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Kirschblütenschauer

[Sorato/Koumi/Kenyako]
von

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Vierter Blütenakt


 

Vierter Blütenakt
 


 

***
 


 

Immer und Immer
 

Die gut gemeinten Ratschläge waren ausgesprochen worden und die Koffer warteten im Hausflur auf sie. Der wohlbekannte Duft von Blumenerde und Rosen umhüllte sie, als ihre Mutter sie in die Arme schloss und ihre Schultern unter leisen Schluchzern zitterten. Dabei war Toshiko Takenouchi eine sehr ausgeglichene und beherrschte Frau, deren Gefühle selbst sie als ihre Tochter oft nur schwer deuten konnte. Doch in den letzten Jahren hatte sie immer wieder einen Blick hinter die starke Fassade ihrer Mutter werfen können. Dort hatte sie Angst und Besorgnis finden können, wenn sie erneut in fremde Welten aufbrach, seltsame Wesen kennen lernte und sich in Abenteuer stürzte, die nicht selten die Rettung des Planeten beinhalteten.

Es waren sicherlich keine einfachen Jahre, die hinter ihnen allen lagen, doch der neblige Schleier der Erinnerung würde sein Bestes geben, um über manchen Streit und manchen Wutausbruch hinweg zutäuschen. In einigen Jahren würde sie sich nur an das Schöne und Gute erinnern können.

Sie spürte die warme Hand ihres Vaters auf ihren Schultern, während er ihrer Mutter beruhigend über den Rücken strich. Unverkennbarer Stolz schwang in seinem Blick, hinter den runden Brillengläsern mit, der auf ihr ruhte.

Sie löste sich von ihrer Mutter, die sich mit den blassen Händen über das Gesicht strich und die Tränen beiseite schob. Ihr dunkles Haar war zu einem strengen Dutt zusammengebunden, so wie sie es von ihr gewohnt war, während ihr Vater sich eine silbrige Haarsträhne aus dem Gesicht strich.

„Ich bin sehr stolz auf dich, Sora“, verkündete er mit tiefer Stimme, die ihr früher all die Märchen und Geschichten zugeflüstert hatte, wenn sie nicht einschlafen konnte. „Sehr stolz.“ Und dann lächelte er sein leises, weises Lächeln, das alle Geheimnise der Welt zu kennen schien. So oft hatte sie auf ihn gewartet, während er seiner Professur in Kyoto nachging und sie mit ihrer Mutter in Odaiba zurück blieb, doch nun würde sie ihn verlassen und die Geheimnisse der Welt selbst erkunden.

Otosan, Okasan…“, flüsterte sie und umschlang ihre Eltern mit beiden Armen.

„Wohin du auch gehst“, erklang die Stimme ihres Vaters erneut, kaum hörbar, verschwörerisch als wisse sie um einen lang gehüteten Schatz. „Gehe mit deinem ganzen Herzen.“ Sie nickte stumm, während sie sich von ihren Eltern losmachte.

Der Schmerz, der noch immer in ihrer Brust nachhallte und Yamatos Namen trug, bäumte sich für einen kurzen Augenblick auf, bevor die Tränen versiegten und sie den kühlen Messingtürgriff berührte.

Der Weg der sich vor ihr ausbreitete war nur für sie bestimmt. Zu sehr ängstigte sie sich davor, den Mut nicht aufbringen zu könnte, das Flugzeug zu besteigen. In die sicheren Arme ihrer Eltern zurück zukehren, anstatt dem unheimlichen Erwachsenwerden gegenüber zutreten.

Der Abendwind wehte ihr entgegen, während sie die Tür leise verschloss und auf das gelbe Taxi zuschritt, welches in der Einfahrt wartete. Die Rollen ihres Koffers klackerten ungeduldig auf dem Asphalt und ihre Hände zitterten, als sie nach ihrem Mobiltelefon kramte.

Piyomons große Augen hatten sich auf sie geheftet. Das Flugdigimon mit den kaugummifarbenen Flügeln und dem großen Schnabel war in den letzten Minuten ungewohnt schweigsam gewesen.

Der Taxifahrer – ein untersetzter Mann mit lichtem Haar – nahm ihr den Koffer aus der Hand und bugsierte ihn in den Kofferraum des quietschgelben Autos mit der leuchtenden Taxianzeige auf dem Dach.

