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東京幻想

Tokyo Illusions (Kapitel 1 - 8 korrigiert)
von

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Treffen im Supermarkt

Gelangweilt lag Naomi auf ihrem Futon, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und blickte an die Decke. Da ist ein Fleck, dachte sie müßig. Wie kommt der da hin? Sie gähnte und drehte sich auf die Seite, nur um den Fleck nicht weiter ansehen zu müssen. Sie wusste genau, dass sie sonst nur darüber nachdenken würde, warum er dort war. Und ihr war ebenso bewusst, dass die Antwort darauf nicht von allein kommen würde.

Nach einer Weile setzte sie sich seufzend auf. Heute war Sonntag. Die Sonne schien und es war warm draußen. Eindeutig kein Tag um untätig in der Wohnung zu sitzen und nichts mit sich anfangen zu können.

Die junge Frau lehnte sich an die Wand und griff nach dem Buch und der Fernbedienung, die neben ihr auf dem Boden lagen. Ein bisschen Musik zur Entspannung konnte sicher nicht schaden. Sie drückte ein paar Mal auf der Fernbedienung herum, bis sie gefunden hatte, was sie suchte, dann legte sie das Gerät neben sich.

Naomi fuhr sich mit der nun freien Hand durch die schulterlangen hellbraunen Haare, als sie einen genaueren Blick auf das Buch warf. [Kyô no bungaku] Sie sah sich in dem kleinen Schlafzimmer um, in der Hoffnung, ihren Terminkalender zu entdecken. Allerdings war dieser nirgends zu sehen. Mit einem tiefen Seufzer öffnete sie schließlich das Lehrbuch, um ein wenig zu lernen, während sie darauf wartete, dass ihre Mitbewohnerin und beste Freundin vom Einkaufen zurückkam.

Es dauerte allerdings nicht lange, bis sie die Stereoanlage wieder abschaltete, da sie sich bei der Musik dann doch nicht richtig konzentrieren konnte. Keine fünf Minuten später flog schließlich das Buch gegen die Wand. "Gott, das bringt doch alles nichts...", seufzte Naomi. Wer wollte schon an einem so schönen Sonntag lernen? Und das auch noch freiwillig? Die Prüfungen waren ohnehin längst vorbei, außerdem waren es nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien und morgen hatten sie wegen einer Konferenz frei.

Plötzlich wurde die Wohnungstür geöffnet - eher aufgetreten - und ein recht kleines weibliches Ding betrat das Appartement, beladen mit Dutzenden Einkaufstüten.

Wütend warf Luca ihre Einkäufe in eine Ecke, ließ sich auf die Tatami plumpsen, kramte verzweifelt in ihrer Handtasche und japste glücklich auf, nachdem sie die rettende Zigarette gefunden hatte. Mit zittrigen Fingern zündete sie die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.

Verwundert stand Naomi auf und ging ins Wohnzimmer, um ihre Freundin zu begrüßen. "Was ist denn mit dir los? Haben sie dich unterwegs überfallen?", wollte sie mit hochgezogener Augenbraue wissen, dann begann sie die Tüten aufzusammeln, um sie in die Küche zu bringen.

"Überfallen?", fragte Luca theatralisch. "Überfallen... fragt sie auch noch." Sie begann wie wild ihren Kopf zu schütteln und einzelne Strähnen ihres dunklen Haars flatterten herum. "Komm mit nach Japan, hat sie gesagt." Sie machte eine dramatische Handbewegung. "Da werden wir viel Spaß haben, hat sie gesagt... lauter nette Jungs... hat sie gesagt..." Dann drehte sie sich zu Naomi um und funkelte sie an. "Von perversen alten Säcken... hat sie nix gesagt." Luca ließ sich nach hinten auf die Tatami fallen. "Sehe ich etwa so aus, als würde ich Geld von alten Säcken annehmen?", fragte sie hysterisch und deutete mit der flachen Hand auf ihre Brust. "Sehe ich echt so aus?"

Naomi blieb stehen und warf einen Blick über ihre Schulter. "Wenn du immer so knappe Sachen anziehst, musst du dich nicht wundern, dass sie dich ansprechen... vielleicht haben sie dich ja von hinten mit einem dieser Ganguro Girls verwechselt?", vermutete sie und setzte ihren Weg in die Küche fort. "Außerdem bist du nicht zum ersten Mal in Japan. Du wusstest ziemlich genau, worauf du dich einlässt, wenn du mit mir kommst."

