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Gegen jede Moral

Oder dem was sie Moral nennen...
von

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Verbotene Gefühle

Titel: Gegen jede Moral
 

Untertitel: Oder dem was sie Moral nennen…
 

Disclaimer: Die Charaktere gehören nicht mir sondern Riyoko Ikeda. Ich verdiene kein Geld hiermit oder bereichere mich sonst wirtschaftlich mit diesem Dokument. Einzig die Geschichte an sich entspringt meiner Fantasie.
 

Autorenvorwort: So meine erste reine Lady Oscar FF. Die Story hält sich so rein gar nicht an den Anime, also darf man etwas ganz neues erwarten, ohne wirklich viele Dinge zu lesen die man sowieso schon wusste. Kleine Parallelen sind aber natürlich nicht von der Hand zu weisen. Entgegen dem Wissen das die Fanbase von Oscar/André hier größer ist als die Fanbase von jeglichem Shoujo-Ai der Serie, hab ich sie geschrieben und lade sie nun auch hoch. Deswegen sei vorher gesagt: Wer Oscar/Rosalie so gar nicht mag sollte dann jetzt aufhören zu lesen. Alle anderen: Viel spaß und ich hoffe es gefällt euch.
 

Prolog: Verbotene Gefühle
 

Oscar schritt den langen Korridor entlang. Von den reich verzierten Wänden

des Schlossstaates Versailles hallten ihre, vom Schuhwerk bedingten, lauten Schritte wider und verloren sich erst nach einem langen Echo. Das Quietschen der massiven Doppeltür, die Oscar von zwei Wachen geöffnet wurde, war im ersten Moment unerträglich laut geworden. Aber Oscar hörte es schon lange nicht mehr. Zu oft legte sie immer wieder, Tag für Tag, diesen Weg zurück um, wie jetzt auch, das Boudoir der Majestät, der Königin von Frankreich, Marie Antoinette zu erreichen. Die Tür schloss sich hinter ihr wieder. Oscar trat etwas weiter in den Raum hinein, bis zu dem roten Samtsofa an der Wand auf dem Marie Antoinette saß. Sie richtete erst das Wort an die Königin, als sie sich hingekniet und die Königin sie freundlich begrüßt hatte.

„Ich bin erfreut euch offensichtlich bei bester Laune anzutreffen, eure Hoheit.“ Oscar sah auf ihre Schuhe aber nicht Marie Antoinette an, die, erfreut über den Besuch der Kommandantin ihrer Garde, lächelte.

„Ich freue mich über euren Besuch, Oscar. Wie geht es dem General und eurer Mutter? Ist sie wieder bei Kräften?“, fragte die junge Königin. Nun sah Oscar auf und nickte.

„Der General erfreut sich bester Gesundheit und meiner Mutter geht es auch wieder gut. Es war nur eine Erkältung die sie befallen hatte. Morgen wird sie euch wieder zur Verfügung stehen.“ Die Königin nickte langsam.

„Richtet ihr meine besten Wünsche aus. Wenn sie noch Ruhe benötigt, soll sie sich diese erstmal nehmen.“

„Das ist sehr gütig von euch. Ich werde es ihr ausrichten“, erwiderte Oscar.

„Erhebt euch. Wie oft muss ich euch noch sagen das es derart übertriebener Etikette hier nicht bedarf?“ Oscar nickte und stand auf.

„Vermutlich beim nächsten Mal noch einmal, eure Majestät“, antwortete sie dann. Marie Antoinette lachte etwas, hinter vorgehaltener Hand.

„Wie immer. Nun, wie geht es euch?“

„So wie es mir immer geht wenn ich euch bei solche guter Laune antreffe und euer Lachen höre. Sehr gut.“ Oscar lächelte. Sie unterhielt sich gerne mit der Königin. Das war auch der einzige Grund, weshalb sie ihr jeden Tag einen Besuch abstattete. Ansonsten gab es dazu keinen Anlass.

„Und es freut mich immer wieder das zu hören“, meinte die Königin.

„Begleitet ihr meinen Gemahl dieses Wochenende auf die Jagd?“, fügte sie dann noch hinzu.

„Natürlich, wenn seine Majestät das wünscht.“ Wobei sie das eher tat um nicht bei der Königin in Missgunst zu fallen.

„Ich bin mir sicher, dass er noch auf euch zu kommen wird.“

„Wenn ihr das sagt“, meinte Oscar dann. Keine Minute später öffnete sich die Doppeltür und einer der Wächter, die sonst vor der Tür standen, schaute herein, blieb aber in der Tür stehen. Er salutierte vor Oscar, bevor er etwas sagte.

„Kommandant Jarjayes. Kapitän Girodelle lässt nach euch rufen. Es geht um die Truppenaufstellung.“ An die Königin wandte er sich gar nicht. Das war ihm auch nicht gestattet, genauso wenig wie das Betreten des Boudoirs, solange er keinen anderen Befehl erhielt. Oscar nickte ihm zu.

„Sag ihm, ich komme sofort.“ Der Soldat salutierte erneut und verschwand dann wieder. Oscar wandte sich an Marie Antoinette.

„Verzeiht, dass ich nun so schnell wieder gehen muss“, meinte sie dann. Marie Antoinette nickte nur verständnisvoll.

„Ihr tut nur eure Arbeit.“ Oscar verbeugte sich kurz.

„Ich werde euch morgen wieder besuchen.“ Die Königin lächelte.

„Natürlich. Passt auf euch auf“, sagte sie dann.

„Ich passe auf euch auf“, erwiderte Oscar sanft lächelnd. Es war ihre Aufgabe die Königin zu schützen. Wenn es sein musste mit ihrem Leben. Zum Wohl von Frankreich und zum Wohl ihrer selbst. Denn stieße der Königin etwas zu, würde Oscar wohl sterben. Nicht durch die Guillotine, sondern an gebrochenem Herzen. Denn nicht die Liebe zu Frankreich brachte sie dazu Marie Antoinette mit ihrem Leben zu verteidigen, sondern die Liebe zur Königin selbst. So unmoralisch und gesetzeswidrig es auch war: Oscar liebte ihre Königin. So wie sonst nur ein Mann eine Frau liebte. Wie lange hatte es gedauert bis sie mit diesen Gefühlen hatte leben können? Ein ums andere Mal war sie versucht gewesen ins Exil zu gehen. Zu versuchen derartige Gefühle überhaupt nicht zu zulassen. Aber am Ende der Überlegungen kam es immer nur wieder auf dasselbe hinaus. Es änderte nichts. Es würde immer so bleiben und nichts würde etwas an der Art ändern, wie Oscar nun mal liebte. Also beschloss sie damit zu leben, mit diesen Gefühlen zu leben und sich mit dem täglichen Besuch zufrieden zu geben. Zumindest war sie so bei ihr und glücklich. Mehr zählte nicht.

Zu große Last

Kapitel 1: Zu große Last
 

Einige Tage vergingen. Oscar hatte gerade eine Rundgang im Schlossgarten gemacht als sie nur von weitem gesehen hatte wie die Königin, offensichtlich völlig aufgelöst, in Richtung des Schlosses gelaufen war. Den schwedischen Grafen Hans Axel von Fersen, bemerkte sie nur am Rande, aber es war sicher dass der Gefühlsausbruch der Königin wohl mit ihm zu tun haben musste. Im Grunde war es für jeden offensichtlich was die beiden verband aber Oscar war die einzige die genau wusste das eine Liaison zwischen der Königin und dem Grafen tatsächlich bestand. Einen Moment war sich Oscar unschlüssig ob sie der Majestät hinterher sollte, schließlich schmerzte es ihr immer wenn sie Marie Antoinette über Von Fersen sprechen hörte und doch ertrug sie es nicht, zu wissen, das ihre Königin nun allein in ihrem Boudoir saß und sich vermutlich die Augen aus dem Kopf weinte. Festen Schrittes machte sie sich also doch auf den Weg zu Marie Antoinette. Die Tür wurde ihr gewohnt geöffnet ohne das die Wachen fragen stellten und hinter ihr schloss sie sich auch genauso schnell wieder. Sie kniete noch direkt an der Tür nieder, sah aber dieses mal direkt Marie Antoinette an die über das Sofa gelehnt auf dem Boden kniete.

„Verzeiht mein eindringen, Majestät. Ich sah wie ihr ins Schloss lieft. Kann ich euch mit irgendetwas dienen?“ Die junge Königin drehte sich ein Stück und sah Oscar an. Sie hatte offensichtlich wirklich geweint.

„Oh Oscar…Ihr wisst gar nicht was Graf von Fersen mir eben mitgeteilt hat“, sprach sie tränenerstickt.

„Wenn ihr wünscht darüber zu sprechen, stehe ich euch zur Verfügung, eure Hoheit.“ Marie Antoinette holte tief Luft und setzte sich auf das Sofa.

„Steht auf, Oscar und kommt her zu mir“, meinte sie dann und Oscar gehorchte. Sie nahm neben der Königin platz bewahrte aber respektablen Abstand.

„Was hat der Graf denn gesagt, dass ihr so bestürzt darüber seid?“, fragte Oscar dann. Marie Antoinette musste sich einige Sekunden erst fassen um zu antworten.

„Wir trafen uns im Schlossgarten und unterhielten uns und dann…sagte er dass er sich in Schweden verlobt hat und dorthin zurück kehren würde…“, sagte sie und schluchzte daraufhin erneut herzzerreißend. Oscar wusste für einen Moment nicht was sie tun sollte. Im Grunde war es von vorne herein, für alle die zumindest ahnten was geschah, klar gewesen das Von Fersen nicht auf ewig bei der Königin blieb. Aber Marie Antoinette war wohl der Hoffnung erlegen gewesen das es doch so sein würde. Und auch wenn es Oscar schmerzte die Königin so leiden zu sehen, so konnte sie nicht mit ihr fühlen. Sie schämte sich, aber sie freute sich eher darüber das Von Fersen bald nicht mehr die gesamte Aufmerksamkeit Marie Antoinettes bekam.

„Eure Hoheit…auch wenn es hart klingt. Es ist vermutlich besser so. Für euch, für den Grafen und für Frankreich.“ Und für den Kommandanten. Marie Antoinette nickte zwar, beruhigte sich aber nicht.

