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Liebeschaos! Teas Sprechstunde

von

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Supervision

Es war schon dunkel geworden, als sie wieder erwachte. Ein Blick auf den Wecker ließ sie aufstöhnen. Halb neun Uhr am Abend, und jetzt war sie putzmunter. Sie würde wohl eine weitere Nacht durchwachen, und morgen genauso müde sein, wie heute.

Auf ihrem Nachttisch standen noch immer zwei fast volle Kaffeetassen, die ihr ins Gedächtnis riefen, was an diesem Tag alles geschehen war. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und nichts getan. Dennoch setzte sie sich auf, und ging zu ihrem Laptop herüber. Ganz automatisch ließ sie ihren Blick durchs Zimmer wandern, ob sie wieder irgendwo Ryous Schuhspitzen entdeckte, aber sie schien allein zu sein. Der Laptop ächzte und summte laut, als er hochfuhr.

Ob Kaiba noch immer hier war? Tea musste sich vorstellen, wie Roland draußen vor der Tür mit der Stirn auf dem Lenkrad eingeschlafen war. Während Windows wiedereinmal widersinnige Updates installierte, stellte sich Tea vor Yugis Zimmertür. Nicht, dass sie lauschen wollte. Aber zufällig bekam sie doch einen Gesprächsfetzen mit.

„Das ist nicht witzig!“, sagte Yugi. „Wolltest du nicht? Du kannst mir alles mögliche erzählen, aber ich weiß nicht, was du wirklich in der Zeit gemacht hast!“ Tea legte ihr Ohr an die Tür. „Wenn Kaiba in Unterhose in meinem Zimmer sitzt, dann vertraue ich dir nicht mehr!“ Yugis Stimme wurde lauter, und Teas Ohren wurden heiß. Schade, dass sie das verpasst hatte. „Was soll das heißen: 'Nicht wonach es aussieht.' Ich weiß, dass es schwer für dich sein muss keinen Körper zu haben, aber das kannst du nicht einfach so mit meinem machen! Nein, ich fand den Anblick nicht sexy, und die einzige Person, die in diesem Zimmer Strippoker spielt, ist Tea, und zwar nur, wenn ich sie dazu überredet habe! Ist das klar!?“

Tea prallte zurück, und schlich so schnell sie konnte in ihr Zimmer zurück. Es gab wohl doch Dinge, die man besser nicht hören wollte.

Also setzte sie sich doch wieder an ihren Laptop, und wollte eigentlich den Arbeitsordner öffnen. Die Zeit wurde langsam drängend.

Aber ihr war kein Glück beschieden. Kaum saß sie am Schreibtisch, klingelte Skype.

Es war Mai. Immerhin, besser als Joey, oder Kaiba, oder Bakura. Oder wer auch immer da noch kommen würde. Sie nahm den Anruf an, ohne ihre Kamera einzuschalten. So konnte sie vielleicht doch noch arbeiten, ohne als unhöflich zu gelten. Mais Bild erschien auf ihrem Bildschirm, allerdings etwas anders als sonst. Ihr Gesicht war mit einer Art weißen Creme bedeckt, und ihre Haare auf Lockenwickler aufgedreht. Sie trug einen Bademantel, und winkte mit einer Flasche Nagellack in der Hand. „Hey Süße! Mach doch mal die Kamera an.“

Die Ausrede, dass sie gerade nicht besonders gut aussah, konnte Tea wohl nicht benutzen. Also schaltete sie doch ihre Kamera an, und schob ihren Arbeitsplan weiter nach hinten. „Hey, Mai.“, sagte sie niedergeschlagen.

„Was ist denn los?“, fragte ihre Freundin, und steckte sich einen Karottenstick zwischen die Lippen.

Tea sah sie missmutig an. „Heute war ein... hundsmiserabler Tag. Mehr kann ich leider nicht sagen.“

Mai seufzte theatralisch. „Nun raus mit der Sprache. Es wird nicht besser, wenn man den Kummer immer nur in sich hineinfrisst.“ Sie nahm einen zweiten Karottenstick, dippte ihn in ihr Gesicht, und steckte ihn sich dann in den Mund. „Quarkmaske“, fügte sie erklärend hinzu.

„Ich kann es dir nicht erzählen, weil ich nicht fremder Leute Geheimnisse preisgeben kann“, erklärte Tea schicksalsergeben.

Es war schwer zu sagen, welche Mine Mai unter dem ganzen Quark genau zog. Tea tippte auf eine Mischung aus mitleidig und neugierig, mir starker Tendenz zu letzterem. „Du kannst es ja einfach erzählen, ohne Namen zu nennen“, sagte sie betont gelangweilt.

