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Shit Happens

Vampire haben's auch nicht leicht
von

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Das tollste Geburtstagsgeschenk

Anmerkung: Ryo
 

„Wo… wo bin ich…?“

Mühsam öffnete ich meine Augen. Ich musste erst ein paar Mal blinzeln, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Schon komisch; wo wir Vampire doch normalerweise fast so gut sahen, wie Katzen. Tja, normalerweise. Aber das hier war schon keine normale Dunkelheit mehr; nein. DIE hier war fortgeschritten. Und ich muss zugeben, dass ich doch ein wenig beunruhigt war. Wo zum Henker war ich denn hier nur gelandet? Wo waren denn die anderen? Wo war überhaupt irgendwas?!?
 

Ich seufzte und rieb mir die Schläfen. Panik war das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte. Verzweifelt versuchte ich mir vorzustellen, was meine Herrin in dieser Situation jetzt tun würde. Leider Gottes fiel mir die Lösung dann auch ein; sie würde verflucht nochmal rumschreien… Toll!!! Das würde mir auch nicht helfen. Ich versuchte ruhig durchzuatmen, was ja eigentlich recht überflüssig war… Da merkte man doch gleich wieder, dass ich in letzter Zeit viel zu sehr mit Menschen unterwegs war. ARGH!!! MENNO!! Ich wollte hier weg. Normalerweise sollte ich an diesem sonnigen Samstagmorgen in meinem flauschigen Bett liegen und von Killers sanften Schnurries geweckt werden! Aber bei der Definition was normal war, waren wir ja bereits gewesen…
 

Nach einiger Zeit entschloss ich mich, doch mal auf die Reise zu gehen; könnte ja sein, dass ich doch noch auf irgendjemanden oder irgendetwas stoßen konnte… Vielleicht hätte ich damit aufhören sollen, mir selbst Panik zu machen. Also entschied ich mich, mit mir selbst zu reden, wie ich es auch gerne tat, wenn meine Herrin nicht zuhörte.

„Okay. Alles wird gut.“

Ich rieb mir die Arme. Irrte ich mich oder wurde es gerade in der Tat kälter?

„Wie war das doch gleich mit den Schäfchen und der saftigen grünen Wiese?“

Würde es schlagen, hätte ich meinen eigenen Herzschlag gehört.

„Ich will zu meiner Mama…“

Auf einmal spürte ich, wie sich etwas Eiskaltes auf meine Schulter legte.

„WAHHHH!“

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich fünf Meter in die Höhe. Den dicken Kloß in meinem Hals schluckte ich lieber herunter. Pazifist hin oder her - Buddha würde mir dieses eine Mal bestimmt verzeihen. Egal, was mich da angetatscht hatte, ich würde es angreifen. Ich fletschte bereits in der Luft die Zähne und war bereit, dieses DING umzulegen. Zur Hölle; ich war ein Vampir!! Doch als ich mich umdrehte, erschrak ich urplötzlich, denn damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Ich erblickte eine blasse, schwankende Gestalt, die doch sehr kränklich aussah. Sie verzog den Mund zu einer merkwürdigen Grimasse, die wohl bei näherer Betrachtung ein Lächeln sein sollte. Und dann waren da noch diese violett funkelnden Augen. Verwirrt schüttelte ich den Kopf.

„Genba?“

„Hallo, kleiner Bruder.“

Ja, ganz eindeutig, das war er. Diese melodische Stimme würde ich unter Tausenden erkennen.

„Oh Genba!“

Stürmisch sprang ich meinen Bruder an und ging prompt mit ihm zu Boden. Das heißt, wenn diese gähnende Leere überhaupt einen Boden hatte.

„Vorsicht“, röchelte er. „Ich… kriege keine… Luft mehr…

Ich glubschte ihn verdattert an und vernahm daraufhin, dass er tatsächlich ein bisschen blau um die Nase geworden war. Frechheit. Also fett war ich ja nun wirklich nicht… Ich überlegte, ob ich einen Schmollmund machen sollte, entschied mich letztendlich aber dagegen, zu groß war doch die Freude, dass ich meinen großen Bruder endlich wieder sah. Wir setzten uns auf diesen ‚Boden’.

„Genba, was machst du hier?“

Er strich sich zunächst einige Strähnen aus den Augen, ehe er mir antwortete. Sein Haar fiel so ähnlich wie meines.

„Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.“

„Das verstehe ich nicht.“

Er seufzte. „Nun gut. Vielleicht wollte ER es so…“

„ER?“

Genba schwieg und starrte hinaus in die düstere Ferne.