„Ich werde warten…“, piepste Piymon leise und die grauen Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Arme bekamen das schillernde Federkleid zu fassen und drückten das Digimon an ihre Brust.

Sie wusste, dass es eine Weile dauern würde, bis sie das kleine vogelartige Wesen tatsächlich wieder sehen konnte. Zu viel wartete in Paris auf sie, um das sie sich kümmern musste. Und obwohl sie es bedauerte, der Digiwelt den Rücken zu kehren, so aufgeregt und neugierig war sie auch auf Frankreich.

„Ich werde immer auf dich warten, Sora.“ Sie lösten sich voneinander während sie den Internetzugang ihres Handys öffnete. Das Browserfenster ließ den Display erleuchten und sie spürte das altbekannte Pulsieren des Digivices in ihrer anderen Hand.

„Öffne dich Tor zur Digiwelt…“ Die Worte kamen wie von selbst über die Lippen, so oft hatte sie sie ausgesprochen.

Das Digitor tauchte die Einfahrt in ein unnatürliches, blaues Licht.

„Immer und immer!“ Piyomons Schrei hallte über die Dächer hinweg, während es vom gleißenden Lichtstrudel erfasst und in die Digitale Welt gesogen wurde. Von einer Sekunde auf die verdunkelten sich die Baumwipfel wieder und die Abenddämmerung streifte ihr Gewand über Odaiba.

Der Taxifahrer hatte bereits auf dem Fahrersitz platz genommen und den Motor gestartet, der ungeduldig brummte und tuckerte.

18 Uhr 57. Es war an der Zeit…

Sie holte tief Luft und öffnete die Tür zur Rückbank. Eine kalte Brise rauschte über die Baumwipfel hinweg, die sich dem Wind beugten und ihr zunickten. Sie fischte eine Kirschblüte aus der Luft, die ihr der Wind zum Abschied heran gespült hatte und bedankte sich lautlos, bevor sie sich auf die dunkle Ledergarnitur fallen ließ und das Auto sich mit einem Ruck in Bewegung setzte.

Vorsichtig streichelte sie über das seidige Blütenblatt, während die Fassaden der Häuser und Wolkenkratzer an ihr vorbei flogen und sich mit den Lichtern Tokios zu einem verschwommenen Bild vermischten.
 


 

***
 


 

Tintenherz
 

„Schau doch mal, Hiro-kun!“ Winkend hielt sie ihm eine Stoffmaus unter die Nase, die mit einer großen rosa Schleife versehen war. „Wie süß.“ Doch wie auch schon zuvor schien Koushiro Izumi kein sonderliches Interesse an dem Plüschtier zu haben und blickte vielmehr verdrießlich drein. Leise seufzend steuerte sie auf das nächste Geschäft zu.

Seit einer geschlagenen halben Stunde versuchte sie nun schon seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, doch der Junge mit den rostroten Haaren, die ihm grimmig ins Gesicht fielen, zeigte keinerlei Regung.

Dabei war das Shinjuku-Viertel gefüllt mit Einkaufsmöglichkeiten und kleineren wie größeren Bars und Cafés, die zum Verweilen einluden. Es war fast ein wenig wie in New York City. Lebendig und ungezwungen, zwei Attribute, die sie sehr am Big Apple schätzte. Doch in Japan schien sie damit nach all der Zeit, die sie in den Vereinigten Staaten verbracht hatte, anzuecken. Sie konnte es auf Koushiros Gesicht lesen. Sie gehörte schon lange nicht mehr hier her. Doch wo war dann ihr Zuhause?

Frustriert ließ sie seine Hand los und presste die Stirn gegen das kühle Glas des Schaufensters. Da hatte sie all die Mühen auf sich genommen und nun das!

Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass er sich freuen würde. Wenn er sie auch nur ansatzweise so vermisste, wie sie ihn, dann hätte er vor Freude über ihren Besuch in die Luft springen müssen – mindestens.

Seit über einem Jahr ging das nun schon so. Seit er sie in New York besucht hatte, seit er ihr einen Sternschnuppenschauer zu Weihnachten geschenkt hatte, seit er seinen Blick über den Computerbildschirm geworfen hatte und seine kohlschwarzen Augen sich in ihrem Gedächtnis eingebrannt hatten.