„Aber mein Herz gehört ihm, Oscar…“, schluchzte sie und lehnte sich an Oscar um einfach nur zu weinen. Sprechen wollte sie nicht mehr und in diesem Moment hatte auch Oscar keine Worte mehr übrig. Der unverhoffte Körperkontakt ließ jeden Muskel in ihrem Körper verkrampfen. Sie legte den Arm um ihre Königin um ihr Trost zu spenden. Aber am liebsten wäre sie aufgesprungen und gegangen. Diese Nähe ertrug sie nicht. Es war etwas anderes im selben Raum mit ihr zu sein und mit ihr zu sprechen als neben ihr zu sitzen und sie im Arm zu halten. Das ganze war viel zu gefährlich. So nah durfte sie ihr einfach nicht kommen. Sie strich der Königin über ihr Haar. Marie Antoinette nahm es als tröstende Gäste, Oscar selbst erschreckte es nur. Sie hatte sich einfach nicht im Griff. Nicht in dieser Situation. Schweren Herzens aber Nötigerweise schob sie die Königin von sich.

„Beruhigt euch, eure Majestät. Tränen stehen euch nicht.“ Sie strich der Königin die Tränen aus den Augen, jede unnötige Berührung machte es ihr nur noch schwerer.

„Ich bin glücklich darüber dass ihr euch so um mich kümmert, Oscar“, meinte sie dann. Oscar nickte, ließ Marie Antoinette aber dann los und stand auf.

„Auf ewig Majestät, aber leider habe ich noch Aufgaben zu erledigen“, entschuldigte sie sich dann etwas eilig. Die Königin sah zu Oscar hinauf.

„Ich verstehe euch. Ich werde mich jetzt auch wieder etwas frisch machen müssen, bevor das Abendessen serviert wird.“ Oscar verbeugte sich kurz.

„Selbstverständlich.“ Marie Antoinette quälte sich ein Lächeln ins Gesicht.

„Ihr besucht mich morgen wieder, wie immer?“, fragte sie dann. Oscar schluckte, nickte dann aber verhalten.

„Sofern es in meiner Möglichkeit steht, natürlich.“

„Nun, denn. Bis morgen.“ Oscar grüßte nur noch stumm zum Abschied. Es wäre besser wenn sie die Königin nicht mehr besuchte. Ihre Gefühle würden sie zwangsläufig sonst irgendwann übermannen und die Gefahr konnte sie einfach nicht eingehen.

Konfrontation

Anmerkung des Autors: Um mich einmal zu Wort zu melden: Längere Kapitel sieht mau aus ;) Dafür soll die FF schnell voran gehen. Wie man sieht. Danke schon mal für die bisherigen Kommis!
 

Kapitel 2: Konfrontation
 

Erneut vergingen einige Tage, in denen Oscar die Königin nicht mehr besuchte. Ihr war klar, dass ihr die einfachen Gespräche nicht mehr genügten und so war es besser Marie Antoinette nur noch zu sehen wenn es sein musste. Für die Fälle aber dann am Besten auch nicht alleine. So kam es am heutigen Tag dazu, dass Oscar auf einem Rundgang durch die Korridore von einer Zofe angesprochen wurde.

„Kommandant Jarjayes? Ihre Hoheit möchte mit ihnen sprechen. Es scheint wichtig.“ Oscar sah die Zofe an. Es war klar gewesen das sie irgendwann den Befehl bekommen würde zu Marie Antoinette zu gehen und trotzdem fühlte sich Oscar nicht wohl dabei.

„In Ordnung. Bringt mich zu ihr.“ Die Zofe nickte und ging vor, zum Boudoir der Königin. Die Wachen öffneten wieder die Tür und Oscar samt der Zofe trat ein, die Tür schloss sich wieder.

„Ihr ließt mich rufen, eure Majestät?“, meinte Oscar als sie kniete. Marie Antoinette stand am Fenster und drehte sich nun zu Oscar um.

„In der Tat. Jeanette? Lass uns alleine“, wandte sie sich mit dem letzten Satz der Zofe zu, die einen Knicks machte und eilig verschwand. Oscar sah ihr noch durch, die sich schließende, Tür nach. Das alleine sein mit der Königin hatte sie vermeiden wollen.

„Ihr besucht mich nicht mehr, so wie früher“, stellte Marie Antoinette fest.

„Verzeiht. Ich hatte vieles zu tun“, log Oscar.

„Ihr lügt schlecht, Kommandant.“ Warum nannte sie Oscar auf einmal Kommandant? Sie musste wohl verstimmt sein

„Ich verstehe nicht“, sprach Oscar und blickte die Königin verwirrt an.

„Ich verstehe nicht viel von den Aufgaben die ihr habt, aber ich weiß, dass im Land nichts von Interesse für die Garde geschehen ist. Also hattet ihr genauso viel freie Zeit wie zuvor. Welche Gründe hindern euch an den täglichen Besuchen?“ Oscar seufzte schwer.

„Glaubt mir, Majestät. Ich hatte nie vor euch zu belügen aber versteht bitte, dass ich die Wahrheit für mich behalten möchte.“ Oscar senkte den Blick.

„Richtet euch auf, Oscar.“ Oscar stand auf.

„Zwingt mich bitte nicht dazu zu sprechen.“ Marie Antoinette ging vom Fenster zum Sofa und setzte sich.

„Ich zwinge euch zu nichts, aber wenn euch etwas auf dem Herzen liegt wisst ihr dass ich euch unterstützen würde.“ Oscar nickte.

„Natürlich. Aber bei dieser Sache könnt ihr mir nicht helfen. Glaubt mir.“

„Ich möchte dass ihr mit eurem Leben zufrieden seid und wenn ich euch in den letzten Tagen gesehen habe, saht ihr nicht so aus als wäret ihr es. Was kann so Schlimm sein, dass ihr es mir nicht verraten wollt?“ Oscar schüttelte den Kopf.

„Es ist Schlimm genug, Majestät. Das ist sicher.“ Die Königin schaute Oscar an.

„Nein. Das glaube ich nicht.“

„So ist es aber, eure Hoheit“, versicherte Oscar.

„Was habt ihr getan, was so Schlimm sein soll?“

„Nichts.“ Noch nicht zumindest und das sollte auch so bleiben.

„Nichts zu tun erscheint mir ganz und gar nicht Schlimm.“

„Es geht nicht um etwas was ich getan habe. Ich kann euch einfach nicht mehr besuchen, es sei denn es geht um meine Aufgaben. Versteht es bitte.“ Oscar sah die Königin bittend an.

„Ich versprach euch, euch nicht zu zwingen, es zu sagen.“

„Das weiß ich zu schätzen, eure Hoheit.“ Marie Antoinette seufzte.

„Ihr seid der Meinung, dass es wirklich nicht anders geht?“ Natürlich konnte sie ihre Kommandantin nicht zwingen. Sie hätte es ihr befehlen können, aber sie schätze Oscar sehr und wollte sie nicht brüskieren. Oscar schüttelte mit dem Kopf.

„Es geht nicht anders. Aber ich gebe euch mein Wort, dass es sich sicherlich auf Zeit von selbst erledigen wird.“ So zumindest Oscars Hoffnung.

„Ich wünsche es euch und auch mir. Ich werde unsere Unterhaltungen vermissen.“

„Mir auch, Majestät. Dem könnt ihr euch gewiss sein.“

„Dann geht, Lady Oscar. Auf baldiges wieder sehen.“ Oscar nickte und salutierte.

„Auf wieder sehen, eure Hoheit.“

Das neue Dienstmädchen

Kapitel 3: Das neue Dienstmädchen
 

Zwei Wochen später hatte Oscar Dienstfrei und hatte zur Nachmittagszeit einen Tee trinken wollen. Der allerdings lies ziemlich lange auf sich warten. Das erklärte sich erst als ein junges blondes Mädchen den Raum betrat. Anscheinend ein neues Dienstmädchen. Sie hielt das Tablett etwas unsicher und die Tasse klapperte auf dem Untersetzer, so sehr zitterten ihre Hände. Oscar stand von dem Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, auf und nahm ihr das Tablett ab.

„Nervös?“, fragte sie und lächelte das Dienstmädchen an.

„E…entschuldigt Madame…Ich bin erst seit heute bei euch. Ich ersetze meine kranke Schwester.“ Oscar nickte.

„Du musst nicht nervös sein. Wir sind keine Unmenschen. Und sag nicht Madame. Ich bin nicht verheiratet und wohl auch nicht viel älter als du. Ich heiße Oscar. Wie ist dein Name?“ Das Dienstmädchen sah Oscar schüchtern an.

„Verzeiht, Lady Oscar. Ich heiße Rosalie.“ Oscar stellte das Tablett auf den Tisch.

„Ein schöner Name“, meinte sie dann lächelnd als sie Rosalie wieder ansah.

„Danke…Aber solche Worte von euch sind nicht nötig, Lady Oscar.“ Oscar setzte sich. Sie hoffte dass ein paar nette Worte der Nervosität des Dienstmädchens entgegen wirkten, auch wenn ihr nicht so wirklich nach Lächeln, Freundlichkeit oder Gesellschaft war.

„Merke dir, Rosalie: Wir sind ganz normale Menschen. Wie jeder andere. Das einzige was uns unterscheidet ist das wir den Titel tragen der uns Adlig nennt. Wir atmen dieselbe Luft, wir leben im gleichen Land und wir lieben auf dieselbe Art. Unsere Worte und Taten sind nicht mehr Wert als die, die jeder andere Mensch sagt und tut“, meinte Oscar und sah aus dem Fenster. Rosalie war etwas verwirrt. Warum sagte sie so etwas?

„Ich verstehe nicht…“, antwortete sie leise. Oscar schüttelte den Kopf.

„Es ist auch nicht so wichtig. Ich rede viel Unsinn. Hör mir einfach nicht zu.“ Rosalie sah Oscar einige Sekunden an. Irgendwie sah die Kommandantin traurig aus.

„Wenn ihr mir die Frage erlaubt: Fehlt euch etwas?“ Oscar lächelte etwas schief.

„Nein. Mir fehlt nichts. Kümmere dich nicht darum.“

„Ich dachte nur, weil…“ Rosalie unterbrach sich selbst. Es ging sie eigentlich auch nichts an. Sie war schließlich nur ein Dienstmädchen.

„Weil?“ Oscar sah Rosalie an. Jetzt wollte sie auch wissen was Rosalie sagen wollte.

