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Voll erwischt

von

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Schwere Geburt, es hat ewig gedauert, das Kapitel abzutippen, 100 % zufrieden bin ich auch nicht. Lasst mir ruhig ein Kommi da, bin gespannt, was ihr dazu sagt.

Und nun viel Spaß beim Lesen!
 


 

Kapitel 3
 

Dom war mal wieder dabei, mich zu löchern. Wir saßen in unserem Lieblingscafé und er verhagelte mir die Laune.

„Jona, sag mir doch wenigstens wie er aussieht.“, er zog einen Flunsch, als ich nicht reagierte. In das eine Ohr rein, aus dem anderen raus.

„Das ist wirklich gemein! Da verliebst du dich in einen Mann und willst mir nichts über ihn erzählen. Dabei könnte ich dir so viele Tipps geben.“ Ich spielte mein Ich-hör-dich-nicht-Spiel weiter.

„Jona...“, jetzt mit weinerlichem Unterton.

„Halt die Klappe Dom.“ Ruhig und bestimmt. Er presste die Lippen zusammen.

„Ich bekomm es schon noch heraus, du kannst es nicht ewig geheim halten.“ Ich musste also nur dafür sorgen, dass sich Konstantin und mein bester Freund nie über den Weg liefen, aussichtsloses Unterfangen. Meine andere Sorge war, dass Philipp sich wahrscheinlich gegen die Avancen von Dom würde wehren müssen. Denn so wie ich ihn kannte, war er genau sein Typ.

„Auf welchen Typ du wohl stehst?“, überlegte er laut.

„Auf gar keinen! Hör auf damit!“ Langsam nervte es wirklich. Ich wollte es einfach nicht preisgeben. Ich hoffte ja immer noch, dass diese unselige Anziehungskraft mit der Zeit nachlassen würde. Sonst trieb ich mich langsam aber sicher selbst in den Wahnsinn.

Dom merkte wohl auch, dass er mir auf den Wecker fiel. Zum Glück hatte er immer noch so viel Verstand, an meiner Stimme zu erkennen, wann es mir reichte. Er zog nur eine eingeschnappte Grimasse und verwickelte daraufhin Ben in ein Gespräch, der seine Tiefphase immer noch nicht überwunden hatte. Das dauerte diesmal außergewöhnlich lange. Ich war wirklich froh, dass ich so gute Freunde hatte, auch wenn ich auf den einen nervenden momentan verzichten konnte.

„Wollen wir nicht Schlittschuhlaufen gehen?“ Von wem kam wohl diese Schnapsidee? Alle schauten ihn verständnislos an.

„Die sind gar nicht mehr geöffnet. Ist doch schon viel zu spät. Immerhin haben wir Frühling.“

Nun ja, wenn man fünf Grad Plus als Frühling bezeichnen konnte.

„Die Halle beim Nordbahnhof ist noch geöffnet. Kommt Leute, das wird lustig.“ Ja, besonders weil wir uns alle, außer ihm, wahrscheinlich hinlegen würden. Keine Ahnung, wie er sich auf dem rutschigen Eis aufrecht hielt, aber mein bester Freund war die Bande.

„Das ist eine gute Idee. Das wird Ben auf andere Gedanken bringen und wir passen schon auf dich auf Jona.“

Verdammt! Wenn Sam auch dafür war, dann hatte ich keine Chance, egal welchen guten Vorwand ich brachte. Das Einzige, was mich jetzt noch retten würde, wäre ein Unfall oder mein vorzeitiger Tod.

„Von mir aus.“, seufzte ich und versuchte nicht allzu ängstlich auszusehen. Eislaufen, das letzte Mal war eine Katastrophe und ich hatte wenig Hoffnung, dass es diesmal besser werden würde. Dom in Gedanken verfluchend, überhörte ich gekonnt sein Freudengejubel. Reichte ja schon, dass wahrscheinlich alle Nachbarn noch fünf Blöcke weiter es mitbekamen. Lustlos machte ich mich mit den anderen auf den Weg zur Eishalle. Dort war wider Erwarten viel los. Es hatten anscheinend noch andere diese letzte Möglichkeit nutzen wollen, ein letztes Mal für diesen Winter auf dem Eis zu stehen. Deswegen mussten wir ziemlich lange anstehen, um unsere Schuhe zu bekommen und meine Laune sank immer mehr in den Keller. Schon wie ich auf diesen wackligen Dingern zur Bahn wankte, musste stellvertretend für mein sämtliches Unvermögen stehen, auf diesen Schlittschuhen vorwärtszukommen. Natürlich konnte das die gute Laune meines besten Freundes nicht dämpfen. Der war Feuer und Flamme dafür, mir das Schlittschuhlaufen beizubringen. Ich befürchtete, dass er damit noch mehr bezwecken wollte. Mich in aller Ruhe ausfragen, weil ich ihm nicht weglaufen konnte. Kaum auf dem Eis, zog er mich hinter sich her.