Dabei kannten sie sich schon so lange, bis ihr diese Augen auffielen und das Herz zum Schlagen brachten. Aber ganz plötzlich ohne jede Vorwarnung war es da gewesen, das Herzklopfen und die roten Wangen.

Und nun, endlich, konnte sie ihn sehen, seine Hand halten, doch es reichte nicht. Sie vermisste die Sternschnuppen, die großen Gefühle. Das ständige Telefonieren und Starren auf sein Foto war einfach nicht genug. Nicht genug, um ihr Herz zufrieden zu stellen.

„Ich will nicht mehr!“ Wütend verschränkte sie die Arme und rauschte an ihm vorbei, mit der stillen Hoffnung, er würde sie aufhalten und…
 

„Idiot“, murmelte sie, während Palmon sie einholte. „Vollidiot.“ Ihre Füße kamen vor einer Bank zum Stehen, gegenüber der U-Bahn-Station, aus der die Menschen strömten und auf die Innenstadt zusteuerten.

Enttäuscht ließ sie sich auf die Bank fallen und beobachtete das Treiben auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Autohupen dröhnten über die Wolkenkratzer hinweg und das Gerede der Menschen verdichtete sich zu einem kollektiven Murmeln.

„Blödmann…“ Palmon kletterte auf die Bank und lehnte sich trösten an ihre Schulter. Die Blüten des Digimons kitzelten ihr Gesicht, während die dunklen Knopfaugen sie aufmunternd anstrahlten. Lächelnd strich sie ihrem treuen Gefährten über das blumige Köpfchen und versuchte den Ärger und die Enttäuschung zu vergessen, als sich Schritte näherten und ein Schatten über sie fiel.

Sie hob ihren Kopf und stieß fast gegen die Stoffschnauze des Plüschtieres. Er drückte ihr die Maus wortlos in die Hand und setzte sich an das andere Ende der Bank.

Langsam streichelten ihre Fingerspitzen über das flauschig weiche Fell des Plüschtieres. Die rosa Schleife hatte sich gelöst und hing schlaff am Hals der Maus, während die Welt sich in den dunklen Plastikaugen spiegelte.

Lächelnd richtete sie die Schleife her, während Tentomon summend über ihren Köpfen kreiste.

„Könnten wir dieses überfüllte Viertel endlich verlassen“, beschwerte es sich und landete vor ihnen auf dem Asphalt. Seine insektenartigen Fühler reckten sich ungeduldig, doch bevor Koushiro etwas erwidern konnte, hatte sich Palmon empört aufgerichtet.

„Nun hör mal! Nimm doch ein bisschen Rücksicht auf Mimi.“ Das Pflanzendigimon verschränkte die Rankenartigen Arme vor der grünen Brust und warf einen bösen Seitenblick auf Koushiro.

„Wie soll man Rücksicht nehmen, wenn sie plötzlich aus heiterem Himmel hier auftaucht…“, widersprach Tentomon seinerseits nicht minder empört und sie spürte wie ihr das Blut in den Kopf schoss.

„Es sollte eine Überraschung werden, du Spielverderber“, Palmons wütende Stimme ließ nichts gutes erahnen, während sich die Blüten bedrohlich aufreckten und im Abendrot schillerten. „Mimi hat wochenlang Vorbereitungen getroffen und Geld gespart, um herzureisen. Ihre Mutter war gar nicht begeistert von der Idee – sie haben sich sogar gestritten,“ verriet das Digimon und Koushiro runzelte die Stirn. Sie versuchte ihre roten Wangen vor ihm zu verbergen, doch bevor er reagieren konnte, antwortete Tentomon bereits:

„Und was haben wir nun davon? Jeder weiß doch, dass Koushiro Zeit braucht, um einen Plan auszuarbeiten. Mimi bringt ihn doch völlig aus dem Konzept. Immer wenn er sie sieht, erstarrt er und stottert. Schrecklich…“

„Tentomon!“ Koushiro war aufgesprungen und hob abwehrend die Arme, während er ihrem Blick auszuweichen versuchte. Tentomon schien sich jedoch keiner Schuld bewusst zu sein.

„Ist doch wahr! Jeden Abend starrst du minutenlang ihr Foto an und…“ Bevor das Digimon weiter sprechen konnte, hatten sich Koushiros Hände auf den Mund des Insektendigimons gepresst.

