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Die Bedrohung Midgards

ehemals CiCo
von

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6. Kapitel

6. Kapitel: Eine Sekunde der Unachtsamkeit. Auftritt der Majoren Tatsu und Leath. Aenngarws Vision.
 

Es war eigentlich leicht zu erraten, wer diesen Wettlauf gewinnen würde. Die Reiter auf ihren Pferden waren um ein vielfaches schneller, als die kleine Gruppe zu Fuß. Und wenn Yume ehrlich war, ging ihr schon jetzt die Puste aus. Sacrifice und Masa rannten an der Spitze, es folgte Nipha und am Schluss die Assasine mit Raijin.

„Passt auf, da vorne beginnt der Sograt Desert! Achtet auf die Löcher im Boden...!“, schrie Sacrifice und wäre anscheinend selbst fast in eines dieser Löcher gefallen, aber sein Priester schuppte ihn zur Seite. Sacri rollte sich erschrocken ab und sprang wieder auf die Beine. „Ja, ehm, genau das mein ich.“

Yume war so schlau diesem Loch aus dem Weg zu gehen und versuchte zu den drei Führenden aufzuholen. Sie sah kurz nach hinten, um den Abstand zu den Reitern zu aktualisieren. Erschrocken betrachtete sie den entsetzlich klein gewordenen Platz zwischen der schwarzen Welle und ihnen. „Yume! SIEH NACH VORNE!“, schrie Raijin ihr zu, aber die Assasine reagierte zu spät. Ihr Fuß trat plötzlich nicht mehr in weichen Sand, sondern ins Nichts. Ihr Körpergewicht zerrte sie nach vorne und Yume wedelte verzweifelt mit den Armen. Aber es half nicht viel.

Mit einem erstickten Schrei fiel die Assasine nach vorne in das riesige Loch im Boden. Raijin warf sich den letzten Meter bis zum Loch und erwischte ihr Handgelenk. Sie keuchte entsetzt und versuchte mit der anderen Hand Halt zu finden. „Ich schaff es nicht! Du bist zu schwer!“, schrie der Stadtverwalter, während er mit aller Kraft versuchte die Assasine hochzuziehen. „Dann geh! Die Reiter sind gleich da...!“, sagte Yume. Sie wollte nicht, dass er ging, aber sie mussten ja nicht beide sterben. Raijin sah auf und in die Richtung der anderen Drei. Diese schienen das Unglück gar nicht bemerkt zu haben und rannten einfach weiter. Yume setzte zu einem schärferen Ton an, als plötzlich etwas von unten ihre Beine ergriff und sie nach unten zog. Der, die oder das hatte erstaunlich viel Kraft und der Stadtverwalter hatte alle Mühe sich oben zu halten. Sie biss sich verzweifelt auf die Oberlippe, als der Griff um ihre Beine noch fester wurde und sie dachte ihr Gegner würde ihr jeden Moment die Beine auszerren. Der Griff des jungen Mannes lockerte sich dafür immer mehr und Yumes Gelenk glitt immer weiter aus seinen Fingern. Ihr Feind stoppte mit dem Ziehen und die Assasine seufzte erleichtert.

Der nächste Ruck kam urplötzlich und riss sie aus Raijins Griff. Der Stadtverwalter schmiss sich nach vorne, um sie noch einmal zu erwischen. Was nur die Folge hatte, dass auch er in das Loch stürzte und mit ihr viele Meter tief fiel.

Alles was Yume vor dem Aufprall und der Bewusstlosigkeit noch mitbekam, waren viele kleine rote Augen, die sie aus der Dunkelheit heraus zornig anstarrten.
 

„Aja-chan!

Müde hob die Acolytin die Augenlider und blinzelte ihre Schwester an. „Wie spät ist es...?“, murmelte sie und rollte sich enger in ihre Bettdecke ein. Yume rüttelte aufgeregt an ihr. „Es ist noch Nacht, aber Mama und Papa sind weg! Sie haben etwas von einer Stadtversammlung gesagt, komisch oder? Sonst sind die immer am Tag!“, berichtete die Diebin und schüttelte die Acolytin weiter durch. „Ist ja gut!“, brummte Aja und warf die Decke von sich. Yume wurde unter ihr begraben und ihre Schwester schlurfte zu dem Stuhl über dem ihre Sachen hingen. Leise zog sie sich an und inzwischen warf die Diebin die Decke wieder auf das Bett. „Los! Ich will wissen, was da los ist!“, drängte sie und rannte aus dem Raum. Aja folgte ihr rasch.

