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Träume

von

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KAPITEL 10
 

Ein Licht am Telefon blinkte immerzu. Das Display zeigte drei Anrufe in Abwesenheit an. Farins Blick war teilnahmslos und leer. Langsam hängte er seine Jacke an einen Haken der Garderobe, zog die Schuhe aus. Setzte sich auf das kleine Sofa, hinter dem der Beistelltisch mit dem Telefon stand. Fuhr sich mit der rechten Hand durch die Haare. Der kleine Spaziergang tat ihm gut. Im Haus war zu wenig Luft zum Atmen geblieben. Seine Augen schmerzten, er fühlte sich müde, erschöpft, ausgelaugt. War das wirklich geschehen? Hatte er das wirklich gesagt? Das alles kam ihm so… unwirklich vor. Wie ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt. Der Nachmittag rückte in weite Ferne.
 

Er schielte zum Telefon und drückte einen Knopf. Eine mechanische Stimme ertönte.
 

„Sie haben… drei… neue Nachrichten erhalten. Erste neue Nachricht. Empfangen heute,…“
 

Eigentlich interessierte ihn nicht wirklich, wer versucht hat ihn zu erreichen. Es war mehr so eine Art Gewohnheit, die Mailbox abzuhören, wenn er wieder daheim war. Er wollte niemanden sprechen, mit niemanden zu tun haben. Niemanden sehen. Einfach niemanden.
 

„Hey Bruderherz, wie geht´s dir? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, meinst du nicht auch? Hör mal, ich hab nächste Woche ein paar Tage frei, vielleicht können wir dann mal einen Kaffee zusammen trinken gehen. Was hältst du davon? Meld´ dich einfach, wenn du Zeit und Lust hast, okay? Bis dann, ciao!“
 

Farins Miene blieb unbewegt. Niemanden sehen, niemanden hören, niemanden sprechen. Niemanden.
 

„Zweite neue Nachricht:“
 

„Na, altes Haus! Hab eben nochmal mit den Stromfuzzis telefoniert. Die legen heute noch sowas wie ´ne Übergangsschaltung oder so, quasi von einem Ersatznetz, dass das morgen nicht nochmal passiert. Muss ja nich´ sein, dass die Arbeiten am Album unnötig verzögert werden. Was tut man nicht alles so als Managerin, wa? Ick sach dann mal, man sieht sich morgen. Tschö!“
 

Farin starrte aus dem Fenster. Ein Schmetterling flog vorbei. Farin bemerkte ihn, sah ihn aber nicht. Nichts sehen, nichts hören, nichts fühlen. Nichts.
 

„Dritte neue Nachricht:“
 

„Jan.“
 

Sein Kopf schnellte herum. Das… das konnte nicht sein, das konnte unmöglich sein! Das musste er sich eingebildet haben, seine Halluzinationen schienen ihn wohl auch tagsüber heimzusuchen.
 

Ha, ich hatte Recht. Da hat keiner drauf gesprochen. Siehst du, es ist ganz ruhig. Du Dummkopf. Warum sollte er.
 

Ein Seufzen. Wieder lange Stille.
 

„Ich… versteh nicht… was du da… gesagt hast… und warum…"
 

Farins Miene verzog sich, er zitterte. Sein Unterkiefer bebte. Warum tut er das? Warum sagt er das? Warum will er mit mir reden? Warum will er mich verstehen? Wo ich doch…
 

„Ich weiß nicht, ob ich diese Behandlung verdient habe… vielleicht habe ich das… und dennoch… du hast mich damit sehr, sehr verletzt, weißt du…“
 

Ja, ich weiß es. Es war meine Absicht, dich zu verletzen. Dich dazu zu bringen, mich zu hassen, mich nie mehr wieder sehen zu wollen. Es ist wohl besser so. Es hat nicht sollen sein. Doch nun ist es geschehen. Und ich werde das nie, niemals rückgängig machen können. Du kennst doch dieses Leid von mir, oder? Es ist vorbei, und nichts in der Welt wird es je wieder gutmachen können…
 

„Ich weiß nicht mal, warum ich dir jetzt den AB vollquatsche, denn eigentlich hast du´s nicht verdient, überhaupt nicht verdient.“
 

Ich weiß, Bela, ich weiß.
 