„Hey! Dom, nicht so schnehellll! Verdammt, ich kann das nicht! Achtung, da kommt uns jemand entgegen!“ Ich machte die Augen zu, böser Fehler. Wir waren zwar nicht in die anderen reingerauscht, aber in der Panik hatte ich Doms Hand losgelassen und wirbelte nun verzweifelt mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Was nie klappte. Stattdessen legte ich eine 1A-Bruchlandung hin. Haltungsnote 10. Gott, tat das weh. Bestimmt hatte ich mir sämtliche Knochen gebrochen, fühlte sich zumindest so an. Diese Teufelswerkzeuge namens Kufen sollten wirklich verboten werden. Schimpfwörter murmelnd, versuchte ich mich aufzurappeln.

„Alles ok, Jona?“ Dom schaute mich besorgt an. Sollte er auch!

„Keine Ahnung?! Mir tut alles weh! Hilf mir mal hoch.“ Wie entwürdigend. Dabei legten wir uns fast nochmal auf das Eis, weil dieses Fliegengewicht keine Kraft hatte. Irgendwie haben wir es dann doch geschafft. Ich verzog das Gesicht. Das würde die nächsten Tage schmerzhaft werden.

„Das wird ein blauer Fleck. Ist dir eigentlich klar, wie lange ich in der Uni SITZEN muss?!“ Der drohende Unterton in meiner Stimme war natürlich nicht ernst gemeint, aber Dom machte ein angemessen zerknirschtes Gesicht.

„Tut mir wirklich leid. Da war ich wohl etwas zu stürmisch. Aber ich kann dich gerne zu Hause mit einer Kühlpackung versorgen.“ Dabei zwinkerte er mir frech zu und ich konnte nicht verhindern, dass ich rot wurde.

„Danke, aber ich verzichte.“ An meinen Hintern durften wenn dann nur Hände, die leicht gebräunt waren und diverse Kratzer aufwiesen. Energisch verdrängte ich den Gedanken in die hinterste Ecke meines Bewusstseins und da sollte er auch bleiben!

„Sooo schlimm war der Sturz nun auch wieder nicht, dass du mich derart anfunkeln musst.“, empörte sich in dem Moment Dom.

„Sorry, war in Gedanken. Hatte nichts mit dir zu tun.“, murmelte ich.

„Womit oder besser mit wem denn sonst? Etwa Mister Unbekannt? Der muss ja was Schlimmes angestellt haben, wenn du ihn mit Blicken erdolchen willst.“ War ich wirklich so durchschaubar? Dabei konnte er nicht mal was dafür. Dass mein Körper ihn anziehend fand, dass ich ihm überhaupt über den Weg gelaufen war, war schon schlimm genug. Ach, wen belog ich? Mein Gesicht hatte bestimmt innerhalb von Sekunden ein Pottpuri an Gefühlen gezeigt, die in mir tobten und beinahe hätte Dom mich soweit gehabt, ihm alles zu erzählen. Dabei ging ihn das absolut gar nichts an! Beinahe wäre ich auf diese offensichtliche Fragerei hereingefallen!

„Kein Kommentar.“ Ruhig.

„Spielverderber, ich löchere dich solange, bis du es mir verrätst.“ Diese Drohung konnte er sich echt sparen.

„Wenn du willst, dass ich nicht mehr mit dir rede, bitte, tu dir keinen Zwang an.“ Das hielt er keine Minute aus.

„Jona, Dom, aufgepasst!“ Sammy kam auf uns zugerast und ich fing sie so gut ich konnte, auf.

„Ihr sollt nicht quatschen, sondern fahren. Also bewegt euch.“

Das ließ sich Dom nicht zweimal sagen und fing an, rückwärts vor mir zu gleiten. Bei ihm sah das so leicht aus. Faszinierend, dass er niemanden anstieß, obwohl er nichts sah. Wie funktionierte das bloß?