Hastig flitzten sie durch die Weizenfelder und den kleinen Pfad bis zum Dorf herab. Als sie den Dorfplatz erreichten, gingen sie gleich in ihrem Lieblingsversteck in Deckung. Unter dem großen Holzwagen der Blumenverkäuferin. Dort unten lagen sie immer, wenn die beiden die Erwachsenen belauschten.

Yume robbte so weit wie möglich vor und blickte über den Dorfplatz. Überall standen Bänken auf denen Dorfbewohner saßen und hitzige Diskussionen führten. Doch etwas war anders. Die Diebin betrachtete die schwarz gekleideten Ritter am Rande der Gesellschaft. Sie bewachten fünf schwarze Rösser, wie sie Yume noch nie gesehen hatte. Angespannt sah sie wieder zum Geschehen auf dem Platz und entdeckte drei Personen, die nicht in das Bild passten. Beide Erwachsenen trugen lange blaue Umhänge mit silbernen Pelz am Kragen und einem fremden Wappen auf dem Rücken. Unter dem Umhang glänzten Rüstungen und Schwerter im Mondschein. In ihrer Mitte saß ein kleiner Junge mit silbernen Haaren und einer Katze auf dem Kopf. Er sah desinteressiert ins Nichts.

„Wer sind die?“, fragte Aja leise und ihre Zwillingsschwester hob die Schultern. „Ich verstehe kein Wort, worüber reden die! Ich muss näher dran!“, antwortete die Diebin und kroch rückwärts aus dem Versteck. Die Acolytin blieb ängstlich unter dem Wagen liegen.

Auf Zehenspitzen schlich Yume zwischen den Wagen der Leute und den Häuserfassaden am Rande des Platzes entlang. Sie entdeckte einen Wagen in der Nähe von dem Tisch, wo die beiden Neuen saßen. Vorsichtig schob sie sich an einer der voll besetzen Bänke vorbei und robbte unter den Holzkarren. Stimmen wurden laut als sie sich näherte und sie stoppte. Ihr Herz schlug so laut, dass sie Angst hatte, es könne ihren Aufenthaltsort verraten.

„Ihr glaubt uns also nicht?“, fragte einer der Fremden. Seine Haare waren pechschwarz und er schien der Älteste von beiden zu sein. „Nicht wirklich, mein lieber „Major“ Leath. Ihr kommt hierher und behauptet, ihr habt Prontera eingenommen und die alte Regierung abgesetzt. Ihr kommt zu uns, sagt uns etwas Unmögliches und verlangt, dass wir euch Treue schwören.“, antwortete der Dorfälteste. „Was wollt ihr als Beweis?“, erwiderte der schwarzhaarige Major, der wohl Leath hieß. Die Bewohner des Dorfes blickten sich gegenseitig stumm an. Der andere Mann griff unter seinen Umhang und zog eine Papierrolle hervor. Er reichte sie dem Dorfältesten. „Unser Herr hat uns dies mitgegeben, sollten einige Städte einen Beweis benötigen. Es trägt Siegel und Unterschriften unseres Herrn und eures ehemaligen Königs.“, sagte der blonde von den Fremden ruhig und der alte Mann nahm ihm das Papier aus der Hand. Alle sahen angespannt zu der Rolle Papier. Der Dorfälteste rollte es auf und fuhr mit den Augen flüchtig darüber. Er seufzte tief und warf einen Blick in die Runde. „Wenn dieses Dokument echt ist und ich glaube es, trotz meiner schlechten Augen, dann stimmt was sie sagen. Sie sind nun Herrscher Midgards und wir müssten ihnen Treue schwören. Jedoch entschuldigt meine Herren, ich lebe schon so lange und ich gab vor siebzig Jahren unserem König einen Schwur. Einen, den ich nicht brechen werde. Es ist mir egal, was der Rest des Dorfes tut, aber ich verzichte.“