„Na gut, dann nicht. Wo sind wir hier?“

„…“

„Jetzt sag schon!“

„……“

„GENBA!!“

Meistens war ich ja ein sehr geduldiger und ruhiger Vampir, doch unter bestimmten Vorraussetzungen konnte mir auch mal die Hutschnur reißen. Und wenn mein sonst so offenherziger Bruder plötzlich einen auf geheimnisvoll machte, dann zählte dies ganz eindeutig zu den bestimmten Vorraussetzungen. Fast in Zeitlupe drehte er seinen Kopf zu mir herüber.

„Wie bist du hierher gekommen?“

„Ich hab zuerst gefragt!!“

„…“

Also, so manchmal…

„Keine Ahnung. Ich weiß noch, dass ich gestern Abend mit Hotaru-chan zusammen einen Horrorfilm gesehen habe. Der war so gruselig!! Aber sie fand ihn eigentlich gar nicht so schlimm… Bin ja immer noch der Meinung, dass das nur so war, weil sie ihn bestimmt schon kannte. Na ja, wie auch immer. Jedenfalls mussten wir, oder viel mehr ich, uns danach beruhigen und haben zum einschlafen Kekse gegessen und warme Milch getrunken. Ich hab’s ja nicht so mit Menschennahrung… Ich glaube, die Kleine hat noch nie jemanden gesehen, der solange an einem Keks isst… Später hab ich mir dann Killer geschnappt und bin zu Bett gegangen.“

Er verzog eine Augenbraue und diese Geste ließ mich schmerzhaft an meine Herrin denken.

„Killer?“

Ich winkte ab, wollte ich doch nicht über mein Rheumakissen reden.

„Jedenfalls, als ich dann aufgewacht bin, war ich hier.“

„Verstehe.“

„Schön, dass du verstehst.“ Nun war ich dann doch etwas beleidigt. „Ich wäre dann ja auch gerne mal auf dem Laufenden.“

Entschlossen blickte er mir in meine Augen und ich zuckte zusammen. Irgendwas stimmte nicht mit meinem Bruder, ich wurde beinahe von dem Schmerz in seinen Augen überwältigt.

„Genba, wa-!“

„Wir sind in seiner Welt.“

„Ich verstehe nicht…“

„Er hat mich hierher gebracht, weil er dachte, dass ich hier sicher wäre vor Sasaki und Co. Aber er hat sich getäuscht… Die Schatten fressen mich von Tag zu Tag mehr auf. Ich will hier nicht mehr sein.“ Er fasste sich an die Stirn und sein Körper begann furchtbar zu zittern. „Ryo, versteh doch, du musst hier weg. Ich will nicht, dass du das gleiche Schicksal erleidest, wie ich es tue.“

„Genba…“

Immer noch verwirrt, schüttelte ich den Kopf. Ich war mir nicht ganz klar, ob ich verstand, wovon er da sprach. Und dann fiel mir auch wieder ein, was Michiru-san über meinen Bruder erzählte. Sie benutzte Worte wie ‚geistig verwirrt’ oder ‚merkwürdig’. War das wirklich MEIN Bruder, der da neben mir saß? Aufmunternd legte ich ihm einen Arm um die Schulter und tätschelte ihn sanft.

„Keine Angst, Bruder. Jetzt bist du nicht mehr allein.“

Doch schlagartig riss er sich von mir los und schrie mich wütend an.

„Du Dummkopf! Du verstehst nichts!! Gar nichts!!“

Ehrlich gesagt, hatte er da sogar recht. Ich wusste nicht, was hier vor sich ging oder warum wir beide hier waren, doch mir war verdammt nochmal klar, dass er litt.

„Ich will dir doch nur helfen.“

„Dann geh! Das ist das Beste.“

„Genba…“

„Spürst du das nicht?“

Mit zittrigem Blick suchte er meine Augen.

„Was meinst du?“

Er schüttelte den Kopf.

„Die Qualen, das Leid. Es sind seine Qualen, aber ich kann sie spüren, als ob es meine wären. Und wenn du zu lange hier bist, wirst du es auch können.“

Okay. Jetzt war der Punkt gekommen, an dem eigentlich die Männlein mit den weißen Kitteln kommen müssten.

„Ich werde nicht ohne dich gehen!“

Wieder winkte er ab.

„Ich kann nicht, er erlaubt es nicht. Doch du kannst gehen - du musst es nur wollen. Mich hingegen wird er hier festhalten. Und außerdem…“

„Und außerdem was?“ Jetzt war ich in Rage. „Warum bist du so?“

„Und außerdem kann ich ihn nicht allein lassen.“

„Von wem zur Hölle sprichst du denn die ganze Zeit?“

„Es ist seine Welt. Spürst du nicht den Schmerz? Er ist allein.“

Genbas Augen waren total verschleiert. Würde er nun ganz den Verstand verlieren? Eines war sicher; ICH würde es, wenn ich ihn noch länger so ansehen müsste. Bevor ich ihm das entgegen schleuderte, vernahm ich allerdings eine zarte Stimme.