„Ich…Ihr saht so traurig aus…“, meinte Rosalie dann. Oscar seufzte.

„Wie ich schon sagte, es ist nicht wichtig.“ Rosalie dachte einen Moment nach.

„Für euch wohl schon. Sonst hättet ihr nicht so geschaut.“ Oscar lächelte einen Moment.

„Du scheinst ein fürsorgliches Mädchen zu sein.“ Rosalie wurde ein wenig verlegen.

„Das hat meine Mutter früher auch immer gesagt…“

„Jetzt siehst du traurig aus.“ Rosalie schüttelte den Kopf.

„Es ist nichts.“

„Sieht nicht danach aus.“

„Ihr sagt mir auch nicht was euch fehlt.“ Oscar schloss kurz die Augen.

„Weil es zu weit führte, wenn ich es dir erzählte. Du würdest es nicht verstehen.“

„Glaubt ihr?“ Oscar nickte.

„Ja, ich bin mir da ganz sicher. Nun…Was fehlt dir?“ Rosalie seufzte.

„Ich dachte nur gerade an meine Mutter.“

„Was ist mit ihr?“

„Sie ist tot…“ Rosalie sagte das sehr leise. Oscar schaute etwas mitleidig.

„Entschuldige. Ich hätte gar nicht fragen sollen.“ Das Dienstmädchen schüttelte den Kopf.

„Es ist schon in Ordnung. Es ist schon lange her.“

„Darf ich fragen, woran sie gestorben ist?“ Sie nickte.

„Nach langer Krankheit. Tuberkulose.“

„Das tut mir Leid.“ Und Oscar trug Trauer darüber dass ihre ohnehin hoffnungslose Liebe unerwidert und sogar unter Strafe stand. Dabei hatten viele andere Menschen, wie auch dieses arme Dienstmädchen es viel schwerer im Leben.

„Ihr geht es jetzt besser…“, meinte Rosalie leise.

„Komm her und setz dich. Trink einen Tee mit mir. Du kannst es besser brauchen als ich. Gegen dein Leid ist meines gering.“ Rosalie blieb aber stehen.

„Ich bin nur ein Dienstmädchen. Ihr müsst euch nicht um mich kümmern.“

„Es ist nur eine Tasse Tee. Komm und setz dich.“ Rosalie zögerte aber setzte sich dann.

„Dennoch glaube ich nicht dass euer Grund für die Traurigkeit weniger wichtig ist als meiner.“ Oscar goss den Tee aus.

„Doch das ist er. Und jetzt lass uns den Tee genießen und über etwas anderes sprechen.“

Frage und Antwort

Kapitel 4: Frage und Antwort
 

Mit der Zeit wurde das gemeinsame Tee trinken eine Art Ritual. Oscar hatte dafür gesorgt das Rosalie nun fest eingestellt war. Das junge Ding tat ihr einfach immer mehr Leid umso mehr sie von sich erzählte. Nur Oscar zog es vor nicht von sich zu sprechen.

„Ach so. Jeanne und du ihr seid gar keine richtigen Schwestern.“ Rosalie nickte.

„Aber es ist als wären wir es. Meine Mutter, also Pflegemutter, war so gut zu mir. Sie war eben einfach meine Mutter. Egal ob wir nun wirklich verwandt waren.“ Oscar lächelte.

„Du hast sie sehr geliebt.“ Rosalie nickte wieder.

„Ja.“

„Das merkt man.“

„Wirklich?“ Nun war es Oscar die nickte.

„Du blühst richtig auf wenn du einfach nur von ihr erzählst. Davon wie schön es war, mit ihr.“ Zumindest so lange bis sie dann dachte wie sehr ihr, ihre Mutter fehlte. So traurig wie sie dann immer schaute, war Oscar das ein oder andere Mal versucht sie in den Arm zu nehmen.

„Wenn ihr das sagt.“

„Finde ich zumindest.“ Rosalie dachte einen Moment nach.

„Ihr habt doch auch Geschwister.“

„Ja. Ich sehe sie aber selten. Sie sind alle verheiratet und leben nicht alle in Paris.“

„Seid ihr darüber nicht traurig?“ Oscar schüttelte den Kopf.

„Ich kenne es nicht anders. Ich habe nie viel Zeit mit ihnen verbracht. So ist es wenn man schon mit 14 zum Militär kommt.“

„Mit 14 schon?“ Oscar nickte langsam.

„Aber das ist keine interessante Geschichte. Es ist wie es ist.“ Rosalie sah Oscar etwas fragend an.

„Klingt als ob ihr lieber etwas anderes hättet.“

„Es gibt etwas das ich ändern würde, wenn ich es könnte. Aber das kann ich nicht, also bringt es nichts darüber zu reden.“

„Ihr erzählt überhaupt nichts über euch“, bemerkte Rosalie.

„Ist das so?“ Sie nickte.

„Ich weiß welchen Rang ihr bekleidet, wie ihr heißt und das eure Schwestern verheiratet sind und nicht alle in Paris leben. Das war es. Dabei würde ich zu gerne etwas über euch erfahren.“ Nur zu gerne. Sie mochte die blonde Kommandantin. Sie hörte ihr zu und verstand sie.

„Dann frag mich doch einfach etwas“, meinte Oscar.

„Nur wenn ihr versprecht auch ehrlich darauf zu antworten. Und nicht wieder zu sagen, das es nicht interessant oder ohne Belang wäre.“ Oscar seufzte. Sie gab nicht gerne irgendetwas Preis oder versprach etwas von dem sie nicht wusste wie es ausginge. Aber irgendwo hatte Rosalie auch ein Recht darauf etwas von ihr zu erfahren. Bei dem was sie schon alles von Rosalie wusste.

„Na gut. Dann bitte. Frag mich was du willst.“ Oscar nahm sowieso an das sie nun wieder nach der Geschichte fragen würde, wie es dazu kam das sie mit 14 schon zum Militär kam.

„Eure Schwestern sind verheiratet und ihr beim Militär. Denkt ihr nicht manchmal daran auch so ein Leben wie das eurer Schwestern zu leben?“ Oscar sah Rosalie überrascht an. Mit dieser Frage hatte sie überhaupt nicht gerechnet.

„Du stellst Fragen“, meinte Oscar ausweichend.

„Ihr sagtet ich darf euch fragen was ich will. Nun?“ Rosalie schaute abwartend. Oscar seufzte.

„Das willst du wirklich wissen?“ Das Dienstmädchen nickte.

„Na gut…“ Oscar nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Ja ich stelle mir manchmal vor wie das Leben wäre ohne das Militär. Wenn es unkomplizierter wäre und ich jemanden an meiner Seite hätte.“

„Und?“

„Und was?“

„Stellt ihr es euch schöner vor?“ Oscar legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und überlegte kurz, dann sah sie Rosalie wieder an.

„Ja“, lautete die kurze Antwort.

„Und…wie sieht sie aus?“

„Wer?“ Oscar war etwas irritiert.

„Die Person an eurer Seite“, meinte Rosalie. Oscar dachte nach. Ja, wie sah sie aus? Noch bis vor kurzen hätte sie ihre Hoheit, Königin Marie Antoinette beschrieben, aber die Gefühle für die Königin verschwanden von Tag zu Tag immer mehr im Dunkeln. Wenn Oscar ehrlich war waren diese Gefühle zwar stark gewesen und sie hätte ohne zu lügen ihre Liebe preisgeben können, aber sie waren nicht so fest wie sie es geglaubt hatte. Dafür waren sie zu schnell ausgeblichen, aber sie hatte ja gehofft, dass die Gefühle irgendwann einfach verschwanden. Natürlich hatte das Umgehen jedes persönlichen Kontaktes dazu beigetragen, aber dennoch. Was für eine Antwort sollte sie Rosalie denn jetzt geben?

„Jemand dessen Schönheit nicht von dieser Welt ist. Jemand dessen Herz so frei ist, wie das eines glücklichen Landes. Jemand der ehrlich zu sich selbst und zu anderen ist.“ Jemand den Oscar mit ihrem Leben beschützen wollen würde. Rosalie sah Oscar an. Mit solch einer Antwort hatte sie nicht gerechnet.

„Ihr redet wie ein Mann“, meinte sie dann und kicherte leise hinter vorgehaltener Hand. Oscar sah sie einen Moment an und schloss die Augen. Dann stand sie auf, trat zum Fenster und sah hinaus.

„Mag sein“, sagte sie dann. Rosalie hörte auf zu kichern.

„Ihr meint es ernst…“, stellte sie dann fest. Zugegeben war sie etwas verwirrt.

„Du wunderst dich noch? Darüber das eine Frau in Uniform, die ihr Leben lang als Mann erzogen wurde, auch die Gefühle eines Mannes entwickelt?“

„Aber…Das ist nicht normal.“ Oscar atmete tief aus.

„Was ist schon normal? Ist es normal dass eine Frau gewollt wie ein Mann erzogen wird? Ist es normal das Ehen erzwungen werden? Zum Wohle ganzer Länder? Ist er normal das es Menschen gibt die im Überfluss leben und direkt daneben Menschen die sich nicht einmal mehr das tägliche Brot verdienen können? Die Welt ist grausam, sarkastisch und unmoralisch. Egal wohin du blickst passieren tagtäglich Dinge von denen manche bei der einen Gruppe Menschen normal sind und wieder andere die bei derselben Gruppe unnormal sind, während eine andere Gruppe dieses als Normal ansieht und das andere für Unnormal hält. Verstehst du was ich meine?“ Rosalie brauchte einen Moment um alles zu verstehen.

„Ich glaube in euren Worten steckt viel Wahrheit“, meinte sie dann leise. Auch wenn sie selbst an den Moralvorstellungen die ihr vorgelebt waren irgendwo festhielt. Oscar’s Worte enthielten Wahrheiten die niemand zuvor gewagt hatte auszusprechen.

„Das glaube ich auch.“ Oscar sah Rosalie weiterhin nicht an, sondern aus dem Fenster.

„Allerdings glaube ich, dass diese Wahrheit euer Leben nur schwer macht“, sagte Rosalie dann. Oscar nickte langsam.

