Zum Inhalt der Seite

Watership Down

Schattengesicht
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Freiheit ist eine Illusion (Part 1)

Als die aussichtslose Suche endlich abgebrochen wurde, atmete die Owsla auf.

Die Meisten von ihnen waren an der kräftezehrenden Suche beteiligt gewesen und auch der Rest, der nicht auf Patrouille geschickt wurde, hatte alle Mühe damit gehabt, die Kennzeichen zu überwachen. Das war nicht viel einfacher, schließlich waren die Gruppen groß und Ruhepausen gab es nicht.

Nassgeregnet und erschöpft trafen nun auch die letzten Patrouillen in Efrafa ein. Sie schleppten sich ins Trockene und begaben sich direkt in ihre Bauten. Allesamt waren am Ende ihrer Kräfte und überglücklich wieder in Efrafa zu sein.

Es dauerte nicht lange, bis auch der Letzte eingeschlafen war.
 

Am nächsten Morgen war wieder alles beim Alten in dem düsteren Gehege. Die Wechsel der Kennzeichen verliefen reibungslos und ohne besondere Vorkommnisse. Nichtsdestotrotz lag eine drückende Spannung in der Luft. Die Kaninchen wussten, dass sich Woundwort nicht so leicht geschlagen geben würde.

Dass die Flüchtlinge entkommen konnten, nagte unheimlich am Gemüt des Generals. Und dass seine Owsla nicht imstande war, diese wieder aufzuspüren, ging ihm gewaltig gegen den Strich.
 

Woundwort lag schon eine ganze Zeit stumm und in Gedanken versunken auf seinem Platz mittig der Empore in der Ratshalle. Schließlich richtete er sich auf und wandte sich an einen Owsla, der neben dem Eingang saß.

„Hole mir Campion her!“ verlangte er.

Der Owsla nickte und gab als Antwort zurück: „Jawohl, Sir!“.

So verschwand der Owsla aus dem Sichtfeld des Generals.
 

Auf seinem Weg spaltete sich der Lauf, dem er folgte. Zur Rechten hockte Black im Gang und schaute dem Owsla entgegen. Dieser blieb nur kurz stehen, musterte sie und setzte dann seinen Weg fort. Das schwarze Weibchen blickte ihm noch so lange hinterher, bis er um die nächste Kurve verschwunden war.

Sie seufzte aus.

Sie hatte diesen Rammler schon oft gesehen. Aber das auch nur, weil sie ganz besonders auf ihn achtete und sie war ganz hin und weg von ihm. Auch wenn sie nicht einmal seinen Namen kannte.

Oft hatte sie Anstalten gemacht ihn anzusprechen, hatte jedoch nie genug Mumm gehabt, um etwas ordentliches hervorbringen zu können.

Und auch wenn der Owsla nie wirklich Notiz von der Marli nahm, freute sie sich jedes mal ungemein, wenn er ihren Weg kreuzte.
 

Black drehte sich wieder um und blickte direkt in ein breites Grinsen.

„So ein Hasenfuß...!“ sprach das Kaninchen leise aber deutlich in die Richtung der Marli.

Sie senkte die Augenlider, richtete sich auf und lächelte dem Rammler ihr gegenüber ironisch entgegen.

„Hat dir deine Mutter nie gesagt, dass man anderen nicht hinterher schnüffelt?!“ fragte sie und drückte den Kopf des grauen Bocks mit ihren Vorderpfoten sachte zu Boden.

„Hm, nein. Muss ihr entfallen sein!“ erwiderte Moss, hob seinen Kopf und brachte ihn ohne allzu großen Kraftaufwand wieder in seine vorherige Position „Dass DU in der Owsla bist.. du hast nicht einmal genug Kraft um gegen meinen Kopf anzukommen...“ spottete er im Scherz.
 

Blacks wandte den Kopf ab und schloss die Augen: „Manchmal kommt es eben nicht nur auf physische Kraft an sondern aufs Köpfchen!“

„Etwa SO?“ erwiderte er und gab ihr im selben Moment er eine gehörige Kopfnuss, sodass ihr Oberkörper nach vorn kippte.

„AU!“ zischte sie, fand ihr Gleichgewicht jedoch schnell wieder und rieb sich den Kopf „So war das doch nicht gemeint, du primitiver Holzklotz!“

Moss kicherte: „Primitiv???“

Er streckte sich und setzte sich dann neben das schwarze Weibchen.

„Hast du schon davon gehört, dass der General wieder Patrouillen nach den Flüchtlingen ausschicken will?“ fragte er sie.

Black merkte auf: „Was? Davon wusste ich noch nichts.. aber das wäre doch Schwachsinn...“

Moss zuckte die Achseln: „Ich weiß nicht ob es stimmt. Avens hat es mir vorhin erzählt. Und auch der war sich nicht sicher. Ist eben nur ein Gerücht...“

„Ich kann’s mir nicht vorstellen“ entgegnete sie und fügte noch hinzu: „Ich glaub nicht, dass da was dran ist.“
 

Im nächsten Augenblick rauschte der Rammler von vorhin mit Campion im Schlepptau an ihnen vorbei Richtung Ratshalle.

Moss und Black tauschten nur wortlos ihre Blicke.

Für einen Moment überlegten sie noch den anderen beiden zu folgen aber diesen Gedanken verwarfen sie schnell wieder und begaben sich lieber zum Silflay[1] nach oben.
 

Campion setzte sich mittig des Raumes hin und richtete sich auf. Aufmerksam schaute er zum General hinauf.

„Sie haben nach mir gerufen, Sir?“ fragte er kühl.

„Campion“ begann der General „ich möchte noch eine letzte Patrouille nach diesen Kaninchen ausschicken.“

Der Owsla-Hauptmann blinzelte verdutzt „General, wir haben das gesamte Gelände in Flussnähe durchkämmt und nichts gefunden. Die Spuren sind vom Regen weggespült und die Owsla ist-“

„Keine Ausflüchte, Campion! Ich will dass du dich noch mal mit fünf Owslas deiner Wahl auf die Suche machst!“ knurrte er „Du machst dich so früh wie möglich mit den Owslas auf den Weg. Habt ihr bis ni-frith[2] des nächsten Tages nichts gefunden habt, kehrt ihr wieder nach Efrafa zurück.“
 

Der kastanienbraune Rammler nickte widerwillig und antwortete: „Ja, Sir.“

Für ihn war es klar, dass es nur reine Zeitverschwendung sein würde, noch einmal nach den Flüchtigen zu suchen. Entweder waren sie tot oder schon längst über alle Berge verschwunden. Ihm leuchtete es einfach nicht ein, warum Woundwort so beharrlich nach ihnen suchen ließ und das Leben seiner Owslas aufs Spiel setzte, obwohl die Chance diese Kaninchen noch zu finden schwindend gering war.
 