Tea überlegte, ob es möglich war, von Yugi und dem Pharao zu sprechen, ohne den anderen wissen zu lassen, welche Personen gemeint waren; die Beschreibung, dass es sich um zwei Seelen in einem Körper handelte war essentiell für diverse Problemstellungen, aber nicht gerade alltäglich. „Okay. Ich versuche es allgemein zu halten.“ Sie atmete tief durch, und versucht, weniger angespannt zu erzählen, als sie sich fühlte. „Ich habe mehrere Freunde. Und sie alle sind der Meinung, mit ihren privaten Problemen zu mir kommen zu müssen. Ganz besonders, wenn es um die Liebe geht.“

Mai schlug die Hände zusammen und kam mit dem Gesicht der Kamera ziemlich nahe. „Ja, wirklich? Wer ist verliebt?“

Tea lehnte sich zurück, und verschränkte die Arme.

„Äh, das geht mich natürlich nichts an“, sagte Mai, und schraubte den Nagellack auf, den sie schon die ganze Zeit in der Hand hielt. „Aber für mich klingt das nicht unbedingt problematisch, sondern eher schmeichelhaft. Es ist doch schön, wenn man weiß, dass einem die eigenen Freunde bei so einem sensiblen Thema vertrauen, oder nicht...?“

Tea dachte nach. Das war schon wahr, das Problem ergab sich eher aus der Gesamtsituation. „Und wer achtet auf mich? Ich verbringe jetzt beinahe mein ganzes Leben lang damit, für meine Freunde dazusein, ihnen zuzuhören, ihnen nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen. Aber nie fragt jemand nach mir.“ Ihre Stimme wurde energischer. „Ich bin auch nur ein Mensch. Ich wünsche mir jemanden, der für mich da ist. Einen Menschen dem nichts wichtiger ist, als ich.“ Sie kniff die Augen zusammen, als wären die letzten Worte, die sie sagte, ein schlimmes Eingeständnis. „Ich wünschte, ich hätte einen Freund!“

Mai hörte mit dem Lackieren ihrer Nägel auf, und wedelte mit der linken Hand in der Luft herum. Die Rechte schon automatisch eine weitere Karotte in ihren Mund. „Das möchte doch jedes Mädchen“, sagte sie sanft. „Bei diesen Liebesdingen stört es dich also, dass es dir immer vor Augen führt, dass es nie um dich geht?“

„So hässlich bin ich doch nicht, oder?“, fragte Tea. „Es kann doch nicht sein, dass ich umgeben bin von unzähligen gutaussehenden Männern-“, sie sog scharf die Luft ein, und stieß hervor: „Und dann sind sie alle schwul!“

Mai vergaß, ihre letzte Karotte zu essen. „Schwul? Redest du vom Pharao?“

Tea hob verteidigend die Hände in die Luft. „Ich habe von niemand Speziellem gesprochen!“

„Aber du bist schon an ihm interessiert, oder...?“, neckte Mai.

„Die Aussage...“, ergänzte Tea, „...bezog sich auf keine Person im Besonderen, sondern eher auf mehrere.“

„Wow... Habe ich dir erzählt, dass ich Rex Raptor und Weevil Underwood neulich händchenhaltend im Park gesehen habe?“, fragte Mai, und schwieg dann fast eine Minute. Sie lackierte sich alle Finger ihrer rechten Hand, ehe sie weitersprach. „Und du bist sicher, dass du nicht zu schüchtern warst, und dein Interesse deutlich genug gemacht hast?“

Tea dachte daran, wie sie den armen Ryou einfach aus heiterem Himmel geküsst hatte, nur weil sie auf Kaiba eifersüchtig war. Und, wie sie immer näher an den Pharao gerückt war – der ihr Interesse ganz sicher nicht falsch gedeutet hatte. „Ich bin verdammt sicher. Wenn ich noch deutlicher werden würde, könnte ich Nachts nicht mehr ruhig schlafen. Und die einzigen, die Interesse angedeutet haben...“

Mai vergaß erneut ihren Nagellack, und schob sich Karotten in den Mund, wie andere Leute Popcorn. „Ja...?“

„Kommen überhaupt nicht in Frage! Nicht mal als Notlösung!“ Tea dachte wieder an Yugi, der in ihrer Vorstellung kaum die Pubertät erreicht hatte. Dann dachte sie an Bakura, der die Pubertät schon sehr weit hinter sich gebracht hatte, und konnte wieder fühlen, dass sie rot wurde.

„Uh...“, sagte Mai süffisant. „Das klingt nicht ganz so nachdrücklich, wie du es dir selbst gern wünschen würdest. Wenn du wirklich sicher wärst, und so klingt es nicht, gäbe es nur eine Lösung.“

Tea sah sie erwartungsvoll an.