Luca schaute sie mit offenem Mund an. "Mit was?", fragte sie mit hoher, zittriger Stimme. In ihrer Aufregung nahm sie an, Ganguro - oder wie auch immer es hieß - wäre eine tödliche Beleidigung, abgesehen davon hatte sie nur einen Teil von dem mitbekommen, was die Musikstudentin gesagt hatte. "Entschuldige bitte, dass ich mit dieser perfekten Figur gestraft bin... ich werde mich ab morgen verschleiern." Sie nahm wieder einen tiefen Zug von ihrer Zigarette und sah ihrer Freundin weiterhin funkelnd nach.

"Ganguro Girls. Das sind geschminkte, gebräunte Mädchen, die ständig von irgendwelchen Typen angesprochen werden, ob sie nicht ihr Taschengeld aufbessern wollen", antwortete Naomi gelassen, "aber ich dachte, das wüsstest du." Wie so oft ignorierte sie den bösen Blick ihrer Freundin und begann, die Einkäufe in die Schränke einzuräumen.

"Ich bin nicht braungebrannt", erwiderte Luca langsam, aber mit hysterischem Unterton. "Ich habe eine vornehme Blässe und geschminkt bin ich auch nicht... das habe ich gar nicht nötig." Die Dunkelhaarige rappelte sich auf und ging in die Küche um Naomi zu helfen. "Gehen wir heute aus? Ich brauche Ablenkung." Im Wörterbuch für Luca - normale Menschen würde es heißen: Lass uns weggehen, ich brauche 'nen Kerl zur Ablenkung. "Wir können ja vorher noch was essen gehen... Sushi?"

"Das klingt gut", entgegnete die Brünette. "Ich langweile mich hier eh fast zu Tode." Irritiert sah sie eine Packung an, die sie gerade aus einer der Tüten gefischt hatte. "Haarfarbe?" Sie warf Luca einen fragenden Blick zu. "Willst du dir die Haare etwa schon wieder neu färben?"

Die Designstudentin schaute sie verwirrt an. "Rote Farbe?" Sie begutachtete die Tüte genauer. "Mist!" Panisch schnappte sie sich die Haarfarbe, stopfte sie in die Tüte und griff sich diese dann, bevor sie zur Tür lief und sich gehetzt die Schuhe anzog.

Nun verstand Naomi gar nichts mehr. "Was ist los? Hast du dich etwa vertan?" Sie musste sich zurückhalten, um nicht laut loszulachen.

"Kann man so sagen..." Ihre Freundin kämpfte sich noch immer mit den High Heels ab. "Ich bin im Supermarkt mit so 'nem Punk zusammengestoßen... ist wahrscheinlich seine Tüte." Sie schaute Naomi genervt an. "Er ist vor irgendwelchen Mädels geflüchtet."

Nun erschien ein breites Grinsen auf dem Gesicht der Brünetten. "So ist das also", meinte sie mit amüsiertem Unterton in der Stimme. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er noch da ist, oder? Soll ich lieber mitgehen?"

"Das wäre lieb, bevor ich völlig ausraste", antwortete Luca grimmig. "Der Typ hat sich auch nicht entschuldigt, nur dumm geschaut."

Naomi schloss die Schränke, ließ den Rest liegen und begab sich zur Tür, um ihre Chucks anzuziehen. Auf dem Weg dorthin fiel sie fast hin, weil sie auf den Saum ihrer Baggy Pants trat. "Verdammt!", murmelte sie leise. Nachdem sie es schließlich geschafft hatte, heil in ihre Schuhe zu kommen, richtete sie sich auf und zupfte ihr schwarzes bauchfreies Top zurecht, holte ihren Schlüssel vom Bord und verstaute diesen in ihrer Hosentasche. "Können wir?"

"Kannst du dich nicht einmal wie ein Mädchen anziehen?", fragte Luca und musterte ihre Freundin. "Kein Wunder, dass alle denken, wir... na ja... Lass uns gehen."

Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Meine Kleidung hat aber den Vorteil, dass ich nicht immer von alten Säcken angesprochen werde...", brummte sie, bevor sie die Tür öffnete und gemeinsam mit ihrer besten Freundin die Wohnung verließ.