„Jona…“, keine Minute, seht ihr? Dieses Gesäusel kannte ich nur zu gut. Ich war hilflos. Konnte mich nicht drücken. Die Arme ausgestreckt, zog er mich mehr, als dass ich lief. Wir kamen zumindest vorwärts. Langsam, ganz langsam hatte ich den Dreh raus. Mit Dom als Stütze machte ich hoffentlich nicht eine allzu peinliche Figur. Das ging so lange gut, bis ich ihn sah. Nein, nein, nein, bitte seh‘ mich nicht. Still stand er am Rand und sah den Leuten beim Laufen zu. Mein Herz legte daraufhin einen Sprint ein und ich geriet prompt ins Schleudern.

„Hallo, Jona! Schön dich zu sehen.“, rief uns eine fröhliche Stimme entgegen.

„Philipp aus dem Weg. Ich kann nicht bremsen!“ Doch es war bereits zu spät. Dom lief immer noch rückwärts und konnte nicht schnell genug reagieren. Schon zum zweiten Mal lag ich heute auf meinem Allerwertesten in einem Knäuel aus Armen und Beinen.

„Ui, das ist auch mal eine Art sich kennenzulernen. Jona, kennst du diesen Hübschen, etwa?“ Was hab ich euch gesagt?

„Dom, der ist nichts für dich. Viel zu jung, kannst du also gleich vergessen.“

„Jona, das finde ich jetzt aber nicht nett. Ich bin doch noch kein Greis! Warum hast du mir vorenthalten, dass du so einen scharfen Typen kennst?“ Daraufhin setzte er seinen Jetzt-bin-ich-wirklich-beleidigt-Blick auf.

„Scharf?!“, echote eine verwirrte Stimme von unten.

„Entschuldige Philipp, wir sollten erst einmal von dir runter, oder? Hör nicht auf Doms dummes Gequatsche.“Aufstehen war zumindest ein guter Vorsatz, aber irgendwie wollten meine Füße nicht so wie ich. Da wurde mir eine helfende Hand über die Bande entgegenstreckt. Ich zögerte nur einen Moment, bevor ich sie ergriff. Ich würde zwar wahrscheinlich an einem Herzinfarkt sterben, aber das war immer noch besser, als hier weiter peinlich auf dem Eis zu liegen. Womit hatte ich diese Blamage nur verdient? Welcher Zufall wollte es, dass die beiden ausgerechnet heute beschlossen hatten, auch Schlittschuhlaufen zu gehen?

„Philipp, das ist Dom. Dom, das sind Philipp und Konstantin, meine Mitbewohner in der WG. Irgendwo dahinten sind noch Sammy und Ben.“ Ich wedelte mit der Hand in die ungefähre Richtung, weil ich Sams blonden Lockenkopf gerade nicht ausmachen konnte.

„Philipp also, Hast du nicht mal Lust mit mir was trinken zu gehen? Schokolade, oder so?“ Charmealarm. Dieses Strahlen hatte bestimmt 100 Watt.

„Dom! Lass es.“ Philipps Gesichtsausdruck sprach Bände. Anfängliche Abscheu, gemischt mit Entsetzen und Unverständnis. Doch dann wandelte sich der Ausdruck, daraus wurde Geschmeicheltsein, oh nein und dann noch schlimmer Neugier. Ich ahnte Schlimmes.

„Schokolade mag ich nicht. Warum fragst du mich das überhaupt? Vielleicht bin ich ja schon vergeben?“ Ich hob eine Augenbraue. Interessante Entwicklung, auch wenn ich ein flaues Gefühl dabei hatte. Warum war Dom eigentlich heute so extrovertiert? Er bekam doch sonst nie den Mund auf.

„Mehr als nein sagen, kannst du ja nicht. Außerdem siehst du nicht so aus, als würdest du gleich ausflippen, wenn dich ein Schwuler anmacht.“ Auf Philipps Gesicht breitete sich ein Grinsen aus.