„Ich wollte nur, dass du weißt, dass…“
 

Wieder Stille.
 

Vielleicht hätte ich heute da doch runter springen sollen. Dann wäre uns das alles hier erspart geblieben.
 

„Das Album nehmen wir noch auf, wie geplant, soviel ist sicher. Aber glaub ja nicht, dass ich mit dir auch nur ein Wort mehr wechsle als es nötig ist. Und versuch gar nicht erst, dich bei mir zu entschuldigen! Wenn du denkst, du kannst es gestern Abend versauen und dann heute auch noch, und ich Vollidiot verzeih dir das immer einfach so, dann bist du verdammt schief gewickelt! Such dir ´nen anderen dummen, den du mit deinem krankhaften Selbstmitleid behelligen kannst. Das war´s. Unsere Freundschaft ist hiermit beendet!“
 

Ein Knacken in der Leitung. Dann wieder Stille.
 

„Ende der Nachrichten.“
 

Farin ließ sich tiefer in das Sofa hinab rutschen. Jeder bekommt was er verdient. Und das habe nun mal ich verdient. Hab ja gesagt, dass das nie was werden würde mit uns.
 

Bela tat ihm Leid, denn Farins Behandlung war nicht das, was der Schlagzeuger verdient hatte.
 

Farin graute vor dem morgigen Tag. Er hatte Angst vor dem Wiedersehen mit Bela, richtig Angst.
 

Ich Idiot. Wäre klüger gewesen, wenn ich das bis zur Fertigstellung der CD verschoben hätte, aber nein, meine scheiß Emotionen müssen mit mir ja unbedingt machen was sie wollen.
 

Kurz, ganz kurz, kam ihm der Gedanke, sich Rod anzuvertrauen. Aber damit würde er sich wohl komplett lächerlich machen.
 

Bela zertrümmert in Zorn wahrscheinlich grade seine komplette Wohnung. Das macht er immer so. Und dann, eine viertel Stunde später, bereut er seinen Wutausbruch. Wieso denke ich daran eigentlich?
 

„Weil du schon die ganze Zeit über an mich denkst, falls du´ s noch nicht bemerkt hast.“
 

Farin sah nach links zum anderen Sofa. Dort saß Bela. Wieder lächelte er ihn höhnisch an. Wieder dieser sarkastische Unterton in seiner Stimme.
 

„Verpiss dich, du bist nur ´ne scheiß Halluzination. Ich weiß genau, dass du nicht echt bist. Ich habe dich schließlich erfolgreich vergrault.“
 

Bela lachte laut.
 

„Vergrault? Was für ein niedlicher Ausdruck für deinen Anfall von Selbstherrlichkeit! Aber das scheint wohl deine Art zu sein, diejenigen zu behandeln, die du liebst…“
 

„Ach, was weißt du denn schon.“ So langsam ging Farin diese Wahnvorstellung echt auf die Nerven. Schaltete sich immer dann ein, wenn es eh schon viel zu spät war, nur um ihm dann ewig lange Vorhaltungen machen zu können.
 

„Okay, du Super-Klugscheißer. Dann verrat´ mir doch mal, was ich jetzt deiner Meinung nach tun soll.“
 

Bela zog spöttisch einen Mundwinkel nach oben.
 

„Erstens: Warum sollte ich das tun? Welchen Grund sollte ich haben, einem jämmerlichen und bemitleidenswerten Geschöpf wie dir zu helfen? Hast du´ s verdient? Und zweitens: wieso fragst du mich, eine Halluzination, die nur in deinen Gedanken existiert, um Rat? Bist du bereits so verzweifelt? Ich dachte, du hast genau das erreicht, was du wolltest.“
 

Farin atmete hörbar aus, wandte den Kopf ab und sah zu Boden.
 

„Das dachte ich zunächst auch. Nur… du weißt doch genau, was ich will. Wenn du schon in meinen Gedanken existierst, kennst du sie auch. Ich wollte Bela bestimmt nie verjagen. Ich wollte ihn… will ihn…“ Farin suchte angestrengt nach den richtigen Worten. „Ich weiß nicht, ob ich´s verdient habe. Sag mir lieber, was du eigentlich von mir willst. Außer mir aufzuzeigen, was für ein furchtbar dämlicher Mensch ich bin.“
 

„Eigentlich will ich mich nur über dich lustig machen und mich an deinen Qualen weiden.“
 

Farin fuhr herum. Seine Augen funkelten böse, er ballte seine Hände zu Fäusten.
 

