Schuldigkeit 2
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Kapitel 14: Schuldigkeit (Teil 2... von 3 oder 4 oder 6 oder 10... -.-°)
Ihm war schwindelig.
Das war die erste Feststellung des Brünetten während er langsam die Augen
öffnete und mit mehrmaligem Blinzeln die Verschwommenheit aus seinem Blickfeld
zu verbannen versuchte.
Als er nach wenigen Augenblicken wieder scharf sehen konnte, stellte er fest,
dass er mit dem Gesicht nach unten auf einem schwarzen, unangenehm müffelnden
Tuch lag.
Von seiner Bauchgegend ausgehend war ein dumpfes Pochen zu verspüren, seine
gesamte Haltung war mehr als unbequem. Überall ziepte und drückte es.
Doch jeder Versuch sich aufzurichten misslang und so verharrte der Blauäugige
wieder still, um erst einmal seine Gedanken zu ordnen.
WO, zum Teufel noch mal, WAR er hier eigentlich??!
Aus den Augenwinkeln nahm er während seiner Grübelei eine leichte Bewegung wahr,
wandte daraufhin den Kopf ruckartig nach rechts.
„IIIIIIIIIIIEEEEEEEKKKKKS!!!"
Ein spitzes, markerschütterndes Quieken entfloh der Kehle des 19-jährigen
Studenten, als ihn eine vorwitzige bräunliche Stupsnase vor schwarzen
mattglänzenden Knopfaugen beschnupperte.
Wenn er eins mehr hasste als Insekten und Ungeziefer –und davon ab es in diesem
Gebäude wahrlich genügend-, dann waren das Frettchen, Wiesel und jegliches
weitere marderartige Getier!
Und ein ebensolches hockte dem Brünetten gerade, wortwörtlich, direkt vor der
Nase.
Genauer gesagt, ein blassbraun-weißes, 30 Zentimeter langes Hermelin.
Strampelnd versuchte der sonst so kühle und beherrschte junge Mann dem Tier zu
entkommen, zappelte so stark er konnte, die Schmerzen in seinen Hand- und
Fußgelenken gar nicht erst bemerkend.
Da er nicht wirklich vom Fleck kam, quiekte er erneut auf, pustete voller Panik
in das fellbedeckte Gesichtchen und schrie immer wieder leise:
„HAU AB!! LOS! VERSCHWINDE! KOMM BLOß NICHT NÄHER!! WEG!! GEH WEG!"
Das kleine Wiesel ließ sich von alledem recht wenig beeindrucken und tapste
unbekümmert zwei Schritte näher.
„Marik, komm her, Süßer!"
Eine belustigt klingende Männerstimme drang durch den leichten Nebel der Panik
zu dem Brünetten vor.
Im selben Moment wurde das Hermelin, vor den noch immer angsterfüllten
Eiskristallen, von einer schlanken Hand aufgehoben.
„Das ist UNSER Nachtisch, mein Liebling, nicht deiner."
Seto verfolgte das Tier mit seinem Blick und landete so schließlich im Gesicht
eines Punkverschnitts mit lilafarbenen Augen.
Verwirrt blinzelnd stierte der Brünette auf die Gestalt vor ihm, die doch gerade
tatsächlich einen Kuss zwischen den Ohren dieser.. Bestie platzierte und ihr
anschließend eine zappelnde Maus entgegenhielt.
Erst das höhnische -durchaus bekannt klingende- Auflachen einer weiteren Person
ließ ihn aus seiner Starre erwachen.
Blitzartig fand sein altbewährtes Pokerface auf seine Gesichtszüge zurück, bevor
der 19-Jährige sich scheinbar desinteressiert und flüchtig umsah.
Die hellen Seelenspiegel erfassten das schäbige Zimmer im Nu.
Auch die straff geschnürten Seile, die ihn seiner Bewegungsfreiheit beraubten,
entgingen Seto dabei nicht.
Mit einem dunklen Knurren wandte er sich erstmals an seinen weißhaarigen
Gegenüber:
„Bakura!! Du dreckige Kakerlake! Bind mich auf der Stelle los!!"
spie er ihm in höchst verachtungsvollen und ruhigen Worten entgegen.