Verlegen flüsterte er Tentomon etwas zu, das daraufhin nur mit den Schultern zuckte und sich summend in die Luft begab, während Koushiro ihr den Rücken zudrehte und sich mit den Händen über das Gesicht fuhr.

Langsam erhob sie sich von der Parkbank und streckte die Hand aus. Es waren nur einige wenige Schritte, die zwischen ihnen lagen. Ihr Herz klopfte wild und die Welt um sie herum verschwamm zu einem wundersamen Farbengemisch, als ihre Fingerspitzen sein dunkles Shirt berührten.

Erschrocken straffte er die Schultern, während ihre Hände seinen Oberarm berührten und die Sehnen nachmalten, die sich unter der Haut abzeichneten.

„Stimmt es?“, brachte sie atemlos hervor. „Was Tentomon gesagt hat, stimmt es?“ Es dauerte eine halbe Ewigkeit ehe ein Räuspern sie erlöste und er ihr sein Gesicht zeigte.

„Mimi, ich…“, er hielt inne und musterte sie eindringlich mit diesen fast schwarzen Augen, die wie flüssige Tinte wirkten und ihre Welt zum Wanken brachten.

„Ich bin einfach sprachlos, wenn du da bist“, versuchte er erneut, während seine Augen Geschichten malten. „Natürlich freue ich mich, dass du da bist… Verdammt, ich könnte vor Glück platzen…“

Noch bevor er weiter sprechen konnte, hatte sie ihre Arme um seinen Hals geschlungen und presste ihre Lippen auf seine. Sie brauchte keine weiteren Worte. Seine Augen hatten ihr bereits alles erzählt. Sie hatte sich in ihnen wieder finden können. Es war wie in den großen Romanzen auf den Kinoleinwänden, von denen sie träumte.

Sie spürte wie sein Herz gegen ihres schlug, während er sanft ihr Gesicht in seinen Händen hielt.

Seine Berührung glichen einer kühlen Frühlingsbrise, seine Lippen schmeckten nach salzigem Meerwasser, während das Rauschen von tanzenden Herbstblättern alles andere ausblendete und die Zeit einzufrieren schien.

„Das mit uns…“ Sein warmer Atem prickelte auf ihrer Haut, während seine Hände sich in ihren Locken verfingen. „…das ist richtig, oder?“

Sie nickte, atemlos, taumelnd vor Glück. Seine Arme umschlungen sie, sodass sie seinen Herzschlag hören konnte. Und für einen Moment fühlte es sich an, als wäre sie heimgekehrt. Nur der aufkommende Nachtwind störte sie und zerrte an ihnen. Als sie die Augen öffnete, umhüllte sie ein strahlende Kirschblütenschauer, während die Sonne hinter den Baumkronen verschwand und die Abendröte in die Wolken kletterte.

„Ich hab dich lieb, Hiro-kun“, flüsterte sie. Die Tinte in seinen Augen erstrahlte und er zupfte einige Kirschblüten aus ihrem Haar.

„Das weiß ich doch.“
 


 

***
 


 

Neue Ufer
 

„Wuhu!“ Jiros Jubeln ließ ein verschrecktes Owlmon hastig davon flattern, während der Junge mit dem schulterlangen braunen Haar zwischen den breiten Baumstämmen des Native Forests verschwand und sein Schrei durch den Wald echote; Dicht gefolgt von seinem Partner DORUmon, einer bizarren Mischung aus Drache und Fuchs.

„Jiro, hör auf die Waldbewohner zu erschrecken“, ermahnte er ihn und warf Noriko einen Blick zu, die leise lachend über eine Baumwurzel stieg, während ihr Partner Elecmon seinen Kopf gen Baumkronen reckte. Das Mädchen hatte ihr pechschwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden, der nun auf und ab wippte, während ihr Pony ihre grauen Augen fast überdeckte. Mit ihr verband ihn schon seit einigen Jahren eine gute Freundschaft. Gerade durch den Tod Oikawas hatte er sich mit den Kindern verbunden gefühlt, die Saatträger der Dunkelheit gewesen waren und sich ebenso wie er an die guten und schlechten Momente Oikawas erinnern konnten.

Dafür hatten die anderen kaum Verständnis gehabt, nachdem sie Belial Vamdemon besiegt hatten. Doch Noriko schien seine zwiespältigen Gefühle zu verstehen.