„Mensch, hast du ein Glück, dass du keinen Körper hast, den man berühren kann. Sonst würde ich dir jetzt dermaßen die Fresse polieren!“ rief er und sprang vom Sofa auf.
 

Die Halluzination stand ebenfalls langsam auf, bewegte sich ein paar Schritte von Farin weg, grinste wieder dieses gemeine, höhnische Grinsen und sagte:
 

„An deiner Stelle würde ich hoffen, dass Bela das morgen nicht mir dir tut.“
 

Mit diesen Worten verschwand er durch die Wand.
 

Farin sah dem imaginären Bela noch eine Weile nach. Seine Hände hatten sich noch immer zu Fäusten verkrampft, sein Atem ging schwer und er keuchte. Dieses unendlich qualvolle Gefühl der Verzweiflung stieg wieder in ihm hoch und paarte sich mit dem bereits vorhandenen Gefühl der Wut. Hilflos sah er sich um, als ob er jemanden suchte, der sich seiner annahm und ihm aus dieser scheinbar ausweglosen Situation half. Tief in seinem Inneren hatte er das Bedürfnis, alles wieder gut machen zu wollen, doch ginge das überhaupt? Wie kann man einen Menschen, dem man abgrundtiefen Zorn entgegengebracht hat, dazu bringen, einem zu verzeihen? Vor allem, wenn dieser Mensch der ewige Dickschädel Bela B. ist?
 

„Oh, gottverdammte Scheiße!“
 

Farin schrie seine Wut, seine Verzweiflung, seine Ohnmacht heraus, schleuderte diverse Einrichtungsgegenstände wild durch das Haus, zertrümmerte Geschirr, fegte seine Liedtexte vom Tisch, trat gegen Möbel. Dann hielt er inne, atmete schwer, stützte seine Hände auf das Sofa, hinter dem er stand, ließ sich mit dem Rücken langsam an der Rückseite des Sitzmöbels zu Boden sinken.
 

Was hatte er getan? Was zum Teufel hatte er nur getan?
 

Er verbarg sein Gesicht in seinen zittrigen Händen, versuchte angestrengt Luft zu holen, sein gesamter Körper bebte. Seine Umgebung verschwamm, wurde immer undeutlicher, und wieder stieg diese Hitze in ihm hoch, seine Nase begann zu laufen. Wie viel konnte ein Mensch wohl weinen, bis er keine Kraft und keine Tränen mehr dafür hatte? Wenn das so weiter ginge, würde Jan Vetter dies bald herausfinden.
 

Die Zeit verstrich wie in Zeitlupe. Er saß einfach da, mit dem Rücken an das Sofa gelegt, und rührte sich nicht. Eine gespenstische Stille hatte sich über das Haus gelegt, man hätte eine Stecknadel auf den Teppichboden fallen hören können. Farins Gedanken waren leer, er fühlte sich wie betäubt, unfähig einen klaren, logischen Gedanken zu fassen. Ab und an seufzte er. Das war alles, was er tun konnte. Er hatte keinen Appetit, keine Lust sich zu bewegen, keine Motivation für irgendetwas. Er sah auf die Uhr. 18:20. Die Sonne schickte sich an, unterzugehen. Farin wünschte sich, mit der Welt würde das auch geschehen.

Irgendwann stand er auf. Reckte und streckte sich ein wenig, weil sich die unbequeme Sitzhaltung bemerkbar machte. Um ihn herum heilloses Chaos. Er machte sich daran, aufzuräumen, Scherben einzusammeln, Möbel an die richtige Stelle zu rücken (Farin kannte sie genau), Gegenstände aufzuheben. Die leeren Blätter legte er zurück auf den Schreibtisch. Er entdeckte das zusammengeklebte Blatt, betrachtete es einige Zeit, faltete es zusammen und steckte es in die rechte hintere Hosentasche.
 

Wenig später hatte er alles wieder hergerichtet und verspürte nun sogar ein Hungergefühl. Er kochte sich eine Kleinigkeit, setzte sich vor den Fernseher und ließ eine DVD mit einer Dokumentation über irgendein Land laufen. Er achtete nicht auf den Inhalt, war gedanklich noch immer in weiter Ferne. Die Augenlider wurden schwerer und er hatte Mühe, sie offen zu halten. Kurze Zeit später schlief er, müde und erschöpft von den Geschehnissen des Tages, mit dem Teller auf dem Bauch ein.
 

