt. Nun lief alles verkehrt.

Der Stift stach ihr ins Auge und tief durchatmend nahm sie ihn; drehte diesen unentschlossen. Wollte sie überhaupt eine Antwort geben? Diese eine Nacht an Bord des Frachters, die gesamte Rückkehr lag plötzlich weit zurück, als ob bereits Jahre vergangen waren. Damals zählte einzig und alleine das Hier und Jetzt. Lara hatte das Versprechen gehalten und sie, sie alle gerettet – Momente des Zweifels hatte es genügend gegeben, denn alles schien gegen sie zu spielen, aber war Lara ihr hinterher gerannt. In jener Nacht hatte die Erleichterung gesiegt und trotz der Verluste war Sam glücklich gewesen. Sie hatten überlebt und sie hatten sich zurück. Leider blieb es eine Illusion. Heute dachte sie anders darüber, denn ein kleines Stück – tief in ihrem Herzen verankert – wünschte sich im Nachhinein einen anderen Ausgang, doch die Zeit zurückdrehen, das konnte sie nicht.
 

»Sam … «, ein schwaches Flüstern. Unschlüssig stand Lara im Türrahmen. Vorhin hatte sie es nicht ausgehalten. Das Laufen sollte ihr helfen, aber zur Besserung hatte es am Ende nicht beigetragen. Egal wie schnell sie durch die Straßen hastete, die beklemmende Unruhe blieb.

»Rede mit mir.« Das viele Schweigen, das war sie nicht gewohnt. Wann hatten sie das letzte Mal einen unbeschwerten Abend verbracht? Beisammen gesessen und stumpfsinnige Filme angesehen? Blödsinn geredet und herzhaft gelacht? In einer lang vergessenen Zeit.

Samantha erhob sich – wortlos wie sie sich in den letzten Tagen gab, sofern sie der anderen nicht ihre Wut entgegenbrachte. Den Stift hatten sie zuvor zurückgelegt, nach einer Antwort war ihr nicht mehr. Überhaupt fehlte es ihr an einer passenden Formulierung ihres Problems, selbst wenn sie darüber sprechen wollte.

»Dein Ernst?«, wisperte die Archäologin und packte Sams Handgelenk als diese an ihr vorbei marschierte, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen.
 

»Lass los«, kam es gedämpft und widerwillig war Sam stehen geblieben, »ich bin müde.«
 

»Denkst du, ich wäre nicht lieber im Bett? Du findest genauso wenig Schlaf wie ich es tue.« Sie musste die Gelegenheit, die sich hier bot, nutzen, bevor sich Sam neuerlich in ihrem Zimmer vergrub.

»Wir haben uns nie etwas verschwiegen.«
 

»Du lügst, Lara! So ehrlich wie du dich gibst, bist auch du nicht.« Ein süffisantes Lachen entwich der Schwarzhaarigen; grob löste sie sich von der Hand der anderen.

»Geht es um gewisse Gefühle, dann haben wir seit jeher eisern geschwiegen oder uns belogen!«
 

»Das ist nicht vergleichbar, Sam!«, verteidigte sich Lara.

»Hast du dich mal im Spiegel betrachtet? Du veränderst dich zu einem Menschen, den ich nicht kenne!«
 

»Tun wir beide. Die Zeiten, in denen wir gleich auf waren und ein Team bildeten, die sind vorbei! Du übersiehst diese Veränderung. Alles was du tust, tust du nur noch alleine. Anstatt dich zu begleiten, muss ich zurückbleiben und darf auf deine Rückkehr warten.«
 

»Weil ich nicht möchte, dass sich die Geschehnisse wiederholen!«, war Lara lauter geworden. Verstand ihre Freundin nicht, warum sie sich für diesen Weg entschied? Jedes Mal riskierte sie ihr Leben, aber eben lediglich das eigene. In dieser Zeit war sie alleine, weniger verwundbar. Es erleichterte ihre Unternehmungen.
 

»Schon klar … ich bin die Belastung«, murrte die andere und wandte sich zum Gehen um. Sie hatte keine Nerven für solch eine Unterhaltung. Wäre sie besser sofort zu Bett gegangen.
 

»Sam, ich liebe dich!«, gestand Lara verzweifelt, »Denkst du, ich möchte dich erneut in Gefahr sehen? Ich kann dasselbe nicht ein weiteres Mal durchmachen. Hätte ich dich verloren … ich weiß nicht.«
 

»Wir haben uns so oder so verloren, du siehst es bloß nicht.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dark777
2016-07-25T18:56:01+00:00 25.07.2016 20:56
Und schon ist die Unbeschwertheit vom letzten Kapitel wie weggeblasen. Wenn man dieses Chapter gleich nach dem vorherigen liest, ist es wie ein Schlag ins Gesicht. Die Beiden haben ernsthafte Probleme, von Himiko noch verstärkt. Ich schätze aber auch ohne Himiko wären die Probleme entstanden. Dass die Zwei wieder zusammen finden bezweifle ich irgendwie, ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

V(~_^)


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