"Klar, sie halten dich ja auch für einen Typen", entgegnete Luca grummelnd. So schnell es ihr mit den 15 cm hohen Absätzen möglich war lief sie zum Supermarkt an der Ecke, dicht gefolgt von Naomi. Sie fluchte andauernd etwas vor sich hin und blieb dann vor dem Laden stehen. Sie ging in die Hocke und schnappte nach Luft. "Kannst du irgendwo einen rothaarigen Punk sehen?", fragte sie schnaufend.

Die brünette Musikstudentin lachte kurz auf. "Geht es vielleicht auch etwas präziser? Ich sehe hier mindestens fünf Typen mit roten Haaren." Sie hob ihre Hand, um damit ihre Augen gegen die grelle Sonne abzuschirmen.

Luca schnappte noch immer verzweifelt nach Luft. Vielleicht sollte sie aufhören zu rauchen... oder sich auch eine Zigarette anzünden? Egal. "So'n Punk-Typ... 1,80 m oder so... kurze Haare hatte der, glaub ich... so'n Army Top, keine Ahnung..."

"Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen, wenn ich eine ungenaue Beschreibung haben will", murmelte Naomi. Schließlich deutete sie in Richtung der Lebensmittelregale. "War es vielleicht der?"

"Höh?" Langsam richtete sich die dunkelhaarige junge Frau auf und schaute zu dem Typen, auf den Naomi zeigte. "Bingo!" Entschlossen nahm sie die Tüte wieder in die Hand und stapfte in den Supermarkt, direkt auf den Rothaarigen zu.

Naomi verdrehte die Augen, bevor sie Luca folgte.

Die Designstudentin blieb hinter dem Typen stehen und baute sich zu ihrer vollen Größe von 1,79 m - auf High Heels - auf und tippte ihm energisch auf die Schulter. "Sumimasen...", sagte sie genervt und wartete, bis sich der Kerl umdrehte. "Anou..." Sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. "Watashi ga aru..." Sie verdrehte die Augen. "Fuck!", rief sie plötzlich aus. "Naomi, was heißt Einkäufe?"

Die Brünette konnte den verwirrten Gesichtsausdruck des Mannes durchaus nachvollziehen. "Einkäufe heißt kônyû", antwortete sie. Grübelnd betrachtete sie diesen so genannten Punk, wie Luca ihn bezeichnete. Er kam ihr irgendwie bekannt vor. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Groschen fiel. "Anou... anata ga...", stammelte sie verwirrt. "Sumimasen", sagte sie schließlich, nachdem sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, und verbeugte sich höflich. "Watashi wa Naomi desu. Douzo yoroshiku."

Verwirrt schaute Luca erst zu Naomi, dann zu dem Punk. "Was soll das?", fragte sie genervt. "Kannst du ihm bitte sagen, er soll mir meine Tüte zurückgeben... kannst übrigens auch sagen, dass diese Marke die Haare angreift."

Leicht nervös übersetzte die brünette Studentin, was Luca gerade gesagt hatte. Dann stieß sie ihrer Freundin den Ellbogen in die Rippen, fest genug, um ihr ein leises Quietschen zu entlocken. "Weißt du eigentlich, wer das ist?!", fragte sie eindringlich.

Luca schaute sich den Typen interessiert an. Sie musterte ihn von oben bis unten und drehte sich dann zu ihrer Freundin um. "Nö... eigentlich nicht... ist mir auch egal... wer sich so anzieht, gehört eh erschossen."

"Bist du verrückt?" Naomi schrie fast, sah sich erschrocken um, dann fuhr sie in gemäßigtem Tonfall fort. "Das ist der Gitarrist von Dir en grey!" Den Namen der Band sprach sie absichtlich so leise aus, dass niemand außer Luca es hören konnte. "Dann waren das vorhin sicher weibliche Fans, vor denen er geflüchtet ist."

Luca schien die Geduld zu verlieren. "Okay, sag diesem Punk, dass es mich nicht interessiert, wer er ist. Ich möchte nur meine Einkäufe zurück... oder kann er was mit Tampons anfangen?" Sie funkelte Dai böse an.

