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Vollkornsprudel

von

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5th can of blueberry-flavoured Fanta

Ächzend zog ich meine Zimmertür hinter mir zu, warf meine Tasche in die Ecke und ließ mich nach vorn in mein Bett fallen.

Die Decke roch muffig.
 

Das war wohl die ereignisreichste Woche meines Lebens gewesen. Nicht einmal die Zeit des Umziehens und des Studienbeginns war so anstrengend gewesen.
 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den Test am Montag völlig in den Sand gesetzt habe, da ich mit meinen Gedanken einfach woanders war.

Dann wollte Frau Linder, meine reizende Nachbarin, dass ich ihr Auto einmal checke, da es ja nicht mehr anspringe. Ich frage mich, was die alte Schachtel mit dem Wagen anfängt, ich habe sie noch nie fahren sehen. Jedenfalls habe ich gute Seele mich überreden lassen und habe Bekanntschaft mit Drecksvieh gemacht. Drecksvieh ist ein Marder. Ein Drecksvieh eben, darum der Spitzname. Er wohnte unter der Motorhaube als wäre er der König und wollte wohl sein Territorium verteidigen… Jedenfalls biss Drecksvieh mich in die Hand, weshalb ich auch zum Arzt musste.

Zum Glück hatte ich nichts Schlimmeres als eine Bisswunde, die nicht aufhörte zu bluten.

Somit hatte ich auch noch eine aufmerksamkeitserregende Mullbinde an der Hand anstatt eines Pflasters. Dummerweise war das auch noch meine Schreibhand.

Mitte der Woche meinte die Wunde auch noch sich zu entzünden. Also wieder zum Arzt. Auf dem Rückweg kaufte ich mir ein Eis. Und sah Mara.

Meine Freundin amüsierte sich mit einem anderen Typen im Eiscafé und schien sehr ausgelassen. Zufälligerweise kannte ich auch den Kerl, mit dem sie ausging. Er war kein einfacher Freund von ihr, das wusste ich.

Kurz gesagt: Ich habe mit Mara Schluss gemacht. Wieso sie fremdgegangen war? Weil wir nach einen Jahr Beziehung nie miteinander geschlafen hatten.

Na und? Drehte sich hier alles nur noch um Sex?

Wütend warf ich mein halb gegessenes Eis in den nächsten Busch.

In einer Beziehung ging es doch nicht nur darum, schließlich waren wir auch ohne glücklich gewesen, oder? Natürlich hätten wir bald einmal miteinander geschlafen, aber für mich stand das nie im Vordergrund.

Aber damit war es noch nicht vorbei:

Meine Lieblingsfanta wurde aus dem Sortiment genommen. Die mit Blaubeergeschmack.

Ja, für mich ist das eine Art Weltuntergang zweiten Grades!
 

Um etwas Luft zu bekommen, drehte ich mich auf den Rücken als es just in diesem Moment klopfte.

„Nein, niemand da“, brummte ich böse.

Doch die Tür ging trotzdem auf und eine Dose schob sich zwischen Tür und Rahmen.

„Blaubeerfanta?“

Die Dose verschwand wieder und die Tür schloss sich.

Habe ich gerade richtig gesehen? Ich dachte, es gäbe keine mehr?
 

Sofort sprang ich auf und sah mich auf dem Flur um. Vielleicht in der Küche…?

Tatsächlich. Da stand sie mit vier weiteren Dosen. Und einem Zettel.

‚Für die Reparatur meines Wägelchens. Hoffe, sie mundet. Mit Grüßen, Frau Lindner.’

Mit einem Schlag änderte sich meine Meinung über diese Frau. Breit grinsend stellte ich die Dosen in den Kühlschrank und erfreute mich meines Lebens.
 

Für ganze drei Stunden.

Am Nachmittag rief meine Mutter an, die sich Mal wieder nach meinem Befinden erkundigen wollte. Hatte sie ja nicht schon letzten Monat getan.

