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Herzschmerz

von

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Kapitel 1

Tränen überströmt blickte Miku auf seinen Arm und legte die Rasierklinge, die er fest umklammert in der Hand hielt, ein Stückchen unterhalb des Ellbogens auf den Arm. Das kalte Metall jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Oder war es etwas anderes?

Miku wusste es nicht. Und es war ihm auch egal. Ihm war in letzter Zeit alles egal.

Er schluchzte. Der Schmerz in seinem Herzen war unerträglich. Er drückte die Klinge auf die Haut und zog sie einige Zentimeter weit. Aus der länglichen Wunde floss Blut. Miku lehnte sich zurück und schloss die Augen. Der pochende Schmerz in seinem Arm beruhigte ihn, denn endlich spürte er nicht mehr den Schmerz in seinem Inneren. Es war zwar immer nur von kurzer Dauer, doch für Miku war dies die Zeit des Tages, wo er am glücklichsten war. Für ein paar Minuten konnte er sich von den quälenden Gedanken befreien, die sich nur um einen drehten.

Um Bou.

Miku hatte sich vor einigen Monaten unsterblich in Bou verliebt. Er wusste selbst nicht, wie das geschehen war, doch es war passiert und zunächst war dieses Gefühl in seinem Herzen schön gewesen. Sehr schön sogar.

Er hatte es geliebt, wenn Bou ihn angelächelt oder mit ihm geredet hatte.

Er war immer als Erster da gewesen, wenn sie Bandproben hatten, da er es nicht mehr erwartet hatte, ihn zu sehen.

Doch seitdem er zusammen mit Kanon, Teruki und Bou in ein Apartment gezogen war, sah er ihn nun ständig und er konnte seine Nähe nicht mehr ertragen.

Er traute sich jedoch nicht, ihm seine Liebe zu gestehen, da er befürchtete, dass Bou seine Gefühle nicht erwidern würde und ein Abweisen seiner Gefühle konnte er nicht ertragen.

Doch als der Schmerz in seinem Herzen durch die ganzen Schwierigkeiten und Probleme, die er hatte, vor einigen Wochen so groß geworden war, dass er es nicht mehr ausgehalten hatte, hatte er ohne viel Nachdenken nach etwas Scharfem gegriffen und sich selbst verletzt. Eine innere Ruhe hatte ihn damals erfasst und der Schmerz war verschwunden gewesen. Seitdem hatte er es jeden Tag getan, wenn er alleine in seinem Zimmer hockte.

„Miku?“, ertönte plötzlich Kanons Stimme. Miku stöhnte auf. Ausgerechnet jetzt!

„Ich komme!“, rief er als Antwort.

Miku blickte auf die Wunde, die aufgehört hatte zu bluten.

Er stand auf. Er fühlte sich leer. Das Einzige, was ihn daran erinnerte, dass er noch lebte, war der pochende Schmerz in seinem Arm. Er ging zu seinem Nachttisch, öffnete die unterste Schublade, legte die Rasierklinge wieder unter die alten Zeitschriften und schloss sie.

Dann nahm er sich eins von den Taschentüchern, die oben drauf lagen und wischte sich das Blut weg. Anschließend zog er den Ärmel von seinem Pullover wieder über den Arm, denn er wollte nicht, dass die anderen sahen, was er sich jeden Tag antat.

Seufzend wischte er sich die Tränen weg und ging zum Spiegel.

„Shit“, murmelte Miku, als er sein Spiegelbild betrachtete. An seinen geröteten Augen war deutlich zu erkennen, dass er geweint hatte.

So kann ich nicht zu den anderen gehen. Schnell schminkte er sich so, dass man es nicht mehr erkennen konnte.

Teruki oder Kanon wollte Miku nicht um Rat fragen, denn sie hatten genug Probleme, und daher setzte er jedes Mal, wenn er zurück zu den anderen ging, die Maske eines glücklichen und lebensfrohen Menschen auf.

Als Miku die Küche betrat, drehte sich Kanon zu ihm um. „Wo warst du denn solange? Du weißt doch, dass wir beide heute mit dem Kochen dran sind.“

Miku nickte lächelnd. „Das weiß ich doch. Aber ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, wie spät es ist. Gomen.“

„Kein Problem. Deckst du den Tisch?“ Miku holte aus dem Schrank Teller heraus und stellte für Teruki, Kanon und für sich selbst hin. Bei Bou gab er sich besonders Mühe, alles liebevoll hinzustellen. Miku seufzte. Das gemeinsame Essen war eine echte Herausforderung für ihn, da er Bou genau gegenüber saß und so tun musste, als ob mit ihm alles in Ordnung wäre. Miku graute es jetzt schon davor, Bous Lachen zu sehen.