„Gut“ gab Woundwort zurück „Dann mach dich auf den Weg!“

„Jawohl, Sir!“

Er verließ die Ratshalle und machte sich auf den Weg an die Oberfläche.

Er setzte sich als Ziel am nächsten Tag einfach nur mit allen anderen Kaninchen heil wieder in Efrafa anzukommen und es schnell hinter sich zu bringen. Zwar liebte er nichts mehr als auf Patrouille zu gehen und frische Luft zu schnappen, aber diese Fluchtgeschichte begann an seinen Nerven zu nagen.
 

Oben angekommen hopste er zu einer Gruppe Owslas und sprach:

„Der General will noch eine letzte Patrouille ausschicken um nach den geflohenen Kaninchen zu suchen. Er erwartet die Rückkehr der Patrouille spätestens morgen, ni-frith. Ich werde mit fünf von euch losziehen.“

Wieder blickte er durch die Runde und las aus den Gesichtern der Kaninchen Verwirrung und alles andere als Begeisterung. Er nahm sich vor, nicht wählerisch zu sein und nahm die Owslas zu sich, die ihm noch am kräftigsten schienen.

Er holte Moss, Fern, Kingcup und den Rammler zu sich, der vorhin vom General geschickt worden war, um ihn zu ihm zu bringen.

Black merkte auf als dieser von dem Hauptmann zu sich gerufen wurde. Zwar hatte sie keine wirkliche Lust auf diese Patrouille aber es wäre vielleicht eine gute Gelegenheit, diesem Rammler näher zu kommen. Und das auch noch unter einem guten Vorwand.
 

//Vielleicht bekomme ich ja diesmal was Anständiges raus..// schoss ihr durch den Kopf.

Sie verengte die Augen etwas und blickte wortlos zu Campion rüber.

Dieser erwiderte ihren Blick und überlegte ob er sie mitnehmen sollte. Aber wie er in der Nacht des Ausbruchs festgestellt hatte, war sie im Spurenlesen nicht schlechter als die anderen Owslas und sie war verdammt flink.

Er atmete einmal tief ein- und aus.

//Es kann ja nicht schaden...//

//Wenn du mich jetzt nicht mitnimmst...!//

Black brachte ihren Gedanken jedoch noch nicht zu ende, da rief Campion sie auch schon zu sich.

Erleichtert hopste sie federleicht zu der Kaninchengruppe und sie machten sich auf den Weg.
 

Campion führte die Patrouille in den Wald zu der Stelle, an der die Ausbrecher zuletzt gesehen wurden.

Die Owslas schwärmten aus und machten sich auf die Suche.
 

Black versuchte stets in der Nähe des Bocks zu bleiben, der ihr Interesse geweckt hatte. Es verging einige Zeit bis das Weibchen, natürlich ganz unauffällig, nah genug an ihn heran gekommen war, um sich mit ihm unterhalten zu können.

Sie setzte sich und fasste sich ein Herz.

„Ehm.. Du.. bist ja auch in der Owsla..“ begann sie leise.

Black zuckte.

//Aus allen Möglichkeiten die mir gegeben sind um ein Gespräch anzufangen war DAS wohl die Lächerlichste...// dachte sie voller Reue.

Der Owsla reagierte nicht. Hatte er sie nicht gehört?

Sie schloss die Augen und sprach nun einen Takt lauter.

„Ich kenne deinen Namen noch gar nicht... Ich bin jedenfalls >Black<, falls du es noch nicht wusstest...“ sie schluckte und öffnete die Augen wieder.

Zu ihrer Verwunderung war der Bock aus ihrem Sichtfeld verschwunden.
 

Sie blinzelte und sah sich um. Sie hörte ein Geräusch in einem dichten Farnfeld und folgte ihm. Sie stand jetzt direkt vor dem namenlosen Rammler und gab ihm nicht den Hauch einer Chance sie zu übersehen.

Er richtete sich auf und schaute ihr mit gehobener Augenbraue[3] entgegen.

„Was willst du?“ fragte er plump.
 

Black zögerte kurz, bevor sie antwortete: „Naja... Ist es nicht lustig, dass wir beide in der Owsla sind, aber noch nie wirklich miteinander gesprochen haben? Ich meine... Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“

Sie setzte sich ein Lächeln auf, war aber merklich verunsichert.

Der Rammler ihr gegenüber grinste.

„Du schleichst mir nach, spionierst mich aus, drängst dich immer ‚unauffällig’ in meine Nähe.. FRITH! Es wäre schon eine unglaubliche Leistung, dich nicht zu bemerken!“ gab er ihr zur Antwort „Was willst du also von mir? Jetzt sag’s endlich und nerv mich nicht weiter!“

Die Marli holte tief Luft und sagte: „Deinen Namen..“

Der Bock lehnte sich zu Black vor und grinste noch immer.

„Sag ‚Bitte’!“

Sie schluckte „Bitte..?“

Er schloss die Augen und atmete tief ein.
 

„Nein!“ antwortete er ihr monoton „Und jetzt bring deine Nase aus den Wolken wieder zurück auf die Erde und such endlich nach etwas Brauchbarem! Wir sind hier auf Patrouille und nicht bei irgendeinem Weiberklatsch in den Kennzeichen!“

Mit diesen Worten wandte er sich von ihr ab und entfernte sich von ihr.
 

Black saß da wie bestellt und nicht abgeholt. Als sie nun registrierte, dass der Owsla nichts von ihr wissen wollte und sie für dumm verkauft hatte, machte sich in ihr Ärgernis breit. Sie legte die Ohren an und murrte leise in sich hinein.

//Dieser miese-//

Sie brach den Gedanken ab.
 

Ein Geräusch erklang zu ihrer Rechten.

Etwas bewegte sich im Farn. Sie schmiegte ihren Körper nah an den Boden und schlich sich an die Quelle des Geräusches heran. Sie sah durch die Lücken des Blattwerks hindurch und konnte erkennen, dass es tatsächlich ein Kaninchen war.

Sie richtete sich wieder auf und trat zu dem Kaninchen hervor. Verwundert und erschrocken starrte sie es an. Das Kaninchen erwiderte die Reaktion.