„Imai-kun wird sich nur wieder in Schwierigkeiten bringen“, ertönte eine schnarrende Stimme hinter ihnen, die zu Manabu Watanabe gehörte, der seinen Laptop vorsichtig auf den ausgestreckten Armen balancierte und seinen Blick auf den Bildschirm gerichtet hatte, während er Jiros Schreie mit einem Stirnrunzeln quittierte.

Er wurde nicht ganz schlau aus dem schmächtigen Jungen mit der runden Brille auf der Nase. Er hatte ihn und sein Digimon Lalamon – eine wirklich seltsame Mischung - bei einem seiner Streifzüge in der Digiwelt kennen gelernt, als sie auf ein nicht besonders wohl gesonnenes Airdramon trafen und Manabu ihnen zu Hilfe eilte. Seither gehörte der Junge zu ihrer kleinen Gemeinschaft, wie auch Jiro Imai, Noriko Shizuma und der fünften im Bunde Ishi Kato, deren rote Baseballkappe zwischen den dunklen Zweigen aufleuchtete, während sie unbekümmert die Arme baumeln ließ und ihr Partner Kunemon über ihrem Kopf auf und ab schwirrte. Die Grundschülerin hatte ihn per Email kontaktiert und sich als sehr anhänglich erwiesen, wie sich später herausstellte. Dafür war sie eine zähe Kämpferin, die sich nicht so leicht beirren ließ, trotz ihres jungen Alters.

Sie waren ein anderes Team, an das er sich erst gewöhnen musste. Vertrauen hatten sie erarbeiten müssen, während es mit den anderen Digirittern immer so leicht gewirkt hatte. Sicherlich hatte er seine Zweifel gehabt, als Ken zur Gruppe stieß, aber letztendlich war auch er ein guter Freund geworden.

Die neue Generation hingegen wählte selbst ihr Schicksal und das hatte nicht selten zu Streitereien und Machtkämpfen unter den Digirittern geführt. Tatsächlich war er dem wilden Jiro begegnet, als dieser ihn zu einem Duell aufforderte.

Und genau diese Auffassung galt es zu unterbinden, um ein friedliches Zusammenleben zu garantieren. Deshalb patrouillierten die Digiritter abwechselnd, stellten neue Teams auf und versuchten diese auszubilden.

In den letzten Jahren hatten sich dadurch viele internationale Einheiten gebildet, die Neulinge unter ihre Fittiche nahmen, Wildfänge bändigten und Streitigkeiten schlichteten. Dank Koushiros Netzwerk waren sichere Strukturen entstanden, die es ihm ermöglichten in regelmäßigen Abständen nach dem Rechten zu schauen.

„Iori-kun!“ Ishis Rufe rissen ihn aus seinen Gedanken. Das Mädchen hüpfte hastig über einen Baumstumpf und winkte ihm aufgeregt zu. „Das Zeichen!“ Brachte sie zwischen zwei Atemzügen hervor und deutete auf einen Baumstamm in einigen Metern Entfernung. Dort prangerte ein blutrotes Symbol auf Rinde.

Auch aus der Ferne wusste er, dass es sich dabei um ein Rechteck handelte, mit zwei abgehenden Linien an den Seiten. In letzter Zeit tauchte das Symbol immer häufiger auf und ihn beschlich das Gefühl, dass es nichts gutes zu bedeuten hatte.

„Ishi“, er wandte sich an das Mädchen mit den kurzen blonden Haaren die unter der Kappe hervor lugten. „Wo ist Jiro?“ Suchend warf er einen Blick in die Runde, doch von dem Jungen mit der grünen Weste, die er ständig trug, war nichts zu sehen.

„Vielleicht ist er in eine Schlucht gefallen und…“ Manabu wurde von Lalamon unterbrochen, dass die Blüten erschrocken hängen ließ und ängstlich quietschte. „Sag so etwas doch nicht, Manabu, damit macht man keine Scherze“, tadelte es seinen Partner und hüpfte nervös auf und ab.

„Hier gibt es keine Schluchten, Lalamon“, tröste Noriko das Digimon und warf ihm einen Seitenblick zu. Eigentlich bestand der Native Forest nur aus Bäumen, aber bei Jiros Übermut würde er selbst im Wald eine Schlucht zum Hinunterstürzen finden. Doch diesen Gedanken behielt er für sich.

