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Der Pfau

Deutschland, das sind wir selber
von

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04 - Der Gipfel

Hamburgs ausgestreckte Hand wurde erst nach einigen Momenten registriert, und Berlin reichte ihr infolgedessen auch eine Zigarette, während er die eigene lässig zwischen zwei Fingern hielt. Sorgfältig steckte die Dame sich ihre Kippe an und blies den Rauch vorsichtig neben ihrem Oberbürgermeister in die Luft des kleinen Raums hinaus.

Bremen und Berlin waren angereist zu der Stadt, die in der Mitte zwischen den beiden lag (obwohl Roland natürlich weniger weit hatte reisen müssen) auf Initiative von Hamburgs und Berlins Bürgermeistern. Zur Vollständigkeit hatte man dann noch den von Bremen eingeladen, aber nicht den von Bremerhaven, weswegen Hein jetzt vor dem Raum wartete und vermutlich aufmerksam ein Buch über Sparsamkeit las, das Berlin ihm mitgebracht hatte (er hatte schließlich keine Verwendung dafür).

Die drei Oberbürgermeister besprachen gerade die letzten Details ihres Antrags. Jette versuchte, aufmerksam zuzuhören, aber sie musste verhindern, dass Berlin auch Roland eine Kippe anbot. Streng sah sie die beiden an. „Nein, Bremen. Punkt.“ murmelte sie, um die Politiker nicht zu stören mit diesen themenfremden Einwürfen. Roland machte den Ansatz, seine Augen zu verdrehen – sie war nicht seine Mutter, aber es machte keinen Sinn, Hamburg das zu sagen – und lehnte sich wieder zurück in den Stuhl, ohne von Paul eine Kippe erhalten zu haben. Hamburg blickte den armen Schlucker noch kurz streng an, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder den Politikern zu. Man musste schließlich immer gut dabei sein, wenn man Erfolg haben wollte.

Ole fragte sie etwas und sie antwortete ihm flüsternd – Hamburg wurde abgelenkt. Als die drei Männer wieder unter sich waren, wanderte ihr Blick zu Bremen, der doch noch eine Kippe von Berlin zugesteckt bekommen hatte und ausstrahlte, absolut daran gewöhnt zu sein. Ihre Augen verengten sich bedrohlich. Berlin beugte sich nach vorne und fing an, in Zimmerlautstärke zu reden. Bremen stimmte sofort mit ein. Es ging um Currywürste, und darum, wie stolz Berlin darauf war, dass sie bei ihm erfunden worden waren. Das war in Jettes Meinung natürlich eine Lüge, Berlin schien niemals „Die Entdeckung der Currywurst“ gelesen zu haben. Aber sie traute ihm auch nicht zu, viel zu lesen, zumindest keine Mathemathikbücher, sonst wüsste er vielleicht, wie man seine Finanzen managte. Und jetzt versuchte er wohl wieder einmal, ihren kleinen Roland zu verderben. Drogen (wobei sie denen durchaus nicht abgeneigt war – aber als Erwachsene durfte sie das ja auch), Lügen die Currywurst betreffend, Konzentrationsschwäche bei ernsten Gesprächen... wenn das so weiterging...
 

Hamburg lächelte.
 

„Vielen Dank für das Gespräch.“ Man schüttelte sich die Hände. Berlin saß, scheinbar in Gedanken versunken, noch auf seinem Stuhl und Roland schien in Gedanken beim Tanzen zu sein, Hamburg kannte diesen Gesichtsausdruck. Die Politiker standen auf und Ole übergab das Dokument einem Helfer, ehe die drei verschwunden waren, man würde sich vermutlich noch zu einem offiziellen Abendessen treffen. Jette stand auf und strich ihr Kleid glatt. Sie versuchte, wieder zu lächeln als gute Gastgeberin und bot erst Paul und dann Roland ihre Hand als Hilfe zum Aufstehen an. Berlin ignorierte (wenn sie wüsste, dass er gerade in Gedanken mit Knut schmuste, würde sie diese Unhöflichkeit sicherlich goutieren!) sie und Roland hüpfte fast schon selbstständig auf. Hamburg seufzte. Ihr Ton war neutral und versucht freundlich.

„Möchte noch jemand auf ein Bierchen dableiben?“ Für Roland natürlich ein alkoholfreies. Berlin schien bei dem Wort 'Bier' aufgewacht zu sein und fing an, zu grinsen, als sein Handy klingelte. Die höfliche Gastgeberin und ihr 'junger' Wunschziehsohn warteten geduldig. Als der liebe Gott die zeit gemacht hatte, hatte er schließlich genug gemacht. Es gab keinen Grund, zu hetzen.
 