„Über was hast du denn nachgedacht?“, fragte Kanon, während er weiter Yakinuki zubereitete.

„Über unsere nächste Single“, sagte Miku nach einer kurzen Pause. „Ich glaube nicht, dass wir den Song in zwei Wochen noch hinkriegen.“

Miku, der mit dem Decken fertig war, lehnte sich an die Wand und sah Kanon gedankenverloren zu.

Kanon seufzte. „Da bist du nicht der Einzige, der so denkt. Seit Wochen basteln wir nun schon daran rum und was haben wir bis jetzt geschafft? So gut wie gar nichts. Selbst dir ist nichts eingefallen, wie man ihn verbessern kann.“

Miku starrte aus dem Fenster. Die Sonne schien. Er wusste genau, wer daran schuld war, dass der neue Song noch nicht fertig war.

Wenn ich nur nicht ständig an Bou denken müsste...bei den Proben konzentriere ich mich nur noch auf sein Gitarrenspiel...kein Wunder, wenn ich dann den Song nicht richtig beurteilen kann... die anderen verlassen sich bestimmt darauf, dass mir noch was einfällt...ich habe ja selbst die katastrophalsten Songs noch perfektionieren können...

„Ist irgendetwas?“, fragte Kanon und sah Miku an.

Miku schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung. Ach, und sag mir doch Bescheid, wenn ich dir irgendwie helfen kann.“

Kanons Blick ruhte für einen Moment auf Miku, doch dann wandte er sich wieder seiner Aufgabe zu.

„Miku, kannst du mir mal bitte ein Handtuch geben?“

„Klar“, antwortete Miku lächelnd und ging zum Schrank. Da die Handtücher ganz oben lagen, musste Miku sich strecken, doch er kam immer noch nicht dran.

„Bist du zu klein?“, fragte Kanon grinsend, der Miku dabei beobachtet hatte.

„Na, zu groß werde ich wohl kaum sein.“

„Versuch mal zu springen“, schlug Kanon vor.

„Hey, wieso probierst du es denn nicht mal?“, fragte Miku lachend.

„Du wolltest mir doch helfen!“, rief Kanon gespielt entrüstet.

Miku seufzte und sprang mit ausgestrecktem Arm. Während dem Sprung rutschte sein linker Ärmel nach unten, sodass ein Teil der Narben frei wurde. Miku erschrak und war so abgelenkt, dass er gerade noch im letzten Moment ein Handtuch zu fassen gekriegt hatte.

Hat Kanon etwas gesehen? Schnell zog er den Ärmel wieder über den Arm und ging zu Kanon, der, wie Miku ängstlich sah, ihn ausdruckslos zu ihm herüberblickte.

„Hier, dein Handtuch“, sagte Miku tonlos und hielt es ihm hin. Kanon rührte sich nicht, sondern starrte Miku weiterhin an.

„Ähm...Kanon?“, fragte Miku zaghaft. Kanon griff nach dem Handtuch, doch er warf es achtlos neben sich auf den Tisch, packte Mikus linken Arm und zog den Ärmel hoch. Kanon blickte auf die blassen Narben und die teilweise noch nicht verheilten Wunden.

Mikus Herz wurde schwer. Er wollte das nicht. Er hätte sich am liebsten von Kanon losgerissen und wäre aus dem Zimmer gerannt, doch der Bassist hielt ihn so fest umklammert, dass sein Arm, wo er hingepackt hatte, schon ganz taub war vor Schmerz.

Seine Augen brannten. Ob vor Schmerz oder sogar vor Scham wusste er nicht.

„Was ist das?“ Kanon sah Miku ins Gesicht.

„Du tust mir weh!“, rief Miku schmerzhaft.

„Das war keine Antwort auf meine Frage, Miku“, sagte Kanon sanft mit ernstem Unterton. „Aber wenn du mir versprichst, nicht davonzulaufen, dann lasse ich dich los.“

Miku funkelte Kanon wütend an. Doch er wusste, dass er sich jetzt schnell was einfallen lassen musste, um Kanon nicht weiter einen Grund zur Beunruhigung zu geben. Er nickte.

Als Kanon ihn losließ, zog Miku schnell dem Ärmel wieder über den Arm.