Der schwarzhaarige Major schnaubte verächtlich und mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er sein Schwert unter dem Mantel hervorgezogen. Ein leises Sirren erklang, als die Klinge die Luft durchschnitt und exakt einen Millimeter vor dem Halse des Dorfältesten zur Ruhe kam. Alle keuchten entsetzt und einige der Bewohner sprangen von ihren Plätzen auf. „Bitte, Leath, nimm die Waffe wieder herunter und beruhige dich.“, sagte der Blonde angespannt. Die Schwertspitze rührte sich keinen Zentimeter. „Wir sollten ihnen zeigen, was es heißt sich so gegenüber ihren Herren zu benehmen.“, entgegnete er zornig. Ein spitzer Mädchenschrei erklang und alle Köpfe wandten sich zum anderen Ende des Platzes. Ein Jäger zog ein kleines Mädchen mit violetten Haaren unter dem Blumenwagen vor. Er packte sie am Kragen und beförderte sie unsanft auf den Boden vor seinen Füßen. Sie riss sich wütend von ihm los. Als sie bemerkte, dass alle Blicke an ihr klebten, wurde sie scharlachrot und ließ den Kopf sinken.

Yume stieß leise einen Fluch aus und kroch ein Stück tiefer in den Schatten des Wagens. Hoffentlich kam niemand auf die Idee...

„Dai! Hiro! Eure Tochter hat schon wieder eine Versammlung gelauscht!“, rief der Jäger verärgert und sah suchend herum. Die Knight und ihr Mann traten aus der Menge. Der Monk blickte zutiefst beschämt zu seiner Tochter. „Wenn sie hier ist, befindet sich auch ihre Schwester hier irgendwo. Aja macht solche Sachen erst, wenn sie ihre Schwester dazu anstiftet!“

Die Diebin zuckte zusammen und versteckte sich noch tiefer im Schatten des Wagens. Warum war immer sie die Anstifterin? Hauptsache ihre Zwillingsschwester würde nicht...

Aja spielte nervös mit ihren Fingern und warf einen ziemlich auffälligen Blick zu Yumes Versteck.

Yume schlug sich mit der Hand vor die Stirn. „Wie dumm kann man werden...“, murmelte sie. „Hallo Yume.“, begrüßte sie ein Augenpaar auf der anderen Seite des Wagens. Die Diebin lächelte schief und kroch unter dem Wagen hervor.

Ihre Mutter verdrehte entnervt die Augen und Hiro musste sich zusammennehmen, um nicht aus der Haut zu fahren. Die fremden Majoren betrachteten das Schauspiel interessiert. Leath nahm die Klinge vom Halse des Dorfältesten und steckte sie zurück unter seinem Mantel. Der Blonde blickte verwundert zwischen den beiden Mädchen hin und her. „Ich weiß nicht, wann ich zum letzten mal Zwillinge gesehen habe.“, staunte er und lächelte freundlich. Für Yume stand fest, dass der Major, der Freundlichere von beiden war. Er tauschte einen kurzen Blick mit Leath, woraufhin dieser den Jungen von seinem Sitzplatz schmiss und ebenfalls aufstand. „Nun, es ist sehr spät. Wir werden morgen früh noch einmal alle Bewohner fragen, denkt in Ruhe darüber nach. Es ist nur zum Besten Eures Dorfes. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr ein Quartier für die Nacht für uns hättet.“, sagte der blonde Major. Der Dorfälteste warf einen fragenden Blick in die Runde, aber keiner schien recht angetan die Fremden aufzunehmen. „Dai, Hiro! Euer Anwesen ist groß genug, ich bitte euch sie die eine Nacht bei euch zu beherbergen. Und vergesst eure Töchter nicht.“

Yumes Eltern versuchten sich nicht anmerken zu lassen, wie ungern sie dies taten. Die Knight nickte langsam und winkte ihre Töchter heran. Die Diebin näherte sich vorsichtig und langsam - bereit einer Kopfnuss auszuweichen. Aja war nicht so vorsichtig wie sie und bekam einen Klaps auf den Kopf. Die Dorfbewohner lachten als Dais Hand bei der Diebin nur die Luft erwischte. Yume streckte ihr die Zunge aus und rannte voraus.

Hinter sich hörte sie ihren Vater schreien, aber das war ihr so was von egal. Erwachsene musste ja alles immer gleich so eng sehen...
 