Naomi entschuldigte sich höflich für das Benehmen und die Ignoranz ihrer Freundin und bat ihn schließlich erneut, ihr die vertauschte Tüte auszuhändigen.

Luca nahm ihre Tüte und gab dem Gitarristen seine eigene zurück. Sofort drehte sie sich auf dem Absatz um und war auf dem Weg nach draußen. Dann fiel ihr noch etwas ein. Sie drehte sich noch einmal um, verbeugte sich leicht und bedankte sich dafür, dass er ihr die Tüte zurückgegeben hatte... natürlich in bestem Japanisch.

Seufzend fuhr sich Naomi durch die hellbraunen Haare. Auf Dais nun erst recht verwirrten Blick antwortete sie mit einem schüchternen Lächeln und einem Achselzucken.

Andou Daisuke - Gitarrist von Dir en grey, einer ziemlich populären Rock-Band - stand irritiert da und sah der Dunkelhaarigen nach. Er hatte nicht einmal die Hälfte dessen, was sie erzählt hatte, verstanden. Das kam wohl daher, dass sie eine andere Sprache gesprochen hatte, wobei er sich da nicht ganz sicher war. Es hätte auch an der Geschwindigkeit liegen können, mit der sie gesprochen hatte.

Verwirrt schaute er nun zu der anderen jungen Frau, die noch vor ihm stand. "Sono..." Er überlegte. "Sono..." Dai musste anfangen zu lachen. Er fuhr sich mit einer Hand durch die roten Haare. "Interessantes Wesen...", meinte er grinsend zu Naomi.

"Wer? Meine Freundin?", fragte sie verwundert. "Durchaus." Sie erwiderte sein Grinsen, auch wenn ihres etwas unsicherer ausfiel. Schließlich begegnete man nicht jeden Tag einem berühmten Musiker.

Er schüttelte lachend den Kopf, dann kramte er nach der Verpackung des Färbemittels. "Sie hätte mir ja wenigstens einen Tipp geben können...", beschwerte er sich. "Ich benutze diese Marke schon seit Jahren... und meine Haare sehen aus wie Seetang, wenn sie nass sind." Er verzog seine Lippen zu einem verlegenen Lächeln. Er verstand nicht wirklich, warum er das einer Wildfremden erzählte.

"Das ist typisch für sie", entgegnete Naomi, dann packte sie ihn am Handgelenk und zog ihn zum Regal mit den Färbemitteln. Für einige Momente betrachtete sie die Packungen, dann nahm sie eine heraus und sah sich die Rückseite genau an. "Die dürfte gut sein", meinte sie.

Dai schaute erst sie und dann das Mittel, das sie ihm zeigte, verwirrt an. "Danke", sagte er knapp und nahm ihr die Packung ab. "Eh... es ist natürlich etwas... na ja..." Er begann, das Mittel verlegen in den Händen zu drehen. "Was macht ihr beiden denn heute?", fragte er vorsichtig.

Naomi sah ihn mit großen Augen an und war für einen Moment sprachlos, was ihr mit Sicherheit nicht gerade häufig passierte. "Ich... Wir... Also...", stotterte sie. Sie räusperte sich und straffte die Schultern. "Wir wollten heute Abend ausgehen, uns ein wenig amüsieren...", antwortete sie. "Warum?" Mittlerweile war sie so durcheinander, dass sie das letzte Wort mehr piepste als sprach.

Daisuke kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Nun ja... eh... ich dachte...", stammelte er verlegen vor sich hin. "Vielleicht habt ihr ja Lust, heute was zu unternehmen... also mit mir, meinte ich jetzt." Er schaute sie fragend an. "Nur wenn ihr beide Lust habt."

"Na ja..." Sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Was Luca dazu sagen würde... darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als diese einmalige Gelegenheit beim Schopf zu packen. "Klar!", meinte sie schließlich mit einem strahlenden Lächeln. Dann spielte sie verlegen mit ihren Fingern und sah ihn von unten herauf an, wobei sie die Augenbrauen hochzog. "Wann und wo sollen wir uns dann treffen?"

Der rothaarige Gitarrist tippte nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen seine Lippen. "Habt ihr ein Fax-Gerät?", fragte er schließlich.

Naomi sah ihn fragend an, als hätte sie ihn nicht verstanden oder wüsste nicht, was er ihr sagen wollte. "Reicht auch E-Mail?"