Es war niemand Geringeres als der Rammler, der einige Tage zuvor mit dem kleinen Fiver ausgebrochen war.
 

„DU?!“ rief die Marli entsetzt aus.

Ohne ein Wort zu sagen rauschte der goldbraune Bock an ihr vorbei. Sie trommelte zwei, drei mal auf den Boden und folgte dem Fliehenden.

Der namenlose Owsla hatte ihr Trommeln gehört, scherte vor Black ein und folgte dem Rammler ebenfalls.

Der hellbraune Bock rannte zum Bedauern der beiden Owslas genau in die entgegengesetzte Richtung der anderen Kaninchen der Patrouille. Aber die beiden holten auf.

Links und rechts neben ihnen wuchs dichtes Buschwerk, welches keine Durchsicht gewährte.
 

Ein Rascheln.

Ein Knacken.

Ein Knurren.
 

Vor Blacks Augen sprang ein großes Tier aus dem Gebüsch hervor und riss den anderen Owsla vor ihr zu Boden. Sie selbst wurde noch in der selben Bewegung so heftig vom Körper des Tieres getroffen, dass sie durch das Buschwerk auf die andere Seite der Pflanzenwand geschleudert wurde.

Das Weibchen stürzte einen steilen Abhang hinunter. Sie spürte, wie sich spitze Kiesel immer wieder in ihr Fell bohrten, wenn sie auf den Boden aufschlug, und wie sie ab und an gegen einen großen Stein knallte. Als sie am Fuße des Hanges angekommen war, hörte und fühlte sie gar nichts mehr.
 

Der Himmel verdunkelte sich.

Campion richtete sich auf und hielt die Nase in die Luft. Moss gesellte sich zu ihm.

„Eine Wolke fühlt sich einsam...[4]“ sprach der kastanienbraune Rammler.

Im nächsten Moment hörten sie, wie die ersten Wassertropfen auf das höchste Blattwerk der Bäume prasselten.

Als der Regen heftiger wurde, suchten die Kaninchen Schutz in einem hohlen Baum.

Campion ließ den Blick durch die Runde schweifen.
 

„Wo sind die anderen beiden?“ fragte er.

Kingcup zuckte die Achseln „Ich hab sie zuletzt gesehen, als sie Richtung Farn liefen...“

Fern murrte „Ich sag euch wo diese Marli ist! Sie hat sich irgendwo im Wald verirrt und hockt unter einem Stein. Wahrscheinlich hat sie Schiss gekriegt und hofft, dass wir sie finden. Vielleicht ist sie auch schon längst beim schwarzen Kaninchen von Inlé[5]?“

Der Owsla-Hauptmann schaute mit verengten Augen zu Fern und antwortete ihm „Immer langsam, Fern! Sie mag eine Marli sein aber sie ist immer noch ein Mitglied der Owsla. Also sprich nicht so abwertend über sie. Wenn du keine Ahnung hast, solltest du nicht über Kameraden herziehen und wenn dir das nicht passt, solltest du dir vielleicht mal Gedanken darüber machen, ob die Owsla das Richtige für dich ist.“

Der Owsla ließ ein Knurren verlauten, antwortete jedoch nicht mehr auf den Offizier.

//Wäre er nicht mein Vorgesetzter... ich würde ihn umbringen!//

Campion schaute in den verregneten Wald hinaus und hoffte, dass die beiden Fehlenden bald auftauchen würden.
 

Es schien einige Zeit vergangen zu sein bis Black wieder zu sich kam.

Sie fand sich am Fuße des Abhangs wieder. Ihr Fell war völlig nassgeregnet und der Boden um sie herum war schlammig und nachgiebig.

Sie versuchte aufzustehen doch dies scheiterte. Ihre Pfoten rutschten im Schlick unter ihr immer wieder weg und sie fiel zu Boden.

Sie seufzte aus und versuchte es erneut. Diesmal mit mehr Erfolg.

Sie fühlte sich schwer. Sie schüttelte sich aber das half nicht. Der Schlamm, der sich in ihrem Fell festgesetzt hatte, ließ nicht ab.
 

Die Schwarze schaute ein Stück vor sich auf den Hang und bemerkte eine rote Spur, die sich langsam ihren Weg in ihre Richtung bahnte. Skeptisch schnüffelte sie kurz daran und stellte auch schnell fest, was es war.

Blut. Aber nicht ihr eigenes.

Sie musterte die Blutspur und folgte ihr mit Blicken zu ihrem Ursprung. Sie reichte hoch bis zur Kante des Abhangs und schien unter dem dichten Buschwerk hervorzutreten, mit welchem der Abhang dicht bewachsen war.

Sie schaute zu ihren Vorderpfoten hinunter, die beide schon tief im Schlamm versunken waren. Über ihnen hatten sich kleine Pfützen gebildet, in die nun das Blut trat.

Ein interessantes, rotes Muster entstand auf der Wasseroberfläche. Die rote Substanz zog Fäden, kreise auf dem Wasser und trennte sich. Es erinnerte an eine Art Tanz. Black versank in Gedanken. Mit leerem Blick starrte sie auf das Blut, welches das Wasser allmählich rot färbte.

Das erinnerte sie an irgendetwas.
 

Ihr schoss pflötzlich wieder in den Kopf, was zuletzt geschehen war. Sie wurde von dem Tier, das den anderen Owsla angefallen hatte, mitgerissen und hier hinunter geschleudert.

Sie schaute noch mal den Abhang hinauf, hörte aber nichts bis auf den Regen, der laut auf den Erdboden prasselte.

Das Weibchen traute sich nicht näher heran und wollte nur so schnell wie möglich verschwinden.

Also setzte sie sich in Bewegung.

Sie fand es schade um den Owsla und war gleichzeitig unheimlich wütend auf diesen Ausbrecher, der die beiden direkt zu diesem Untier geführt hatte. In diesen Augenblicken wünschte sie sich, sie hätte den Owsla näher kennen gelernt, auch wenn er so unfreundlich gewesen war.
 

„... jedenfalls müssen wir so schnell wie möglich wieder nach Watership Down zurück kommen!“

Black blieb schlagartig stehen und verschwand lautlos hinter einem großen Farngewächs. Vor ihr saßen drei fremde Kaninchen. Falsch. Der goldbraune Rammler und zwei Fremde.

Black verengte die Augen.

Der Goldbraune und eines der anderen Kaninchen schienen verletzt zu sein. Das dritte Kaninchen war winzig im Gegensatz zu den anderen beiden Langohren.