„Das tut es. Ja das tut es wirklich. Aber ich bin nicht fähig daran etwas zu ändern. Ich habe es mir nicht ausgesucht, verstehst du? Es ist eben wie es ist und ich muss damit leben. Auch wenn es aussichtslos ist je glücklich zu werden, deswegen.“

„Ihr seid bewundernswert.“ Jetzt drehte sich Oscar herum und sah Rosalie verwundert an.

„Wieso?“ Rosalie schloss einen Moment die Augen.

„Ihr wisst genau, dass diese Situation euer Leben schwer macht und dennoch steht ihr dazu. Jeden Tag steht ihr Stolz da und verrichtet euren Dienst, obwohl euch scheinbar klar ist, das es etwas gibt das ihr nie bekommen werdet. Und ihr gebt trotzdem nicht auf.“ Oscar sah Rosalie weiterhin an, immer noch verwundert.

„Rosalie…“ Diese lächelte.

„Ich bin sicher, irgendwann werdet ihr auch das Glück finden“, meinte sie dann und stand auf.

„Wohin gehst du?“, fragte Oscar.

„Zurück an die Arbeit…“, sagte Rosalie, nahm das Tablett und ging. Sie sagte nichts weiter. Lies Oscar einfach mit ihren Gedanken zurück. Würde sie eines Tages wirklich die Erfüllung ihrer Träume finden? Dieses Mädchen…Sie war bedauernswert. Aber sie war klug und so Verständnisvoll, wie es niemand, den Oscar bis jetzt getroffen hatte, je gewesen war. Eine interessante junge Dame…

Augenblick der Wahrheit

Kapitel 5: Augenblick der Wahrheit
 

Und die Zeit ging dahin. Jeden Morgen nahm die Sonne ihren Platz am Himmel ein und jeden Abend tauschte sie mit dem Mond. Jeder Tag lief nach demselben Schema ab. Aber nicht für Oscar. Jeder Tag veränderte sich für sie ein bisschen. Langsam aber stetig. Nur woran lag es? Sie stand in ihrem Zimmer. Ihr Dienst war vor etwa einer Stunde zu ende gegangen und soeben hatte sie sich umgezogen. Ihren all abendlichen Tee hatte ihr bereits ein anderes Dienstmädchen gebracht. Rosalie war zu anderer Arbeit eingeteilt gewesen. Sie hatte sie im Rosengarten sitzen sehen, als sie mit ihrem Pferd von Versailles zurückgekehrt war. Sie trat mit ihrer Teetasse ans Fenster und blickte in den orangeroten Himmel. Die Sonne begann unter zu gehen. Wieder ein Tag vorbei. Ein Tag den sie mit Gedanken verbracht hatte, die nicht wirklich in eine Richtung geführt hatten, die sie zu einer Erkenntnis geleitet hätten. Etwas beschäftigte sie. Nur sie kam nicht dahinter was genau es war. Sie seufzte, nahm einen Schluck von ihrem Tee und löste ihren Blick von dem Farbenspiel am Himmel. Sie sah hinunter in den Garten. Der Rosengarten lag genau unter ihrem Fenster. Noch immer arbeitete Rosalie. Zupfte Unkraut und wählte hier und da eine der Rosen aus, die sie abschnitt und in einen Korb legte. Eine Arbeit die sie alle paar Tage wiederholte. Und jedes Mal beobachtete Oscar sie dabei. Noch einmal nahm sie einen Schluck von ihrem Tee und lächelte dann. Den Blick wandte sie nicht von Rosalie ab. Jedes Mal wenn sie, sie so beobachtete, ohne das sie es wusste, dachte sie daran was für ein faszinierendes Mädchen sie war. Sie war außerordentlich hübsch. Die langen blonden Haare, die blasse Haut, ihre tiefgründigen, freundlichen blauen Augen. Sie hatte eine Anmut, die sonst nur Adligen zu Eigen war. Und sie war, trotz des einfachen und beschwerlichen Lebens das sie führte, stolz und glücklich. Einen Moment lang schoss Oscar der Gedanke durch den Kopf, dass sie sich wünschte Rosalie noch glücklicher zu machen. Ihr ein schönes Leben zu geben. Rosalie hatte gerade eine einzige weiße Rose in den Korb gelegt. Mit dem Gedanken, diese in der schönsten Vase die sie finden konnte in Oscar’s Zimmer zu stellen. Eine weiße Rose die als einzige zwischen all den Roten, stolz ihren Kopf in die Höhe gestreckt hatte und ausgesehen hatte, als würde sie hoch erhobenen Hauptes über den anderen thronen. Stolz auf ihre einzigartige Schönheit und ihren Mut. Genauso, wie Oscar in ihren Augen war, so war auch diese Rose. Einzigartig und auf ihre weise wundervoll. Und auch irgendwie Geheimnis umwoben. Natürlich wusste sie letztendlich mehr über die Kommandantin als manch anderer, doch war es ihr häufig unmöglich in ihren stahlblauen Augen zu lesen, was sie fühlte, was sie dachte oder wie es ihr ging. Sie lies nicht zu das man zu tief in sie hinein blickte. Dennoch war es einer von ihren sehnlichsten Wünsche, Oscar einschätzen zu können. Sie zu verstehen. Für sie da zu sein, wenn sie nachdenklich an ihrem Fenster stand und aussah als käme sie mit ihrer Einsamkeit nicht zurecht. Sie blickte hinauf zu Oscar’s Fenster und ihr Blick traf Oscar’s. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Das leise ticken der antiken Uhr in Oscar’s Zimmer, sowie das leise zwitschern kleiner Vögel im Rosengarten schien plötzlich verstummt zu sein und es war so als ob sich eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen beiden in blitzartiger Geschwindigkeit aufbaute. Als ob sie, trotz der vielen Meter und der meterdicken Wände des Anwesens hindurch, miteinander hätten sprechen können. Natürlich war dies nicht der Fall, aber ihre Gedanken waren in diesem Moment ein einziger.

‚Wie sehr wünsche ich mir dir nahe zu sein’

Es war als hätten beide gehört was der andere Gedacht hatte. Beide sahen etwas erschrocken aus und wandten ihren Blick vom anderen ab. Während Oscar etwas verwirrt ihre Teetasse auf den Tisch stellte und sich auf diesen lehnte, beendete Rosalie ein wenig hektisch ihre Arbeit und sammelte das Unkraut rasch in einem Eimer den sie sich bereit gestellt hatte, warf das Werkzeug ebenfalls hinein, nahm Korb und Eimer in die Hände und machte sich eifrig daran alles dorthin zu räumen wohin es musste, nur um etwas zu tun zu haben. Und beide fragten sich, was um Himmels willen dieses Gefühl eben gewesen war, das sie beide gehabt hatten und sie so aus der Ruhe brachte. Aber das vorgeben nicht zu wissen, welches Gefühl die beiden heimgesucht hatte, war nur eine Lüge. Sie wussten es beide nur zu gut. Sie gaben nur vor es nicht zu wissen, um sich dem unausweichlichen nicht stellen zu müssen. Doch wussten sie auch, dass es unumgänglich sein würde.

Wer nicht wagt…

Kapitel 6: Wer nicht wagt…
 

Erst am nächsten Nachmittag sollte es zu einem Aufeinander treffen kommen. Rosalie und Oscar waren sich so gut es ging aus dem Weg gegangen. Rosalie hatte sich erfolgreich um Arbeiten gedrückt bei denen sie Oscar begegnet wäre, bis diese zum Dienst hatte antreten müssen. Danach hatte sie ihr ihre sauberen Hemden gebracht und sich um die Unordnung gekümmert. Zu guter letzt hatte sie, eben am Nachmittag, die weiße Rose, die sie gepflückt hatte, in einer Vase auf den kleinen Tisch gestellt. Zufrieden sah sie sich die Blume an. Was Oscar wohl sagen würde, wenn sie, sie sah? Ob sie an sie denken würde?

„Eine sehr schöne Rose. Danke“, hörte Rosalie dann Oscars Stimme hinter ihr. Rosalie erschreckte etwas.

„Lady Oscar…Ihr seid schon zurück.“ Oscar nickte nur und setzte sich in ihren Sessel. Den ganzen Tag hatte sie schon ziemlich unruhig auf das Ende ihres Dienstes gewartet. Sie wollte einfach nur in ihrem Sessel sitzen, so wie schon die halbe Nacht zuvor. Die Erkenntnis die sie am Tage zuvor wie der Blitz getroffen hatte, sorgte nicht gerade für Glücksgefühle. Es machte sie nachdenklich. Ja, es machte ihr sogar etwas Angst. Angst davor wieder mit Abweisung leben zu müssen.

„Geht es ihnen nicht gut, Lady Oscar?“ Rosalie sah Oscar an. So still kannte sie, sie nicht. Sie war zwar auch nie überschäumend Aktiv in Gesprächen aber sie führte zumindest bemüht Konversationen, wenn jemand im Raum war.

„Mir geht es gut, Rosalie“, antwortete Oscar dann nach einer Weile.

„Ihr seht so angespannt aus.“ Angespannt? Ja das konnte sein. Rosalies Gegenwart war einerseits unangenehm, andererseits aber auch das, was sich Oscar wünschte.

„Tatsächlich?“ Rosalie nickte. Sie war besorgt um sie.

„Mach dir keine Sorgen um mich“, meinte Oscar noch.

„Es bereitet mir aber Sorge, wenn ihr so still seid.“ Oscar wandte den Kopf zu Rosalie und sah sie an.

„Ist das so?“ Sie nickte.

„Warum?“, fragte Oscar dann. Rosalie hatte doch sowieso schon genug Dinge um die sie sich Sorgen machen musste. Da musste sie sich nicht auch noch um sie Gedanken machen.

„Ihr seid sonst nicht so. Also muss euch etwas bedrücken.“ Oscar wollte erwidern, dass es nichts mit ihr zu tun hätte, aber das wäre eine Lüge gewesen.

„Es scheint schwer vor dir etwas zu verbergen“, meinte Oscar dann.

„Ihr verbergt es nur nicht gut genug. Mehr nicht.“ Ja, das verbergen ihrer Gefühle war wohl keines von Oscars Talenten.

„Ich wünsche mir, dass es euch gut geht“, sagte Rosalie leise und sie wünschte sich insgeheim DER Grund zu sein der Oscar glücklich machte. Oscar sah sie nur still an. Konnte es sein? Konnte es sein das Rosalie vielleicht genauso fühlte? Das sie gestern dasselbe gespürt hatte? Oder war es allein Oscars Wunsch, dass es so wäre, der Grund dafür, dass sie zu viel in die Worte des Dienstmädchens hinein interpretierte?

