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Purple Clouds

Vergessene Erinnerung
von

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Die Frau vom Fenster kam mir mit energischen Schritten entgegen, als ich mich humpelnd Banella näherte. Sie trug einen weißen Kittel und eine Brille. Außerdem sah sie verdammt wütend aus.

Als sie mich sah, fing sie wieder an zu schreien und ich hätte schwören können, ihre Augen hätten rot geleuchtet. Es hatte sicher nicht viel gefehlt, da wären ihr zwei Hörnern durch die blonden Haare geschossen.

"Dich sollte man nie mehr in die Nähe von Pokemon lassen! Ach was. Aus dem Haus! Einsperren sollten man dich!.."

"Waaas! Aber das war doch keine..", versuchte ich mich zu wehren, doch sie ließ nicht von mir ab.

"KEINE WAAS?!"

"Ich hab das nicht mit.."

"MIT WAAAAS NIIICHT?!"

"MIT ABSICHT!", brüllte ich ihr entgegen und bevor ich registrieren konnte, was passiert baute sie sich vor mir auf.

Ihre plötzliche Gelassenheit ließ mich stutzen. Sie hob ihr Kinn, schloss für einen Moment die Augen und stemmte ihre Fäuste auf die Hüften.

Dann holte sie ganz tief Luft und sagte: "Du gibst also zu, dass es Absicht war?"

Und bevor ich mich dazu äußern konnte, packte sie mich am Arm und schleifte mich ins Dorf zum Haus meiner Eltern. "Hast du dich wenigstens um das verletzte Pokemon gekümmert?", zischte sie.
 

Natürlich log ich, bekam aber ein schlechtes Gewissen.

Wegen der Lüge, nicht wegen des Pokemon.

Von weitem sah ich meine Mutter, wie sie im Haus hinter dem offenen Küchenfenster rythmisch ihren Kopf hin und her wackelte. Sie staunte nicht schlecht als sie uns kommen sah, verschwand vom Fenster und kam zur Tür heraus.

Ohne Begrüßung oder vorstellen, warf die Frau ihr vor, ihre Kinder nicht unter Kontrolle zu haben, was für ein furchtbarer Junge ich doch sei und das sie es als Mutter einschätzen können müsste, ob ihr Kind reif genug sei alleine draußen herum zu laufen.

"Aach, das hat mein kleiner Schatz bestimmt nicht absichtlich gemacht. Da müssen sie sich täuschen Emma, mein Billy macht so etwas nicht. Er wollte sicher nur mit dem Pokemon spielen", antwortete sie, als gäbe es keine schlimmen Dinge auf der Welt.

Anscheinend kannte meine Mutter diese Frau, denn sie lud sie kurzerhand zum essen ein.

"Bleiben sie doch zum Essen Emma, es ist gerade fertig. Ich habe Leckeres gebacken."

Und bevor sie noch etwas sagen konnte, zog meine Mama sie ins Haus und ich blieb bestürzt und alleine stehen.
 

"Hallo? Ich bin verletzt?", rief ich, doch die Tür blieb geschlossen und ich hatte keine Lust mehr.

Die Hitze schob mich in den Schatten eines Baums, wo ich mich auf den Boden setzte und meinen Schuh auszog um meinen Fuß zu untersuchen.
 

"Uuuh.. ", hörte die Stimme meiner besten Freundin hinter mir, "was hast du denn da gemacht?"

Sie zeigte auf meinen Fuß und kniete sich neben mich.

"Ich hab was getreten. Es hat geknackt!" Ich musste wirklich sehr bemitleidenswert aussehen denn tätschelte mir den Kopf und sprach mit mir als wär ich ein Baby.

"Och du armer Billy. Dein aarmer, aarmer Fuß. Hey schau mal. Der Nagel ist abgebrochen. Das war sicher das knacken."

"Nein, nein, nein. Der ist ganz sicher gebrochen. So wie der weh tut!"

Ungläubig hob sie Augenbraue und tippte gegen meinen Fuß. Und drückte und zog an meinen Zehen rum.

"Du solltest niemals Krankenschwester werden Caroline."

"Warum? Bin ich etwa zu grob für dein zartes Gemüt?", fragte sie und drückte noch fester.