„Bist du dir sicher, dass sie dir nicht gefolgt sind?!“

„Ich hatte dir doch vorhin schon gesagt, dass Elil sie gerissen haben!“

//Wenn ich das hier richtig hinbiege gibt das satte Pluspunkte! Auch wenn ich nur den Goldbraunen nach Efrafa bekommen würde...// dachte sie.

In ihrem Gesicht machte sich ein Grinsen breit.

Selbstbewusst trat das Weibchen hervor und kam direkt vor den Downern zum Stehen.

Die Kaninchen zuckten zusammen, als sie sie bemerkten, und warfen ihr völlig perplexe Blicke zu.
 

„Du Hund!“ begann sie und sprach zu dem braunen Bock „Meinst’ wohl, du könntest einem Elil einen Efrafa-Owsla zum Fraß vorwerfen und ungeschoren davon kommen?! NICHTS DA!“

Der Rammler musterte sie skeptisch und erwiderte belustigt „Sag mal... bist du nicht diese Kleine, die Fiver und mir neulich nachts im Wald hinterhergeschnüffelt hat?? HA! Du hast aus dem Wald rausgefunden?? Wenn das so ist: Alle Achtung. Hätte ich nicht von dir erwartet. Oder irrst du etwa IMMERNOCH hier herum? Aber... Warst du nicht mal schwarz?“
 

Grinsend deutete er auf das schlammgezeichnete Fell der Marli.

Black murrte leise und erwiderte: „Halt du bloß die Schnauze! Dass du überhaupt noch am Leben bist, wundert mich auch.“

Sie setzte sich und musterte die anderen beiden Kaninchen. Das Eine war ein dunkelbraunes Jungtier, das andere war schwer verletzt und hatte einen glasigen Blick.

Die Beiden taten ihr Leid. Sie kannte sie noch aus dem Sandle-Ford-Gehege damals. Sie waren mit Hazel und Fiver fortgezogen, das wusste Black noch ganz genau.

„Komm mit mir nach Efrafa!“ sprach sie bestimmt zu dem Goldbraunen.

Als Antwort bekam sie ein hallendes Lachen.

„Was?“ kicherte der Rammler „DU willst MICH nach Efrafa schleppen? Nicht einmal in deinen Träumen!“

„Jetzt spiel dich bloß nicht so auf! So wie ich das sehe, hocken vor mir ein schwaches Jungtier, ein Schwerverletzter und ein Vollidiot. Und auch der ist verletzt. Der Rest der Patrouille ist sofort zur Stelle, wenn ich nach ihnen rufe. Das ist ein gutes Angebot. Entweder du kommst mit oder ihr alle!“ gab sie als Antwort „Könntest du das verantworten?“
 

Der Rammler knurrte.

„Wieso rufst du die anderen Owslas denn nicht gleich?! Wäre doch Schwachsinn die anderen beiden laufen zu lassen...“ sagte er „Oder soll das eine Art Trick sein?!“

Sie senkte die Augenlider und antwortete: „Ich bin zwar eine Efrafa aber ob du’s glaubst oder nicht: Auch Efrafas haben Herz. Ein Jungtier und ein Schwerverletzter... ich bin kein Untier. Oder sehe ich danach aus?“

Der Bock sprach nur leise zu sich selbst: „Nach was DU aussiehst, will ich mal nicht aussprechen...“
 

Er war sich nicht sicher wie viel an der Drohung dran war, aber er wollte das Leben der anderen beiden Kaninchen nicht riskieren.

//Dandelion käme bei einer Flucht mit solchen Verletzungen nicht weit. Ganz zu schweigen von dem kleinen Pipkin. Bleibt mir etwas anderes übrig?!// dachte er und seufzte aus. Vielleicht könnte er auf dem Weg von dem Weibchen loskommen... Und selbst wenn nicht-
 

„Na gut..“ knurrte er.

Black merkte auf „Was? Wirklich??“

Sie räusperte sich und korrigierte: „Ich meine... Eine wirklich kluge Entscheidung...“

//Ich hätte nicht geglaubt, dass er darauf eingeht!//

Sie schaute sich noch einmal um und stupste den Rammler mit der Schnauze an, dass er sich in Bewegung setzen soll.

„Komm...“ sprach sie.

Er ließ noch ein Murren verlauten, dann folgte er ihr widerwillig.
 

Der Regen entwickelte sich langsam zu einem heftigen Unwetter.

Blitze tauchten die verdunkelte Umgebung immer wieder für einen kurzen Augenblick in ein helles Licht. Darauf folgte jedes mal ein heftiger Donner, der den Boden erbeben ließ.

Jedes mal, wenn ein Donner grollte, spürte Black, wie ihr Herz einen Sprung machte.

Ihr wurde klar, dass sie den Bock nie in diesem stürmischen Gewitter nach Efrafa bringen könnte.
 

Sie setzte sich auf und schaute sich um.

Als ein Blitz den Wald wieder zum leuchten brachte, entdeckte das Weibchen einige große Steine aufeinander liegen. Unten in dem Steinhaufen war ein größeres Loch.

Hoffnungsvoll kam sie näher, beschnupperte die Steine und das Loch. Sie sprang durch es hindurch und landete in einer großen, trockenen Höhle.

Sie schaute zurück zu dem Rammler und rief ihm zu: „Kommst du jetzt rein oder willst du da draußen Wurzeln schlagen?“

Der Bock überlegte nicht lange und kam ihr hinterher.

//Ob ich nun draußen in der nassen Kälte stehe oder hier im Trocknen mit einer Furie hocke... Beides etwa gleich unangenehm.//
 

Das Unwetter wurde immer schlimmer.

Langsam begann sich der Offizier ernsthaft Sorgen um die beiden Vermissten zu machen.

//Es war von vorn herein klar, dass es eine Schnapsidee ist noch einmal nach den Ausbrechern zu suchen...// dachte er und sah zu Moss.

Dieser erwiderte seinen Blick ebenso ratlos, wie er ihn ihm schenkte.

Er seufzte aus und schaute wieder in den trüben Wald hinein.
 

Es war mittlerweile schon einige Zeit vergangen und in der Höhle war kaum ein Wort gefallen.

Nachdem sie sich geputzt hatte, lag Black auf einer kleinen Erderhebung und beobachtete den Rammler, der seine Wunden leckte. Das gab ihr die Gelegenheit, den Bock mal ein bisschen näher unter die Lupe zu nehmen, auch wenn sie natürlich nur etwas sah, wenn die Höhle kurz durch einen Blitz erhellt wurde.
 