„Ich sollte wohl wieder an die Arbeit gehen“, meinte Rosalie, dann nach einiger Zeit der Stille. Sie drehte sich herum um zu gehen. In Oscars Kopf rasten die Gedanken. Sie konnte jetzt ewig nachdenken und sich fragen ob Rosalie genauso fühlte, oder sie konnte die Sache in die Hand nehmen und sicher herausfinden woran sie war. Und sie wollte es in die Hand nehmen! Noch bevor Rosalie den Türknauf in die Hand nehmen konnte, war Oscar aufgestanden, mit weiten Schritten auf sie zugetreten und hatte sie am Handgelenk gepackt. Rosalie drehte sich etwas erschrocken zu ihr um.

„Lady Oscar?…“ Aber Oscar sagte nichts, zog sie an sich und küsste sie einfach. Ein Gefühlsgeständnis in einer Tat verpackt. So klar wie die Aussage dieses Kusses war, hätte sie es nicht in Worte fassen können. Rosalie hatte überrascht in den Kuss geschnauft und im ersten Moment hatte sie Oscar wegdrücken wollen, jedoch hatte sie dem Impuls nicht nachgegeben. Warum auch? War doch dieser Moment, derjenige den sie sich herbei gewünscht hatte. Nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatte, erwiderte sie den Kuss und somit die wortlose Liebeserklärung. Sie war zuvor wohl nie glücklicher gewesen als in diesem Moment. Es kam ihr vor wie eine kleine Ewigkeit, bis sie sich voneinander lösten. Oscar lächelte sanft und strich Rosalie eine Strähne aus dem Gesicht.

„Lass uns einen Tee zusammen trinken. Was meinst du?“ Es bedurfte keine weiteren Worte zwischen ihnen. Beide wussten in jenem Moment einfach was der andere fühlte und das ab jetzt ihre gemeinsame Zeit begann.

„Ich hole welchen, Lady Oscar“, antwortete Rosalie also, lächelte so glücklich wie nie zuvor und löste sich dann von Oscar um kurz Tee zu holen.

Welche Probleme es mit sich bringt…

Kapitel 7: Welche Probleme es mit sich bringt…
 

Viele Wochen verlief die Beziehung ohne Probleme. Allerdings auch recht merkwürdig. Zumindest für Rosalie. Denn entgegen ihrer Annahme und der Lage der Gesetze in diesem Land, machte sich Oscar kaum die Mühe ihre Bindung geheim zu halten. Es war auch nicht so, dass sie es jedem auf die Nase band. Aber es machte Gerüchteweise die Runde und die Blicke der Adligen sprachen Bände, wenn Rosalie in Begleitung Oscars Spaziergänge unternahm. Unter diesen Blicken fühlte sich Rosalie überhaupt nicht wohl. Allerdings wären die Blicken alleine nicht so Schlimm gewesen. Mit dem Argwohn der Adligen lebte sie schon so lange, aber es war nicht nur der Adel. Selbst Menschen ihres Standes tuschelten und nur, weil Rosalie vorüber Schritt, hörten sie nicht damit auf. Nein, das Getuschel wurde sogar noch lauter, wenn sie gesenkten Hauptes an den Bürgern vorbei ging. Sie beschrieben und bezeichneten sie mit Wörtern die Rosalie wütend aber hauptsächlich traurig machten. Sie nannten sie die Geliebte der Kommandantin. Noch die Schönste Bezeichnung. Sie war die Klette am Fell des Hundes der Königin, das unmoralische Straßenmädchen das sich einem adligen Mannsweib an den Hals schmiss und sich ihr hingab Das Spielzeug der königlichen Garde an dem der Liebling der Königin spaß gefunden hatte. Das Flittchen und der Höllenhund der Österreicherin. Die Benennungen fanden einfach kein Ende und es schmerzte Rosalie doppelt. Schließlich ging das alles auch gegen Oscar, die nicht einmal eine Ahnung hatte das es solch schreckliche Spitznamen für sie gab. Aber sie ertrug es. Für Oscar. Sie wollte mit Oscar zusammen sein, musste für sie stark sein um nicht unter der Last zusammen zu brechen. Solange sie Oscar hatte, würde sie das irgendwie ertragen. Sie musste es einfach. Aber sie war eben nicht so stark. Also saß sie einmal mehr im Rosengarten und weinte. Was würde sie darum geben, wenn Oscar sie trösten würde?

„Rosalie?“

„Lady Oscar…“ Rosalie sah aufgeschreckt zu Oscar hoch und versuchte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Oscar hockte sich vor sie und schüttelte mit dem Kopf.

„Nicht Lady. Was fehlt dir meine Liebe?“ Sie strich ihr weitere Tränen aus den Augen und schaute sie besorgt an. Rosalie schüttelte mit dem Kopf.

„Nichts.“ Oscar lächelte sanft.

„Das sieht aber nicht nach nichts aus.“ Erneut strich sie ihr eine Träne aus dem Augenwinkel. Rosalie blieb still.

„Rede mit mir, Rosalie. Ich sehe dich nicht gerne so traurig. In letzter Zeit siehst du immer so bedrückt aus, wenn du aus Paris her kommst und jetzt finde ich dich völlig aufgelöst hier. Erzähl mir was passiert ist.“ Rosalie sah Oscar aus ihren vom weinen geröteten Augen an.

„Sie reden über uns, Oscar.“ Oscar runzelte die Stirn.

„Wer? Die Hofdamen?“ Natürlich waren auch Oscar die Blicke nicht entgangen, aber daran hatte sie sich nicht gestört. Sie lebte wie sie lebte und im Normalfall blieb es bei diesen Blicken. Rosalie schüttelte den Kopf.

„Nein. Die Bürger. Alle meine Nachbarn und auch wildfremde Leute. Sie sagen schreckliche Sachen und geben uns Namen die ich nicht wage zu wiederholen.“

„Die Bürger?“ Oscar fragte sich wie die Bürger an solche Informationen kamen. Das es die Bürger interessierte was der Kommandant der Garde tat, das war ihr gänzlichst neu. Solche Informationen sickerten durch die verarmten Adligen ins Bürgertum, aber eigentlich verbreiteten sich lediglich neue Gerüchte um die Königin in Paris. Wahrscheinlich hatte jemand eine Schlagzeile daraus gemacht, was zwischen ihr und Rosalie geschah. Es lief vermutlich unter einem weiteren Fehler und der bedingungslosen Nachsichtigkeit der Königin von Frankreich für ihre ‚Lieblinge’ und war daher so aufgebauscht worden.

„Ihre Worte schmerzen so sehr. Sie wissen doch alle überhaupt nichts von uns und behaupten Dinge die der Wahrheit gänzlichst widersprechen“, klagte Rosalie.

„Dann würdige sie keines Blickes. Niemand der solche Dinge behauptet ist es wert von dir beachtet zu werden. Du weißt wie es wirklich ist. Du weißt genau was geschieht und das ist das einzigst wichtige“, sagte Oscar.

„Aber es macht mich wütend…und traurig. Ich will nicht das sie so über dich reden.“ Oscar strich Rosalie übers Haar.

„Mir ist es egal wie sie mich nennen. Und mir ist es auch egal für was sie mich halten. Darum musst du dich nicht kümmern…“ Sie sah ihre Geliebte fest an.

„…und egal was sie auch über dich sagen: Ich kenne die Wahrheit. Menschen reden über andere Menschen. So war es immer und so wird es immer sein. Deine Tränen ändern es nicht und es ist es auch nicht Wert das du Tränen vergießt.“ Rosalie sah Oscar eine Zeit lang Still an.

„Vermutlich hast du Recht…aber…“ Oscar schaute fragend.

„Aber?“ Rosalie wendete den Blick ab.

„Ich möchte uns nicht zur Schau stellen.“

„Wie meinst du das?“ Oscar verstand nicht.

„Sie alle reden über uns. Glauben alles zu wissen, so wie du es sagst. Aber nur weil sie sehen, was geschieht….Bitte Oscar…das was wir haben gehört uns…“ Oscar runzelte die Stirn.

„Du meinst wir sollen uns verstecken?“

„Vielleicht hören sie dann auf…“ Oscar seufzte. Rosalie schien es wirklich sehr nahe zu gehen. Und dass sie durch irgendein Gerede verletzt wurde, das wollte sie auch nicht.

„Wenn es dein Wunsch ist…Ich werde versuchen keinen Anlass mehr dazu entstehen zu lassen irgendetwas zu tuscheln…“

„Danke…“ Oscar lächelte leicht.

„Dann komm mit rein. Es wird langsam dunkel.“ Sie half Rosalie auf. Allerdings zweifelte sie auch daran dass ein verspätetes Verstecken viel nützte. Die Bürger würden sich vielleicht täuschen lassen, aber sicherlich nicht alle Adligen.

Der Befehl

Kapitel 8: Der Befehl
 

Oscar hielt Wort. Die gemeinsamen Spaziergänge reduzierte sie auf ein Minimum und die hatte begonnen gebührenden Abstand zu Rosalie zu halten, wenn sie nicht alleine waren. Die Meisten ließen sich auch täuschen, aber eben nur die Meisten. Wie Oscar vermutete hatte, gab es Adlige, die sich nicht so einfach täuschen ließen. Allen voran die Gräfin de Polignac. Es war ein offenes Geheimnis, dass ihr die Kommandantin der königlichen Garde ein Dorn im Auge war und sie nur so nach einer Möglichkeit suchte, die Königin gegen sie aufzulehnen. Da kam ihr natürlich die offensichtliche Beziehung gerade Recht. Sie witterte ihre Chance, die Kommandantin ein für alle mal los zu werden und die Königin ganz in ihrer Hand zu haben. Es waren zwei Wochen vergangen, als sie an einem Nachmittag bei der Königin zum Karten spielen war und innerlich grinsend das Thema zur Sprache brachte.

„Habt ihr eigentlich die Gerüchte über Lady Oscar gehört, Majestät?“ Marie Antoinette, die sich mit ihrem Kartenblatt befasst hatte, sah auf.

„Welche Gerüchte meint ihr?“

„Sie soll eine unmoralische Beziehung zu einem ihrer Dienstmädchen haben.“ Die Königin sah sie ehrlich verwirrt an.