Mai lachte. „Selbst ans andere Ufer wechseln.“ Sie wedelte mit der rechten Hand, und pustete auf ihre Fingernägel. Selbst unter der Quarkschicht konnte Tea sehen, dass sie die Augenbrauen anhob. „Glaub mir, Kleine. Mit diesem Gedanken bin ich mittlerweile durchaus vertraut.“ Sie atmete geräuschvoll in ihre Mikrofon, und ließ dann die Hand sinken. „Jetzt, wo du das erzählt hast... Darf ich davon ausgehen, dass im Bereich Joey keine Hoffnung besteht?“ Ihre violetten Augen schienen Tea durch die Kamera, durch den Laptopbildschirm, durchdringen zu wollen. Etwas so Persönliches gab sie sonst kaum von sich preis.

Tea sah auf die Tastatur. Mai war genau wie sie. Sie war eine Freundin. Und sie hatte es nicht verdient, enttäuscht zu werden. Sie war genauso sensibel und loyal wie Tea selbst. Die lächelte grimmig. „An deiner Stelle würde ich noch ein wenig abwarten, bevor ich zu voreiligen Schlüssen komme. Manchmal...“, sie sah ihrer Freundin über den Bildschirm entschlossen in die Augen. „Erledigen sich die Dinge schneller in unserem Sinne, als wir es uns zu träumen wagen.“

Mai sah überrascht aus, und schien abzuwägen, ob Teas Worte einem Zweckoptimismus, oder einer begründeten Hoffnung geschuldet waren. „Das verwirrt mich jetzt eher. Manche Dinge kann man kaum ändern. Und sexuelle Orientierung gehört dazu.“

Tea schüttelte stur den Kopf. „Letztendlich geht es doch nur um die Seele, oder? Wenn zwei Personen zueinander passen und sich Lieben, ist der Rest dann nicht vollkommen egal?“

Mai sah sie zweifelnd an.

„Hey, du hast mir gerade selbst gesagt, ich solle ans andere Ufer wechseln.“

Mai knurpste eine weitere Karotte. „Persönliche Präferenz. Aber ich kann ja nicht von mir auf-“

Anruf beendet.

Tea runzelte die Stirn. Der Bildschirm flackerte. Einen Augenblick lang schien sich ein Bild vor die geöffneten Fenster zu schieben, aber es war so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war. Ohne ihr Zutun öffnete sich wieder das Anruferfenster, aber diese mal stand kein Name dabei, und es war auch nicht die eingequarkte Mai, die ihr entgegenblickte, sondern ein Junge im Teenageralter, der ihr wage bekannt vorkam. „Tea?“, rauschte es aus den Lautsprechern.

Die Zahnräder hinter Teas Stirn arbeiteten auf Hochtouren. Schließlich war es ein auffälliges Merkmal, dass ihr sie zu einer Schlussfolgerung kommen ließ: türkisfarbene Haare. „Noah?“, fragte sie ungläubig. „Mein Gott, ich hätte dich fast nicht erkannt. Du siehst... älter aus.“

„Ich habe mich umprogrammiert, damit mein Äußeres mit mir mitaltert.“, erklärte er hastig. „Aber darum geht es nicht...“

Tea stöhnte. „Warte- lass mich raten. Du hast herausgefunden, dass ich Psychologie studiere und willst jetzt einen Rat wegen dir und Mokuba haben?“

Noah sah sie einen Augenblick irritiert an. Die Haut an seiner Wange schien zu zerfließen wie Wachs, und sich dann wieder zusammenzusetzen. „Nein, das ist es nicht. Es geht um Kaiba. Also, Seto Kaiba, nicht Mokuba. Wie ich eurem Gespräch entnehmen konnte hat er dir bereits erzählt, dass er versucht, mich mit einem Computervirus zu vernichten, weil es ihm nicht passt, dass ich mich mit seinem kleinen Bruder treffe.“

„Wie du unserem Gespräch entnehmen konntest? Woher weißt du das?“

Noah hob die Hand vor Augen, die ebenfalls zerfloss. Es schien ihn einiges an Anstrengung zu kosten, die Moleküle, oder Daten, oder was-auch-immer, beisammen zu halten. „Erinnerst du dich an die Smartphones, die Kaiba dir, Joey und Yugi geschenkt hat? Ich hoffe, du dachtest nicht, dass er das aus purer Nächstenliebe getan hätte. Die Dinger sind mit dem GPS-System der Kaiba Corp verbunden, so dass er euch jederzeit aufspüren kann. Und eure Gespräche abhören.“

Tea schnappte empört nach Luft.