„Wie wäre es, wenn wir erst einmal klein anfangen. Freunde werden zum Beispiel? Deine Ehrlichkeit mag ich schon mal.“ Freunde….Meine Gesichtsentgleisungen sprachen bestimmt für sich. Mit Dom befreundet sein, artete meistens in andere Dinge aus. So wie ich ihn kannte, hatte Philipp ihm soeben Tür und Tor geöffnet. Er würde keine Gelegenheit auslassen, aus dieser Freundschaft mehr werden zu lassen. War die anfängliche Schüchternheit überwunden, wurde er zum Raubtier. Sollte ich meinen neuen Mitbewohner warnen? Aber ich wollte Dom das Spiel nicht verderben, er wusste, wenn die Lage aussichtslos war, wann er aufgeben musste. Nur war ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher, dass es nicht sogar klappen könnte.

„Dom, ich geh runter.“

„Ja, tu das. Philipp, du kannst doch Schlittschuhlaufen, oder?“ So schnell war ich abgeschrieben. Innerlich jubelte ich, er hatte ein anderes Opfer gefunden!

Langsam und unsicher bewegte ich mich Richtung Ausgang. Immer schön am Rand festhalten. Als ich meine eigenen Schuhe wieder anhatte und keinen rutschigen Boden unter mir, fühlte ich mich eindeutig besser. Ich stellte mich neben Konstantin und gemeinsam beobachteten wir die anderen Läufer. Dom und Philipp waren am Rumalbern. Die schienen sich auf Anhieb prächtig zu verstehen. Ich warf heimliche Blicke auf meinen Nachbarn, der interessiert seinen Blick über die Leute schweifen ließ.

„Kannst du das auch?“, versuchte ich ein Gespräch anzufangen.

„Nein.“

„Dom hat versucht, es mir beizubringen, aber du hast ja gesehen, ich bin ein hoffnungsloser Fall.“ Darauf erhielt ich gar keine Antwort. Vielleicht war ihm das Thema zu langweilig?

„Philipp hat erzählt, du studierst Geschichte? In welchem Semester bist du?“

„Fünftes.“ Er war wirklich wortkarg. Oder sprach er nur mit mir nicht? Ich beschloss einfach drauflos zu erzählen, vielleicht interessierte er sich ja für das Eine oder Andere.

„Fünftes schon, das dauert bei mir noch eine Weile.“, seufzte ich.

„Und ich hab nicht wirklich einen Plan, was ich danach machen will. Ausgrabungen sind bestimmt spannend, aber es ist nicht so einfach, an eine Vernünftige heranzukommen. Hat mir ein Kommilitone erzählt. Ich hätte auch nie gedacht, dass mir studieren Spaß machen würde, aber bisher ist es ganz ok. Domenik, der gerade deinen Bruder ärgert, studiert Germanistik. Keine Ahnung, was er daran toll findet. Hast du eine bestimmte Vorliebe? Geschichte ist ja ziemlich breit gefächert.“ Gespannt blickte ich in seine braunen Augen, die jedoch auf der Eisfläche klebten.

„Mittelalter.“, brummte er. Nun ja, immerhin bekam ich überhaupt eine Antwort. Ich musste mich eben mit kleinen Brocken zufrieden geben. Auch wenn sich dieses „Gespräch“ zog wie Kaugummi.

„Sammy, die kleine Blonde, ist Musikstudentin. Sie singt und spielt Klavier, das kann sie echt gut. Aber sie will Lehrerin werden. So ein verschwendetes Talent.“ Das sollte man ihr gegenüber nur besser nicht erwähnen, sonst wurde sie wirklich wütend. Sie hatte Spaß daran, mit Kindern zu musizieren.

„Ben, der letzte im Bunde, ist Mechatroniker. Sieht witzig aus, wenn er sich mit seiner Größe unter ein Auto quetscht. Obwohl, du bist ja fast auch so groß.“ Wieder keine Reaktion. Ich runzelte die Stirn. Möglicherweise sollte ich ihn nicht so zutexten. Ich fand das sonst schließlich auch anstrengend. Besonders die Damen in der Bahn konnten das besonders gut. Über alles und jeden plappern und dabei nichts sagen. Sollte ich ihn etwas über sein Hobby fragen? Ob er dann mit mir redete? Was war nur mit mir los? Warum war es mir so wichtig, ihn aus der Reserve zu locken? Dass er mir etwas von sich erzählte? Ich wollte ihm doch so gut es ging, aus dem Weg gehen. Und nun stand ich hier und versuchte ihm mehr als ein Wort zu entlocken. Es störte mich, dass er nur so kurz und knapp antwortete, ich wollte alles erfahren.