Stunden später schlug er die Augen auf. Die DVD spielte das Menü in Endlosschleife ab. Das Essen war mittlerweile erkaltet. Farin stellte den Teller auf dem Wohnzimmertisch und ging ins Bad, um natürlichen körperlichen Vorgängen ihren Lauf zu lassen. Er musste das Licht anknipsen, da es mittlerweile stockdunkel geworden war. Kurz nach zehn. Ein kurzer Blick in den Spiegel ließ ihn erschrecken –er sah auf einmal um zehn Jahre gealtert aus. Tiefe Augenringe zeichneten sich deutlich in seinem Gesicht ab. Ein Schatten in der unteren Gesichtshälfte rief ihm in Erinnerung, dass er sich am nächsten Morgen vor dem Aufbruch rasieren sollte.
 

Alter, du siehst aus wie ein abgehalfterter Penner.
 

Er betrachtete eher zufällig das Bad durch den Spiegel hindurch. Rechts von ihm stand jemand. Sah ihn durch den Spiegel hindurch an.
 

„Du schon wieder.“
 

Bela betrachtete ihn eingehend.
 

„Du siehst fertig aus.“
 

„Das könnte daran liegen, dass ich es bin.“
 

Farin zog eine Augenbraue nach oben. Irgendwie war ihre Auseinandersetzung dieses Mal anders. Er musste auch feststellen, dass er in der Gegenwart des Geistes erstaunlicherweise dazu fähig war, klar zu denken…
 

„Hey, was ist los? Du stichelst ja gar nicht! Ist dir die Lust daran endlich vergangen?“
 

Bela atmete hörbar aus.
 

„Irgendwie… ich habe dich die letzten Stunden beobachtet. Ich kann mir den Grund nicht erklären, aber es hat mir zu denken gegeben. Du leidest mehr, als ich dachte.“
 

Farin musste lachen. Dann schüttelte er den Kopf und sah in das Waschbecken hinab.
 

„So langsam frage ich mich, wer von uns der größere Idiot ist. Du scheinst keine Ahnung zu haben von dem, was du redest.“
 

„Der größere Idiot geht automatisch an dich, da ich nicht existiere.“

„Doch, du tust es.“
 

Farin drehte sich um. Bela war weg. Er musste die Stirn runzeln.
 

„Tue ich nicht. Siehst du?“ ertönte die Stimme aus dem Spiegel.
 

Farin wandte sich wieder dem Spiegel zu. Bela sah ihn mit einem triumphierenden Lächeln an.
 

„Tja, mein Freund, sieht so aus, als ob ich wieder mal Recht behalten hätte.“
 

„Weißt du was, ich gönne dir diesen mickrigen Sieg. Ist mir egal.“
 

„Du weißt, dass ich erst dann gewonnen habe, wenn du dich wieder maßlos aufregst.“
 

„Ich fürchte, dazu bin ich momentan viel zu geschlaucht. Oder… Moment mal…“
 

Farin bemerkte, dass er innerlich völlig ruhig war. Vielleicht hatte er sich an die unangemeldeten Besuche der Erscheinung in Form von Bela gewöhnt. Es machte ihm nichts aus, dass dieser wieder versuchte, bis aufs Blut zu reizen. Im Gegenteil, er akzeptierte seine Anwesenheit sogar. Ihm wurde mit einem Schlag bewusst, dass Belas Gegenwart ihm half, seine Gefühle und die momentane Situation zu verstehen, so seltsam ihm das auch erschien. So beschloss er, sich auf das Spiel einzulassen und war bereits auf das Ergebnis gespannt.

Farins Gesicht nahm einen neutralen Ausdruck an. Er sah Bela direkt in die Augen.
 

„Okay, wenn du mich schon nicht aufziehen willst, was willst du dann?“
 

„Das musst du schon selbst herausfinden“, erwiderte Bela schnippisch und zog einen Mundwinkel nach oben.
 

Er denkt, dass er mich wieder da hat, wo er mich haben will. Aber da irrt er sich. Dem werd´ ich´s zeigen.
 