"Handy mit GPS?"

Daraufhin legte sie die Stirn in Falten. "Sicher, wir haben beide eins...", antwortete sie. Sie kramte eine Weile in ihren Hosentaschen herum, bis sie schließlich gefunden hatte, wonach sie suchte - eine Visitenkarte. Nach kurzem Zögern - schließlich war er ja ein Fremder für sie, auch wenn er ein berühmter Musiker war - reichte sie ihm die kleine Karte.

Daisuke nahm ihr das Kärtchen mit beiden Händen ab, sah es sich genau an und steckte es dann in sein Portemonnaie. "Ich kann dir die Adresse zusenden, ja?!", fragte er. "Ich muss nur langsam los." Er verbeugte sich leicht, mit einem verlegenen Lächeln, dann verließ er den Supermarkt.

Sprachlos sah sie dem Gitarristen nach. Nach einer Weile bemerkte sie, dass die Leute sie komisch ansahen. Im Grunde wunderte sie das nicht, schließlich stand sie gaffend in einem Supermarkt und starrte auf die Tür, als wäre ihr gerade der Leibhaftige höchstpersönlich erschienen. Sie gab sich einen Ruck und ging hinaus. Luca war mit Sicherheit schon lange zu Hause und wartete ungeduldig auf sie.

Sie konnte es irgendwie noch gar nicht so richtig glauben. Sie hatte tatsächlich Dai von Dir en grey getroffen! Und er hatte sie auch noch gefragt, ob sie etwas mit ihm unternehmen wollten! "Das muss ein Traum sein...", murmelte sie, als sie vor dem Haus stehen blieb, in dem sie mit Luca wohnte. Sie zwickte sich in den Arm. "Autsch!", quietschte sie. Anscheinend träumte sie doch nicht. Aber das war... einfach unglaublich!

Langsam ging sie die Treppen hoch. Mit leicht zitternden Fingern fischte sie ihre Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür zu ihrem Appartement auf. Sie ging hinein und als sie sich umsah stellte sie fest, dass Luca in der Küche beschäftigt war.

Diese ließ gerade ihre ganze Aggression an einem Rettich aus, den sie in winzige Stückchen hackte. Dieser ganze Tag war doch einfach nur schlimm gewesen. Erst diese schrecklichen alten Hentai-Säcke, dann dieser rothaarige Punk, der ihre Tüte geklaut hatte... und das Allerschlimmste war... sie hatte beim Einkaufen absolut nichts gefunden. "Wo warst du so lange?", fragte sie genervt und hackte weiter mit dem riesigen Messer auf dem armen Rettich herum.

"Ich habe mich noch ein wenig mit Dai unterhalten", antwortete Naomi, während sie ihre Schuhe auszog und den Schlüssel am Bord aufhängte. "Er hat uns für heute Abend eingeladen und ich nehme an, dass der Rest seiner Band auch da sein wird."

"Mit wem?", fragte Luca verwirrt.

Die Musikstudentin kam in die Küche. "Der Rothaarige."

Die Dunkelhaarige stieß das Messer in das Schneidebrett. "Du hast..." Sie schaute ihre Freundin ungläubig an. "Das hast du nicht..."

"Was hab ich nicht?", wollte Naomi wissen, als sie sich an den kleinen Bistrotisch in der Küche setzte.

"Du hast zugesagt, richtig?!", fragte Luca ruhig und nahm die Küchenschürze ab.

"Hätte ich etwa nein sagen sollen?" Naomi sah ihre Freundin entsetzt an. "Und mir die einmalige Gelegenheit entgehen lassen, mich mit einem berühmten Musiker zu treffen? Spinnst du?!"

"Du willst doch nur hin, weil er berühmt ist", fauchte Luca sie an. "Was ist, wenn er pervers oder ein Psycho ist? Du gehst da nicht hin..." Sie drehte sich um und pfefferte den Rettich in den Mülleimer, nahm sich eine Zigarette und zündete sie an.

Naomi trommelte genervt mit den Fingern auf dem Tisch herum. "Seit wann entscheidest du, was ich tun darf und was nicht?", grummelte sie. "Denkst du, bei seinem Status kann er sich etwas Krummes mit ein paar ausländischen Studentinnen erlauben?" Sie seufzte. "Wenn du dir solche Sorgen um mich machst, dann komm mit."

