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Dragonhack

Zeig mir die Wahrheit
von

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14. Michiru

Ceres hockte sich mit verschränkten Armen auf den Brunnen. „Schon vor einigen Jahren hörte ich Gerüchte darüber. Ich tat sie allerdings immer als Unsinn ab... das war ein Fehler den ich heute zugeben muss.“ Sein Blick war besorgt zum Boden hin gerichtet. „Ich habe an allen Ecken und Enden gesucht, mich hier und da eingehackt – und es hat auch etwas gebracht...“ Ceres hob andächtig den Kopf und blickte uns streng an. „70% der Gerüchte konnte ich bestätigen“, sagte er kurz und knapp. Wir alle platzten fast vor Neugier, besonders Ruka und Kijin hatte nun das Fieber gepackt. „Was für Gerüchte?!“, fragte ich rastlos. Ceres Antwort kam sofort...
 

„Ich muss ein wenig ausholen...“, meinte er und atmete tief durch. „Das Online-Game „Dragoon“ existiert eigentlich schon seit 10 Jahren. Vor der Netzkrise Eden war es nur mäßig bekannt. Um ehrlich zu sein, es hatte damals keinen großen Spielwert. Die Grafiken waren größtenteils unter dem Niveau der Zeit, und die Story war nicht besonders komplex. Als die Netzkrise Eden ins Land ging verschwand es sogleich ganz aus den Gedanken... Doch dann kaufte die Dragon-King-Company das Konzept auf und modernisierte es vollkommen. Neue Spielwelten entstanden, Zufallsereignisse wurden eingebaut und die Grafik und das Storyboard enorm verbessert. Alles wurde auf dem alten Programm aufgebaut, und so kam es zu dem Ruhm den das Spiel heute geniest.“ Vor Aufregung bekam ich Gänsehaut... Wann kam er denn nun endlich zum Punkt?! Und ganz nebenbei: Ich war erstaunt wie gut Ceres unsere Sprache beherrschte... Aber egal. Ich konzentrierte mich weiter auf seine Worte: „In dem ursprünglichen Game „Dragoon“... Da wurde etwas einprogrammiert was dort eigentlich nicht hin sollte. Der Japaner Michiru Suo erschuf das Spiel im Jahre 1996, er war damals erst 21 Jahre alt. Auf dem Fachgebiet der Programmierung jedoch war er einer der Besten. Er alleine „machte“ sozusagen das Spiel, für ihn war es wie eine Lebensaufgabe die er noch vor seinem Tod erledigen musste. Denn aufgrund einer Krebserkrankung starb Michiru Suo in dem gleichen Jahr in dem „Dragoon“ ins Netz gestellt wurde“, erklärte er geduldig. Auch Ruka konnte sich jetzt nicht mehr zurückhalten: „Was bitte hat er denn in das Spiel eingebaut das dort nicht sein sollte?“, fragte sie mit aufgerissenen Augen. „Nun ja...“, holte Ceres wieder aus:
 

„Da niemand etwas genaues weiß gibt es verschiedene Thesen... Manche glauben daran das im Spiel eine versteckte Datenbank sei... Auf dieser sollten die besten Hackerprogramme aller Zeit zu finden sein. Die Leute die an diese These glauben, halten an dem Denken fest Michiru Suo sei der Großmeister aller Hacker gewesen. Er soll sämtliche Größen der heutigen Szene in seinem Handwerk unterrichtet haben, sogar mich!“, lächelte er und schüttelte den Kopf. „Wenn ihr mich fragt ist das absoluter Schwachsinn. Michiru Suo hatte nie Kontakt zum Bund der Hacker, das habe ich längst geprüft. Nun zur zweiten These... Ein paar Verschwörungskritiker vertreten die Meinung das Suo einen gewaltigen Virus im Spiel versteckt habe, der ein zweites „Eden“ herbeiführen sollte.“ Vor Anspannung ballte ich die Hände. Das hörte sich fast schon zu plausibel an... Ich zweifelte daran das diese These der Wahrheit entsprach... Da steckte bei weitem mehr dahinter, dessen war ich mir sicher. Und auch Ceres stimmte mir zu: „Auch daran glaube ich nicht. Michiru Suos Anliegen war es das Internet nach vorne zu treiben, war es doch zu seiner Zeit noch nicht sonderlich bekannt. Er engagierte sich in Fördervereinen und startete Kampagnen zur Internetnutzung in Schulen und Universitäten. Das allerletzte was er wollte war die Stilllegung des Netzes. These drei dagegen unterstütze ich vollkommen...“ Andächtig sah er in die Runde.
 