Yume ließ den Löffel in ihre Schüssel Suppe rutschen und sah vom Essen auf. Alle schienen recht beschäftigt zu sein und achteten nicht auf sie. Die Diebin senkte wieder den Kopf und hob den Löffel an. Und erneut spürte sie zwei durchdringende Blicke von der anderen Tischseite. Etwas verärgert legte sie den Löffel neben die Schüssel und verschränkte die Arme. Sie ließ es sich nicht nehmen nun die Majoren anzustarren, die es jetzt bevorzugten ihr Essen anzuschauen. „Wieso glotzen die uns die ganze Zeit so an?“, flüsterte ihr Aja ins Ohr und die Diebin hob die Schultern. „Schade, dass mein Bein nicht bis auf die andere Seite reicht.“, erwiderte sie leise und funkelte zu der gegenüberliegenden Seite. Der Junge ließ ebenfalls den Löffel sinken und sah von einer Tischhälfte zur anderen.

Es war schließlich ihre Mutter, die das Schweigen beendete, als alle außer ihr aufgehört hatten zu essen. „Nun, wenn alle satt sind. Aja räum bitte das Geschirr weg.“, sagte sie angespannt. Die Acolytin erhob sich und sammelte die Schüsseln ein. Ihre Zwillingsschwester lachte leise, als Aja die Küche verließ. „Du wischst den Tisch ab.“, fuhr ihre Mutter fort und Yume verdrehte genervt die Augen. Sie holte sich einen Lappen, befeuchtete ihn und fing an zu wischen. Ihre Mutter war nicht in der Stimmung Widerworte zu hören.

Als alles Geschirr gewaschen und der Tisch gesäubert war, trat wieder Stille über dem Küchentisch ein. Der blonde Major fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und fragte, ob vielleicht nach Fragen offen wären. Dai und Hiro warfen sich gegenseitig einen entschiedenen Blick zu. „Was habt ihr mit unserem Land vor?“, fragte der Monk kalt. „Wir werden einiges ändern, ob es gewaltsam oder friedlich abläuft liegt ganz bei euch. Euer Marktsystem, eure Technik und alles...ihr hängt verdammt im Fortschritt hinterher.“, antwortete der Major Tatsu, so hieß der Blonde wie Yume mitbekommen hatte. Hiro schien nicht besonders überzeugt zu sein. „Wir sind glücklich hier, wir brauchen keine Veränderung.“, sagte er stur. Leath wollte auffahren, aber sein Freund hielt ihn zurück. Ein Poltern erklang aus Richtung der Haustür und jemand stürzte den Gang entlang zur Küche.

Die Tür schwang auf und ein alter Mann im Priestergewand mit einem langen graugefärbtem Bart trat ein. Er machte keuchend noch einen weiteren Schritt ins Zimmer und warf einen strengen Blick in die Runde. Hiro sprang von seinem Platz auf und rannte zu dem Alten. Er stützte ihn ab und der Alte nickte dankbar. „Aenngarw! Was zum Henker treibt dich hierher?! Verschwinde aus meinem Haus, du scheinheiliger Priester!“, schrie Dai wütend. Die Majoren schienen sich lieber herauszuhalten.

Aenngarw schnaubte abfällig. „Von einer Dorfschlampe lass ich mir nichts verbieten!“, krächzte der Alte und die Knight lief vor Wut rot an. „Aenngarw! Bitte, lasst solcherlei Ausdrücke in unserem Haus. Was wollt Ihr?“, fragte der Monk angespannt. Der alte Priester fuhr sich mit der Hand über den Bart und sah zu den Zwillingen herüber. Yume ahnte schon was jetzt kommen würde und ihre Schwester drängte sich verängstigt an sie. „Ihr habt sie immer noch nicht getrennt.“, sagte er kalt, „Ist dir mein Rat nicht gut genug ihn zu befolgen, Hiro?

Wenn ihr die beiden nicht trennt, wird Furchtbares geschehen. Aye, das habe ich gesagt und ihr habt sie nicht getrennt. Was haben wir nun?!“

Wütend deutete der Alte auf die Majoren, die wenig berührt den Blick erwiderten. „Ich habe euch gesagt, schickt eine weg! Aye, eine von den beiden wird großes Unglück bringen! Ich habe es gesehen bei ihrer Geburt. Gesehen, aye!“, fuhr Aenngarw in seinem Meckerton fort. „Ich schicke keine fort! Sie bringen beide kein Unglück!“, entgegnete Dai. „Bring deine Frau zur Vernunft!“, schimpfte der Alte. „Aber...ich kann nicht einfach eine von ihnen wegschicken. Was ist, wenn es die Falsche ist?“, fragte Hiro zweifelnd. Yume war entsetzt, dass ihr Vater eine von ihnen vertreiben würde, wenn er wüsste welche. „Du zweifelst an meiner Vision!“, sagte Aenngarw empört.

