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Feder und Schwert

Ein Hörspiel
von

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Szene 12

Straßenlärm. Schritte auf Asphalt. Steinerne Treppe mit wenigen Stufen, Schiebetür.

Erzähler: Als Seth am folgenden Nachmittag die Stadtbibliothek betrat, war ihm selbst nicht bewusst, wonach er eigentlich suchte.

Seine sich stetig im Kreis drehenden Gedanken hatten ihm den Schlaf geraubt und immer und immer wieder auf den selben Punkt zugeführt: Matthäus würde Lilian auf das Dach der Bibliothek bringen, wenn Seth es nicht zu verhindern wüsste.

Das Dach der Bibliothek...
 

Schritte auf Holz, erneute Schiebetür.

~Kulisse: Empfangsbereich der Stadtbibliothek. Teppichboden, ein hölzerner Tresen.

Schritte.

Bibliothekarin (gutmütig, fröhlich): Herzlich willkommen!
 

Schritte halten inne.

Seth (unpersönlich): Entschuldigen Sie, wo finde ich die Schließfächer?
 

Bibliothekarin (irritiert): Schließfächer?
 

Seth (irritiert): Ja, um meine Garderobe einzuschließen.
 

Bibliothekarin (lächelnd): Wir haben keine Schließfächer, Sie können ihre Garderobe gerne mit rein nehmen. Wenn Sie ihren Mantel ablegen möchten, finden Sie dort drüben einige Kleiderhaken.

(nach kurzer Pause) Sie sind das erste Mal hier?

Damit sie Bücher entleihen können, muss ich Ihnen einen kleinen Platz in unserer Kartei einräumen.
 

Seth (geschäftlich): Danke, ich möchte mich erst einmal nur umsehen.
 

Bibliothekarin (freundlich): Nur zu!

Bloß keine Eile, ich laufe Ihnen ja nicht weg. Die Menschen nehmen sich nur noch viel zu wenig Zeit für die guten Dinge im Leben, finden Sie nicht?
 

Seth (lächelnd): Ja, da könnten Sie Recht haben... Vielen Dank.
 

Erneute Schritte.

~Kulisse: Die Stadtbibliothek. Teppichboden, hohe Regale. Leises Treiben, Kinderstimmen und verhaltenes Kichern.

Erzähler: Wie lange war Seth nicht mehr hier gewesen?

Die Stadtbibliothek unterschied sich so gänzlich von den Forschungsbibliotheken, die er üblicherweise für seine Recherchen nutzte, dass er sich beinahe wie ein Fremder in einem fernen Land fühle.

Es schien, als sei die Zeit an diesem Ort stehen geblieben oder zumindest an ihm vorüber gezogen, ohne jegliche Spuren zu hinterlassen. Der Hauptbereich der Bibliothek war von zwei mannshohen massiven Regalen durchzogen, in denen sich mehr oder weniger abgegriffene Bücher tummelten und es stellte sich bald heraus, dass der Personalcomputer, der Seth im Eingangsbereich ins Auge gesprungen war, der einzige seiner Art bleiben sollte.
 

Seth (murmelt): Romantik, Komödie, Phantastik, Bestseller, Neuerscheinungen....

(nach kurzer Pause, überrascht) Oh!
 

Schritte verstummen.

Erzähler: Im Regal der Bestseller hatte Seth einige seiner eigenen Romane entdeckt. Doch von dem Buch, das ihn am meisten interessierte, fehlte jede Spur.
 

Schritte, verstummen nach kurzer Zeit.

~Kulisse: Empfangsbereich der Stadtbibliothek. Teppichboden, ein hölzerner Tresen.

Seth: Entschuldigung, wo finde ich das Buch „Der Sünder“ von Seth?
 

Bibliothekarin (freundlich): Oh, diese Bücher sind im Moment sehr beliebt. Es kann sein, dass alle Exemplare verliehen sind.

Einen Moment, ich frage kurz meinen Kollegen.
 

Tippen auf einer Tastatur.

Seth (irritiert): Ihren Kollegen...?
 

Bibliothekarin (fröhlich): Ja, den Computer hier. Ich habe ihn gerade erst eingearbeitet und schon weiß er besser Bescheid als ich, wissen Sie? (lacht).
 

Erneutes Tippen.

Bibliothekarin (erfreut): Oh, Sie haben Glück! Ein Exemplar ist noch da. Sie finden es bei den Bestsellern. Da haben wir alle seine Bücher untergebracht, weil sie so häufig nachgefragt werden. „Der Sünder“ war eigentlich der einzige Bestseller...
 

Seth (amüsiert): Ja, ich weiß.

Aber ich habe bereits bei den Bestsellern nachgesehen, dort war es nicht.
 

Bibliothekarin (voller Tatendrang): Einen Moment. Bei den vielen Büchern und Regalen kann man schnell etwas übersehen, wenn man sich nicht auskennt. Ich sehe mir das mal an.
 

Zurückrollen eines Bürostuhls, Bibliothekarin erhebt sich.

Seth (irritiert): Aber was, wenn nun jemand etwas ausleihen will...?
 

Bibliothekarin (überzeugt): Wer heute noch die Zeit für ein gutes Buch findet, hat auch die Zeit, fünf Minuten auf mich zu warten.
 

Schritte zweier Menschen, verstummen nach kurzer Zeit.

~Kulisse: Die Stadtbibliothek. Teppichboden, hohe Regale. Leises Treiben.

Bibliothekarin (etwas verstimmt): Tatsächlich, es ist nicht da. Muss wohl jemand aus dem Regal genommen und danach falsch einsortiert haben.

(bedauernd) Das tut mir wirklich Leid.

Ich könnte Sie trotzdem schon mal in die Kartei eintragen und Sie benachrichtigen, sobald ein anderes Exemplar zurückgegeben wird.
 

Seth: Oh, vielen Dank, das ist nicht nötig. Ich komme einfach ein anderes Mal wieder vorbei.
 

Bibliothekarin (freundlich): Natürlich. Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag.
 

Seth: Danke, gleichfalls.
 

Schritte, Schiebetür.

Seth (denkt): Seltsam...

Piepen eines Handys: SMS.

Piepen einer Taste.

Lilian (verzerrt): Treffen wir uns um achtzehn Uhr dreißig vor dem kleinen Italiener in der Heinze-Straße? Ich kann etwas früher Feierabend machen!

Lilian
 

Seth (schmunzelt/kichert).
 

Tastenpiepen – Seth antwortet auf die SMS. Wird ausgeblendet.



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