„Du bist nicht sonderlich gesprächig, oder? Gibt es irgendwas, wofür du dich interessierst? Du hast ja gesagt, dass du die Dielenbretter austauschen möchtest. Ich hab draußen in eurem Garten eine Menge Holzbretter gesehen. Die sind bestimmt dafür?“ Mist, wieder eine Ja-Nein-Frage. Und wie erwartet.

„Ja.“ Er machte eine kurze Pause.

„Auf alle drei Fragen. Ich höre lieber zu, also erzähl ruhig weiter. Und übrigens ist Handwerken mein Hobby.“ Wow! Er hatte mehr als einen Satz mit mir gesprochen. Das nannte ich einen Fortschritt. Er hörte also gerne zu. Aber ich würde ihn nicht weiter zukauen. Ich stand nicht so auf Monologe. Stattdessen widmete ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Eis und den Verrückten, die freiwillig darauf herumfuhren. Und dabei auch noch so aussahen, als hätten sie Spaß. Allen voran ein schwarzhaariges Monster, das Philipp in Beschlag nahm. Ein bisschen tat er mir ja leid. Das lenkte ihn wenigstens davon ab, mich auszuquetschen. Wenn er merkte, dass Konstantin derjenige war, der mich nachts nicht mehr richtig schlafen ließ, hatten wir einen vierten Mitbewohner. Meine Laune sank erheblich, als ich feststellte, dass ich schon wieder daran dachte. Sammy und Ben hatten sich in eine Ecke verkrochen und diskutierten aufgeregt miteinander. Ihre Blicke gingen immer wieder zu einem hübschen Mädchen, das ganz offensichtlich an Ben interessiert war. Wahrscheinlichstes Szenario: Er bekam es nicht mit. Oder es interessierte ihn nicht. Sammy gestikulierte wild und zeigte immer wieder auf die junge Frau. Auffälliger ging es nicht. Ich glaubte nicht, dass diese Aktion bei Bens momentanen seelischen Zustand Erfolg haben würde. In dem Moment winkte sie die Eisläuferin zu sich und das Unheil nahm seinen Lauf. Wenn Sam sich als Kupplerin versuchte, sollte man sich so schnell es ging verstecken. Oder ins Ausland verschwinden. In der Hoffnung, dass sie einen nicht fand. Sie schrieb etwas auf einen kleinen Zettel, den sie aus ihrer Tasche hervorgezaubert hatte. Diesen drückte sie der anderen Frau in die Hand und die beiden grinsten sich verschwörerisch an. Bens Gesicht hatte mittlerweile die höchstmögliche Rotstufe erreicht und ich konnte nicht genau sagen, ob aus Verlegenheit oder Ärger.

Neben mir sah Konstantin auf seine Uhr und lenkte mich somit von dem Drama vor meinen Augen ab. Sofort war ich von seiner Präsenz gefangen und übte mich wieder im heimlich Beobachten. Wenn er so neben mir stand, war er wirklich ein ganzes Stück größer. An seiner rechten Hand waren neue Kratzer hinzugekommen. Trotzdem fragte ich mich, wie weich die Haut seiner Finger war und wie es sich anfühlen würde … Nichts fragte ich mich! Meine Hände verkrampften sich um das Geländer und ich versuchte meine Gedanken zu ordnen.

„Wollen wir eigentlich meinen Einzug feiern? Natürlich nur, wenn du, ihr, nichts dagegen habt.“ Philipp würde wahrscheinlich begeistert sein.

„In Ordnung.“ Gut, somit musste ich nur noch klären, wer wo schlief. Es würde bestimmt spät werden und dann fuhr die Bahn nicht mehr.

„Aber erst einmal muss ich umziehen. Das wird schon anstrengend genug werden. Die anderen wollen auch mithelfen, dann wird es hoffentlich schnell gehen. Sammy kann ich nicht zum Möbelschleppen verdonnern, sie kann mir mit dem Kleinzeug helfen. Hat sie ein Händchen für. Ben und Dom sind auch keine Schwächlinge, nun Dom vielleicht ein bisschen. Hat mich vorhin ja fast fallen lassen.“ Bei der Erinnerung daran verzog ich das Gesicht. Die Stelle schmerzte immer noch und ich war froh, dass ich stand.

„Wo soll ich die bloß alle unterbringen? Können schlecht alle bei mir im Zimmer schlafen.“, überlegte ich laut.

Keine Antwort. Schon wieder laberte ich ihn voll. Das musste wirklich aufhören. Ich war doch sonst auch nicht so mitteilsam.