„Hmmm, lass mich raten. Dir ist langweilig und du suchst darin eine Beschäftigung, andere Menschen heimlich beim Schlafen zu beobachten. Und sogar beim Pissen.“
 

Bela musste lachen.
 

„Nein, mein Lieber, ganz falsch. Nur zur Info, ich habe insgeheim eine Wette mit mir selbst abgeschlossen, wann dir der Teller vom Bauch rutscht und dir deinen schönen, teuren Teppich versaut. Aber du hast mich enttäuscht. Wär ein schöner Spaß gewesen, wenn du das beim Aufwachen bemerkt hättest. Hast geschlafen wie ein Stein.“
 

„Schade, dass du nicht über einen Körper verfügst, sonst würde ich dich jetzt bitten, den Fernseher auszuschalten“, entgegnete Farin gleichgültig und blickte desinteressiert drein. Bela kniff die Augen zusammen.
 

„Hey, was soll das? Was ist los mit dir? Du verhältst dich so anders.“
 

Jetzt war es an Farin, triumphierend zu lachen. Er blickte Bela fest in die Augen und grinste ein wenig diabolisch.
 

„Nun, was soll ich sagen? Deine jämmerlichen Versuche, mich zu ärgern, funktionieren nicht mehr. Hattest du ernsthaft geglaubt, dass ich mir das ewig gefallen lassen würde? Du kennst mich schlechter, als ich dachte.“
 

„Hahaha, das hättest du wohl gern. Aber ich muss dir mitteilen, dass ich noch ein Ass im Ärmel habe!“
 

Bela trat näher an Farin heran, bis er ganz dicht neben ihm stand. Er zog seine Augenbrauen nach unten, vertiefte sein Grinsen und fragte ebenso langsam wie leise:
 

„Hast du dir schon überlegt, wie du reagieren wirst, wenn du morgen früh Bela begegnest? Was wirst du sagen? Wie wirst du dich verhalten?“
 

Farins Maske bröckelte und drohte zu verfallen, doch er nahm sich mit aller Kraft zusammen und beherrschte sich.
 

„Ehrlich gesagt, nein. Aber dazu wird mir schon noch etwas einfallen.“
 

Nun sah Farin sich selbst in die Augen, und Belas Blick folgte dem seinen. Sein alter Kampfgeist war wieder erwacht, stärker als zuvor. Er musste es schaffen, er musste!
 

„Ich werde ihn nicht einfach so aufgeben. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um seine Freundschaft zurückzugewinnen“, sagte er laut und bestimmt. Seine Augen wanderten wieder zu Bela. Die Konversation mit ihm hatte ihm unerwartet zu neuem Mut verholfen. Wenn er der Halluzination ein Schnippchen schlagen wollte, musste er offensiv vorgehen und das tun, was sie am wenigsten erwartete. Er durfte sich nicht länger verkriechen. Das hatte er schon lange genug getan.
 

Bela hob seinen Kopf ein wenig. Sein Blick war klar und jegliche Boshaftigkeit verschwunden. Farin hielt seinem Blick stand.
 

„Bist du dir da auch ganz sicher?“ fragte Bela vorsichtig.
 

„Absolut sicher. Deine Kontrolle über mich ist ein für alle mal beendet. Du machst mir keine Vorwürfe mehr. Ich werde meinen Weg gehen, ob du es willst oder nicht.“
 

Farins Entschlossenheit ließ einige Augenblicke der Sprachlosigkeit bei Bela aufkommen. Der kleinere atmete tief ein, schloss für wenige Sekunden die Augen, und als er sie wieder öffnete, sagte er ruhig:
 

„Du meinst es wirklich ernst, das kann ich spüren. Ich gehe davon aus, dass du dein Ding durchziehen wirst und nicht mehr ins Straucheln gerätst. Das hast du mir eben bewiesen. Damit wäre mein Auftrag hier wohl beendet. Schade eigentlich.“
 

Farin sah ihn überrascht an.
 