Die Eiskristalle blitzten Unheil verkündend auf, jedoch verpuffte ihre Wirkung
angesichts der ‚etwas' erniedrigenden Pose ihres Besitzers sogleich.
Erneutes höhnisches Lachen hallte an den schmutzigen Wänden wider, diesmal aus
zwei Kehlen stammend.
Leise Wut loderte in den blauen Augen des Liegenden auf, ebenso wie ein Hauch
Unsicherheit und... ja, Angst.
Und zwar weiß Gott nicht vor dem kleinen Pelzlieferant, der gerade in einer
entfernten Ecke hockte um genüsslich das ach so leckere Nagetier zu verzehren.
Seto blickte ein weiteres Mal auf seine Fesseln.
Er lag halb auf seiner linken Seite, halb auf dem Bauch, seine Hand- und
Ellbogengelenke waren auf dem Rücken so nah es eben ging aneinander gebunden,
genauso wie seine Fuß- und Kniegelenke.
Diese Fesseln waren durch weitere Stricke verbunden, sodass der Brünette seine
Beine zwangsläufig anwinkeln musste.
Mit Ekel entdeckte er die verdreckte Matratze, auf der er so gut verschnürt
lag...
und mit Entsetzen die Utensilien und übrigen Seile neben dem Kopfende des
‚Bettes'.
Der Braunäugige kniete sich grinsend vor den brünetten Schopf nieder und
streifte, dem Blick des Gefesselten folgend, über die reichliche Auswahl an
Spielzeugen.
„Gefällt dir, was du hier siehst?!"
„Das..."
Seto schluckte trocken als ihm seine Stimme versagte.
„Das.. war SO.. nicht abgemacht!"
stammelte er anschließend schwach und voller Unglauben.
„Oh, gefällt's dir etwa nicht?!"
Gespielt verletzt betrachtete Bakura den noch immer vollkommen perplexen jungen
Mann, bevor er seine lange Mähne kurz schüttelte und boshaft grinste.
„Das tut mir aber Leid für dich..."
hauchte er hämisch in das rechte Ohr Setos, der daraufhin endlich seine Augen
von dem unordentlichen Haufen auf die beiden Personen über ihm richtete.
Stumm bewegten sich seine Lippen, seine Maske hatte bereits jetzt die ersten
Risse.
Wie sollte er hier bloß jemals wieder heil rauskommen?!
Mittlerweile hatte der Brünette noch nicht einmal mehr ernsthafte Angst vor dem
kleinen Wiesel, das gerade im Begriff war, auf den Oberschenkel des Weißhaarigen
zu klettern.
Dessen Augen jedoch verzogen sich erbost und mordlüstern zu Schlitzen.
„Yami, sperr deine Stola ins Bad oder meinetwegen in einen Kochtopf, hauptsache
du bringst sie außer Reichweite!! Ich will das Ding nie mehr bei so was dabei
haben..."
„Hey, sei nicht so gemein zu Marik-chan! Nur weil er EINMAL in deine Hose
gekrochen ist... *Augen verdreh* Du solltest halt reingucken, bevor du sie
anziehst."
„YAMI!!!"
„Jaja, ist ja schon gut!... Komm, Süßer. Ab ins Bad mit dir."
Innerlich atmete der Blauäugige, der die ganze Szene stumm und mit stetig
wachsenden Augen beobachtet hatte, erleichtert auf.
Wie er solche zu groß geratenen Ratten doch hasste!!
Aber dieser Bakura, zu Setos Glück, ja anscheinend auch.
Dummerweise ließen die Beiden nun ihre komplette Aufmerksamkeit IHM zukommen.
Lag es an der Tatsache, dass die Augen der beiden so seltsam glitzerten, als sie
ihn ansahen, oder daran, dass sie sich gierig die Lippen leckten, während sie
sich erneut zu ihm knieten, oder vielleicht doch eher daran, dass der Punker
doch allen Ernstes anfing sich auszuziehen??
Fakt war jedenfalls: Seto fühlte sich in diesem Augenblick VERDAMMT unbehaglich
in seiner Haut!
~tbc~