In dem Moment kamen die anderen zurück und erlösten mich von dem Schweigen.

„Genug für heute?“, fragte ich in ihre Richtung.

Ben sah immer noch so aus, als wollte er Sammy am liebsten erwürgen.

„Was haltet ihr davon, noch was essen zu gehen? Ich hab einen Mordshunger.“ Na klar, die kleine Fressmaschine futterte ja auch für drei.

„Und wo?“ Philipp war sofort Feuer und Flamme.

„Sorry, ich hab keinen Bock mehr, außerdem hab ich dafür kein Geld.“ Ben verabschiedete sich mürrisch und Sammy sah aus, als ob ihr Lieblingstier überfahren worden wäre. Sie hatte anscheinend übertrieben und bekam nun die Rechnung dafür. Mit hängenden Schultern machte auch sie sich auf den Weg nach Hause, nachdem sie sich leise von uns verabschiedet hatte.

„Italiener?“ Doms Stimmung konnte so schnell nichts trüben. Aber der Disput zwischen den beiden ging uns im Grunde auch nichts an. Ich hielt mich sowieso raus und Dom war momentan anderweitig beschäftigt. So wie ich Sam kannte, würde sie das schon wieder gerade biegen.

„Einverstanden.“

„Na dann, los!“ Enthusiastisch liefen Philipp und Domenik vor und unterhielten sich angeregt. Schweigend lief ich neben Konstantin. Im Restaurant angekommen, bestellten wir die Klassiker. Pizza, Nudeln und Lasagne. Konstantin aß Salat. Das Gespräch verlief eigentlich nur zwischen Dom und dem jüngeren Bruder. Ich nippte an meiner heißen Schokolade und schaute zu, wie sich Konstantin an seinem Cappuccino die Hände wärmte. Die Zeit in der Eishalle hatte uns anscheinend alle ein wenig ausgekühlt. Er rührte solange darin herum, bis er den kompletten Schaum vernichtet hatte. Anschließend führte er die Tasse zu diesen sinnlichen Lippen, um kurz darauf schmerzhaft das Gesicht zu verziehen, weil er sich verbrannt hatte. Daraufhin spitzte er den Mund, um zu pusten. Verlegen wandte ich den Blick ab, weil meine Gedanken umgehend in eine ungewollte Richtung abgedriftet waren.

Warum nur konnte diese Faszination nicht genauso schlagartig wieder verschwinden, wie sie gekommen war? Warum musste mir das passieren? Ich wollte mich nicht verlieben! Aus Prinzip schon nicht. Und in einen Mann schon mal gar nicht! Nicht, dass ich damit allgemein ein Problem gehabt hätte. Sonst wäre ich bestimmt nicht mit Dom befreundet. Dieses Gefühl hatte ich einfach noch nie gehabt. Deutlich weniger ab und zu, aber nicht so alles überwältigend. Ich bekam ja nicht mal mehr genug Schlaf. Ich hoffte wirklich, dass sich meine Hormone ein wenig beruhigten, wenn ich erstmal mit ihm unter einem Dach lebte. Dom und Philipp schienen schon eifrig Pläne für die Einweihungsparty zu schmieden. Anscheinend brauchte ich mich um nichts mehr zu kümmern, die beiden hatten wohl alles im Griff. Als ich sicher war, dass niemand guckte, ließ ich meinen Blick wieder zu dem großen Bruder gleiten. In der Hoffnung, dass niemand etwas merkte, ließ ich mich zu Tagträumereien hinreißen. Das Haus bot sicherlich viele versteckte Winkel, in die man heißblütig gedrückt werden konnte. Warme, volle Lippen, die sich auf meine legten. Dazu das Gefühl dieses festen Körpers, der sich eng und hart an mich drückte. Der meine Erregung um ein Vielfaches anstiegen ließ. Um ein Haar hätte ich laut gekeucht, konnte mich aber im letzten Moment beherrschen. Meinen Lippen entrang sich nur ein leises Seufzen, das sofort Doms Aufmerksamkeit auf sich zog. Verdammt!

Aus schmalen Augen musterte er mich, führte jedoch gleichzeitig sein Gespräch mit Philipp fort. Er stieß mich unauffällig mit dem Fuß an und signalisierte mir, dass wir darüber später reden würden. So ein Mist! Genau das hatte ich vermeiden wollen. Er war so hartnäckig wie ein Bluthund, wenn er einmal eine Spur gewittert hatte.