Der Bock hatte eine normale Größe für einen gut genährten Rammler und sah auch sonst kerngesund aus. Während sein Körper goldbraun war, waren alle vier Pfoten jedoch ein bisschen heller angehaucht. Ebenso zeichneten sich helle Ringe um seine tiefblauen Augen ab. Der Fremde hatte eine weiße Brust und sein Bauch war ebenso weiß. Als die Blicke des Weibchens an seinen Vorderbeinen entlang glitten, musste sie erst leicht schmunzeln. Einige längere Haare standen vom Gelenk nach hinten ab. Das hatte sie bisher bei noch keinem anderen Kaninchen gesehen.

Ihr Blick wanderte noch mal zum Gesicht des Bocks. Sie konnte sich nicht erklären warum, aber er erinnerte sie an irgendjemanden. An irgendein Owsla-Kaninchen aus Efrafa.
 

„Sag mal..“ begann sie „Wer bist du eigentlich?“

Der Rammler schaute auf und antwortete gereizt: „Du hast mich hier in dieses Rattenloch geschliffen, wie wäre es wenn du dich erst einmal vorstellst?“

Er achtete akribisch darauf, dass seine Stimme ruhig klang.

„Für ein Kaninchen in deiner Situation bist du aber ganz schön unfreundlich!“ bemerkte sie spitz „Mein Name ist ‚Black’. Wie die Farbe. Oder Nichtfarbe. Wie auch immer. Verrätst du mir jetzt auch wie du heißt?“

„Man nennt mich ‚Lee’. So. Genug der Tratscherei. Ich bin froh, wenn ich das hier hinter mir habe..“ sprach er und begann wieder damit, seine Wunden zu säubern.

„Du bist froh, wenn ich dich nicht mehr gefangen halte? Das finde ich irgendwie beleidigend...“ kam als Antwort, vielleicht sogar mit einem neckischen Unterton in der Stimme.
 

Lee lachte lauthals auf „>Du< und mich gefangen halten? Ich könnte jederzeit verschwinden wenn ich wollte!“

„Ach ja?“ harkte Black nach und verengte die Augen einen Deut.

„Warum tust du es dann nicht?“
 

Mit einem Nicken Richtung Eingang machte er auf das Unwetter draußen aufmerksam.

„Bei so einem Hundewetter halte ich eine geschützte Höhle doch für etwas angenehmer.“

Er setzte sich auf und grinste der Marli keck entgegen.

„Oder meinst du etwa, du würdest mich mit deinem unglaublichen ‚Charme’ hier festhalten?“ fügte er noch hinzu, wobei er das Wort ‚Charme’ besonders ironisch betonte.
 

Black murrte leise in sich hinein.

Jetzt, wo sie Lee noch einmal betrachtete und ihn in dieser arroganten Pose musterte, fiel ihr wieder ein, an wen sie dieser Rammler erinnerte.

„Weißt du an wen du mich erinnerst, wenn du so da sitzt?“

Der Bock schaute fragend zu dem Weibchen auf „Nein, an wen?“

Die Marli zuckte die Achseln und erwiderte „Ach, den kennst du bestimmt nicht. Er ist Owsla-Hauptmann in Efrafa.“

//’Campion’... Mein Gott. In Sandle-Ford war ich auch Hauptmann-...in! Und hier wurde ich abgestempelt als Anfänger. Wie lange es gedauert hat, bis ich überhaupt in einer weiten Patrouille mitlaufen durfte...

Der hat das Glück bestimmt zwischen zwei Löwenzähnen gefunden!// dachte sie für sich.

Ihre kleine Antipathie, die sie Campion gegenüber hegte war natürlich nur neidbegründet. Aber das musste ja keiner wissen.
 

Lee wurde dann doch etwas neugierig und fragte noch mal nach: „Wie heißt dieser Hauptmann?“

Black schloss die Augen, legte ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten und begann: „Ca-“

Doch bevor sie zu ende bringen konnte, was sie sagen wollte, wurde sie auch schon unterbrochen.

„Campion???“

Black merkte auf: „Woher kennst du Campion?!“

Er murrte leise und bereute schon wieder, was da grade aus ihm herausgeplatzt war.

„Ist doch egal! Geht dich nichts an.“
 

Das schwarze Weibchen grinste „Du bist aus seiner Familie, hab ich recht? Du bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, wenn ich das mal so sagen darf. Was nicht unbedingt gut ist... oder schlecht... ach, was soll’s!“

„Gut? Schlecht? Was soll das?“ Lee sah skeptisch zu dem Weibchen hinüber „Sehe ich so aus, als wollte ich bei dir punkten?“

Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht der Marli breit: „Klar. Wer will das nicht?“

Lee verdrehte die Augen „Wenn du nicht bald mal den Mund hältst, sorge ich dafür, dass du dem schwarzen Kaninchen eher begegnest als dir lieb ist!“
 

„Du willst mir drohen? Mal abgesehen davon, dass du dich mit deinen Verletzungen kaum aufraffen kannst, würdest du einer kleinen, schwachen Marli doch niemals etwas antun, oder?“ entgegnete sie.

„Willst du mich nun weiter verhören oder kann ich auch mal ein paar Fragen stellen?“ murrte der Bock.

Black machte eine wellenartige Pfotenbewegung und antwortete gelassen: „Nur zu.“
 

„Wenn wir in Efrafa ankämen... Was würde dann mit mir geschehen?“ fragte er mit etwas Unsicherheit in der Stimme.

„Ich denke...“ begann Black, konnte den Satz aber nicht so recht vollenden. Sie wusste selbst nicht so genau, was mit Gefangenen in Efrafa passierte. Nach einer langen Pause sprach sie weiter „Also ich denke... Du kommst erst mal in ein Kennzeichen... Also nach dem Gespräch mit dem General natürlich.“

Lee hörte aufmerksam zu und schluckte, als Black an die Stelle mit dem Gespräch mit dem General ankam.

Sie schaute zu Lee hinüber und fügte noch hinzu: „Oder hat unser großer Held etwa Angst? Ach, und Verzeihung, aber du WIRST in Efrafa ankommen.“

Lee schnaubte und sagte: „Mir reicht’s jetzt! Ich verschwinde! Ich lass mich doch nicht vom General in Einzelteile zerlegen!“

//Die ist auch nicht ganz klar im Kopf!// dachte er.

Mit diesen Worten stand er auf und schleppte sich Richtung Ausgang.

Als Black aber bemerkte, dass Lee sich aus dem Staub machen wollte, machte sie einen Satz von der Erhebung und landete genau auf dem Rücken des Rammlers, der daraufhin nach vorne kippte und auf den Boden fiel.

