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Adventszauber

[Adventskalender 2009]
von

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8. Türchen - Herr der Ringe

8. Türchen von kyalayah
 


 

Der Wintertroll
 

Das Auenland ist ein ruhiges Plätzchen an dem alle Dinge ihren Lauf nehmen, genau so wie sie sollen. Die Bewohner

des Auenlandes, die Halblinge, waren daran gewöhnt, dass Sachen genau so funktionierten wie sie eben funktionierten

und wenn etwas anders kam, dann war das immer wieder ein willkommener Grund zu großer Aufregung.

Auch dieses Jahr war vergangen wie jedes Jahr vergehen musste. Erst Frühling, Sommer, dann Ernte. Der Herbst

schickte die bunten Blätter zur Erde und es war Zeit für den kalten weißen Winter. Der aber kam nicht. Die Erwachsenen

diskutierten das Thema im Gasthaus, doch die Kleinsten waren in hellster Aufregung.

Der Winter wurde erwartet. Immer vor den ersten Flocken konnte man einen Klang wie von leisen Glöckchen hören, die

der nächtliche Wind tief ins Auenland trug. Leise Melodien, wie wenn Eiskristalle aneinander klirrten. Oder Wintergeister

die Schneekristalle buken, mutmaßten die kleinen Mädchen, während die Jungen glaubten zu hören, wie der Winter und

der Herbst Schwerterklirrend um die Herrschaft fochten.

In diesem Jahr war nichts zu hören. Der Wind blieb bei seinen alten Geschichten von Blätterrascheln und

Baumkronengesängen.

„Und wenn er nun nie wieder kommt?“ fragte die kleine Rosie Cotton bedrückt.

Frodo Beutlin saß bei den anderen Hobbitkinder unter dem herbstlich-goldenen Blätterdach eines großen Baumes im

Gras und grübelte, warum der Winter nicht kommen wollte.

„Vielleicht ist der Herbst zu stark!“ meinte Peregrin Took und zerrupfte einen Grasbüschel.

„Das ist nur, weil du deine Kartoffeln nicht aufgegessen hast“, schimpfte Samwise Gamgee pauschal in die Runde.

„Vielleicht ist er in ein Loch gefallen, und kommt nicht mehr heraus“, mutmaßte Meriadoc Brandybock.

Betreten sah einer zum anderen.

„Er wird schon kommen“, warf Frodo ein, den das Spiel zu langweilen begann.

„Woher willst du das denn wissen?“ Merry war in einer späten Trotzphase.

„Ich weiß es eben“, sagte Frodo und reckte seine Brust heraus.

„Und wann kommt er?“

„Übermorgen!“ prahlte Frodo.

„Dann treffen wir uns übermorgen“, grinste Merry ‚“...und sehen ob du wirklich so viel weißt.“

Hinter den herbstbunten Bäumen versank die Sonne in den Hügeln des Auenlandes und die Kinder liefen auseinander,

nach Haus, wo das Abendessen wartete, froh das Problem vorerst gelöst zu haben. Nur Frodo war gar nicht froh. Er

hetzte nach Hause, grub ein paar Nüsse aus seiner Kiste für besonders schöne Dinge und legte sie auf das Fensterbrett

und sich selbst auf die Lauer. Alles was kam war ein dreistes Eichhörnchen, das die Nüsse klaute. Er schrieb auf einen

Zettel: »Komm lieber Winter, dann bekommst du heiße Schokolade!« Den Zettel trug der Wind davon. Es war Nacht

geworden und wieder Morgen, als Frodo ein Säckchen ‚Alter Tobi‘ stahl und sich damit an der Kreuzung vor der Brücke

auf die Lauer legte. Die Hobbits, die kamen liefen achtlos daran vorbei, der Winter kam nicht. Nur Bilbo Beutlin. Der

bückte sich nach dem Päckchen und schob es fröhlich in seine weite Westentasche und ging weiter. Frodo stürzte aus

seinem Versteck: „Das kannst du nicht nehmen.“ - „Aber ich habe es doch auf der Straße gefunden.“ Bilbo klopfte

zufrieden auf die Tasche. „Es gehört dem Winter“ - „Was soll der Winter denn mit Pfeifenkraut?“ wunderte sich Bilbo

und Frodo, hochrot, gestand ihm mitten auf der Straße was er den anderen Kindern versprochen hatte.

Da nahm Bilbo ihn bei der Hand und sagte: „Wir suchen den Winter jetzt zusammen. Vier Augen sehen mehr als zwei.“

Doch wo sie auch hinkamen war überall nur Herbst. Das Gras war noch grün in der goldenen Sonne und die Blätter

leuchteten wie die Feuerzungen im Kamin. Frodo hatte keine Augen dafür. An Bilbos Hand wanderte er weit hinaus,

weiter als er in seinem Leben jemals gelaufen war, bis an die große Straße und zur Brandywein Brücke. Doch selbst hier

war der Winter nicht. Außer dem Knirschen des Weges unter ihren Schuhen war nichts zu hören. Gar nichts. Keine

Winterglöckchen, kein klingendes Eis. Wie konnte das sein? Als der Abend kam begann Frodo zu weinen.