„Michiru Suo soll der erste Mensch gewesen sein, der eine K.I., eine künstliche Intelligenz, geschaffen hatte. Als er die Arbeit an ihr beendet war, hatte sich seine Schöpfung in den engsten Fachkreisen leider schon rumgesprochen. Als sie dann versuchten die K.I. zu kopieren, musste er sie verstecken. So baute er um sie herum das Game „Dragoon“ auf. Das würde auch den schlechten Aufbau des Spiels von damals erklären... es war nur ein Zweckmittel, ein riesiges Schutzprogramm für seine K.I., das bis heute niemand knacken konnte. Nach seinem Tod geriet alles in Vergessenheit. Doch als die Dragon-King-Company das Spiel wieder aufgriff, bekamen sie auch gleich die K.I. dazu... Da sie davon bis heute nichts wissen, finden sie auch die Ursache für den Virusbefall automatisch nicht.“ Ich grübelte ein wenig bevor ich das Wort ergriff: „Naja, wenn dort eine K.I. versteckt ist... würde es wenigstens das ausgeklügelte Verhalten des Virus erklären... Er hat die künstliche Intelligenz befallen und lässt sie nun die Drecksarbeit machen...“ Wie ein plötzlicher Schock durchzog mich ein Gedankenblitz. Warum war ich nicht sofort darauf gekommen?! „Ceres, die Zeichen in der Düne!“ Er schenkte mir nur ein müdes Nicken. „Ich weiß. Es scheint als würde diese K.I. gegen den Befall ankämpfen... Auch das letzte Bild das wir damals im Dungeon sahen... Sie will uns eine Nachricht übermitteln glaube ich...“ Sein nachdenklicher Blick fiel auf Ruka, die sich leicht zitternd an den Brunnen lehnte.
 

Man musste kein Spezialist sein um zu erkennen das sie Angst hatte. „Was ist denn Prinzessin?!“, fragte Ceres sogleich besorgt und legte ihr seine Hand stützend auf den Rücken. Ein wenig ängstlich lächelnd sah sie ihn an: „Ach es ist nichts... Nur... es ist komisch. Ein Programm das denken und handeln kann wie ein Mensch... Irgendwie jagt mir das Angst ein... Da könnte ja jeder daherkommen und Gott spielen, versteht ihr? Wenn die ganze Welt dazu im Stande wäre solche künstlichen Intelligenzen zu schaffen gäbe es sicherlich auch einen Haufen Missbrauch... Eine bessere Kriegsmaschine als so eine K.I. gibt es doch auch gar nicht... Immerhin ist sie jederzeit ersetzbar...“, grübelte sie. Ängstlich sah sie Ceres an: „Was ist wenn diese K.I. im Spiel auch nichts weiter als eine Kriegsmaschine ist?! Was wenn sie uns eine Falle stellen will?! Was dann?!“ Ceres blickte traurig zu Boden. Ich wusste längst was er jetzt sagen würde. Was blieb ihm anderes übrig? Er musste die Wahrheit sagen... so erschreckend sie auch war... „Um ehrlich zu sein...“, holte er aus: „Um ehrlich zu sein müssen wir auch von diesem Fall ausgehen. Vielleicht gibt es gar keinen Virus. Vielleicht ist diese K.I. eine Kriegsmaschine. Vielleicht will sie auch ein zweites „Eden“ herbeiführen. Wir wissen im Grunde genommen nichts.“ Er starrte mit eisigem Blick in den grauen Himmel. Die Wolken ballten sich gegeneinander auf als würden sie einen Kampf austragen. Ein eisiger Wind pfiff durch die verkommenen Gassen. Allein sein Gesang war zu hören... denn wir waren stumm geworden. Ceres hatte Recht. Wir wussten nichts. Gar nichts. Ein grollender Donner störte unser Schweigen. Hell leuchtete das Netslum im Licht der Blitze. Ceres starrte verzweifelt zum Himmel.
 

„Ich werde sterben“, hauchte er. Noch total erschrocken von seinen Worten wunderte ich mich über den plötzlichen Platzregen der auf uns herniederging. „Ich werde sterben“, wiederholte er noch einmal deutlich und sah in die Runde. „Dieser Virus oder was auch immer macht Jagd auf mich... Deshalb... Ich meine... seht euch um...“ Mit seinem Stab deutete er auf die vielen flackernden Datenmüll-Charaktere des Netslums. „Der Virus suchte nach mir... er hat sie alle ausgerottet... aber mich hatte er leider nicht erwischt. Jetzt bin ich der einzige der Cheater der noch am Leben ist. Auch als wir ihm damals im Dungeon begegneten... Er kam nur wegen mir. Er griff auch nur mich an... dich versetzte er derweil in Trance... Er will mich töten. Ich bin mir sicher, ich bin der nächste der sterben muss...“ Ich weiß nicht ob er weinte... durch den Regen kullerten ihm viele kleine Tropfen durchs Gesicht... Mit eiskalt gefrorener Miene starrte er auf den Boden. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Nichts und niemand hätte ihn jetzt mehr aufmuntern können... Niemand ausser Ruka...
 

„Hey... Du wirst nicht sterben!“, lächelte sie mitleidvoll als sie an seinem Ärmel zupfte um Aufmerksamkeit zu bekommen. „Weißt du... wenn du mich unbedingt beschützen willst, dann darf ich das auch!“, kicherte sie. „Ich pass auf dich auf, Chef!“, zwinkerte sie. Ceres war einfach nur baff. Als wir ihn alle anlächelten erkannte er das er nicht alleine war. Und als er dieses Lächeln erwiderte wusste ich das er uns vertraute. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte – ich bin schließlich ein Mann - wir hatten einen neuen Freund gefunden. Einen guten Freund sogar.



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