Aja drückte sich noch fester in die Arme ihrer Schwester und wimmerte leise. Yume fasste nicht, dass sie kein Mitspracherecht in einer solche Sache hatten. Die Diebin sah, wie der alte Priester ihrem Vater tief in die Augen sah und irgendetwas veränderte sich in diesem Moment. Der Monk schien nicht mehr ihr Vater zu sein, als er sich vom Blicke des Alten löste und zu den Zwillingen herüber sah. Seine Augen schienen völlig leer zu sein. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und die Acolytin umklammerte sie noch fester.

Der Monk drehte sich zu einem der Schränke und zog ein großes Messer aus dem Holzblock. Yume zog erschrocken die Luft ein und ihre Mutter trat auf ihren Mann zu. „Was tust du, Hiro?!“, fuhr sie ihn entsetzt an. „Sie müssen sterben. Aye, sterben müssen sie beide, wenn ihr sie nicht trennt.“, antwortete Aenngarw. Aja schrie ängstlich und krümmte sich auf Yumes Schoß zusammen. Die Diebin fragte sich, was der Alte mit ihrem Vater gemacht hatte. Er war wie hypnotisiert.

Hiro hob das Messer und ging einen Schritt auf die Zwillinge zu. Ihre Mutter trat mit einem erstickten Schrei dazwischen und versuchte ihrem Mann das Messer aus der Hand zu reißen. Der Monk erwies sich als ernstzunehmender Gegner. Er verdrehte ihr das Handgelenk und die Knight keuchte. Ohne Probleme stieß er sie von sich und Dai fiel zu Boden. Hiro machte wieder einen Schritt auf den Tisch zu und Yume spannte ihre Muskeln an. „Aja, kriech unter den Tisch.“, flüsterte sie und die Acolytin verzog sich zitternd darunter. Die Diebin stellte sich auf den Stuhl und griff an ihren Gürtel. Nur das ihr Damaskus dort nicht mehr war. Er lag garantiert auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett. Sie hatte ihn in all dem Chaos dort vergessen.

Dai griff erneut an und umschlang die Beine ihres Mannes. Er stürzte nach vorne und Yume sprang hastig von dem Stuhl. Der Monk zertrümmerte den Stuhl in seinem Sturz und knallte zu Boden. Er knurrte verärgerte und wälzte sich herum. Die Knight warf sich auf ihn und versuchte ihm erneut die Waffe aus der Hand zu schlagen. Hiro schlug ihre Hand beiseite mit der sie sich auf den Boden gestützt hatte und Dai verlor ihren Halt. Sie fiel ganz auf den Monk und direkt in die Spitze des Messers. Yume schrie entsetzt und sah, wie ihre Mutter zur Seite rollte. Sie ächzte und spuckte Blut. Das Messer hatte sich genau in ihre linke Brusthälfte gebohrt. Hiro stand mit ausdruckslosem Gesicht wieder auf und zog die Waffe aus ihrer Brust.

„Tut doch etwas!“, schrie Aja die Majoren an und schluchze laut. Der Monk trat unberührt auf die Diebin zu. Leath hob die Schultern und Tatsu lächelte knapp. „Wir dürfen nicht.“, sagte er und Yume spürte, dass sein Bedauern echt war. Der kleine Junge klammerte sich an ihn und sah ängstlich weg.

Hiro ging schnellen Schrittes auf Yume zu und sie schmiss sich hastig zur Seite. Die Diebin rollte sich ab und stolperte zur Küchentür. „Komm doch!“, schrie sie heiser und lief noch ein Stück in den Gang. Der Monk stürzte in ihre Richtung und Yume rannte wieder einen Meter voraus. Sie musste Aja beschützen, koste es was es wolle...