Hamburg lächelte.
 

„Ja- Albi- ick- nee- weeßte, ick- also, nee--- ja, machs jut, wa!“ Er legte auf und blickte die anderen beiden Stadtstaaten an. Hamburg lächelte weiter, hatte aber misstrauisch eine Augenbraue hochgezogen und Roland blickte ein wenig besorgt zur Tür. „Nee, tschuldige, wa, ick muss zu Albi zurück, wir haben wohl noch was zu besprechen.“
 

Hamburg lächelte.
 

„Geht irgendwie um irgendwelche Pflanzen oder so, keene Ahnung, hab's nich' so verstanden.“ Er zündete sich noch eine Zigarette an.
 

Hamburg lächelte.
 

Es ging hier um eine Verfassungsänderung und Berlin wollte weg wegen irgendwelchen Pflanzen?
 

Sie lächelte.
 

„Also, Hein und ich müssten eigentlich auch schon gehen...“ warf Roland ein.
 

Hamburg lächelte.
 

Sie geleitete ihre Gäste nach draußen, auf dem Marmorboden der Stufen machte sie klack, bis sie auf einem dünnen Holzboden angelangt waren.

„Bis bald!!“ Lächelnd winkte Roland ihr zu. Hein folgte seinem großen Bruder und wandte den Blick von den anderen beiden Stadtstaaten dank jahrelanger Übung gekonnt ab.

„Ja dann, wa... und nich' zu viel Jeld ausjeben auf deenen Shoppingtouren, wa?“ Berlin zwinkerte ihr zu.
 

Hamburg lächelte nicht mehr.
 

Im Gegenteil. Sie stampfte auf, was zur Folge hatte, dass das weiche Holz unter ihr effektvoll zersplitterte. Dann ging sie einen bedrohlichen Schritt auf Berlin zu. Ihre Stimme war leise und scharf wie ein Rasiermesser.

„Ich kann mir das wenigstens leisten. Komm du erst einmal aus deinem Schuldentief heraus. Hör auf, Roland Flausen in den Kopf zu setzen. Und die Currywurst habe ICH erfunden!“

Berlin ging einen Schritt zurück. Hamburg folgte ihm. Klack. „Wenn du anfangen würdest, zu sparen, könntest du auch diesem Staat etwas Gutes tun. Ja, wenn du anfangen würdest, zu arbeiten, dann wäre das ganze wohl nicht so schlimm! Du bist unsere Hauptstadt, also fang' endlich mal an, dich zu verhalten, Kleiner!!“ Das ließ Berlin sich natürlich nicht gefallen, aber um die Situation zu entschärfen, kam sein Oberbürgermeister gerade noch rechtzeitig.
 

Viele Meter trennten sie. Hamburg hatte die Arme vor ihrer Brust verkreuzt.

„Olle Schreckschraube!!“ wurde ihr durch den Meereswind hindurch zugeworfen. Ihre rote Haare flatterten im Wind wie Blut.

Wenige Stunden später hatte Berlin das wieder vergessen. Hamburg nicht. Sie freute sich schon auf das nächste Geschäftsmeeting mit Berlin... oh ja, sie würde ihn fertig machen.
 

Hamburg lächelte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  JJasper
2010-05-13T12:03:55+00:00 13.05.2010 14:03
Jetzt hab' ich ein ganz anderes Bild von Hamburg. xD
Sehr ernst und irgendwie auch beängstigend, wie sie Berlin gegenüber steht. Haha |D
Hat mir sehr gefallen. :D

lG, Luke.
Von:  Shisuki
2010-05-12T19:29:49+00:00 12.05.2010 21:29
ui tolles Kapitel :D richtig lustig ^^
und ich freu mich schon drauf wenn Hamburg ihre drohung wahr macht *_*^^
Von:  moi_seize_ans
2010-05-12T14:32:15+00:00 12.05.2010 16:32
Huhu,
ein sehr schönes, ernsteres Kapitel. Du kannst das so schön, kurz aber dennoch spannend erzählen. Es macht echt Spaß zu lesen. :)
Hamburg so ernst, und dann noch Roalnd in der verrauchten Runde. Ich konnte es mir mal wieder sehr gut vorstellen.

lg


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