Luca schaute ihre Freundin geschockt an und ihre Augenbraue zuckte gefährlich. "Ich soll meinen tollen, entspannenden Abend mit einem perversen psychopathischen Punk verbringen?"

"Woher willst du wissen, ob er psychopathisch oder pervers ist? Du kennst ihn doch noch nicht einmal!", fuhr Naomi auf. "Außerdem habe ich sicher nicht vor, mit ihm nach Hause zu gehen oder in die Kiste zu springen oder was auch immer! Du weißt genau, dass ich selbst Musikerin werden möchte, deswegen kann ich mir das nicht entgehen lassen! Gönn mir doch einfach mal was! Wir wollten ohnehin heute ausgehen!"

"Ah... und du kennst ihn, ja?", fauchte Luca.

"Das habe ich nicht gesagt! Ich will doch nur nicht, dass du immer so voreilige Schlüsse ziehst!"

Luca verschränkte die Arme vor der Brust. "Okay... ich werde dich begleiten... ich kann ihn aber nicht ausstehen und gehe nur deinetwegen mit!"

Naomi sprang von ihrem Stuhl auf - wie ausgewechselt - und fiel ihrer Freundin um den Hals. "Danke, Schatz!", rief sie aus. "Ich werde dich auch nicht zwingen, ihn noch einmal zu sehen oder so! Es ist nur für heute!"

Luca blieb erst perplex stehen, als ihre Freundin sie stürmisch umarmte, musste jedoch automatisch lächeln. "Versprochen... du wirst mich nicht dazu zwingen, ihn wieder zu sehen?!" Herausfordernd hielt sie der Brünetten den kleinen Finger hin.

Naomi hakte ihren eigenen kleinen Finger ein. "Versprochen... ich werde dich nicht dazu zwingen." Sie grinste breit. "Aber das heißt nicht, dass ich dich nie wieder fragen darf, ob du mich irgendwohin begleitest."

Die Dunkelhaarige hob eine Augenbraue. "Einverstanden." Unerwartet schlug ihr Gesichtsausdruck in blanke Panik um.

Besorgt trat die Musikstudentin einen Schritt zurück und legte ihrer Freundin die Hände auf die Schultern. "Was ist los?"

Luca schien gerade sehr angestrengt zu überlegen. "Was soll ich nur anziehen?", fiepte sie panisch.

Naomi prustete vor Lachen. "Warum machst du dir deswegen überhaupt Sorgen?", fragte sie amüsiert. "Ich dachte, du kannst ihn nicht ausstehen...?"

Luca band sich die langen Haare zu einem Knäuel und schaute Naomi grinsend an. "Das heißt noch lange nicht, dass ich ihm nicht zeigen kann, wie sexy ein europäisches Girl aussehen kann." Sie ging rüber ins Schlafzimmer. "Naomi? Der Punk schminkt sich aber nicht, oder?"

Noch immer kichernd begab sich die Brünette zur Schlafzimmertür und lehnte sich gegen den Rahmen. "Doch...", bekam sie mühsam heraus. "Ab und zu jedenfalls... zumindest in Videos und auf Konzerten." Sie holte tief Luft. "Abgesehen davon dürfte er eine ganze Menge Mädchen gesehen haben, schließlich ist er berühmt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Groupies schon hinter ihm her waren." Ein breites Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. "Aber ich hatte nicht vor, eine von ihnen zu werden, mich interessiert er höchstens als Musiker", meinte sie schließlich, nur um ihre Freundin schon einmal zu beruhigen, bevor sie begann sich ernsthafte Sorgen zu machen.

Luca wühlte im Schrank und warf immer wieder irgendwelche Kleidungsstücke nach hinten. "Einen solch schlechten Männergeschmack hätte ich dir ehrlich gesagt auch nicht zugetraut", sagte sie und begutachtete ein knappes schwarzes Kleidchen.

"Sag was du willst, Dai ist sexy." Naomi begab sich zu ihrem eigenen Kleiderschrank. "Zumindest kann er es sein, wenn er sich Mühe gibt. Aber wenn ich ehrlich sein soll", fuhr sie mit einem kritischen Blick auf den Inhalt fort, "fallen mir doch einige andere ein, die schon eher mein Typ wären."