„Du bist mir schon mal abgehauen!“ sprach sie.

„Ach ja?“ antwortete Lee wie beiläufig.
 

Nach den Worten wälzte er sich zur Seite weg und nagelte das Weibchen aus der Bewegung heraus mit den Schultern am Boden fest.

Ein überlegendes Grinsen zierte Lees Gesicht.

„Und ich werde es wieder tun.“

Black schaute trotzig zu ihm auf und erwiderte „Ich wird’ dir schon noch zeigen, dass-“

„Ach ja?“ Lee musste kichern „WANN denn?“
 

Black knurrte. Sie holte mit den Hinterläufen Schwung so gut es eben ging, schnellte mit ihnen durch Lees Vorderbeine hindurch und traf ihn mit der Verse heftig unter dem Kinn. Durch die Wucht des Trittes wurde Lee ein Stück zurück geworfen und Black konnte wieder aufstehen.

Triumphierend sah sie dem Rammler ins Gesicht.

Dieser hatte sich bei dem Tritt versehentlich auf die Zunge gebissen und spuckte Blut zur Seite aus.
 

„Nicht schlecht. Trotzdem nur Kinderei. Wenn es hart auf hart käme, würdest du den Kürzeren ziehen!“

Mit diesen Worten rollte er sich auf dem Boden ein und begann wieder damit, seine Wunden zu säubern.

„Woher willst du das denn schon wissen?“ stieß das Weibchen murrend aus und kam während des Sprechens langsam auf den Rammler zu „Reiß du dein Maul mal nicht immer so weit auf. Scheinst ja auch nicht grade der Unbesiegbare schlecht hin zu sein.“

Sie nahm sich eine tiefere Wunde an Lees Schulter vor und begann daran zu lecken.
 

Skeptisch musterte sie der Goldbraune und entgegnete: „Was soll das denn jetzt werden?!“

„Sehe ich so aus, als wollte ich dich tot nach Efrafa tragen?“ kam als Antwort.

„Sehe ich so aus als wollte ich von einer Mittelklassemarli bemuttert werden?“ murrte er zurück.

„Ach, jetzt halt den Mund und halt still!“ raunte sie zurück.

//Mittelklassemarli...//

Darauf erwiderte Lee nichts mehr und schaute einfach nur zu, wie Black sich wieder an seiner Wunde zu schaffen machte. Dies gab ihm auch mal Gelegenheit, das Weibchen näher zu betrachten.

Sie war recht schlank gebaut, sah jedoch nicht abgemagert aus. Aber ihr langes, schwarzes Fell verbarg ihre Überschlankheit unter sich, weshalb man zweimal hinschauen musste, bevor man ihre Figur wirklich erkennen konnte.

//Und die soll in der Owsla sein? Ist das ein Scherz?// dachte er im Stillen //Da sieht man in Efrafa eine Reihe großgewachsener, kerngesunder und vor allem bullig gebauter Rammler stehen und irgendwo dazwischen hockt SIE?!//
 

Er lächelte und sagte nach einer langen Pause: „Wäre Watership Down nichts für dich?“

Sie hielt inne und entgegnete monoton: „Wie kommst du darauf, dass ich aus Efrafa raus will?“

„Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass du in einem Gehege wie Efrafa glücklich bist.“

Das Weibchen schenkte Lee finstere Blicke.

„Meine Loyalität liegt absolut bei Efrafa!“ zischte sie und begann wieder, seine Wunde zu säubern. Sie bereute ihre Antwort auch nicht in der Sekunde, als ihr einfiel, dass sie auf diesem Wege hätte herauskriegen können, wo dieser ominöse Bau liegt.

Sie hätte Watership Down vermutlich sowieso nicht verraten können.
 

Lee schloss die Augen und grinste „Weißt du, in Watership Down gibt es einen Owsla-Hauptmann, Bigwig, der würde dir bestimmt gefallen!“

Als sie Bigwigs Namen fallen hörte, verschluckte sie sich an einem Haar und hustete heftig.

„Bigwig?!“ begann sie „Ist dieser Hund etwa immer noch nicht unter die Räder gekommen? Ich kenne diesen Sturkopf. Wieso sollte DER mir gefallen?!“

„Woher kennst du Bigwig?“

Black zögerte erst, bevor sie ihm antwortete: „Er und ich waren zusammen in einem anderen Gehege in der Owsla.“

Sie seufzte und murmelte leise: „Was wohl aus Holly geworden ist?“

„Holly ist tot“ gab Lee kühl zurück.

Black zuckte zusammen.

„Tot?!“ fragte sie entsetzt.

„Ja! Woundwort hat ihn umgebracht!“

„Das ist nicht wahr... du lügst..!“

Traurig schaute sie zu Boden. Innerlich wusste sie, dass Lee die Wahrheit sagte, das traf sie hart. Damals im Sandleford-Gehege war Holly Hauptmann gewesen. Sie hatte sich immer außerordentlich gut mit ihm verstanden. Besser als mit jedem anderen Kaninchen dort.

„Ich lüge nicht“ begann Lee „Bist du Efrafa immer noch so loyal? Immerhin hat dein General einen Freund von dir getötet.“
 

Das Weibchen sah Lee ernst in die Augen.

„Warst du es nicht, der vorhin noch meinte, ich wäre ach so unterlegen? Wenn es darum ginge, wäre ich jawohl keine sonderliche Bereicherung. Warum willst du mich von Watership Down überzeugen?!“

„Frith und Inlé! Dann quäl dich eben weiter in Efrafa herum!“

Lee verdrehte die Augen und fügte noch leise hinzu: „Man kann eben niemanden zu seinem Glück zwingen...“

„Du weißt doch gar nicht, ob ich mich quäle! Du kennst mich nicht einmal!“ gab Black trotzig zurück „Wahrscheinlich ist mein einziges Glück mit einem Halbtoten in einer feuchten Höhle zu sitzen!“

„Ach ja?“ Der Rammler plusterte sich auf „Ich könnte mir auch was besseres vorstellen als mit einer verlausten Efrafa in einer feuchten Höhle zu hocken! Ich wurde mitgeschliffen also reg DU dich gefälligst nicht auf!“

Die Schwarze knurrte „Lieber verlauste Efrafa als nichtsnutziger Downer!“
 

Langsam zog das Unwetter weiter und der Donner wurde immer leiser.