„Die habe ich angezapft. Kaiba versucht zwar, mich von seinen Systemen abzuschotten, aber das hier ist mein Reich. Es war ein leichtes, gleich mehrere Sicherheitslücken-“ Er stöhnte. „Du hast dich für mich eingesetzt. Du musst mir helfen. Er wird mich nicht zerstören können, aber es ist verdammt schmerzhaft.“

Teas Blick schweifte nach draußen. Durch das angekippte Fenster wehte ein leichter Luftzug. Aus ihr unerfindlichen Gründen kam ihr der Gedanke, dass es ein wirklich schöner Abend für einen Spaziergang wäre. „Ich weiß nicht, ob ich da etwas machen kann. Ich könnte mit Yugi reden, und der könnte mit Kaiba sprechen. Auf ihn wird er vielleicht hören.“

„Es ist mir ganz egal, wie, nur bitte hilf mir, und zwar schnell.“

Vor Teas Augen zerfloss Noahs ganz Gestalt. Ein Anblick, der furchterregend hätte sein müssen. Aber ihre Wahrnehmung war eigenartig gedämpft, als fände all das in weiter Ferne statt. So ein schöner Abend für einen Spaziergang. „Ja, dann werde ich mal...“, sagte sie langsam „... mit ihm reden...“

Aber zuerst ein Spaziergang. Der Frühling war wirklich herrlich. Es wäre doch wunderschön, bis zum Hafen zu gehen. Die Lagerhallen dort hatten ihren ganz eigenen Charme.

„Geht es dir gut?“, fragte Noah ironischerweise.

„Ja“, Tea klappte den Laptop zu, und stand mit steifen Bewegungen auf. Sie sehnte sich so sehr nach den Lagerhallen im Hafen.

Entschlossen schlüpfte sie in ihre Schuhe im Flur, und lief hinaus in die Dunkelheit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Mimmy-chan
2014-09-25T01:21:17+00:00 25.09.2014 03:21
> Tea dachte wieder an Yugi, der in ihrer Vorstellung kaum die Pubertät erreicht hatte. Dann dachte sie an Bakura, der die Pubertät schon sehr weit hinter sich gebracht hatte, und konnte wieder fühlen, dass sie rot wurde. <
Ich habe mich kaputt gelacht bei diesem Satz. X'D Aber wäre der Pharao nicht auch schon zu alt?

Das Mai nun die Option angedeutet hat auf die andere Seite zu wechseln überrascht mich nicht wirklich. Ich hoffe nur sie tut das nicht und entscheidet sich für Yugi. Der hat Tea verdient. Und wachsen wird er bekanntlich auch noch.

Am Hafen trifft sie sicher Marik!

chuchu Mimmychan
Antwort von:  Dornentanz
08.10.2014 12:16
Tja, ob dieser Satz wirklich so gemeint war, dass er ZU alt ist? Oder einfach nur... verdammt erwachsen, in manchen Dinge. *grins* Ja, Tea und Yugi, das wäre eine logische, natürliche Entwicklung - allerdings auch ein wenig langweilig und vorhersehbar. Mai tut mir sowieso leid. Joey hat ja mal so gar nix auf die Reihe bekommen - wie deutlich sollte sie noch werden???
Von:  Glennstar
2014-01-25T15:04:38+00:00 25.01.2014 16:04
Scheint als wären es langsam zu viele Probleme für Tea. Die arme...
Ob sie jetzt noch ihr Studium weitermachen möchte? Ich glaube, ich hätte danach keine Lust mehr.
Mai x Tea? Wäre echt mal interessant. Wer weiß, wer da dann noch alles eifersüchtig werden würde.
Tea will mit Yugi reden damit er mit Kaiba spricht? Sollte sie da nicht lieber zum Pharao? ;D
Das war wieder ein super Kapitel, ich freu mich schon auf's nächste
Antwort von:  Dornentanz
06.02.2014 10:38
:D Ich habe doch gar nichts von Tea und Mai gesagt, warum interpretieren nur meine Leser so viel... ;) Aber stimmt, das wäre definitiv mal was selten gesehenes, vielleicht sogar eine Art Happy End.
Von:  Vipera0502
2014-01-23T09:33:57+00:00 23.01.2014 10:33
Oh... ich hoffe für Tea gibt es auch ein Happy End *_* Vielleicht Mai X Tea? Fänd ich klasse :))
Antwort von:  Dornentanz
23.01.2014 11:01
Das sieht man ja auch selten. :D Aber ich habe ja auch noch ein paar Überraschungen auf Lager. ;)


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