Die Dunkelhaarige drehte sich zu ihr um, hielt sich ein halbtransparentes Top vor die Brust und schaute ihre Freundin fragend an. "Aha, wer denn?"

"Als ob du mit den Namen etwas anfangen könntest... selbst wenn ich sie dir sagen würde..." Naomi seufzte und betrachtete ihre Mitbewohnerin skeptisch. "Soll ich dir auch gleich 'Leg mich flach' auf die Stirn schreiben?", meinte sie stirnrunzelnd.

Luca verzog das Gesicht und warf das Top weg. "Ich weiß halt nicht, was du an denen findest", erklärte sie und zog an einer Lederhüfthose, die sie triumphierend Naomi zeigte.

"Schon besser", kommentierte diese abwesend, während sie eingehend den Inhalt ihres Kleiderschranks inspizierte. "Außerdem sehen einige dieser Männer verdammt gut aus."

"Welche Männer? Du glaubst doch nicht etwa, dass diese mutierten Weiber Männer sind?" Luca schaute in ihren Schrank und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

"Ich rede nicht von denen, die wie Frauen aussehen und sich auch entsprechend kleiden... sondern von den Männern an sich." Die Musikstudentin zog eine Schnute und fischte ein dunkelblaues bauchfreies Top aus ihrem Schrank.

"Wie du meinst...", antwortete Luca achselzuckend, schnappte sich einige Sachen aus ihrem Schrank - einiges davon klimperte auch - und hetzte dann ins Badezimmer, gerade als etwas in Naomis Baggy Pants vibrierte.

Erschrocken sprang die junge Studentin von ihrem Kleiderschrank weg. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet jetzt ihr Handy losgehen würde. Sie holte ihr Mobiltelefon aus der Hosentasche und sah nach, wer wohl etwas von ihr wollen könnte. Sie schluckte und alle Farbe wich aus ihrem Gesicht.

'Hallo. Falls ihr noch Lust habt, treffen wir uns um 22 Uhr vor dem Lexington Queen. 3-13-14 Roppongi, Minato-ku. Gib es einfach im GPS ein. Jaa ne, Daisuke.'

Naomi hatte das Gefühl, als würde ihr Herz einen oder auch zwei Schläge aussetzen. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie nicht wirklich daran geglaubt, tatsächlich eine Nachricht von Dai zu erhalten. Und nun, da ihre Befürchtung widerlegt war, wusste sie nicht, was sie empfinden sollte. Sollte sie erleichtert sein? Oder sich freuen? Sie war sich nicht sicher.

'Gerne', schrieb sie in ihre Antwort an den Gitarristen. 'Wir sind dann um 22 Uhr da. Jaa, Naomi.'

"Luca?", rief sie in Richtung Badezimmer. "Wir werden uns um zehn mit ihm treffen!"

"Um zehn?!", rief Luca panisch, öffnete die Badezimmertür und stürmte in Unterwäsche in das Schlafzimmer. Sie schnappte sich ihre Tasche mit den ganzen Nähsachen und verschwand wieder. "Wie soll ich das in sechs Stunden schaffen?"

"Jetzt sag mir nicht, du brauchst sechs Stunden, um dich anzuziehen?!", meinte Naomi entgeistert. "Ich schaff das in nicht mal einer!"

"Jaaaaaaaaaaaaaaaaaa, du!", rief die Designstudentin zurück und man konnte hektisches Gewusel aus dem kleinen Bad hören.

Seufzend widmete sich die Brünette wieder ihrem Kleiderschrank. Sie hätte nicht gedacht, dass es so schwer sein könnte, etwas zum Anziehen zu finden. Schließlich war ja nicht gerade wenig Kleidung vorhanden. Nach einigem Überlegen entschied sie sich letztendlich für ihr neues langes, schwarzes Baumwollkleid ohne Ärmel und mit einem Schlitz an der linken Seite, der ungefähr bis zur Mitte des Oberschenkels ging. Daraufhin zog sie ihre beste Strumpfhose hervor und begab sich auf die suche nach ihren schweren schwarzen kniehohen Stiefeln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  miesmacher
2006-07-09T19:05:46+00:00 09.07.2006 21:05
cooler anfang...echt!^^
wünsch mir das es schnell weitergeht...weil ich gespannt auf kyo bin^^


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