„Nicht doch. Nicht doch. Wir bringen ihnen schon den Winter.“

In Bilbos Augen blitzte es. Frodo sah auch das nicht. Er versuchte herauszufinden ob nicht doch unter dem Stein am

Wegesrand ein wenig Winter war. Kein Winter. Einzig der Stein fiel ihm aus den Händen und landete auf seinem Fuß.

Bilbo zog ihn weiter. Frodo trat wütend den Stein.

Bilbo führte Frodo zu einem nahegelegenen Gehöft, klopfte höflich an die Tür und als diese sich öffnete, drängelte er

sich hinein, ehe man sie fortschicken konnte. Und noch während die Bäuerin Frodo mit heißer Schokolade versorgte

traf Bilbo, unter Zuhilfenahme seiner Geldbörse mit dem Bauer eine Vereinbarung.

„Was tust du, Bilbo?“ - „Ich hole den Winter, Junge.“

Nach einer Weile kam Bilbo aus dem Stall zurück und hieß Frodo die Augen schließen und sich ans Fenster zu stellen.

Da hörte Frodo den Winter und riss in freudiger Erwartung die Augen auf. Große Enttäuschung. Draußen führte Bilbo ein

Pony, es ging ihm kaum bis zur Schulter, auf und ab. In seine Mähne hatte er Glöckchen gebunden (die er zuvor von

einem Pferdepfluggeschirr geschnitten hatte) und um seine Schultern hatte er einen weißen Mantel, der einstmals ein

Betttuch gewesen sein musste. „Das ist nicht der Winter“, schimpfte Frodo. Bilbo verschränkte die Arme. „Du hast es

gerade noch geglaubt.“ Das Pony ging grasen. Die Glöckchen störten wohl gewaltig. Es schüttelte die Mähne in der

Hoffnung die Krachmacher loszuwerden. Ohrenbetäubendes Glockengeläut. „Aber die anderen glauben es nicht, wenn

sie das sehen.“ Frodo starrte das zottelige Pony an und ein Tränchen rollte in seine nicht mehr heiße Schokolade. Bilbo

schüttelte nur den Kopf. „Sie sollen es ja auch nicht sehen.“

Als die Nacht zurück ins Auenland kroch, stiegen Bilbo und Frodo, gehüllt in Bettlakenkapuzenmäntel, auf das Pony

und ritten, abseits der Wege und durch die Schatten zurück zu dem Treffpunkt, wo die Kinder schon wieder im Begriff

waren zurück in die hell erleuchteten Hobbithöhlen zu gehen.

„Der Winter, der Winter“, rief Rosie als sie die Glöckchen hörte. Fleck, das Pony, trabte brav durch die Schatten.

„Morgen können wir Eisblumen pflücken.“ Samwise verzichtete darauf ihr zu erklären, dass Eisblumen keine echten

Blumen waren.

Die anderen Kinder lauschten und staunten, bis Pippin mit seinem Finger in die Dunkelheit stach und brüllte. „Da ist

er!!“ Merry schrie: „Wir fangen den Winter!!“

Die Kinder stürmten los. „Aber sie dürfen uns doch nicht sehen!“, jaulte Frodo auf. Bilbo trat dem Pony in die Seiten,

doch Fleck wollte lieber Grasen. Frodo ruckten an den Zügeln, nichts. Die Kindern waren schon sehr nahe. Als das

Pony dem Kinderlärmen endlich Beachtung schenkte stürzte es Hals über Kopf los, sodass es seine Reiter beinahe

verloren hätte. Juchzend und johlend rannten die Kinder hinter dem Pony her, das nun mit seinen kurzen Beinen durch

das Auenland sprengte als sei eine Orcarmee hinter ihm her, Bilbo und Frodo mit wehenden Mänteln auf seinem

Rücken. Brrrr, brrrrr, machte Frodo, doch Fleck blieb nicht stehen. In seiner Verzweiflung riss Frodo ein Glöckchen aus

der Mähne des Tieres und warf es nach Merry, damit sie endlich alle stehen blieben, und noch eines nach Pippin und

noch eines nach Sam. Er traf nicht. Mit keinem. Als Merry schon gefährlich nahe war, blieb Rosie stehen. Sie hatte ein

glänzendes Glöckchen im Gras entdeckt und bückte sich danach. Pippin und Sam, von der spontanen Aktion

überrascht, fielen über die Kleine und lagen langgestreckt im Gras. Nur Merry rannte weiter. Da machte Fleck einen Satz

über ein Gatter und schlug einen scharfen Haken. Die beiden Hobbits stürzten und Fleck, der sich nun unheimlich leicht

und befreit fühlte, stürmte in die Dunkelheit. Bilbo und Frodo konnten nur noch hinter eine Hecke kriechen. Merry war

ganz nah. Frodo vergrub das Gesicht in seinen Händen, dann im Gras und hielt den Atem an. Wenn Merry ihn fand,

würde er ihm die Geschichte noch Jahre vorhalten. Frodo hörte das Rascheln von Füßen im Gras. Ganz nah. Merry

musste nur noch über die Hecke sehen... Da rief Pippin nach ihm und winkte mit einem besonders großen Glöckchen.