„Also?“

Miku seufzte und sah Kanon an. „Das sind Narben von der Katze unserer Nachbarn. Sie mochte mich nicht und hat mich andauernd gekratzt, als ich noch klein war.“

Kanon runzelte die Stirn. „Und woher kommen bitte schön die neuen Kratzer?“

Miku überlegte kurz. „Ich habe gestern einen Kellner umgerannt, der ein Tablett mit Gläsern in der Hand hielt.“ Miku rieb sich am Arm die Stelle, wo Kanon zugepackt hatte. Der Bassist schwieg, wandte sich von dem Sänger ab und konzentrierte sich wieder auf das Essen. Miku setzte sich.

Hoffentlich glaubt Kanon mir...Er starrte auf den Teller vor sich.

Nach einer Weile trug Kanon zwei Schüsseln zum Tisch und stellte sie dort ab.

„Miku?“ Miku sah ihn an und erkannte überrascht, dass Kanon ihn besorgt musterte.

„Was ist?“, fragte Miku ihn.

„Tu uns allen – und vor allem dir selbst - den Gefallen und sag mir Bescheid, wenn was ist. Oder Teruki oder Bou. Egel wem, irgendeinem von uns auf alle Fälle, ja?“

Miku blickte an Kanon vorbei ins Leere.

Ihr habt doch schon genug Probleme, Kanon...

Doch er nickte. Kanon lächelte leicht.

Plötzlich ging die Tür auf. Miku und Kanon drehten sich erschrocken um.

„Hey, ihr beiden!“, rief Teruki. „Ach, bist du auch mal wieder unter uns, Miku?“ Er grinste Miku an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Er hatte nur Augen für Bou.

Obwohl sein Anblick ihm Schmerzen bereitete, konnte er nicht anders. Er war froh, als er sah, dass Bou fröhlich war.

Teruki ging an Kanon vorbei und setzte sich auf seinen Platz, doch Bou blieb einige Meter vor dem Tisch stehen. „Was ist los, Bou?“, fragte Kanon irritiert.

„Miku sitzt auf meinem Platz.“

„Sorry, Bou!“, rief Miku erschrocken, stand hastig auf und eilte zu seinem Platz, wo er sich mit leicht errötetem Kopf niederließ.

„Macht doch nichts.“ Bou setzte sich und sah Miku an. Er grinste.

Miku, dem das nicht entgangen war, starrte ihn fragend an.

„Du bist echt niedlich, Miku!“

Mikus Herz machte einen Hüpfer. Das von Bou zu hören freute ihn sehr, aber es irritierte ihn auch. „W-Wieso?“

„Na, weil du rot angelaufen bist.“

Teruki, Bou und Kanon lachten.

„Was ist daran bitte schön lustig?“, fragte Miku beleidigt. Bou sah ihn tröstend an. „Ach, Miku. Jetzt sei mal kein Spielverderber.“

Miku schwieg. Wie hatte er sich nur auf Bous Platz setzen können? Aber er findet mich niedlich!, dachte Miku begeistert und wurde noch roter, doch den anderen fiel dies nicht weiter auf, da sie schon längst am essen waren.
 

Während sie aßen, diskutierten sie darüber, wie sie ihren neuen Song verbessern konnten. Miku bemühte sich, seine Ideen mit einzubringen, doch er war in Gedanken immer noch mit Bou beschäftigt. Er findet mich niedlich!

Doch hatte Bou es vielleicht nur einfach so gesagt, oder steckte da etwas Wahres hinter? Miku war verwirrt.

Als er beinahe aufgegessen hatte, wurde er von Kanon aus seinen Gedanken gerissen, der aufgestanden war. „Was ist?“, fragte Teruki ihn. Kanon lächelte. „ Ich hole was zu trinken.“

„Sorry, Kanon!“, rief Miku erschrocken. „Das hatte ich ganz vergessen. Warte, ich gehe.“

Er erhob sich und wollte gerade gehen, als Kanon sich vor ihn stellte und den Sänger schubste, sodass dieser zurück auf den Stuhl fiel. „Nee, lass mal. Ich mache das schon, “ sagte er noch, bevor er verschwand.

Miku starrte ihm mit offenem Mund hinterher.

Bou lachte. Miku drehte sich zu ihm um. „Was ist denn jetzt schon wieder?“

„Miku, dein Blick eben war unbezahlbar!“

Obwohl Miku langsam wütend wurde, lächelte er und konzentrierte sich wieder auf seinen Teller.

Wieso ist Bou nur so zu mir? Wieso sagt er so was? Weiß er denn nicht, dass er mir damit weh tut? Eigentlich höre ich so was gerne, aber wenn er es sagt, habe ich das Bedürfnis, ihn zu küssen...doch das geht nicht...