„Schön, dass du dich wieder meldest. Alles klar bei dir?“

Ja natürlich, sagte sie und erzählte mir ein wenig von ihrer Arbeit. Als sie nach mir fragte, war ich kurz davor, ihr mein Leid zu klagen, aber mein gesunder Verstand hinderte mich daran.

Darum erzählte ich ihr nur von Drecksvieh.

„Ach ja und Drecksvieh scheint nun im Vorgarten des Hauses zu wohnen… Bestimmt wartet er nur darauf, mich aus dem Hinterhalt anzugreifen“, meinte ich trocken.

Lektion des Gesprächs: Ich solle nicht mehr so paranoid sein.

Toll, das löste meine Probleme mit Jakob auch nicht.
 

Scheiße, da hatte ich mir solche Mühe gegeben den Mistkerl zu vergessen und ich hatte nicht einmal eine Woche durchgehalten!

Aber Problemen konnte man nicht davonlaufen. Im Unterbewusstsein lauerten sie auf ihre Chance und… Mensch, ich klinge wirklich paranoid.
 

Da ich ein Mensch bin, der sich Problemen auch stellt, was heute das zweite Mal in meinem Leben wäre, habe ich kurzerhand bei Jakob angerufen und traf mich mit ihm in einer nahe gelegenen Bar. Ein neutraler Ort war sicherer als zuhause.

Außerdem konnte ich so ein wenig Frust ablassen. Diese Woche war einfach nur für die Tonne gewesen.
 

Nach ein, zwei Bier mit netter Musik im Hintergrund und einer Schimpftirade auf das Leben sah alles viel rosiger aus.

„Und wenn du irgendwann Mal auf’n Marder treffen solltest, hab’ immer Handschuhe dabei.“
 

Jakob grinste und nickte. „Oder ich fang ihn ein und schenke ihn dir. Dann hast du Zwei.“
 

„Bleib mir damit bloß wech…“

Das warme, wohlige Gefühl vom Bier noch im Bauch musste ich gähnen. Das war der Nachteil daran. „Wie kommste eigentlich zurück?“, fragte ich noch einmal gähnend und sah auf die Uhr. Meine Güte, schon halb Zwölf.
 

„Schätze Mal mit dem Bus. Fährt hier überhaupt einer?“
 

„Keine Ahnung…“
 

„Wie kommst du heim?“
 

„Bin mit’m Fahrrad da.“

Schon allein beim Gedanken an die kalte Nachtluft fröstelte mir. Ich bin eine Frostbeule.
 

Jakob musterte mich. „Du bist leicht angetrunken. Kannst du dich noch gerade auf dem Rad halten?“
 

Wütend stand ich auf, um ihm zu beweisen, dass ich noch völlig fit war. „Na klar!“

Das plötzliche Gefühl des Erbrechens und der Gang zum Klo war nicht geplant gewesen.
 

„Verträgst wohl nicht mehr so viel, was?“, lächelte Jakob ohne spöttisch zu wirken und lehnte an der weiß gekachelten Wand während ich mir den Mund ausspülte.
 

Ich begnügte mich mit einem bösen Blick in seine Richtung.

Letzten Endes lief es darauf hinaus, dass ich hinten auf dem Gepäckträger meines eigenen Fahrrads saß und anfangs etwas schlingernd nach Hause gefahren wurde.

Die kühle Abendluft machte mir den Kopf frei und ich fühlte mich richtig gut.

Mutig suchten meine Füße auf dem Gepäckträger Halt und Jakob stieß einen Fluch aus. „Was soll denn das werden?“
 

Doch ich lachte nur und hielt mich an seinen Schultern fest, um nicht herunter zu fallen. „Das wollte ich schon immer Mal machen!“

Von Jakob kam nur ein belustigtes Lachen und die Warnung, dass ich ja nicht runterfallen solle.
 