"Wenn da was gebrochen wäre, würdest du jetzt heulen, als hätte man dir deinen Kajal weggenommen", diagnostizierte sie und sah mich hämisch an.

Bevor ich antworten konnte flog mir mein Strumpf ins Gesicht und sie sprang auf und bewegt sich einige Meter von mir weg.

Ich versuchte den Strumpf wieder anzuziehen doch ihr verrücktes rumgehüpfe vor mir lenkte mich ständig ab. Als ich nach meinem Schuh greifen wollte, schnappte sie ihn mir blitzschnell weg und lief davon.

Wie konnte sie bei dem Wetter noch fangen spielen wollen? Vielleicht ein Hitzeschlag?

"Hey du solltest dich hinlegen und ähm .. Ich geh eben im Internet gucken was man gegen Hitzeschlag macht!", rief ich ihr entgegen und machte mich darauf gefasst, dass mir wieder irgendetwas entgegengeflogen kommt. Aber nichts passierte. Stattdessen wedelte sie mit meinem Schuh in der Luft herum, warf ihn hoch, ließ ihn auf den Boden fallen, hob ihn wieder auf und warf ihn wieder in die Luft.

Das sollte mich wohl dazu bringen aufzustehn und ihr hinterher zu rennen, aber es war mir wirklich viel zu heiß.

"Du solltest aufhören Behinderte zu mobben. Das gibt schlechtes Karma!"

Zur Antwort warf sie den Schuh extra hoch und als sie ihn auffing zielte sie auf das Dach eines Nachbarhauses.
 

Daraufhin rappelte ich mich auf und stützte mich am Baum ab. "Du solltest mich nicht reitzen, Caro! Ich habe heute wirklich eine Mordslaune!"

Ich erzählte ihr von dem Gespräch mit der Plattenfirma und dem Pokemon im Wald.
 

Caroline war super. Sie war ein Jahr älter als ich und zwar auf den Monat genau. Genau wie Tom und ich ging sie nach der Grundschule auf eine weiterführende Schule, jedoch anders als wir nicht aus freien Stücken. Es war der Wille ihrer Eltern. Sie sollte einen "anständigen" Beruf haben und sich nicht mit dem Mittelmaß abgeben. Der Durchschnittsbürger Tokyhos ging nach der Grundschule, also im Alter von zehn Jahren mit seinem ersten Pokemon auf Reisen um seinen Horizont zu erweitern, seine Grenzen kennenzulernen und vor allem um zu lernen Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen und tragen zu können.

Eltern die ihren Kindern so etwas selbst beibringen konnten ließen ihre Kinder also Zuhause.

Zumindest waren wir dadurch nicht solche Gutmenschen.

Sie wäre aber von Anfang an viel Lieber von Zuhause weggegangen, denn sie liebte Pokemon und auch wenn ihre Eltern dagegen waren, beschäftigte sie sich oft mit ihnen.
 

Sie war ziemlich entsetzt über die Aktion mit dem Pokemon und ich hatte das Gefühl das sie mir das noch lange, lange nachtragen würde. Jedoch reagierte sie ganz anders als gedacht, als sie in ihre Umhängetasche griff, eine kleine, blaue Kugel aus ihrer Tasche kramte und sie mir in die Hand drückte. Sie fühlte sich weich an. Auf meine Frage was ich damit soll, sagte sie mit sarkastischem Ton: "In die Nase stecken, was sonst"; und zeigte sich mit dem Finger ins Nasenloch. "Das ist eine Sinelbeere. Sie wirkt wie ein Schmerzmittel".

"Oh das ist gut. Mein Fuß tut so weh! Endlich mal jemand der sich um mich kümmert..", sagte ich und wollte mir die Beere in den Mund stecken, als mich ihre Hand hart am Kopf traf.

Sie packte mich an den Haaren und brüllte: "Die ist nicht für dich, du blöder Egoist! Sie ist für das Pokemon, welches DU verletzt hast!"

Wie eine Furie schubste sie mich Richtung Dorfausgang und schrie ich solle mich bloß nicht wieder blicken lassen, bevor es dem Pokemon wieder gut ginge. Zum Abschied flog mein Schuh an mir vorbei.



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