Die Schritte entfernten sich. Langsam. Hinter der Hecke drückte Frodo noch immer sein Gesicht ins Gras und hätte

noch viel länger die Luft angehalten, hätte Bilbo ihn nicht gepackt und auf die Beine gestellt. „Da haben sie ihren

Winter“, flüsterte er und rieb sich die Tasche mit dem Pfeifenkraut. Die Kinder verschwanden, mit den Glöckchen

klingelnd zurück in die Wärme ihrer Hobbithöhlen. Sie hatten ihren Eltern viel vom Winter zu erzählen.

Bilbo nahm Frodo und viele blaue Flecken mit nach Beutelsend und fiel in einen seligen Schlaf.

Am nächsten Morgen erwachten beide von einem wütenden Pochen und Rappeln an der Tür.

„Mach auf du Halunke! Ich will mein Pony zurück! Wo versteckst du es? Komm raus!“

Bilbo beschloss, nicht zu Hause zu sein und ging sich einen Tee machen. Frodo aber hatte nur Augen für die kleinen

runden Fenster. Im Morgenlicht schien die Welt hinter ihnen verzaubert. Durch Eisblumen sah Frodo das Auenland in

eine samtweiche Schneedecke gehüllt. Eiskristalle glitzerten in den Bäumen. Der Winter war da.

Noch Tage später hörte man Gerüchte von einem Pony, das nachts die Fenster zu den Speisekammern aufstieß und

sich durchfraß.

Bilbo war für eine lange lange Zeit ‚nicht zu Hause‘.

Die Kunde verbreitete sich schnell im Auenland. Ein zotteliger Troll brachte den Winter. Große Aufregung. Kinder hatten

das Geheimnis gelüftet. Unmöglich! Der Wintertroll hatte ihnen Winterglöckchen geschenkt. Also nein!

Insgeheim jedoch fand die Geschichte ihren Weg in die Hobbitherzen und von diesem Tag an legten Hobbiteltern ihren

Kindern Jahr für Jahr nachts ein Glöckchen vor die Betten, wenn der Winter begann. Und manchmal war sogar ein

wenig Schokolade oder ein paar Nüsse dabei und alle behaupteten vom Winter beschenkt worden zu sein.

Nur Frodo musste immer herzlich lachen wenn Bilbo ihm noch Jahre später zum Winteranfang ein Glöckchen reichte



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Chimi-mimi
2009-12-13T21:43:24+00:00 13.12.2009 22:43
Ich bin ja nicht so der Herr-der-Ringe-Kenner, aber mir gefällt die Geschichte und allein die Idee mit den Winterglöckchen und der Legende sehr gut.
Ich liebe Kinder im Allgemeinen und ich finde, du hast sie wirklich niedlich rübergebracht *__*

Zu deinem Schreibstil: Manchmal ist er ein bisschen stockend und zum Teil kommt es vor, dass du ziemlich oft die gleichen Satzanfänge hintereinander benutzt.

Trotzdem muss ich sagen: Verdammt niedliche Wintergeschichte.
Mir gefällt sie <3

Chimiko
Von:  Wintersoldier
2009-12-13T13:16:03+00:00 13.12.2009 14:16
Ich war wirklich gespannt, auf was für eine Weihnachtsgeschichte ich mich bei "Herr der Ringe" freuen kann und ob sie denn auch in das Universum passen würde. Und nachdem ich sie jetzt gelesen habe, kann ich guten Gewissens sagen: ja, sie passt gut in die Welt von Herr der Ringe.

Ich finde die Idee, die dahinter steckt, wirklich niedlich. Die kleinen Hobbits warten auf den Winter und Frodo verspricht ihnen dann, dass er morgen kommen wird und muss sein Versprechen natürlich halten. Auch die Idee mit dem Pony und dem Wintertroll ist toll. Und die kleine Verfolgungsjagd. Das war ja schon relativ viel Aufregung im Auenland. Aber du hast dir auch genau die richtigen Hobbits für dieses klitzekleine Abenteuer ausgesucht. Früh übt sich, wer groß hinaus will. XD

Ebenso finde ich es schön, dass du über die jungen Hobbits geschrieben hast und alle auftauchen. (Obwohl ich grundsätzlich eher für die Menschen, Elben oder Zwerge [allerdings nur in Kombination mit Elben] zu haben bin.) Kleine "Kinder" machen sich zu Weihnachten ja meistens gut.

Alles in allem kann ich wirklich nur sagen, dass die Geschichte sehr niedlich und gut geschrieben ist.


Aya ♥


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