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Der Pfau

Deutschland, das sind wir selber
von

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30 - Paul und seine Freunde

Das geschah nur einmal alle Jubeljahre. Alle Impulse waren aktiv und überbrachten Paolo sowie Paul einen Gehirnwasserkaffee und die Nachricht, dass Paula zu einem absolut „dRiiinGeNdEn“ Gespräch geladen hatte. Die Sonne stand hell im Westen, der Körper von Paul Albrecht döste vor sich hin, und als Paul und Paolo zum Meeting eintrafen, waren sie müde und erschöpft.
 

„Was gibt’s, Paula?“, fragte Paul, während er sich auf dem kleinen Schemel niederließ, der vor dem niedrigen Holztisch stand. Sein Gehirnwasserkaffee wurde ihm nachgeschenkt. Sie fuhr mit einer Hand durch ihre Haare; als Ergebnis standen sie struppig ab. Es war klar ersichtlich, dass Paula sich nicht gekämmt hatte. Auch der Pyjama mit den süßen rosa Babykätzchen auf beigefarbenem Grund verstärkte den Eindruck, dass dieses Treffen mehr als hastig einberufen wurde, ohne Rücksicht auf Verluste.

Sie stützte die Handflächen energisch auf dem Tisch ab. Paul neben ihr, der unruhig auf dem Schemel umherrutschte und einen der Impulskellner damit beauftragte, ihm eine Kippe zu bringen, ließ den Blick zu Paolo schweifen, der die Schnüre seiner Kapuze festhielt und sie um seinen Hals schlang.

Als Paula ihre süße Mädchenstimme erhob, klang sie beinahe hysterisch.

„Knut!!! Der knuffige kleine Kuschelbär!“

Paul sah sie misstrauisch an, während der Impuls eine Zigarette brachte und sie ihm hinhielt. Paolo kicherte leise, aber Paula in ihrem inneren Aufruhr bemerkte das nicht.

„Er ist tot! Er …............ er ist tot...“

„Wie.“ Pauls Stimme klang belegt. Der Rest der Welt schien diesen März einer Apokalypse entgegenzuschlittern, und jetzt sollte selbst Knut tot sein? Das konnte nicht sein. Er schüttelte den Kopf. Die Zigarette steckte unangezündet und vergessen in seinem Mundwinkel.

„Ich weiiiiiß!!“ In Paulas Augenwinkeln sammelten sich Tränen, und sie schniefte laut auf. Paolo sah sie aus einem großen Auge heraus an. Er hatte die Schnüre seines Pullovers losgelassen und rückte mit seinem Stuhl näher an sie heran.

„Hey“, sagte er mit leiser, fast schon sanfter Stimme. „Meinst du, meine Hand riecht nach Pferdescheiße?“ Er hob ihr die Hand hin, Paula schniefte noch einmal laut auf. Statt aber zu fragen, warum das nun plötzlich wichtig war, streckte sie den Kopf nach vorne und hielt die Nase über die Hand ihres Bruders. In einer plötzlichen Bewegung schnellte Paolos Hand nach oben und schlug damit brutal gegen Paulas Nase. Paolo lächelte schief. „Yo bitch!! Hab' dich!!“
 

Einen Moment lang war es still, dann fing Paula an, Rotz und Wasser zu heulen. Sie stotterte unvollständige Sätze – „Knut“ kam darin oftmals vor, und „nie wieder“; „Pupsi“ ebensooft wie „tot“. Sie bot einen armseligen Anblick, und niemand mit einem halben Herz würde kein Mitleid empfinden für das ansonsten so schlagfertige Mädchen. Paul tätschelte ihre Schulter, obwohl er selbst Trost brauchte. Er räusperte sich.
 

„Ich denke, es ist keine große Frage, was wir nun tun werden.“ Noch immer hing die Kippe vergessen in seinem Mundwinkel. Paula wandte sich von Paul ab und klammerte sich haltsuchend an Paolo, der dieser Aktion nur mit einem Seufzen begegnete und sich eine Tüte aus seinem Känguruhbeutel fischte. „Haste ma Feuer.“, verlangte er. Paul antwortete nicht, aber ein kleiner Impuls kam geschwind angerannt und bot dem Drogensüchtign ein Streichholz an. Sekunden später roch man im großen, ausladenden Raum den bekannten Gestank von Gras. Paula störte das nicht, im Gegenteil: sie schien sich langsam wieder zu fangen und sah Paul aus geröteten Augen an.

„Das ist keine große Frage, nööö!“, rief sie laut aus. „Wir machen ein riesiges Begräbnis! Mit Fanfaren und so! Und wir werden die Straßen anmalen, mit Sternchen und Elefanten und süßen- süßen Babybären!!“ Ihre Stimme zitterte wieder gefährlich. Paul wagte kaum, ihr zu widersprechen, aber er war hier der einzige, der sowas ähnliches wie Vernunft besaß, also musste er diese auch hin und wieder einmal anwenden.

„Nein. Das geht leider nicht.“

„Was?!“ Der Blick aus ihren Augen war furchterregend. Sie wandte sich zu Paolo. „Pupsi!! Tu' was, Schnuckelchen! Sag' ihm, dass das nicht geht!“ Paolo sah sie aus den Augenwinkeln heraus genervt an.