„Dieses Gespräch ist jetzt beendet.“

In dem einen Moment sah ich meinen Bruder aufzucken und in dem nächsten erwachte ich schweißgebadet in meinem Bett und mir wurde klar, dass ich soeben in Meister Nariakis Welt gewesen war.
 

Nachdem ich so viel Luft geholt hatte, bis ich schon fast am hyperventilieren war, blickte ich mich verstohlen in meinem Zimmer um. War das nur ein Traum? Aber es war so real… Ich bemerkte, dass Killer nicht in meinem Zimmer war. Um erstmal runterzukommen, nahm ich eine heiße Dusche und zog mir frische Sachen an. Dann machte ich mich auf die Suche nach meiner Herrin und Michiru-san, war das Haus doch ungewöhnlich still an diesem Morgen.

„Hallo? Ist hier jemand?“

Langsam kam ich mir echt total plemplem vor und als ich die Türe zum Wohnzimmer öffnete, wurde ich von Luftballons erschlagen und mir riefen meine ganzen Freunde einen „Herzlichen Glückwunsch“ entgegen. Jetzt war ich endgültig verwirrt und nach einigen Augenblicken beschloss ich, dass ich wohl Geburtstag haben musste. Gern hätte ich gewusst, wie alt ich nun war…

„Alles Gute!!“

Michiru drückte mich sanft an sich und hauchte mir einen zarten Kuss auf die Wange. Aus den Augenwinkeln vernahm ich, wie mich Harukas Blicke bereits rösteten. Dann gratulierten mir noch diverse andere Leute und letztendlich kam mir sogar Herrin Chiyo entgegen.

„Hey, du! Herzlichen Glückwunsch!“

Mir war zwar absolut nicht nach feiern zumute, aber wie sich mich so grummelig anschaute, zauberte es mir doch ein kleines Lächeln auf die Lippen.

„Danke.“

„Was ist los, Ryo? Freust du dich denn überhaupt nicht?“

Die kleine Hotaru hatte mich am Ärmel gezogen und sah mich etwas mitgenommen an.

„Nein, ich…“

„Du siehst traurig aus“, stellte sie fest.

Merkte man mir diesen ‚Traum’ denn so sehr an?

„Nein, nein. Hab nur schlecht geschlafen.“

Und erneut lächelte ich, zumindest versuchte ich es. Sie seufzte.

„Mit dir schaue ich nie wieder Horrorfilme!“

„Was denn für Horrorfilme??“

Ihre zweieinhalb Mamas wurden jetzt hellhörig. Doch sie streckte ihnen nur neckend die Zunge heraus und wirbelte durch den Raum.

„Setz gefälligst deinen Dauer-Smiley auf und verdirb uns nicht die Laune!“, fauchte mich meine Herrin an und sogleich nahm ich eine stramme Körperhaltung ein.

„Jawohl!!“

„Gut! Und hier, das ist für dich!“

Sie warf mir ein rosa Etwas an den Kopf und es entlockte mir einen kurzen Schmerzensschrei.

„Aua…“

Ich rieb mir die getroffene Stelle und betrachtete das rosa Päckchen.

„Was ist das?“

„Ein Geschenk, du Genie!“

„IHR… schenkt MIR… etwas?“

„Freu dich bloß nicht zu früh, das war nicht meine Idee.“

Verzückt öffnete ich mein Geschenk und begutachtete die goldene Uhr, die zum Vorschein kam.

„WOW! Danke!!“

Ich wollte ihr schon in die Arme springen, entschied mich dann aber doch noch im allerletzten Moment, dies bleiben zu lassen.

„Hier, das ist von uns!!“

Michiru-san hielt mir ebenfalls ein Päckchen hin, es war mintgrün eingepackt.

„Was da wohl drinne ist…“

Ich raschelte und schüttelte es einige Male, bis ich es öffnete. Urplötzlich spürte ich, wie eine aufkommende Hitze in meine sonst so kalten Wangen stieg.

„Eine Spieluhr…“

„Gefällt sie dir??“, strahlte sie mich an.

Mir schwante Übles und als ich an dem Rädchen drehte, um die Melodie erklingen zulassen, wurde mein Verdacht bestätigt; diese Spieluhr war wie die von Mutter. Und mit einem Schlag waren alle Erinnerungen an sie und Vater, an unsere zerstörte Stadt und vor allem an meinem Bruder, der in der ewigen Finsternis Höllenqualen litt, wieder da.



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