Keuchend nahm sie zwei Treppenstufen mit einmal, als sie zum zweiten Stock lief. Der Monk folgte ihr rasend vor Wut, das Messer in seiner Hand. Yume trat die Tür zu ihrem Zimmer ohne jegliche Rücksicht ein und schlitterte zu dem kleinen Tisch neben ihrem Bett. Ihre Hand umschloss den kalte Griff des Dolches und mit dem Gewicht der Waffe in ihrer Hand fühlte sie sich viel sicherer gegenüber ihrem bewaffnetem Vater. Was würde sie tun, wenn ihr Vater zu allem entschlossen sein würde? Aus irgendeinem Grund wusste Yume, dass er nicht aufhören würde, ehe das Blut der Zwillinge geflossen wäre.

Ein erneutes Zersplittern der Überreste der ehemaligen Tür ließ die Diebin aus ihren Gedanken hochschrecken. „Vater, bitte...“, murmelte sie. Der Monk zeigte keinerlei Reaktion auf die Worte seiner Tochter, sondern sprang mit erhobener Waffe auf sie zu. Yume keuchte entsetzt, als die beiden Klingen aufeinander trafen und das Gewicht sowie die Stärke ihres Vaters sie zurückschmissen. Das Damaskus sirrte durch die Luft und bohrte sich über ihr in die Wand. Sie erhob sich keuchend auf die Ellenbogen und sah wie ihr Vater erneut zu einem Angriff ansetzte. Keuchend rollte sie sich zur Seite und eine Sekunde später bohrte sich kalter Stahl zwischen die Holzdielen. Schwer atmend sprang sie auf die Beine. Hiro wirbelte mit erstaunlicher Geschwindigkeit herum und das Messer glitt aus dem Boden. Es schnitt die Luft und Yume beugte ihren Kopf nach hinten. Die Spitze des Messer berührte trotz allem ihre Haut und fuhr an ihrer rechte Wange entlang. Sie keuchte entsetzt, als die Wunde wie Feuer zu brennen begann und dunkles Blut an ihrer Wange herablief und auf ihre Kleidung tropfte. Aus dem Gleichgewicht geraten fiel sie nach hinten und stieß sich den Hinterkopf an der Bettkante. Ein Gefühl von Übelkeit und Schwindel gewann die Übermacht in ihrem Kopf. Ächzend rollte sich Yume am Boden zusammen und wimmerte leise. Ein pochender Schmerz in ihrer Schläfe wurde immer stärker und der tiefe Kratzer an ihrer Wange blutete unablässig.

Trotz verschwommener Sicht erkannte sie ihren Vater über sich, der mit dem Messer nach ihr stach. Sie war unfähig auszuweichen und die Waffe bohrte sich gnadenlos in ihren Unterleib. Die Diebin schrie vor Schmerzen auf und spuckte ihm Blut ins Gesicht. Der Monk schnaubte wenig interessiert am Verhalten seiner Tochter. Yume schniefte leise. Dies war das Ende. Sie konnte Aja nicht beschützen, sie war viel zu schwach. „Aja...“, flüsterte die Diebin und Tränen traten ihr in die Augen.

Bei der Erwähnung von Ajas Namen zuckte der Monk zusammen und stolperte zurück. Er knallte gegen das Bett der Acolytin und fiel rücklings darauf. Ein kleiner Hoffnungsschimmer regte sich in der Diebin. Sie biss die Zähne zusammen und zog das Messer heraus. Zitternd nahm sie es in die rechte Hand und richtete sich langsam auf. Der Schmerz in ihrem Unterleib überwältigte sie im ersten Moment und Yume strauchelte. Sie drückte mit ihrer linken Hand gegen die Wunde und rief sich selbst zur Vernunft, wenn sie ihren Vater nicht aufhielt, würde er auch Aja töten.

Hatte sie eine Wahl? Hiro war wieder auf die Beine gekommen, hatte ihr aber den Rücken zugekehrt. Vielleicht war der Zauber verflogen und er war wieder normal...

„Vater...“, wimmerte sie leise. Der Monk zuckte zusammen und drehte sich zu ihr um. Wieder stand Zorn in seinen Augen geschrieben. „Du bist nicht meine Tochter. Nur meine Aja. Meine Aja-chan, aber du hast sie verdorben, du Dämon.“, sagte er wie besessen und Yume schluchzte. Womit hatte sie dies verdient...?