Als wir das Fahrrad vor dem Haus abstellten atmete ich noch einmal tief durch. „Das war cool. Wortwörtlich.“
 

„Gut, ich werd’ dann auch abhauen.“
 

Verwirrt über diesen plötzlichen Rückzug wollte ich ihn fragen, weshalb, doch ein Fauchen störte die Szene.

Unser Blick fiel auf den kunstvoll beschnittenen Busch neben uns.

Leuchteten da nicht sogar zwei rote Augen zwischen den Blättern?

„Verzieh dich Drecksvieh!“, knurrte ich, doch das Fauchen wurde aggressiver.
 

Jakob starrte entgeistert auf die Pflanze. „Vielleicht… sollten wir reingehen“, sagte er langsam und konnte seinen Blick nicht vom Busch nehmen. Hatte er Angst?
 

Ich kramte schon in meiner Hosentasche nach dem Schlüssel. „Wäre wohl besser…“
 

Meine Kommilitoninnen waren noch wach, was mir eine umständliche Einschleichaktion ersparte. Sie saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher und sahen sich zum tausendsten Mal ‚Desperate Housewifes’ an. Ein kurzer Gruß und ich schickte Jakob schon mal vor, da mich meine Füße in die Küche trugen, um etwas zu trinken zu holen.

Mein erster Blick fiel auf die Blaubeerfanta. Ohne groß nachzudenken griff ich mir eine Eisgekühlte und zögerte.

Nein, das war allein meine Fanta und –
 

„Hier, ich hoffe du magst die mit Blaubeergeschmack.“

Ich hielt ihm eine Dose hin, während mein egoistisches Ich noch tobte, dass das ja allein meine Dosen waren.
 

„Die gibt es noch?“, fragte Jakob erstaunt und öffnete sie mit einem Zischen. „Prost.“

Nach ein paar Schlucken sah er mich fragend an. „Wollte ich nicht eigentlich gehen?“
 

Ich grunzte belustigt. „Drecksvieh weiß eben, wie er die Anwohner in Schach hält.“
 

„Vielleicht sollte ich dir doch keinen zweiten Marder schenken.“
 

„Dumme Idee.“
 

Jakob stellte die Dose ab. „Sammelst du die immer noch oder soll ich die wegschmeißen?“
 

Er erinnerte sich immer noch daran? Was zum Teufel – „Schon gut, lass’ ruhig steh’n.“ Ich stand auf und nahm seine Dose, um sie in der Küche auszuspülen. Hinter mir hörte ich ein Geräusch als würde Jakob seine Jacke anziehen. „Du gehst?“, fragte ich überflüssigerweise. Ja, manchmal bin ich ein echtes Genie, besonders, wenn ich etwas intus hab.
 

„Ja…“ Er klang ziemlich nachdenklich. „Danke für den netten Abend, schlaf dich aus. Man sieht sich!“
 

Zu meiner eigenen Verwirrung hatte Jakob einfach so die Wohnung verlassen.

Was sollte das? Da kann man sich ja nicht einmal richtig verabschieden!

Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder meiner mit mittlerweile Wasser gefüllten Dose zu.

Sein Fluchtversuch sollte mich nach dem letzten Mal nicht mehr überraschen, oder? Das tat es auch nicht, aber es traf mich. Irgendwie. Mehr als ich zugeben wollte.
 

Ich entschloss mich dazu, erst einmal wieder mein Leben neu zu strukturieren.
 

Mein erster Stopp war im Vorgarten des Hauses. Drecksvieh knurrte mich jeden Morgen auf dem Weg zur Bahn an und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich irgendwann angreifen würde. Dementsprechend legte ich Köder aus, die ich im Zoowarengeschäft gekauft hatte. Drecksvieh würde einschlafen und ich würde ihn im Wald aussetzen. Dummerweise stehen Marder unter Naturschutz.
 

Als nächstes kam mein Berg an nicht gemachten Hausarbeiten dran. Aufsätze schreiben, Staubsaugen, Staub wischen, Zettel ordnen. Das war aber das kleinere Übel.
 