Ich will nicht!, jammerte ich innerlich, denn ich wusste, dass es ein langer Abend werden würde. Den ganzen Tag hatte ich es geschafft, Konstantin nicht allzu offensichtlich anzustarren und nun hatten mich fünf Minuten verraten. Vielleicht vermutete er ja gar nicht, dass ich an Konstantin gedacht hatte. Aber ich glaubte nicht wirklich daran. Leider war mein bester Freund bei solchen Sachen viel zu feinfühlig, wenn es um andere Menschen ging. Vielleicht konnte ich ihn mit einem anderen Thema ablenken?

„Schmecken deine Nudeln? Meine Pizza ist nicht so toll.“ Philipp ließ gierig seinen Blick auf meinem Pizzarest liegen und ich schob ihm das restliche Viertelstück hin. Mir war nämlich der Appetit vergangen. Allein der Gedanke an ein Gespräch mit Dom bereitete mir Bauchschmerzen. Ich wusste, wie er war. Er würde mich solange löchern, bis ich meine gesamte Gefühlswelt vor ihm ausgebreitet hatte. Dabei wusste ich selbst nicht so genau, wie es in mir aussah. Ich musste das irgendwie verhindern.

„Sag mal Dom, läuft ab heute nicht der Kinofilm, den du unbedingt schauen wolltest?“ Eine bessere Taktik fiel mir einfach nicht ein. Das Einzige, wofür man ihn begeistern konnte, waren Filme und seine Freunde.

„Was kommt denn?“, fragte Philipp interessiert. Da war wohl schon ein Fisch am Haken. Dom gab ihm eine Antwort und ich sah es in beiden Augenpaaren aufblitzen. Die waren ja ein Herz und eine Seele.

„Philipp, du weißt, dass es im Kino dunkel ist, oder?“, versuchte ich ihn freundschaftlich zu warnen.

„Ja, und?“, verständnislos wurde ich aus grauen Augen angesehen.

„Er wird jede Gelegenheit ergreifen, sich an dich heranzumachen.“, klärte ich ihn auf. Doch er hatte dafür nur ein freches, übermütiges Grinsen übrig.

„Bisher hat er sich doch ganz gut benommen.“ Ich zuckte nur die Schultern. Optimisten blieben mir ein Rätsel. Die beiden hatten sich schon eine Vorstellung herausgesucht und ich spürte es, bevor sie es aussprachen.

„Du kommst mit.“ Aha, seit wann wurde das über meinen Kopf hinweg entschieden?

„Und was wenn nicht?“, versuchte ich wenigstens ein bisschen Gegenwehr.

„Dann…schleif ich Konstantin mit und der hasst Kino. Das willst du ihm doch nicht antun?“ Information abgespeichert.

„Versuch es doch.“, kam es grollend aus seiner Ecke und ich gab mich geschlagen.

„Nur, um ihn vor euren Intrigen zu retten. Einer schlimmer, als der Andere.“, blubberte ich vor mich hin. Ich wollte eben noch den letzten Rest meiner Schokolade trinken, als ich merkte, dass sie bereits leer war. Anscheinend trank ich mehr, wenn ich nervös war. Dom und Philipp waren in Aufbruchstimmung. Konstantin verabschiedete sich knapp mit einem Handschlag und meine Handinnenfläche war wie elektrisiert. Winzige Ameisen krabbelten über meine Haut. Es war nur eine kleine Berührung und trotzdem hatte sie mich aufgewühlt. Dem Film konnte ich dementsprechend schlecht genießen und ich fand es schade um das Geld. Statt der Handlung zu folgen, hatte ich jede Begegnung, jedes Detail noch einmal Revue passieren lassen. Am Ende des Tages war ich so geschafft und so verwirrt wie schon lange nicht mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Isilein12
2012-05-30T16:47:45+00:00 30.05.2012 18:47
oohhh dein FF ist so genial ich freu mich schon aufs nächste kpietel ~*_._*~

zwischen den hauptliebespaar ist zwar noch nicht soviel passiert aber ich finde trotzdem das sie bestimmt ein süßes paar werden ^^ und freue mich schon darauf^^

also Phillipe und Dom sind ja schon wie ein herz und eine seele obwohl sie sich ja nicht mal lage kennen und hachjaa einfach zum dahin schmelzen ^^

glg Lay ~^_^~


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