„Wieso kommst du mit leeren Händen zurück?“, fragte Teruki stirnrunzelnd. Miku sah ihn fragend an. Teruki lächelte. „Das war nicht an dich gerichtet.“

Miku drehte sich um und entdeckte Kanon, der direkt hinter ihm stand. Da die Tür genau hinter Miku war, hatte er nicht sehen können, wie Kanon wieder hereingekommen war.

„Wir haben nichts mehr“, antwortete Kanon auf Terukis Frage.

„Was? Ich habe aber Durst!“, rief Bou entrüstet und verschränkte schmollend die Arme.

Kanon seufzte. „Miku? Gehst du was einkaufen?“

Miku nickte. Ich wäre auch gegangen, wenn du das jetzt nicht gefragt hättest, Kanon, dachte Miku beleidigt. Ich kann Bou doch nicht verdursten lassen!

„Du brauchst doch nicht extra was für mich zu kaufen, Miku“, sagte Bou, doch Miku war bereits weg.

Bou wandte sich Kanon zu. „Also echt, Kanon. Das hätte doch bis gleich warten können, er hat ja noch nicht mal aufgegessen.“ Er deutete auf Mikus Teller.

„Der wird uns schon nicht verhungern“, murmelte Kanon. „Außerdem ist es nicht so weit bis zum Supermarkt. Er wird gleich wiederkommen.“ Er setzte sich. „Aber es hat einen Grund, warum ich ihn weggeschickt habe.“ Teruki und Bou sahen ihn fragend an.

„Ist euch an Miku in den letzten Wochen etwas aufgefallen?“

Teruki runzelte die Stirn. „Abgesehen davon, dass er unseren Song noch nicht retten konnte, nichts. Wieso?“ Kanon zögerte. „Ich weiß nicht, ob ich jetzt nicht vielleicht etwas überreagiere, aber es lässt mir einfach keine Ruhe.“

„Schieß los, Kanon“, sagte Bou genervt und Kanon erzählte den beiden von den Narben an Mikus Arm. „Und was ist damit?“, fragte Teruki. „Er hat dir doch gesagt, woher er sie hat.“

„Ich glaube ihm aber nicht“, antwortete Kanon und sah Teruki ernst an.

„Wieso?“

„Miku war gestern den ganzen Tag mit uns zusammen, wegen der Probe“, sagte Bou leise, bevor Kanon etwas sagen konnte. „Er hatte überhaupt keine Möglichkeit, geschweige denn Zeit gehabt, auszugehen.“ Er starrte auf seinen Teller, ohne ihn jedoch wirklich anzusehen.

„Aber Kanon. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er sich was antut, oder?“ Teruki sah Kanon fragend an. „Wir hätten doch etwas gemerkt. Außerdem hätte er mit uns doch über sein Problem reden können.“

Schweigen.

Sie alle drei wussten, dass er dies nicht tun würde.

Sie kannten ihn genau. Sie wussten, dass Miku es niemandem sagen würde, wenn ihm etwas auf dem Herzen lag, da er niemandem zur Last fallen wollte und es nicht mochte, wenn sich andere um ihn sorgten, doch er selbst machte sich sehr schnell Sorgen, wenn es einem der anderen Bandmitglieder nicht so gut ging.

„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Bou die anderen.

„Mit ihm reden“, antwortete Teruki knapp. „Was anderes bleibt uns wohl nicht übrig.“

Kanon seufzte. „Ich glaube, er wird alles abstreiten, wenn wir das versuchen.“

„Und was sollen wir deiner Meinung nach machen? Ich meine, wenn er wirklich ernsthafte Probleme hat und wir jetzt nicht reagieren...“

„Ich weiß es nicht. Das einzige, was uns übrig bleibt ist, dass wir ihn im Auge behalten.“

„Aber was ist, wenn uns was entgeht und wir zu spät reagieren?“, fragte Teruki zögernd.

„Kanon hat aber Recht, Teruki“, sagte Bou. „Er wird uns nicht an sich heranlassen, wenn er das nicht möchte.“

Teruki seufzte und stimmte ihnen zu.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-05-12T07:44:26+00:00 12.05.2009 09:44
Oh man~
is das traurig :(
Armes Miku~ <3
*mit ihm mitfühl*
*ihn knuddel*
Von: abgemeldet
2008-02-12T16:17:54+00:00 12.02.2008 17:17
war echt schön...
nur gehts da noch weiter?
Von:  Kanoe
2008-02-12T07:51:08+00:00 12.02.2008 08:51
zuende oder status nicht umgestellt
auf jeden fall interessant


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