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Elementaris

die Geschichte der Elemente
von

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Die Geschichte vom Leben

Die Geschichte vom Leben
 

Pumilio Astro begann derweil, im Raum auf und ab zu gehen, er schien in Gedanken zu versinken. Das Mädchen folgte ihm mit ihren wieder geöffneten Augen. Sie stand, mit der Decke und darunter mit ihrem weißen Nachthemd.

„Es wird schwierig für dich werden, hier zu bleiben“, erklärte Pumilio besorgt und wandte sich nun wieder zu ihr. „Ich bin nicht alleine…“

Sie machte ein fragendes Gesicht.

„Nur ein bedeutungsloser Gehilfe eines…eines…“

Wieder verstummte er.

„Eines Meisters“, ergänzte er sich nach einer kurzen Zeit. Sein Gesicht verriet jedoch, dass er nicht mit seiner Erklärung zufrieden war. Da war mehr. Etwas Anderes, etwas Mysteriöses.

„Wo ist er?“, fragte sie mit ihrer hauchenden, weichen, halb flüsternden Stimme.

„Tief unten, unter der Erde. Wenn er dich sieht, dann…“

Erneut stockte er.

„Er darf dich nicht sehen!“, sagte er bestimmt.

Sein Gesicht lag halb im Schatten der Glühbirne. Pumilio beugte sich näher zu ihr vor.

„Wenn er dich sieht, wird er dich benutzen. Er wird schreckliche Dinge tun, von denen du nichts weißt, vielleicht wird er dich töten!“

Das Mädchen machte große Augen.

„Warum will er mich töten?“, fragte sie ehrfürchtig.

„Weil er Experimente macht, er forscht mit den Lebenden, meist gehen sie dabei drauf. Er schreckt vor Nichts zurück!“

Dann entfernte er sich wieder ein Stück von ihr.

„Leider weiß ich auch so gut wie nichts. Er macht alles im Verborgenen. Nichts würde ich lieber, als von hier verschwinden, nur weg von hier, in den Morgenröten würde ich aufbrechen und ein neues Leben beginnen. Ein Leben, für meine eigene Wissenschaft. Aber er lässt mich nicht.“

„Wieso nicht?“, fragte sie.

„Er braucht mich, weil ich Kenntnisse habe, die er für seine Forschungen benötigt.“

„Forschungen?“, fragte das Mädchen verwirrt.

Wie konnte sie das alles verarbeiten, zumal sie noch nicht einmal sich selbst kannte?

Wie konnte sie die Welt verstehen?
 

Pumilio machte eine Handbewegung, die darauf hindeutete, dass sie ihm folgen sollte.

„Du musst viel nachholen, ich möchte dir ein paar Dinge zeigen.“

Daraufhin ging er zu dem Bücherregal, aus dem er zuvor auch die Pfeife geholt hatte und zog ein Buch heraus. Dahinter ein Hebel. Er drückte ihn nach unten. Prompt schob sich das gesamte Regal zur Seite und vor ihnen öffnete sich ein Gang.

Zu den Seiten entflammte Kerzenlicht. Sie stiegen ein. Der Gang war schmal, sie mussten hintereinander laufen. Geradeaus, dann Stufen. Steile Stufen, beinahe hätte das Mädchen sie übersehen. Immer weiter nach oben. Steiler und steiler. Dann eine Luke an der Decke, davor eine Leiter. Er stieg hoch und öffnete diese.

Dann war da dieser Raum, nein diese Halle. Die Halle unter der Kuppel. Majestätisch, gigantisch. Gezeichnete Sternbilder schmückten die Kuppeldecke, der Boden Kristallklar und spiegelnd. In der Mitte stand unmittelbar ein großes, goldenes Teleskop, welches in den Himmel gerichtet war.

Sie konnte ihren Augen nicht trauen, so etwas hatte sie noch nie gesehen… oder doch?

Sie machte ungläubig ein paar Schritte durch den Raum, ihr Abbild spiegelte sich am Boden. Sie erblickte sich zum ersten Mal selbst. Da war sie also, so sah sie aus, diese luftigen blonden Haare und ihr schmales, zartes Gesicht mit den leuchtenden, blauen Augen. Sie lächelte sich selbst an, wie auch das Spiegelbild.

War sie das wirklich?

Konnte es wirklich sein?
 

Pumilio Astro ging quer durch den Raum und zog kräftig an einer Leine am anderen Ende.

„Das musst du einfach gesehen haben!“, bemerkte er und kam hastig wieder zu ihr zurück.

Dann öffnete sich die vordere Kuppeldecke. Der nächtliche Himmel erstreckte sich nach und nach und das Mondlicht schien auf die beiden herab. Jeder einzelne Stern spiegelte sich am Boden und es entstand ein Meer von Sternen, sie schienen den Halt zu verlieren, einfach nur dahin zu schweben. In das Unendliche.

