A lot of Tea
Kaum zu glauben, aber wahr. Grell und Undertaker saßen sich gegenüber am Tisch, tranken Tee und schwiegen. Der sonst so aufbrausende Todesgott hatte sich wieder eingekriegt und sah nun auf seine dampfende Tasse.
Er seufzte leise, als er an seinen Lieblingsbutler denken musste.
Wieso war Grell nicht mit Klein Ciel rausgegangen? Wenn er ihm gefolgt wäre, wäre er sicher irgendwann auf seinen geliebten Sebastian gestoßen. Aber na ja, jetzt war es eh zu spät. Dabei war der Undertaker ein echt mieser Ersatz. Dafür schmeckte aber wenigstens der Tee.
Grell nahm einen Schluck des roten Getränks. Aus den Augenwinkeln sah er sich etwas genauer um.
In diesem Raum war er noch nie gewesen. Wahrscheinlich das Wohnzimmer, aber Grell war sich nicht sicher. Hier war zwar eine schwarze Ledercouch und auch ein Sessel, aber es hingen keine Bilder an den Wänden und auch Blumen gab es nirgends. Sämtliche Dekoration fehlte. Das Zimmer war ansonsten jedoch gemütlich eingerichtet. Gemütlich und schlicht. Es war aber auch irgendwie ein wenig gruselig, da es nur in dunklen Farben gehalten war. Insgesamt wirkte der Raum also sehr düster und trostlos.
Wie konnte ein Mensch diese Atmosphäre Tag für Tag nur aushalten? Ach ja, Undertaker war ja gar kein Mensch, sondern ein Todesgott. Aber war das gleich ein Grund so zu leben? Ach was interessierte das Grell eigentlich? War ja nicht sein Problem. Er musste hier ja nicht wohnen. Er musste es hier nicht aushalten.
Seine Gedankengänge wurden von Undertaker unterbrochen.
„Möchtest du noch etwas Tee?“, fragte der Bestatter nach.
„Mh?“, machte Grell und sah auf seine Tasse.
Tatsächlich war diese leer. Und er hatte das nicht mal bemerkt. Undertaker aber anscheinend schon. Bloß wie? Es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Der Kerl war einfach komisch. Das war halt so.
„Ja, bitte.“, sagte der rothaarige Todesgott also und reichte Undertaker seufzend die geleerte Tasse.
Der Bestatter nahm die Tasse entgegen und schmunzelte.
„Schmeckt dir der Tee nicht?“, fragte er, da er Grells trauriges Seufzen nicht deuten konnte.
Grell schüttelte nur den Kopf.
„Fehlt irgendwas?“
Undertaker sprach immer noch vom Tee.
Erneut schüttelte der andere Todesgott den Kopf.
„Mh...“, machte der Grauhaarige.
„... Brauchst du irgendwas?“, fragte er dann nach einer Weile nach.
Grell seufzte wieder.
„Liebe~“, kamen seine Gedanken unabsichtlich über seine Lippen, so leise und sanft wie ein Windhauch.
Er sah zu Undertaker hoch, der mittlerweile hinter Grell stand. Seine Arme hatte er verschränkt und oben auf der Couch abgelegt. Die Tasse hielt er jedoch noch in der rechten Hand.
„Kann man das in den Tee tun?“, fragte der Bestatter spaßend und grinste.
Der Rothaarige schnaubte, musste aber grinsen, auch wenn es etwas gequält war.
„Wohl eher nicht...“
Undertaker lächelte fast schon schadenfroh.
„Dann kann ich leider nicht dienen...“
Und Grell schien ihm anscheinend nicht mal mehr Leid zu tun.
//So ein unsensibles... Grrr...// dachte der rothaarige Todesgott, dem die teilnahmslose Art des anderen nicht entgangen war.
Beleidigt verschränkte Grell die Arme und sah zur Seite. Emotionslos starrte er Löcher in die Luft. Innerlich war er aber aufgewühlt und auch ein wenig böse auf den Bestatter.