„Sie soll was? Nein das glaube ich nicht. Das hat sich sicherlich jemand ausgedacht.“ Madame de Polignac schüttelte den Kopf.

„Aber nein! Ich habe es selbst gesehen. Wie sie sich ansehen! Ihr hättet es sehen müssen. Ich versichere euch, da spielt sich etwas vollkommen Unmoralisches ab. Und Ungesetzlich ist es auch.“ Marie Antoinette dachte nach. Ihres Wissens nach, hatte die Gräfin sie noch nie belogen. Aber würde Oscar wirklich solche Dinge tun, die ihre Freundin ihr da zur Last legte? Ihr ging das Gespräch mit Oscar durch den Kopf das sie vor längerer Zeit hatten. Sie hatte ihr nicht verraten wollen, was mit ihr los war. War es vielleicht, wegen dem was die Gräfin da sagte? Es würde zusammen passen und irgendwie, hatte sie selbst schon einmal daran gedacht das Oscar vielleicht diese Art zu leben vorzog. Sie musste ein Wort mit ihrer Kommandantin sprechen. Wenn das wirklich stimmte, musste sie dem Einhalt gebieten, bevor jemand dahinter kam, der unausweichlich die Einhaltung des Gesetzes forderte und es vor das Gericht bringen würde. Sie schuldete Oscar, dass sie ihr die Möglichkeit gab, schadfrei aus dem Ganzen heraus zu kommen.

„Ich werde mit Lady Oscar sprechen. Wenn das wirklich stimmt, macht sie sich nur selbst unglücklich. Das möchte ich nicht zulassen.“ Die Gräfin grinste in sich hinein. Jetzt musste sie nur noch abwarten bis der Stein, den sie ins Rollen gebracht hatte, sein Ziel erreichte. Wie erwartet schickte die Königin sie, nach Beendigung des Kartenspiels, aus dem Raum und lies Oscar zu sich rufen, die auch wenig später den Salon betrat.

„Ihr ließt mich rufen, Majestät?“ Oscar kniete wie üblich vor ihr nieder und dieses Mal bat Marie Antoinette sie nicht, sich aufzurichten.

„In der Tat. Mir kam etwas zu Ohren, dass mir Sorge bereitet, Lady Oscar.“ Oscar sah auf.

„Worum geht es?“ Marie Antoinette setzte sich auf einen Stuhl und sah Oscar an.

„Mir wurde zugetragen das ihr eine Verbindung pflegt die gesetzlich unter Strafe steht.“ Oscar sah ihre Königin etwas erschrocken an. Wer hatte es bis hier hin, weiter getragen? Sie ließ sich doch kaum noch mit Rosalie blicken.

„Ich weiß nicht was ihr meint“, log Oscar.

„Jemand vertrauenswürdiges hat es mir erzählt. Ihr tut euch nichts Gutes, wenn ihr versucht mich zu belügen.“ Oscar atmete schwer aus.

„Eure Hoheit, es tut mir leid…Aber es ist wie es ist“, gab sie dann zu.

„Ich hätte so etwas nie von euch erwartet.“ Die letzte Hoffnung darauf, dass die Gräfin sich geirrt hatte, war nun auch verflogen. Hatte sie doch gehofft das Oscar ihr glaubhaft versichern konnte das derartiges nie passiert war.

„Ich bin so glücklich, wie es ist, Majestät.“ Marie Antoinette schüttelte den Kopf.

„Lady Oscar…Zu eurem eigenen besten. Und zum Besten dieses Mädchens…Beendet diese Sache. Ich möchte nicht das euch diese Sache vor das Gericht bringt.“ Oscar runzelte die Stirn.

„Ihr wollt es vor das Gericht bringen?“ Die Königin schüttelte den Kopf.

„Nein. Aber wenn es die falschen Menschen erfahren, wird das Geschehen. Und ich schulde euch zu viel um dies geschehen zu lassen. Darum: Beendet es.“

„Aber, Majestät, ich…“ Sie unterbrach Oscar mit einem Handwink.

„Bitte, Lady Oscar. Noch kann ich euch schützen. Nehmt es als guten Rat, als Gegenleistung für eure Hilfe in meinen schwersten Zeiten und vor allem, nehmt es als Befehl, zum Wohle der königlichen Familie und zum Wohle Frankreichs: Beendet es. So schnell wir möglich. Niemand kann es sich leisten, dass dem Kommandant der königlichen Garde, solche Gerüchte umgeben, sie irgendwann auch noch bestätigt werden und vor Gericht gehen.“ Oscar fehlten die Worte. Einem Befehl konnte sie nicht widersprechen, aber sie wollte ihn auch nicht ausführen. Nun steckte sie in einer Zwickmühle. Was sollte sie tun? Was blieb ihr für eine Wahl? Keine Wirkliche. Das Einzige was sie tun konnte, war der Königin versichern, das sie es tun würde und es dennoch nicht tun. Das wäre das erste Mal das sie sich einem Befehl widersetzte. Aber die Frage war doch, hatte die Königin das Recht, ihr außerhalb ihrer Dienste und innerhalb ihres Privatlebens Befehle zu erteilen? Hatte sie das Recht ihr zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte? Ja die Gesetze verboten ihre Beziehung zu Rosalie, aber das Gesetz stand über der Königin. Sie wahrte die Gesetze aber sie machte sie nicht. Und das Recht über ihr Privatleben zu verfügen, das hatte sie auch nicht. Sie brach vielleicht ein Gesetz, aber nicht den Eid den sie geschworen hatte. Der Eid der königlichen Familie zu gehorchen, galt nur solange sie im Dienst war, und nicht auch noch in ihrer Freizeit. Nicht das es nicht schlimm war, das sie Gesetze missachtete, die sie eigentlich zu wahren hatte, aber sie war nicht verpflichtet dazu diesen Befehl auszuführen. Sie nickte also.

„Ich werde tun, was ich tun muss“, versicherte sie dann. Sie würde tun was sie, ihrer Meinung nach, tun musste. Und das war nicht Rosalie zu verlassen. Solange Rosalie und sie glücklich und es gut für sie war, würde sie, sie nicht verlassen.

„Glaubt mir, es ist besser so, Lady Oscar.“ Marie Antoinette seufzte innerlich. Hatte doch Oscar diesen Satz auch schon einmal zu ihr gesagt. Sie gab lediglich einer Freundin denselben Rat wie sie ihn einst auch von ihr bekommen hatte und hoffte, dass sich alles zum Guten wenden würde.

Das Übel hilft nach

Kapitel 9:Das Übel hilft nach
 

Oscar blieb also, entgegen des Willen der Königin, mit Rosalie zusammen. Noch weniger trafen sie sich außerhalb des Anwesens miteinander und noch weniger ließen sie zu, dass jemand in ihre Privatsphäre eindringen konnte. Doch hielt es zumindest die Gräfin nicht davon ab, ein genaues Auge auf die beiden zu haben, um dennoch genug zu beobachten um zu wissen, dass Oscar den Befehl der Königin missachtete. Als Rosalie eines Tages, wie so oft, einen Spaziergang unternahm traf sie auf die Gräfin, die sie längst erwartet hatte. Lange genug hatte sie beobachtet, welchen Weg das Dienstmädchen nahm um ihr zu begegnen und höchstpersönlich das Holz, das sie ins Feuer geworfen hatte, vom Glimmen zum Brennen zu bringen. Oscar war beim Dienst und so musste sie eine Auseinandersetzung mit der Kommandantin nicht fürchten.

„Sie mal einer an. Das Spielzeug unserer allseits geliebten Kommandantin.“ Rosalie schreckte aus ihren Gedanken auf. Sie hatte die Gräfin bisher nicht einmal bemerkt.

„Entschuldigt?“ Sie hatte doch gedacht, das solche ‚Attacken’ endlich vorbei wären.

„Ich glaube du hast mich sehr wohl verstanden.“

„Ich weiß nicht wovon ihr sprecht.“ Die Gräfin lachte.

„Ich hatte auch nicht erwartet dass du es gleich zugibst. Das musst du auch nicht. Es weiß auch so jeder bescheid.“ War das wirklich so? Wusste es wirklich jeder so genau?

„Du siehst etwas schockiert aus. Wusstest du nicht das ihr DIE Sensation des Hofes seit? Ach woher auch? Du bist ja nur ein einfaches Dienstmädchen.“ Rosalie biss sich auf die Lippe.

„Ihr müsst mich verwechseln, Madame.“ Die Adlige schüttelte den Kopf.

„Mitnichten. Du bist doch Rosalie, oder nicht?“ Rosalie nickte widerstrebend.

„Ja, Madame.“

„Na also. Du machst Lady Oscar ganz schöne Schwierigkeiten, weißt du das?“ Rosalie sah die Gräfin jetzt etwas erschrocken an.

„Schwierigkeiten?“

„Natürlich. Wie ich schon sagte, jeder weiß bescheid. Sogar die Königin höchstpersönlich. Ein Glück das sie so nachsichtig ist.“ In Rosalies Kopf begannen die Gedanken zu rasen.

„Aber das ist ja ohnehin unwichtig. Lady Oscar vertreibt sich mit euch ja doch nur ihre Zeit.“

„Das tut sie nicht!“ Erneut erschrak Rosalie und hielt sich die Hand vor den Mund. Die Gräfin lachte wieder.

„Wie süß. Sie glaubt an die große Liebe. Vermutlich hast du nicht mal eine Ahnung davon wie pervers das ganze ist, was ihr da spielt. Du glaubst wirklich dass es zwischen zwei Frauen so etwas wie Liebe gibt? Du bist noch verrückter als ich angenommen habe. Aber so etwas endet nie gut. Nichts, das so unnatürlich ist, kann gut enden. Merke dir meine Worte, mein Kind.“

„Ihr habt keine Ahnung von dem worüber ihr sprecht.“ Theatralisch schüttelte sich die Gräfin.

„Dem Herrn sei dank, das ich davon nichts weiß. Ich habe einen Ehemann und eine Tochter. Im Gegensatz zu dir, weiß ich was Glück bedeutet. Aber von Glück sind solche Leute wie du, sehr weit entfernt.“ Rosalie schluckte, angestrengt versuchte sie die Tränen zurück zu halten.