Ihr Vater ließ ihr keine weitere Bedenkzeit und rannte auf sie zu. Die Arme weit ausgebreitet um sie zu packen und zu zerdrücken. „NEIN!“; schrie Yume. Sie duckte sich unter seinem Griff weg und holte mit dem Arm aus. So stark ihr Vater auch war, die Diebin war schneller. Die Klinge blitzte an deiner Kehle vorbei und für eine Sekunde schien sie nicht getroffen zu haben, in der Tiefe ihres Herzens hoffte sie in dieser Sekunde, dass es so war. Aber nach dieser winzigen Zeitspanne riss die Haut an der Kehle des Monks und eine Sprudel aus Blut schoss Yume ins Gesicht und über die Schultern. Hiro brauch keuchend zusammen und begrub das Mädchen unter sich. Yume starrte abwesend an die Zimmerdecke, während das Blut ihres Vater sich weiter über ihr verteilte.

„Was habe ich getan...“, murmelte sie. Tränen rannen ihr über die Wangen und mischten sich mit dem Blut.

Irgendwann waren ihr die Augen zugefallen.
 

Yume schreckte entsetzt hoch, wobei sie sich prompt den Kopf an der tiefliegenden Decke stieß und stöhnend wieder zurück sank. Außerdem musste sie bemerken, dass ihre Bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt war. Ihre Beine waren zusammengebunden, genauso ihre Hände. Die Tatsache das sie gefesselt war, ließ sie für den Moment ihren Albtraum vergessen. Vorsichtig sah die Assasine zur Seite und entdeckte Raijin neben sich. Er schien damit beschäftigt seine Fesseln mit den Zähnen durchzubeißen. „Macht’s Spaß?“, fragte Yume. Der Verwalter zuckte zusammen und sah sie lächelnd an. „Du bist wach. Ich dachte schon, die haben dich sofort getötet.“, antwortete er leise. „Was machen wir hier?“, brummte sie. Sie lagen in einer Art Höhle, nur war diese eben nicht für Menschen gedacht, sondern für...

...diesen Gedanken wollte Yume lieber nicht fortführen. Überall um sie war Erde, wegen fehlendem Licht erkannte man nicht mehr, als das was genau neben einem war. „Hast du es nicht mitbekommen? Puh...sei froh. Ich hatte voll die Panik als uns die ganzen kleinen roten Augen angesehen haben.“, unterbrach Raijin ihren Gedankengang, „Wir sind in einem ihrer Ameisenhügel gefallen. Das hier ist ihr Reich. Sie sind sauer, weil wir ihre Ruhe gestört haben, glaube ich.“

„Wir können gerne wieder gehen.“, sagte die Assasine und versuche irgendwie vor oder zurück zu robben. In dem schmalen Gang mit Fesseln stellte sich dies als äußerst schwer heraus. „Wie weit bist du mit deinen Fesseln?“, fragte sie. Der Stadtverwalter hatte erneut angefangen an seinem Strick zu knappern und sah wieder zu ihr. „Die an den Händen habe ich gleich, aber die Füße...“, antwortete er heiser. Die Assasine nickte. Sie wollte ebenfalls anfangen an ihren Fesseln zu beißen, aber das Gefühl beobachte zu werden, gewann plötzlich die Übermacht in ihr. Erschrocken stierte sie an Raijin vorbei, wo immer mehr rote Augenpaar auftauchten. „Ah, gleich habe ich sie durch!“, sagte er triumphierend. „Hör auf. Sieh mal zur Seite...zur anderen!“

Plötzlich war der Gang nicht mehr Schatten, sondern von einem matten roten Schimmer erfüllt. Roter Schimmer der von den vielen Augenpaaren ausging, deren Blick Yume immer mehr beunruhigte. „Hört mal...wir wollten euer Loch nicht zerstören! Es war Zufall!“, stammelte Raijin entsetzt. Die unangenehme Stille wich einem motorisch wirkendem Klickern. Klingt wie hunderter aufgeregter Stimmen, die alle durcheinander reden – nur halt in Ameisensprache, dachte Yume. „Baut euer verdammtes Loch halt nicht in Fluchtwege anderer.“, murmelte sie wütend. Obwohl sie es leise gesagt hatte, schienen ihre Worte die Ameisen zu erreichen und das Klickern verstummte.

„So, Zufall also. Ich versteh wirklich nicht, was Eddga an euch findet. Ihr seid ziemlich ängstlich und auch noch vorlaut. Eine Schande, dass ich euch freilassen muss...“, hallte eine tiefe Frauenstimme durch den belebten Gang. Yume kniff die Augen zusammen, als sich gleißendes Licht um sie herum ausbreitete.



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