„Das ist, das ist…“, sagte das Mädchen nicht weniger erstaunt als bei den Nachtfaltern.

„Das ist fantastisch, ja!“, sagte Pumilio bestätigend. „Weißt du, die Sterne sind für mich so etwas wie Hoffnung, das Einzige, was mir noch bleibt. Ohne sie wäre ich verloren.“

Das Schicksal Beider wurde auf einmal klar, die Hoffnung von dem Mädchen und Pumilio Astro auf etwas Neues, auf ein besseres Leben, auf eine Identität, mit der man leben kann.
 

„Was ist mit den deinen Freunden?“, fragte sie mit einem Anflug von Wärme.

„Die Falter? – Nun ja, was ich damit sagen möchte ist, dass das Leben geht weiter, nur hier scheint es stehen zu bleiben. Da Draußen, weit ab von der Wissenschaft, von Erkenntnissen... da liegt die Freiheit, das wirkliche Leben, das wahre Glück!“

Sie schloss kurz die Augen, um das alles nachvollziehen zu können. Doch wie sollte sie das?

„Warum fliehen sie nicht einfach in diese Morgenröte?“, fragte sie, nachdem sie die Augen wieder geöffnet hatte.

„Weil das alles nicht so einfach ist. Ich habe ihm Treue geschworen… bis in den Tot. Nichts steht über dem Schwur.“

Er lies seinen Kopf in das Mondlicht sinken.

„Was ist da draußen?“, fragte das Mädchen interessiert weiter.

„Da geht die Sonne auf“, antwortete er kurz und hob seinen Kopf. „Da gibt es mehr: Liebe, Freundschaft, Vertrauen. In diesem Leben passiert etwas, da sind der Fortschritt, das immer wieder Neue und das Lebendige. Hier ist doch fast alles Tot. Außer die Sterne. Sie wachen auch über dem Rest der Welt. Sie sind überall.“

„Aber wie kann etwas überall sein? Das ist doch unmöglich!“, fragte sie verwirrt.

„Sie haben die Macht, zu Vereinigen. Eine Gemeinschaft zu bilden…“

„Sie reden wieder von den Faltern!“, bemerkte sie.

Er runzelte die Stirn und musste etwas lachen.

„Ja, wenn du es so willst: Was würdest du sagen, wenn ich dir sage, dass sie von den Sternen kommen?“

„Sie kommen doch vom Mond, nicht war?“, sagte sie, bezogen auf den Halbmond, der über dem Sternenhut von Pumilio schwebte.

„Nur weil ich so aussehe? Nein, glaub mir, ich weiß, von was ich rede. Aber vielleicht ja doch? In unserer Fantasie ist alles möglich!“

Er machte ein paar Schritte in Richtung des Teleskops.

„Komm nur! Vielleicht gibt dir das hier eine Erklärung…“, sagte er, während er begann, dieses auf etwas auszurichten. Dann nahm er noch ein paar kleine Feineinstellungen vor.

„Schau dir das an!“, sagte er und machte Platz. „Das ist der Mond.“

Sie schaute durch die Linse des Teleskops. Da war dieses Goldene, Runde.

„Er ist so weit entfernt, dass du die selbe Strecke auf der Erde in deinem ganzen Leben nicht zurücklegen könntest!“, erklärte Pumilio Astro derweil.

Sie sah einen tiefen Graben im Mondgestein. Dann nahm sie ihre Augen weg.

„Wohnt da jemand?“, fragte sie weiter.

„Nein, niemand. Früher, als Kind erzählte man mir aber von Mondkälbern und anderen gespenstigen Wesen. Alles nur Illusion!“, sagte Pumilio. Er ging erneut zu der Leine, zog daran und die Kuppel begann sich zu schließen. „Es ist sehr spät. Du wirst den Rest der Nacht hier verbringen müssen, ehe wir morgen weiter sehen.“

„Aber was, wenn mich…“, sagte sie ängstlich.

„Wenn er dich findet? Mach dir darüber keine Gedanken, ich werde aufpassen. Außerdem bist du hier oben sicher, vorerst.“

Er ging in eine Ecke der Kuppel und breitete eine dort liegende Decke aus.

„Komm nur!“, ermunterte er das Mädchen. „Du wirst sehr gut darin schlafen!“

Sie kam. Sie legte sich. Es war weich und warm.

„Oh! Und noch etwas: Du kannst im Traum Reisen unternehmen. Vielleicht schaffst du es, eine Verbindung in deine Vergangenheit zu schaffen.“

Sie schaute ihn hoffnungsvoll an.

„Aber wie mache ich das?“, fragte sie.

„Du wirst keine Schwierigkeiten haben, hier ist fast alles möglich!“
 

Feuer brannte.

Wasser lebt.

Erde ruht.



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