Campion beobachtete unentwegt die Umgebung des hohlen Baumes, in dem die Patrouille immer noch hockte. Er hörte, wie der Regen langsam weniger wurde und wandte sich zu Moss um.

„Wir werden sie suchen!“ befahl er bestimmt und trat ins Freie.

Die restlichen Owslas folgten ihm.
 

Der Bock erhob sich und stellte sich vor Black auf.

„Immerhin können wir miteinander und setzen uns füreinander ein! In Efrafa macht doch jeder jeden nur nieder!“

„Jetzt komm du mir nicht mit Moralpredigten!“ fauchte sie zurück „Ihr Downer verkriecht euch doch nur hinter dem Rücken eurer ‚Freunde’, weil keiner von euch kämpfen kann!“

„Könnte ich nicht kämpfen, wäre ich dann mit einem verletzten Halbstarken aus Efrafa rausgekommen?!“ harkte Lee mit einem verschlagenem Grinsen nach.

Daraufhin schwieg Black nur.

„Wie auch immer!“ Lee setzte sich wieder und fuhr fort „Aber du scheinst ja aus Erfahrung zu sprechen! Wie vielen Kaninchen hast du denn schon das Leben gerettet? Oder.. Wie viele hast du schon umgebracht?“

Die Marli zuckte leicht zusammen und antwortete erst einige Augenblicke später „Wie viele ich schon umgebracht habe?“ sie grinste „U hrair[6]!“

„Aha...“ erwiderte Lee ungläubig „Und? Hat es dir Spaß gemacht?“

//EINEN hat sie bestimmt schon umgebracht...// dachte er für sich.

Ein kalter Schauer kroch Black den Rücken hinauf.

„Blöde Fragen stellst du da!“ sie schaute zur Seite während sie sprach „Sie hatten es jedenfalls alle verdient!“

Lee hob skeptisch eine Augenbraue und sprach: „Verdient? Was haben sie dir getan?“

Black öffnete grade den Mund um etwas zu erwidern als...
 

„Fern! Ich hab sie gefunden!“ erklang eine bekannte Rammlerstimme.

Im Eingang der Höhle stand Moss und trat grade ein. Er kam auf Black zu und sprach: „Wir haben dich schon überall gesucht, Black! Ihr ward auf einmal verschwunden...“

Im selben Moment fiel ihm Lee auf und er fügte noch hinzu: „Dich haben wir übrigens auch gesucht!“

„Glückwunsch! Habt mich ja jetzt gefunden!“ knurrte ihm der goldbraune Rammler entgegen.

Black kam Moss näher und fragte betrübt: „Was ist aus dem anderen Owsla geworden?“

„Wir haben Teile von ihm an einem Hang gefunden. Er ist tot.“ antwortete Fern ihr, der grade ebenfalls die Höhle betrat.
 

„Tot...?“ wiederholte das Weibchen noch einmal niedergeschlagen. Sie hatte es schon geahnt.

„Ja“ erwiderte Fern und murrte „Aber immerhin bist DU ja noch wohl auf.“

Die Ironie kam dabei nur zu deutlich zum Ausdruck. Black schenkte ihm nur einen grimmigen Blick.

Moss kam Lee näher und blieb neben ihm stehen.

„Los. Wir bringen ihn zu Hauptmann Campion!“ sagte er.

Fern nickte und hopste auf Lees andere Seite, sodass ihm keine Chance blieb, weglaufen zu können.
 

Sie machten sich auf den Weg zu einem Punkt, an dem sich die Owslas treffen sollten, wenn sie etwas gefunden hatten oder die entsprechende Zeit abgelaufen war. Die Kaninchen warteten eine Weile, bis nun auch die anderen zwei eintrafen.

Moss musterte Kingcup, dessen Körper zur Hälfte völlig mit Schlamm bedeckt war, und konnte sich sein Grinsen kaum verkneifen.

„Was ist denn mit dir passiert, Kingcup?“ fragte der graue Bock.

Beschämt schaute Kingcup zu Boden und antwortete: „Ich bin in einem Schlammloch stecken geblieben...“

Campion murrte.

Er hatte viel Zeit damit verbringen müssen, Kingcup irgendwie aus dieser Pfütze herauszukriegen. So eine Panik hatte er selten bei einem Kaninchen gesehen.

Genervt musterte er nun die einzelnen Kaninchen.

„Der Verlust eines Kaninchens... für lau...“ knurrte er leise in sich hinein.
 

In diesem Moment schaute er zwischen Fern und Moss hindurch und entdeckte den goldbraunen Rammler, den die Owslas gefangen genommen hatten.

Er riss halb überrascht die Augen auf.
 

„Du?!“

Der Offizier kam näher und musterte Lee, der schweigend da saß.

In Lees Gesicht machte sich ein Grinsen breit, er sagte aber immer noch nichts.

Campion knurrte und befahl: „Wir bringen ihn nach Efrafa und führen ihn vor den Rat!“

Mit diesen Worten machte er Kehrt und setzte die Kaninchengruppe in Bewegung.

Einen halben Tag später kamen sie in Efrafa an. Zum großen Erstaunen der Owslas hatte ihr Gefangener keinerlei Anstalten gemacht.
 

Campion begab sich zu einem Loch, drehte sich jedoch noch einmal um und sprach zu den Owslas: „Passt gut auf, dass er keine Spiränzchen macht!“

Und mit diesen Worten verschwand er ins Unterirdische.
 

Das gab Lee die Gelegenheit, sich die Owslas einmal genauer anzusehen.

Sein Blick schweifte durch die Runde.

//Hm. Alles große, muskulöse Machos...// dachte er, bis sein Blick bei Black hängen blieb //Oh ja und die Kleine... Wie soll die es mit einem Rammler aufnehmen, der zwei, drei mal so viel wiegt wie sie selbst?//
 

Black bemerkte, wie Lee sie musterte und verengte die Augen.

„Was glotzt du so blöd?“

Der goldbraune Rammler streckte sich und entgegnete grinsend: „Tut mir leid. Ich musste grade nur genauer hinsehen um zu erkennen, ob du nun ein Kaninchen oder ein verkohltes Ästchen bist. Aber ich tippe mal auf eine Kreuzung aus beidem.“

Das Weibchen zeigte knurrend die Zähne: „Halt die Schnauze! Bevor ich dir das letzte Quäntchen Hirn aus dem Leib prügle!“

„Oh!“ Lee richtete sich auf und schaute in seiner vollen Größe, immer noch grinsend, auf Black herab.

„Dass du dich überhaupt traust den Mund aufzumachen!“ entgegnete er.