Unterdessen hatte sich Kunemon auf Ishis Kopf niedergelassen. „Hast du noch Rosinen, Ishi?“, fragte es gierig und stupste seinen Partner mit dem Wespenkopf, woraufhin Ishi in ihrer Hosentasche nach den Rosinen suchte, die das gefräßige Digimon vergötterte.

Kunemon wurde jedoch unterbrochen als ein markerschütternder Schrei ertönte und Jiro zwischen den Baumstämmen auftauchte, dicht gefolgt von DORUmon und einer dichten Staubwolke, während der Boden unter ihren Füßen vibrierte.

Geschwind zückte er sein gelbes Digivice, während Armadillomon sich in Stellung brachte und der wohlbekannte Energiestoß durch das Vice ging und das Digimon erfasste.

Armadillomon – Shinka! Ankylomon.

Und auch die anderen ließen ihre Digimon digitieren, während die Staubwolke sich langsam auflöste und zwei giftgelbe Augen bedrohlich zwischen den Partikeln hervorstachen.

Riesige Wurzeln schlangen sich durch den Waldboden, während die Baumkrone des Jyureimon einen bedrohlichen Schatten auf sie warf.

Kunemon – Shinka! Flymon.

Die gigantischen Flügel Flymons breiteten sich aus, während der baumartige Feind eine Salve Cherry Bombs auf sie losließ. Die Geschosse rauschten auf sie zu und konnten gerade noch von Ankylomons hartem Panzer abgefangen werden.

Lalamon – Shinka! Sunflowermon.

„Ihr habt in diesen Gefilden nichts zu suchen, Menschen“, keifte das Jyureimon wütend. „Tsuta Kougeki!“ Sunflowermon wich den Lianen rasch aus, die Jyreimon nach dem Pflanzendigimon schickte.

Elecmon – Shinka! Centalmon.

„Dieses Gebiet ist Menschenfreie Zone“, zischte das feindliche Digimon, während weitere Attacken durch den Wald preschten. Die Bäume um sie herum ächzten und knackten.

DORUmon – Shinka! DORUgamon.

„Die Anti-Human-Alliance wird euch in Grund und Boden stampfen“, grölte Jyureimon, während DORUgamon sich in seiner Wurzel festbiss, bevor es von einer Ladung Cherry Bombs getroffen wurde.

Die dicken Wurzeln des Baumdigimons wucherten über den Waldboden. „Es steht euch nicht zu, über uns zu verfügen.“

„Wir greifen gleichzeitig an, dann können wir es besiegen“, rief er den anderen zu und duckte sich vor einem zusammenstürzenden Baum.

Centalmon begab sich in Position und, während Sunflowermon hinter ihm hervor preschte, begleitet von DORUgamon. Flymon stürzte sich aus der Luft herab und Ankylomon senkte den gepanzerten Kopf.

„Hunting Cannon!“

„Cactus Tail!“

„Power Metal!“

„Deadly Sting!“

„Megaton Press!“

Gemeinsam stürzten sie auf Jyureimon und ein stürmischer Attackenhagel prasselte auf das Digimon nieder, welches unter den explosionsartigen Angriffen zu Boden ging.

„Geschafft!“ Siegessicher streckte Jiro seine Faust in die Höhe, doch als sich der Attackennebel lichtete, war von den feindlichen Digimon nichts mehr zu sehen.

„Verdammt“, presste Ishi hervor und rannte zu ihrem Partner, während sie suchend den Kopf hin und her drehte.

„Was sollen wir tun?“ Noriko wirkte ratlos, während sie mit ihm einen Blick austauschte. „Wir können nicht riskieren, dass es auch andere Menschen bedroht…“

Doch Manabu unterbrach sie, während seine Finger über die Tasten des Laptops flogen. „Viel wichtiger ist doch, warum es uns überhaupt angegriffen hat.“ Hastig fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen, rückte seine Brille gerade und drehte ihnen den Bildschirm zu. Dort blinkte das Rechteck mit den seitlich abgehenden Linien auf.