„Du wirst sehen, Rosalie. Bald sind diese Abnormitäten vorbei und dann haben diese Gesetz und Gottlosigkeiten hier ein Ende.“ Rosalie schüttelte den Kopf.

„Nein…“ Die Gräfin lächelte hinterhältig.

„Natürlich. Du wirst es erleben.“

„Was ist hier los?“, brummte Oscar’s Stimme hinter der Gräfin. Nicht mal Rosalie hatte sie kommen sehen, so aufgewühlt war sie.

„Kommandant Oscar, wie schön euch zu sehen“, meinte die Adlige und drehte sich zu Oscar um, die vom Pferd abgestiegen war und es nun am Zügel festhielt. Sie sah die Gräfin eine weile aggressiv an und erst dann Rosalie.

„Geh nachhause, Rosalie.“ Rosalie öffnete den Mund um etwas zu sagen, unterließ es dann aber, nickte und verschwand.

„Ihr mischt euch in Angelegenheiten ein, die euch nichts anzugehen haben, Gräfin“, meinte Oscar. Sie hatte schon ein bisschen länger von weiter weg zugehört. Gräfin de Polignac hob beschwichtigend die Hände, lächelte aber immer noch.

„Ich habe nur die Wahrheit gesagt.“

„Ihr wisst überhaupt nichts von der Wahrheit.“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Was auch immer ihr sagt, Lady Oscar. Allerdings solltet ihr auf die Königin hören.“ Natürlich, Oscar hätte wissen müssen dass die Gräfin von dem Befehl wusste.

„Das geht euch nichts an.“

„Ich meine es ja auch nur gut. Das Ganze müsste nur irgendjemand vor Gericht bringen. Und wäre es nicht schade um das Mädchen, wenn es zu dem unvermeidlichen Urteilsspruch käme?“ Oscar knirschte mit den Zähnen. Warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Die Gräfin hatte die Informationen an die Königin weiter getragen und würde sie auch an das Gericht weiter tragen, nur um sie los zu werden.

„Das würdet…“ Die Gräfin unterbrach Oscar.

„…nie tun? Vertraut nicht darauf, Oscar.“ Nein, das sollte sie wirklich nicht. Aber was blieb ihr jetzt? Es darauf ankommen lassen? Und bei einem Gerichtsverfahren? Es würde nicht nur eine von ihnen verurteilt werden.

„Irgendwann einmal wird euch jemand für eure Schandtaten büßen lassen.“

„Schade, dass ihr es nicht sein werdet. Ihr habt zu viel zu verlieren nicht wahr?“ Sie lachte.

„Ihr solltet zurück ins Schloss, Gräfin. Es wird bald dunkel“, murmelte Oscar.

„Wie aufmerksam von euch. Dann werde ich mich verabschieden. Grüßt euer reizendes Dienstmädchen von mir“, sagte die Gräfin mit einem bösen Lächeln auf den Lippen und ging. Oscar stieg auf ihr Pferd. Sie musste eine Entscheidung treffen. Und zwar noch heute…

Eine folgenschwere Entscheidung

Kapitel 10:Eine folgenschwere Entscheidung
 

Oscar hatte einen großen Umweg zu ihrem Anwesen genommen. War noch lange über das weite Land galoppiert, in der Hoffnung der Wind würde ihr die Entscheidung abnehmen, die sie zu treffen hatte. Aber natürlich tat er es nicht. Diese Entscheidung hatte sie ganz alleine zu treffen und das hatte sie getan. Schweren und blutenden Herzens, aber sie hatte entschieden. Nachdem sie sich noch einige Zeit dabei gelassen hatte, ihr Pferd in den Stall zu bringen, ging sie zum Anwesen und traf vor den Stufen auf Rosalie. Was anderes hatte sie auch nicht erwartet.

„Du warst noch lange unterwegs.“

„Ich weiß“, war die kurze Antwort Oscars.

„Waru…“

„Nicht hier“, unterbrach Oscar, Rosalie und ging an ihr vorbei ins Anwesen. Rosalie folgte ihr, sichtlich irritiert, bis nach oben in ihr Zimmer. Oscar lies sie an sich vorbei gehen und schloss dann die Tür hinter ihr.

„Was ist los?“ Rosalie blickte besorgt drein. Oscar stand immer noch an der Tür, den Griff noch fest in der Hand. Ein paar mal atmete sie ein und aus. Langsam, aber schwer.

„Es geht so nicht weiter“, sprach sie dann. Es klang als spräche sie mehr mit sich selbst, als mit Rosalie.

„Ich verstehe nicht…“ Oscar lies den Griff los und ging mit großen Schritten die auf dem Holzboden polterten zu ihrem Bett. Das Poltern lies Rosalie kurz zusammen schrecken.

„Wir müssen das beenden. Jetzt.“ Oscar’s Stimme war fest, die Worte klar und unumstößlich. Was sie fühlte verbarg sie hinter der Fassade der Kommandantin.

„Aber, Oscar…“ Rosalie ging einen Schritt auf Oscar zu und Oscar einen zurück.

„Nein. Kein Aber. Es ist besser so. Es ist zu gefährlich.“ Hatte schon einmal jemand behauptet das Liebe gefährlich war? Wenn nicht, dann hatte sie gerade als erste diese Erkenntnis aufgestellt. Rosalie sah Oscar an. Ihre Hände begannen zu zittern. Das soll es gewesen sein?

„Hör zu, ich habe mir geschworen, bei dir zu bleiben solange es gut für uns ist. Aber es ist nicht gut für uns. Es ist für niemanden gut. Über uns schwebt das Todesurteil und nur so ist es abwendbar. Der Preis für das Alles ist zu hoch.“ Rosalie senkte den Kopf.

„Kein Preis ist zu hoch, wenn ich mit dir zusammen sein kann.“ Oscar atmete geräuschvoll aus.

„Aber mir ist er zu hoch. Es hängt zu viel daran.“ Wenn Oscar nur sicher sein könnte, das nur sie zum Tode verurteilt würde, wäre es etwas ganz anderes gewesen, aber Rosalies Leben wäre zeitgleich mit dem ihren verwirkt und das war ein Preis, den Oscar nicht bereit war zu zahlen. Nur das verstand Rosalie nicht. In ihrem Kopf hallten die Worte der Gräfin wieder: ‚ Lady Oscar vertreibt sich mit euch ja doch nur ihre Zeit.’ Hatte sie etwas Recht? Nein, bestimmt nicht.

„Und wenn wir uns gar nicht mehr außerhalb des Anwesens zeigten?“ Oscar schüttelte den Kopf.

„Rosalie, es gibt keine andere Möglichkeit. Es tut mir leid. Aber wir haben jetzt keine Zukunft und wir werden nie eine Zukunft haben. Wir werden damit leben müssen. Irgendwann haben wir beide all die Gefühle vergessen und dann ist alles wieder wie vorher.“ Oscar hatte ihre Gefühle für die Königin ja auch schnell hinter sich lassen können.

„Vergessen?“ Wie könnte Rosalie die Gefühle für Oscar je vergessen? Nie hatte sie vergleichbares gefühlt und sie glaubte nicht daran jemals wieder so etwas empfinden zu können. All das Glück, all die schönen Augenblicke. Oscar’s Augen die sie liebevoll ansahen. Ihre Hände die ihr sanft über die Wangen strichen. Ihre Lippen die sich warm und zärtlich auf die ihren legten. Nein, das könnte sie nie vergessen und das wollte sie nie vergessen.

„Ja, vergessen. Glaube mir. Spätestens in ein paar Monaten denkst du überhaupt nicht mehr an mich. Und so ist es auch besser. Ich werde ein Schatten in deinen Erinnerungen sein. Mehr nicht.“ Rosalie schüttelte energisch den Kopf.

„Nein, so einfach kann es nicht sein. Ich werde dich nicht vergessen. Niemals.“ Oscar lächelte halb.

„Doch, das wirst du. Vertraue mir.“ Rosalie sah Oscar verzweifelt an. War es wirklich so einfach? Würde irgendwann die Erinnerung an Oscar schwinden? Oscar hatte entschieden. Sie würden ab jetzt getrennte Wege gehen. Das an sich ertrug Rosalie schon kaum, aber dann sollte die Zeit noch dafür sorgen, dass sie all das hier vergaß? Nein! Niemals!

„Rosalie…Du wirst jemand anderes finden der dich liebt und dessen Liebe keine Gefahr darstellt.“

„Aber ich liebe dich!“, wehrte sich Rosalie, gegen Oscars Worte.

„Ja noch.“

„Nein! Das wird sich nicht ändern. Niemals.“ Oscar senkte den Kopf. Wie Rosalie gegen das unausweichliche kämpfte, lies ihr Herz noch schwerer werden als es sowieso schon war. Sie redete sich selbst gut zu, dass der Schmerz irgendwann verging.

„Es ist genug. Mehr kann ich nicht sagen, als das was ich bereits gesagt habe. Wir gehen jetzt getrennte Wege. So wie es sein soll.“ Rosalie begann zu weinen. Ihre Hände zitterten noch stärker.

„Wer weiß schon was sein soll…“, murmelte sie. Wenn ihr Leben ohne Oscar sein soll, dann sollte das wohl auch nicht sein. Es schien als hatte die Gräfin doch ein bisschen Recht gehabt. Oscar schien sie zumindest nicht so sehr zu lieben, wie sie, sie liebte. Sonst würde sie nicht von vergessen sprechen.

„Es tut mir Leid.“ Oscar wandte Rosalie den Rücken zu. Sie weinen zu sehen, das ertrug sie nicht.

„Mir tut es auch leid“, flüsterte Rosalie, betrachtete sekundenlang durch einen Tränenschleier Oscars Rücken und wandte sich dann zum gehen. Als sie die Tür hinter sich schloss, blickte Oscar sich um. Wofür entschuldigte sie sich? Sie konnte doch für all das nicht.