Nun richtete sich auch das Weibchen auf. Allerdings fiel ihr zu spät auf, dass sie immer noch einen ganzen Kopf kleiner war als der Rammler vor ihr, egal wie viel Mühe sie sich gab größer zu wirken.

Sie versuchte sich allerdings nichts anmerken zu lassen und gab ebenfalls grinsend zurück: „Ich wusste gar nicht, dass man Hraka[7] so hoch stapeln kann. Aber jetzt wo du vor mir stehst, bin ich schlauer!“
 

Der Goldbraune kam Blacks Gesicht mit seinem ganz nahe und erwiderte: „Ich gebe Dummen gerne eine Chance! Eigentlich siehst du doch ganz süß aus. Schade nur, dass du so eine Furie bist. Sind hier eigentlich alle Marlil so wie du? Kein Wunder, dass Efrafa so ein Drecksloch ist...“

Das war zu viel.

Das schwarze Weibchen sprang auf ihre Vorderpfoten, schwang ihre Hinterläufe einmal um sich herum und kickte Lee einmal heftig gegen die Schnauze. Von der Wucht des Trittes fiel Lee zurück und landete rücklings auf dem Boden.

Erst total perplex schaute er dann zu Black auf. Er kam wieder auf die Beine und grinste leicht: „Starker Tritt.... für ein Weibchen!“

Blut trat aus seiner Nase und bahne sich seinen Weg über sein Maul bis zum Kinn hinab. Er wischte es mit einer Vorderpfote weg und versuchte dabei möglichst gelassen und schmerzfrei zu wirken.

//AU AU AU!!! Bah, meine Nase! Das tut verdammt weh! Hoffentlich ist sie überhaupt noch komplett dran!//

Er riss sich zusammen, dass ihm das Wasser nicht in die Augen trat.

„Tut mir leid... Beim nächsten mal trete ich fester zu!“ gab sie kühl zurück.

Moss, der das Ganze mit ansehen musste, setzte grade zum Reden an als Campion auch schon wieder aus dem Loch hervortrat.

„Bringt ihn runter in die Ratshalle. Der General möchte sich ein wenig mit ihm unterhalten!“
 

[1]: „Silflay“ = Nach draußen gehen um zu fressen

[2]: „ni-frith“ = Mittag

[3]: Jah! Kaninchen haben keine Augenbrauen... >_< ... Meine haben trotzdem welche!

[4]: Bevor es regnet, ist erst eine Wolke am Himmel, dann sammeln sie sich. Deshalb sagen Kaninchen „Eine Wolke fühlt sich einsam“, wenn es bald zu Regnen beginnt.

[5]: Das „schwarze Kaninchen von Inlé“ ist ein Geist, der die Seelen der Kaninchen abholt und in Friths Himmelreich begleitet. Er dient Frith (der Sonne). Wörtlich bedeutet „Inlé“ „Mond“.

[6]: „U hrair“ = ein Tausend

[7]: „Hraka“ = Mist/Kot/Scheiße xD“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2010-05-04T18:35:56+00:00 04.05.2010 20:35
hi kannst du das nächste kapittel auch i-wann mal hochladen?
Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:58:35+00:00 02.03.2010 15:58
Tja... Der Oswla ist jetzt wohl an einem friedvolleren Ort...
Lee tut mir irgendwie Leid. Voll gegen Black verloren, auf ganzer Lienie. Wobeis mich natürlich für Black freut, dass sie jetzt endlich auch ein bisschen Oberwasser hat. XD
Gute Arbeit, weiter so!
Von:  JinShin
2009-10-24T15:35:37+00:00 24.10.2009 17:35
Lee und Black sind Klasse zusammen! *lach*

Es ist sehr spannend und sehr schön geschrieben! Irgendwie verbessert sich dein Stil von Kapitel zu Kapitel.
Aber seit letztem Jahr hast du nicht weiter geschrieben!?
Hast du vor, das noch fortzusetzen? Ich würde mich jedenfalls sehr freuen!
...ist auch fies, an so einer Stelle aufzuhören! :-(

Liebe Grüße!
Von:  Thlayli
2009-09-28T11:26:10+00:00 28.09.2009 13:26
Toooll *_*

Das Kapitel (bzw. der erste Teil davon) ist echt super spannend! Und ich hoffe wir bekommen bald Part 2 davon zu lesen ;)
Ich nehme mal an, dass Lee ein Own-Chara von Dir ist, oder? Ich kann mich zumindest nicht an ihn erinnern - außer er kam in der Serie vor, davon hab ich nämlich recht wenig Ahnung ^^ Jedenfalls mag ich ihn irgendwie *gg*

Du hast ein paar Problemchen mit "e" und "ä" in bestimmten Wörtern gehabt, das merkt man, tut der Story aber keinen Abbruch ;) Ansonsten habe ich halt diverse kleinere Tipp- und Schreibfehler und auch ein paar Wortwiederholungen - wie Leo schon angesprochen hat - gefunden, z.B. sagt Lee zwei mal hintereinander in kurzem Abstand "Ach ja?" Stört aber nur minimal ;)

Weiter so! Bin gespannt wie es weiter geht ^.^v
LG, Thlayli =3
Von:  cblf
2008-03-03T02:33:08+00:00 03.03.2008 03:33
ich habs jetzt auch durch und ich muss ehrlich sagen spitze, respekt.
Ich hab selten so ne FF gesehen die mich derart gefesselt hat dass ich nicht genung davon kriegen kann.

Ich hoffe mal der spaß geht noch ein wenig weiter. ich finds nämlich toll
Black die kleine, wilde, Kesse,
tritt Lee sauber in die Fresse!

SeeYa in Efrafa
Hokagethe8th (cipher)
Von:  Scaretactic
2008-01-20T11:03:22+00:00 20.01.2008 12:03
Klasse...
Das Kapitel hat mir sehr gefallen. Als ich die Seitenzahl gelesen habe "4" ist mir erstmal die Kinnlade runtergefallen xD

Habs aber nu durch. Und muss sagen. Das ist wirklich toll geworden.
Nur, tut mir der Owsla leid T_T der Arme... aber er ist ja bestimmt nun an einem besseren Ort. Oder schlechterem. Hätt mich mal interessiert wer das war.

Was mir sonst noch aufgefallen ist... ausser ein paar Grammatikfehlern und Wortwiederholungen. NIchts *muha* keine Fehler alles Perfekt.

*Pfoten hochhalt*

Mach bitte weiter. Das wird immer besser.


Leo~


Zurück