Undertaker schmunzelte. Das Grell grad nicht so gut auf ihn zu sprechen war, merkte er.
„Ich hol dir deinen Tee...“
Der grauhaarige Todesgott zog ab und ließ den anderen allein im Wohnzimmer zurück.
Grell seufzte schwer und legte seine Hände zusammen. Er zog die Beine etwas an und stellte seine Füße fast schon auf die Sofapolster. Aber nur fast. Er tat es aus Anstand nicht. Nachher machte er die Couch noch dreckig. Undertaker würde das bestimmt nicht gerne sehen. Aber was interessierte ihn schon der Bestatter?
Der rothaarige Todesgott drückte seine Hände etwas fester zusammen und klemmte sie zwischen seine Oberschenkel. Seufzend sah er zu Boden. So zusammengekauert hob er seine Füße nun doch aufs Sofa.
„Hey! Was glaubst du, was du da tust? Runter mit den Füßen!“, kam es plötzlich von der Seite.
„Aaah!“
Grell schrie wie von der Tarantel gestochen auf und sprang von der Couch.
Er hatte ja gewusst, dass Undertaker das nicht gut heißen würde, aber musste der sich deswegen gleich so anschleichen und ihn zu Tode erschrecken?
„Bist du wahnsinnig?! Musste das sein?! Ich wäre beinahe an einem Herzinfarkt gestorben!“
Wieso tauchte der Kerl immer aus dem Nichts aus? Wie machte der das?
„Ach, nur beinahe?“
//Mistkerl!//
„Du bist echt das Letzte!“
Noch nie hatte jemand Grell so rasend vor Wut gemacht!
„Danke schön...“
Anscheinend fand Undertaker das auch noch toll, denn er grinste selbstgefällig.
//So ein... Argh, ich bring den Kerl um, wenn der so weiter macht!//
„Dein Tee...“, sagte Undertaker breit lächelnd und hielt Grell die volle Tasse hin.
„Grrr...“
Immer noch ziemlich verärgert ließ sich Grell wieder auf der Couch nieder und schnappte dem Bestatter die Tasse aus der Hand.
Er setzte sie an seine Lippen an und trank den Tee in einem Zug leer, ungeachtete dessen, dass er brühend heiß war und er sich die Lippen und Zunge verbrannte. Dann beugte er sich etwas nach vorne und stellte die Tasse auf dem Tisch ab.
Genervt verschränkte er die Arme und sah stur in die entgegengesetzte Richtung von Undertaker. Dieser stand immer noch neben ihm. Nach einigen Minuten fing Grell jedoch an nervös auf seiner Unterlippe rumzukauen.
Der Bestatter schmunzelte.
„Das Badezimmer ist, wenn du in den Flur gehst, die erste Tür rechts...“, informierte er Grell, der fast augenblicklich aufsprang und das Zimmer verließ.
Einige Minuten später kam der Rothaarige wieder und setzte sich wieder hin.
Er sah Undertaker mürrisch an.
„Woher wusstest du...?“, fing er an.
Der Bestatter grinste und lachte kurz auf.
„Du hast ganze drei Tassen Tee getrunken! Außerdem... Dein Gesichtsausdruck und das dazugehörige Rumgehibbel war ja wohl eindeutig!“
„Hmpf!“, machte Grell beleidigt.
„...“
Der rothaarige Todesgott seufzte. Er striff sich die Schuhe ab und legte sich hin, machte es sich auf der Couch gemütlich.
„Was soll das werden?“, fragte Undertaker leicht verwirrt.
„Ach das weißt du nicht? Du bist doch sonst so allwissend, sag du’s mir!“
Der Bestatter grinste.
„Müde?“
Na ja, eher frustriert. Na gut, etwas müde auch vom ganzen Aufregen.
„Na also...“
Grell verdrehte die Augen.
Undertaker schmunzelte.
Er entschwand, kam aber nur wenige Minuten später wieder, warf eine Decke über Grell und pfefferte ihm ein Kissen ins Gesicht.
„... Gute Nacht...“
Und schon war er weg.