Was Entscheidungen kosten können…

Epilog:Was Entscheidungen kosten können…
 

Zwei Tage später kam Oscar sichtlich müde vom Dienst zurück. Die letzten beiden Nächte hatte sie kaum geschlafen. Ganz so einfach wie sie sich das vorgestellt hatte war es dann wohl doch nicht. Zu wissen dass Rosalie in der Nähe aber nicht bei ihr war machte das ganze viel unerträglicher als sie es erwartet hatte. Vermutlich war es für Rosalie auch nicht einfacher. Wahrscheinlich war es für sie sogar noch schwerer, so wie sie daran festgehalten hatte. Sie hatte beschlossen ihr dabei zu helfen einen anderen Arbeitsplatz zu finden. Vielleicht brauchte eine befreundete Familie noch ein Hausmädchen. Es wäre besser wenn sie nicht mehr an ein und demselben Ort lebten. Oscar hatte daraufhin im ganzen Anwesen nach Rosalie gesucht, war sogar ein Stück des Weges abgegangen den Rosalie auf ihren Spaziergängen nahm, aber sie fand sie einfach nicht. Wieder vorm Anwesen angelangt, blieb sie einen Moment stehen und dachte nach. Wo konnte Rosalie nur sein? Das war ja beinahe so als würde sie sich verstecken…Verstecken? Oscar ging ein Licht auf. Natürlich. Wenn es Rosalie auch nur ein bisschen so ging wie ihr, dann wusste sie, wo sie, sie finden konnte. Während der Zeit in der sie beide bemüht ihre Bindung versteckt hatten, hatten sie sich oft im Stall getroffen. Der Stall hatte einen Heuboden und dort hatten sie teilweise Stunden damit zugebracht zu reden oder einfach die Anwesenheit des anderen zu genießen. Oscar machte sich also auf den Weg zu besagtem Heuboden. Als sie den Stall betrat sah sie schon das die Leiter nicht an der Wand sondern angelehnt am Heuboden stand. Also war Rosalie wirklich dort.

„Rosalie?“, rief sie hinauf, bekam aber keine Antwort. Das es hier auch so dunkel sein musste, das sie nichts sah. Sie stieg die Leiter hinauf und als sie schlussendlich den Heuboden überblicken konnte, wäre sie beinahe rückwärts die Leiter hinunter gefallen.

„Was…? Verdammt…“ Mit einem weiten Schritt erreichte sie die Mitte des Heubodens und wäre beinahe über einen umgestürzten Schemel gestolpert. Über ihr stützte der gewaltige Querbalken das Dach des Stalles und daran festgeknüpft, ein Seil an dem Oscars einst wichtigster Mensch hing. Zu viele Gedanken stürzten auf Oscar ein, als das sie auch nur einen wirklich zu ende denken konnte. Hektisch stellte sie den Schemel wieder auf, stieg hinauf und löste den Knoten am Querbalken. Mit dem freien Arm hielt sie Rosalie wackelig fest und stieg wieder vom Schemel. Als sie, sie auf den Boden legte war ihr eigentlich schon bewusst das sie nicht mehr zu retten war. Dennoch prüfte sie ob noch irgendwelche Lebenszeichen vorhanden waren. Natürlich vergeblich. Sie war kein Arzt aber dennoch klug genug um festzustellen das Rosalie wenigstens nicht lange hatte leiden müssen. Körperlich zumindest nicht. Als sie ihr die Schlinge über den Kopf entfernte, spürte sie die Feuchtigkeit auf Rosalies Gesicht. Sie hatte geweint. Vermutlich noch als sie den Schemel umstürzte und sich Sekundenbruchteile später das Genick brach. Oscar atmete tief durch. Vermutlich war es das, wofür sich Rosalie 2 Tage zuvor entschuldigt hatte. Für ihre Entscheidung hierfür. Oscar durfte jetzt nicht den Verstand verlieren. Sie musste handeln. Nur was sollte sie tun? Hektisch rasten die Gedanken durch ihren Kopf. Was wenn sie es als Unfall tarnte? Nein. Das würde geprüft werden. Und selbst wenn nicht. Rosalie würde dennoch keine richtige Beerdigung bekommen. Das wollte sie nicht zulassen. Nur was jetzt tun? Zuerst musste sie, sie hier raus schaffen. Selbst wackelig auf den Beinen hob sie die Leiche ihrer Geliebten auf ihre Arme und brachte sie mühsam vom Heuboden, hinunter in den Stall. Sie musste sie weg bringen. Sie sah sich um. Ihr Pferd stand in der Box. Keine Zeit es zu Satteln. Streichhölzer, Lampenöl. Oscar packte ein was sie fand und für nützlich hielt. Mühselig stieg sie auf das Pferd, den Beutel so hingelegt das sie ihn später greifen konnte. Zitternd hob sie Rosalie auf das Pferd, hielt sie so im Arm, als ob sie einfach nur mit ihr ausritt. Den Beutel klemmte sie zwischen sich und Rosalie, lenkte das Pferd an der Mähne aus dem Stall und gab ihm dann die Sporen. Während des Ritts waren ihre Gedanken mindestens so tot wie der Mensch in ihren Armen. Erst tief im Wald hielt sie an. Eine kleine Lichtung. Nie kam jemand hierher. Der Perfekte Ort um zu tun was sie tun musste. Mit Rosalie in ihren Armen sprang sie vom Pferd, der Beutel landete neben ihr im Gras. Die Leiche lehnte sie an einen Baum. Sie musste Holz suchen. Eine halbe Stunde dauerte es bis sie die nötige Menge zusammen hatte. Jetzt, wesentlich ruhiger, bettete sie Rosalie auf den angehäuften Ästen und Zweigen. Lange sah sie, sie einfach nur an.

„Du hättest eine richtige Beerdigung verdient…“, meinte sie leise.

„Nein. Du hättest verdient zu leben. Glücklich zu sein. Warum hast du diesen Weg gewählt?“ Oscars Stimme zitterte mindestens so sehr wie ihre Hände. Langsam ging sie hinüber zu ihrem Pferd und holte den Beutel. Das Lampenöl daraus goss sie über den Scheiterhaufen aus den sie da gebaut hatte. Den leeren Behälter, schmiss sie achtlos zur Seite.

„Es tut mir leid…Mehr kann ich für dich nicht tun.“ Oscar zündete ein Streichholz an.

„Adieu Rosalie…Ich liebe dich…“ Das brennende Streichholz warf sie in das Holz das sofort Feuer fing und auf Rosalies leblosen Körper übergriff. Oscar blieb solange wie das Feuer loderte. Der Rauch und der beißende Gestank von verkohltem Fleisch, bissen in ihrer Nase und ihren Augen. Aber was machte das? Sie weinte sowieso schon. Was war jetzt? Konnte sie je wieder glücklich sein? Je wieder so weiterleben wie sie es bisher getan hatte? Nein, mit Rosalies tot war gar nicht mehr so wie es gewesen war. Plötzlich sah für Oscar die Welt und ihr Leben ganz anders aus als zuvor. Es war mit einem Schlag trostlos und leer geworden. Nichts hatte mehr Wert. Nicht das Geld, nicht ihr Beruf, nicht einmal ihr Leben. Die Erkenntnis, dass sie hätte Rosalie nie vergessen können, auch wenn sie weiter gelebt hätte, war plötzlich da, als Oscar in das lodernde Feuer sah. Hätte sie es nur vorher gewusst. Nachdem der letzte Funken erloschen war, stieg Oscar auf ihr Pferd, sah noch einmal auf den verbrannten Haufen Asche. Ein stummer Verabschiedungsgruß der aus ihren Augen blitzte, dann das aufgeregte Wiehern ihrer Stute. Oscar wollte nur weg. Irgendwohin, nur nicht hier bleiben oder zurück nach hause. Immer mehr Tränen verschleierten ihre Sicht. Es war egal. Wohin auch immer sie ihr Pferd bringen würde, es würde in Ordnung sein. Solange sie nicht hier bleiben musste.
 

Autorennachwort:Ende, Schluss, Aus, Vorbei. Wer hätte mit so was gerechnet? Aber es ist wie es ist. Tut mir leid, dass ich euch, die auf ein Happy End gehofft haben, enttäuscht habe. Ich bedanke mich hiermit bei den Lesern und Kommischreibern. Dafür das ihr es bis hierhin gelesen habt und euch habt von mir die Zeit stehlen lassen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (56)
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Von:  Darkdragon83
2018-12-26T23:01:31+00:00 27.12.2018 00:01
Fängt gut an... Ich finde Oscars Gefühle der Königin gegenüber sind in der Serie schon recht deutlich, zumindest dass sie sehr tiefe Gefühle hat. Das sie in sie verliebt ist ist nicht so weit her geholt und Rosalie liebt schließlich auch Oscar und wurde wegen der Fans raus geschrieben... Wer weiß was Ikeda sonst geplant hatte :)
Von: abgemeldet
2009-09-14T10:26:59+00:00 14.09.2009 12:26
Wow, ein "schönes" Ende.
MIr hat es gut gefallen, wie du die Geschichte in den relativ kurzen Kapitel immer voran gebracht hast. Lange Kapitel sind für den Leser natürlich immer schön, aber wen der Autor ständig handlungstechnisch auf der Stelle tritt, macht das Lesen auch keinen Spaß mehr.
Von: abgemeldet
2009-09-14T10:21:31+00:00 14.09.2009 12:21
Jetzt bin ich aber auf den Epilog gespannt. oo;
Von: abgemeldet
2009-09-14T10:17:56+00:00 14.09.2009 12:17
Die Situation spitzt sich zu. Und was jetzt? *weiterlesen geh*
Von: abgemeldet
2009-09-14T10:06:43+00:00 14.09.2009 12:06
Eigentlich sollte sie ja dem Rat der Königin folgen, immerhin hat diese damals das selbe getan.
Von: abgemeldet
2009-09-14T09:58:44+00:00 14.09.2009 11:58
Wie gemein, da könnte man fast Mitleid haben. Aber dafür bin ich einfach zu sehr für Dramatik. xD
Von: abgemeldet
2009-09-14T09:51:22+00:00 14.09.2009 11:51
Oha, das ging aber schnell. Wo bleibt das Drama? *g*
Von: abgemeldet
2009-09-14T09:46:12+00:00 14.09.2009 11:46
Ha, langsam geht's los.
Von: abgemeldet
2009-09-14T09:34:11+00:00 14.09.2009 11:34
Es ist ganz schön hart, so was zu hören, finde ich. Wahrscheinlich hat sie selbst noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Aber wenigstens ist jetzt die Königin aus dem Spiel, damit ist es doch nur noch halb so schwer. ^^ Positiv denken.
Von: abgemeldet
2009-09-14T09:13:22+00:00 14.09.2009 11:13
Ein Drama jagt das nächste. ^^


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