„Ey Paul...“ Einen Moment lang glaubte der Angesprochene tatsächlich, dass Paolo auf seine Schwester gehört hatte. „Meinst du, man kann Eisbären rauchen?“
 

Stille.
 

„Haste sie noch alle, du Wahnsinniger?!“ Es war weniger eine ernstgemeinte Frage, deren Antwort Paul noch nicht kannte, als eher ein Vorwurf. Ein kluger kleiner Impuls brachte ihm Feuer, und augenblicklich wurde Paul ein wenig ruhiger.

Paolo lachte. „Ist doch eh tot, oder nicht? Is' ja nicht so, als würden wir ihn töten...! Voll moralisch gut und so!!“ Paul wandte den Blick ab. Er hätte schon vor 19382909 Jahren aufgeben sollen, mit diesem gehirnampurtierten Arschloch zu reden. Er blies gräulich-blauen Rauch aus und beruhigte sich langsam.
 

„Was haltet ihr davon. Wir stopfen ihn aus.“ Hoffnungsvoll sah Paul in zwei aus verschiedenen Gründen rot unterlaufene Augenpaare.
 

„Hey!!“ Von unten kam eine hohe, helle Stimme. Ein Sehnerv war marathonartig mit einer Eilmeldung in die Kommandozentrale gerast und übergab Paul mit zitternden Händen die Beobachtung von Berlins Augen. Dann brach der Sehnerv zusammen und blieb reglos liegen. Geschwind kamen zwei Impulse herbeigehuscht, die das arme erschöpfte Ding auf einer Trage nach in ein Krankenzimmer verschafften.

Paul öffnete das Dokument mit kaum weniger zitternden Händen. Sein Blick huschte über die hastig hingeschmierten Buchstaben. Die Tinte war an manchen Stellen verschmiert.

„Okay.“, teilte er seinen beiden Mitstreitern mit. „Wir müssen zu 'ner Entscheidung kommen. Keine Zeit. Albi kommt auf uns zu. Man vermutet, er will uns trösten.“

„Oh!“

Paolos Augen leuchteten auf. „Er will uns töten?“

Paula kicherte. „Nein nein, das hast du falsch verstanden, er will uns tröööösten!“

Paul ergriff wieder das Wort. „Ja. Trösten. Und wir sollten bis dahin genau wissen, was wir wollen.“
 

Paolos Mund verzerrte sich zu einem dreckigen Grinsen.

Paula kicherte noch lauter.

Paul verdrehte die Augen und nahm einen tiefen Zug.
 

„Dann nehm' ich das mal in die Hand.“ So wie immer. Immer blieben alle Entscheidungen hier drin an ihm hängen. „Ausstopfen.“ Ein letztes Mal zog Paula die Nase hoch und wischte gleichzeitig Rotz an Paolos Pullover ab. Sie nickte kaum merkbar. „Und dann stellen wir ihn aus, wa, Paul?“ Auch er nickte.

Paolo schien am ganzen Thema völlig desinteressiert zu sein. „Wär's das? Dummer toter Bär, voll laaangweilig. Mein Arsch will bereit sein, wenn Brandenburg da ist.“

Paul sah ihn aus giftigen Augen heraus an. „Steck's!!“, sagte er mehr als streng. Paula tätschelte Paolo auf den Kopf, als wäre er ihr kleiner Sohn. „Ja, ja, sei mal schön bereit.“, sprach sie ihm gut zu. „Lass dich nicht von dem Langweiler Paul unterkriegen.“

Paolo ignorierte sie, stand auf, schmiss damit seinen Stuhl um und rauschte mit winzigen, aber umso irritierenderen Schritten aus dem Zimmer heraus. Paul, Paula und eine dunstige Rauchwolke blieben zurück.
 

„Viel Spaß mit deinem Lover, Paule, ne?“ Sie lächelte selbstzufrieden. Paul lächelte ebenso. „Danke. Und hey, Paula...“ Sie hatte sich schon erhoben und wollte sich etwas anderes als den Katzenschlafanzug anziehen; Paul legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Du packst das schon. Knuts Tod. Wir packen das alle. Glaub' mir.“ Ein weiterer Sehnerv kam hereingehastet. Paul sah ihn zärtlich an.

Paula lächelte.

„Wir sind ja nicht allein.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  moi_seize_ans
2011-06-13T16:31:03+00:00 13.06.2011 18:31
Nein Knut....
Was mich ja total fasziniert, ich war im ersten Moment ein bisschen also voll und ganz, also total, wobei so ein wenig.... ja, man, ich geb's zu: Ich war auch so ein bisschen wie Paula... Hey, aber nur ein bisschen. Der Schock über Knut (und die Tatsache, dass ich mir das super gut merken konnte) saß furchtbar tief.
*schnief schnief* der ärmste... *buwäääääh*

Aber, ein wieder mal sehr schönes Kapitel von dir. So... sagen wir es mal... lebendig, da es aktuelle (na ja, man beachte meinen Kommentar und das Datum lieber nicht haargenau) Geschehnisse einbaut. Ich bin da echt voll neidisch auf dich, aber im positiven Sinne ^^

und man, ich muss immer an den defafilm Die Legende von Paul und Paula denken, wenn die beiden hier bei dir zusammen agieren. *ggg*
Von:  pokingmadness
2011-04-15T15:25:20+00:00 15.04.2011 17:25
Dein Schreibstil ist wirklich sehr schön.


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