„Was soll das darstellen?“ Jiro verschränkte verständnislos die Arme. „Wir dürfen keine Zeit verlieren, Leute. Wenn wir Jyureimon nicht einholen, dann war es das!“

„Dabei handelt es sich, wie du vielleicht weißt, Imai-kun…“, begann Manabu mit einem leicht spöttischen Lächeln, „…um das Symbol für elektrischen Widerstand. Ein gängiges Symbol der Physik, das meist zur Zeichnung von Schaltkreisen benutzt wird…“

Er ließ die Erklärung für einen Moment in der Luft hängen, bis sie zu ihm durchdrang.

„Du meinst also, dass es sich hier um eine Rebellion handelt“, schlussfolgerte er schließlich.

„Die Anti-Human-Alliance…“, flüsterte Noriko und warf einen Blick auf den zerstörten Wald.

„Ja, dann lasst uns aufbrechen“, forderte Jiro und sprang auf. „Je eher wir diese Alliance aufmischen, desto besser…“

„Sollten wir nicht erst einmal einen Plan entwerfen und den anderen Bescheid geben?“, warf Noriko zweifelnd ein.

„Wir können die anderen immer noch informieren. Aber wir sollten unbedingt dieser Spur nachgehen“, murmelte er, während das blutrote Symbol, welches in den Baumstamm geritzt wurde, angriffslustig aufblitzte. „Vielleicht können wir ihren Stützpunkt ausfindig machen und erfahren sogar wer die Drahtzieher hinter dieser Widerstandsgruppe sind…“ Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. 18 Uhr 57.

„Lasst uns abstimmen…“
 


 

***
 

Author’s Note:

Der letzte Akt also, bevor wir uns noch einmal beim Epilog wieder sehen. Das besondere an diesem Kapitel ist, dass alle Teile um 18.57 Uhr enden. Wie spannend.^^

Bei Sora wollte ich noch einmal einen Elternaspekt einbringen. Sora hat eine andere Beziehung zu ihren Eltern als zum Beispiel die Yagami-Kinder, in Schneegestöber gehe ich da näher drauf ein, oder Ken und seine Eltern. Soras Vater ist nie aufgetaucht, aber das er Professor an der Universität Kyoto ist, wurde offiziell bestätigt. Also Canon-pur! Ansonsten wollte ich das Kapitel in einen Rahmen packen. Sora, die das Tor das letzte Mal aufruft und Iori, der durch das Tor tritt und neue Abenteuer findet.

In der Mitte haben wir Koumi <3

Wie schön. Die beiden müssen noch ein wenig an ihrer Kommunikation arbeiten, denke ich. Dafür haben ihre Digimon den Stellvertreter-Streit ausgeführt. Das fand ich ganz amüsant. Zumal der Digimon-Aspekt auch nicht zu kurz kommen soll. Am meisten habe ich mich die ganze Zeit auf Ioris Part gefreut (na ja abgesehen vom Epilog).

Erstmal ist mir wichtig, dass – wenn schon alles und jeder Digiritter werden kann – dadurch auch Probleme entstehen und neue Konflikte auftauchen. Iori ist mittlerweile 14 und deshalb super geeignet um ein neues Team, eine dritte Generation anzuführen. Dabei habe ich die Gruppenstruktur mal vollkommen verändert. Nichts mit süßen Mädchen und knuffigen Digimon. Der seltsam-zynische Manabu hat das Lalamon, SO! Und das ist ein goldiges Team. Aber auch die anderen sind ganz wunderbare Gestalten, die plötzlich in meinem Kopf aufgetaucht sind. Jiro ist ein absoluter Google ohne Google, ein Haudrauf unter der Sonne, Ishi eine lebensfrohe Kratzbürste und Noriko das kränkelnde Mädchen aus der Saat-der-Finsternis-Kinder-Riege.

Ich wollte ein neues Abenteuer in Gang setzen. Ich wollte aus dieser Geschichte mit einem Knall gehen. Ein offenes Ende – was glaubt ihr, passiert wohl – Ich wollte einen Kreislauf. Neue Digiritter, neue Aufgaben, neue Abenteuer.

Bis die nächste Generation auf den Plan tritt – angeführt von Ishi, das wäre ein Spaß.

So, und nun stellt sich nur noch eine, eine Frage.

Was hat das alles mit Tai zu tun?

Nun es dürfte nicht schaden, wenn man ein wenig Spaß am Analysieren und Interpretieren hat.

Denke ich…

Bis dahin

PenAmour



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