„Was soll das, was meinst du damit? Ich verstehe nicht ganz…“
 

„Dann werde ich es dir erklären. Ich wollte dich mit Gewalt dazu bewegen, deinen alten Kampfgeist wieder aufzunehmen und dir bewusst machen, dass es für alles eine zweite Chance gibt. Doch dazu musstest du erst einmal begreifen, was geschehen ist, und mit dir und deinen Gefühlen ins Reine kommen. Und das hast du offensichtlich getan. Zugegeben, ich bin ein wenig stolz auf dich.“
 

„Dann hast du die ganze Zeit über versucht mir zu helfen und mich wieder aufzubauen? Obwohl ich dich verwunschen und beleidigt habe…“
 

Farin war gerührt von dem, was er hörte. Er war so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass er niemals hinterfragte, warum die Halluzination plötzlich und unerwartet erschien. Immer, wenn seine Gefühle und Emotionen so stark waren, dass sie ihn zu vernichten drohten, war dieser Bela zur Stelle und hinderte ihn daran, vor Schmerz zu vergehen, er lenkte ihn mit den eigentlich harmlosen Streitereien ab. Seinen neu gewonnenen Mut hatte er ihm zu verdanken.
 

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll… du hast mir so sehr geholfen… danke, Mann, ehrlich.“
 

Bela lachte wieder.
 

„Ach, keine Ursache, ist schließlich mein Job. Und wehe, du verkackst es morgen. Dann komme ich zurück und steig dir aufs Dach!“
 

Farin lachte, er fühlte sich so befreit und auch verstanden. Ihm war eine tonnenschwere Last von den Schultern gefallen. Es war das erste ehrliche Lachen seit zwei Tagen.
 

Bela ging und richtete einen letzten gut gemeinten Rat an Farin:
 

„Grüble nicht so sehr darüber nach, lass es einfach auf dich zukommen. Du wirst es schon schaffen.“
 

Dann war er verschwunden.
 

Farin sah ihm noch lange Zeit nach, und erst als die Illusion verschwunden war, fielen ihm die ganzen ungefragten Dinge ein: wer war dieser geisterhafte Bela eigentlich? Wo kam er her? Was war er? Real - oder doch nur in seinen Gedanken existent?
 

Die Antworten darauf würden ihm wohl immer verwehrt bleiben.
 

Er ließ die letzten Tage und Stunden grob Revue passieren, bis er merkte, dass er doch ganz schön müde geworden war. Er knipste alle Geräte und Lichter aus und ging schlafen, denn der nächste Tag war von großer Bedeutung – für die Band und für ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-06-23T21:14:09+00:00 23.06.2009 23:14
oh mein gott... ich hab grad alle kapitel am stück gelesen und... ich bin tief berührt, du asht mich zu weinen gebracht! ich leide sehr mit bela und hoffe, dass alles wieder in ordnung kommt, andererseits liebe ich große dramatik...ich bin echt sehr gespannt also bitte bitte beeil dich mit schreiben ja??

die halluzination mag ich im übrigen auch sehr^^ ich muss ihr recht geben =) sehr schöner schreibstil!! weiter so!!!!

ganz liebe grüße
gräfin
Von:  cooking_butty
2009-06-23T17:41:52+00:00 23.06.2009 19:41
wohoho...Mann Bela, das kannst du doch nicht machen!

ha, bei Grey's Anatomy halluziniert eine auch grad von ihrem toten Verlobten und dadurch wird sie dann draufkommen, dass sie einen Gehirntumor hat...an das musst ich die ganze Zeit denken, wenn Farin von Bela halluziniert und dacht mir noch 'irgendwann sagt der noch, dass du sterben wirst'...ich schau echt zu viel fern ;)
aber er bringt ihn auf den richtigen Weg, das ist schön

huch, jetz bin ich aber gespannt, was Farin anstellen will
Von:  Koribian
2009-06-23T16:42:59+00:00 23.06.2009 18:42
Mensch, da schaut man mal ein, zwei Tage nicht bei Animexx vorbei und schon werden hier so viele Kapitel hochgeladen, das ging aber fix. Hat mich natürlich gefreut, immerhin muss es mit den beiden ja mal vorankommen. ;D
Ich fand, das waren ein paar echt gute Kapitel und ich bin wirklich gespannt auf das nächste Zusammentreffen von Farin und Bela. Mal sehn, was da noch alles kommt und ob es für Farin gut ausgeht.

Also bis zum Nächsten & liebste Grüße,
Koribian

PS: Ich mag den HalluzinationenBela und dessen Konversationen mit Farin. Find ich klasse! :]


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