Meine letzte Prüfung musste ich noch mit zwei Telefonaten überwinden.

Mara klang leicht genervt als ich anrief. Sie machte mir mehr als deutlich, dass sie mit einem Langweiler wie mir nichts mehr zu tun haben will. Langweiler? Etwas deprimiert legte ich auf und fragte mich, wie sie unser gemeinsames Jahr einfach so hatte wegwerfen können.

Ich hatte gar nicht mehr die Motivation Jakob überhaupt anzurufen, aber meine Finger waren Mal wieder schneller als mein Kopf und schon hörte ich das Freizeichen.
 

Ein Knacken. „Hallo, mit wem spreche ich bitte?“, kam es verschlafen aus dem Hörer.
 

„Morgen, hier ist Till.“
 

„Morgen.“ Jakob gähnte einmal und im Hintergrund raschelte es. „Was ist los? Du weißt, dass es… Oh, es ist schon Nachmittag?“
 

„Zufällig ja“, antwortete ich trocken. „Soll ich noch später anrufen?“
 

Jakob ignorierte meine beißende Ironie. „Nein, nein. Was gibt’s denn?“
 

Jetzt kam der Knackpunkt. Wieso habe ich mir nicht ein paar Minuten Zeit genommen um genau zu überlegen, was ich sagen will? „Ähm…“ Ganz toller Anfang, Till, wirklich.
 

Doch zum Glück sagte Jakob nichts, sondern wartete geduldig.
 

„Ich glaube, ich mach’ mir in letzter Zeit einfach zu viele Gedanken und alles ist irgendwie verworren und… ich würde gern wissen, wo ich stehe. Bei dir, mit dir, was auch immer.“
 

„Das ist ziemlich direkt“, meinte Jakob belustigt, wurde dann aber wieder ernst. „Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber… ich liebe dich.“
 

…Irgendwie hatte ich mir das schon gedacht. Scheiße.

Wie war es denn bei mir? Ich bekam ihn nicht mehr aus dem Kopf, ja. Aber ich stand hundertprozentig nicht auf Männer. Und genau das habe ich Jakob auch spüren lassen. Vielleicht ist er deshalb immer abgehauen.

Aber hier geht es zurzeit um meine Position. Los, sag was, du verdammter Trottel, irgendwas wie ‚Ja, ich auch’ oder ‚Tut mir Leid, aber ich stehe nicht auf das eigene Geschlecht’ oder –
 

„Wenn’s sonst nichts gibt, kann ich dann weiterschlafen?“

Ich hatte meine Chance, etwas zu sagen, vertan.

Es war eine Farce, doch ich spielte mit.
 

„Dann schlaf gut, bis dann.“

Ich bereute das Gespräch sofort als ich aufgelegt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Khaosprinzessin
2011-03-08T23:02:36+00:00 09.03.2011 00:02
drecksvieh mag ich^^ vllt hält er jakob ja das nächste mal komplett davon ab, wieder zu gehen und stattdessen bei till zu bleiben... hihi, super viech!
jakobs geständnis... huiuiui, sehr cool^^

bin gespannt wies weitergeht

see ya in hell, beast
Von:  xXMomokoXx
2011-03-08T22:46:16+00:00 08.03.2011 23:46
um gleich auf den punkt zu kommen x'D

... toll *___* ich hab zwar ehrlich keinen schimmer was dieses marder ding is, aber was soll's xD

Und...
...
... *schnief* Fanta Blueberry...Q___________________Q wieso wurde die aus dem sortiment genommen? *ihr nachtrauer* die war doch so oberlecker v____v *ihre abwesenheit is jetzt verdrägt hat* xD

LG momo
PS: ich hoffe es geht schnell weiter >o< Bin gespannt wie's weiter geht +___+ *fahne schwenk*
Von:  _haiiro_
2011-03-08T22:37:26+00:00 08.03.2011 23:37
ich steh auf den marder :DD so einen will ich auch da braucht man keinen wachhund mehr XD


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