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Eternity II - Die Rückkehr des Rächers

Auch tot noch gefährlich...
von

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Rächender Geist

Hey, beim Freischalten ist ja immer noch so wenig los! Naja, dann bekommt ihr zur Feier des Tages - habe heute ein Referat erfolgreich über die Bühne gebracht - noch eine Episode diese Woche. Viele sind es ja nicht mehr. Aber keine Sorge, bei mir wird immer alles Epik, es geht auch danach weiter...
 

Kapitel 16: Rächender Geist
 

Als Eikyuu am folgenden Tag gegen Mittag zum Palast zurückkehrte, war er mit den Nerven am Ende. Der Flug hatte eine Weile gedauert, und er hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl gehabt, dass Valerian ihn brauchte. Aber er hatte den anderen erst noch die Höhle gezeigt, da das seine Chance war, ihnen Fakten zu präsentieren. Seine Unruhe hatte ihn zur Eile getrieben, und er hatte auch die anderen reichlich gehetzt, nur um dann die Höhle nicht mehr vorzufinden. Die ganze Felswand war nicht mehr da, weggesprengt. Spuren wiesen darauf hin, dass es eine Drachenflamme gewesen war - und vielleicht etwas Magie. Fassungslos hatten die Drachen davor gestanden, vor einem Haufen Geröll, das frisch ins Meer gefallen war. Hier war kein Beweis mehr zu holen, jemand war ihnen zuvorgekommen.

Während die anderen sich eine Pause gönnten, war Eikyuu zurück zu Valerian geflogen, so schnell ihn seine Flügel trugen. Er war sogar das Risiko eingegangen, über Slarivestos zu fliegen, zum Glück bei Nacht. Er erreichte die Insel völlig erschöpft und hungrig, aber seine erste Sorge galt seinem Kariat. Diesen fand er in Taikas Zimmer, wo Kajis Bett mal eben den Besitzer gewechselt hatte. Der Junge würde dann einfach bei Kaen schlafen müssen. Man hatte den Prinzen jedenfalls nicht die Treppen zum Turm hinauftragen können.

Gekleidet in eines der Gewänder, die man bei der Ankunft bekam, fiel Eikyuu neben dem Bett auf die Knie und strich Valerian mit bebenden Fingern über das verschwitzte Haar. "Was ist mit ihm passiert?"

"Er hat Noctifer erledigt," informierte Taika ihn, der inzwischen fast wieder gesund aussah, nachdem er durch den Trank bis zum Morgen geschlafen hatte. "Der Kerl hatte seine Drachengestalt, als er starb, und in der ist er auf Valerian gefallen. Zum Glück hat es nur seine Beine erwischt. Aber wir konnten noch nichts mit Heiltränken machen, weil ein paar seiner anderen Wunden sich entzündet und ein Fieber verursacht haben. Das müssen wir zuerst behandeln, und dann muss er ein bisschen zu Kräften kommen."

Eikyuu wagte es nicht, die Decke anzuheben. "Was ist mit seinen Beinen?"

"Der Drachenkopf ist drauf gefallen. Sie sind beide mehrfach gebrochen. Aber Kyuujo ist zuversichtlich, dass er das wieder hinkriegt, sobald Val stark genug für magische Heilungen ist," teilte Taika ihm sachlich mit.

Der Seelenleser sah nun doch nach. Valerians Beine waren geschient und verbunden worden. "Wie schlimm ist es?"

"Es hätte schlimmer sein können, die Brüche sind nicht sehr kompliziert. Bis auf den linken Fuß. Da kann nur noch Magie helfen," bedauerte der Flammentänzer. Er hatte eine Frage auf der Zunge, hielt sie jedoch zurück.

Statt dessen regte sich Valerian. Er öffnete die Augen und lächelte leicht fiebrig. "Kyuu! Du bist zurück!"

Eikyuu ergriff seine zerschrammte Hand und schmiegte seine Wange daran. "Kariat! Ich hätte dich nie allein lassen dürfen!"

"Ich bin erwachsen, Drache. Kyuu... hast du wirklich deine Magie verloren?"

Silberne Augen weiteten sich erschrocken. "Wer hat dir das erzählt?"

"Noctifer. Wusstest du, dass er ein Magier war? Er hat aber nie die Allmeisterprüfung gemacht, dabei hat er alles gelernt im Laufe der Zeit. Vielleicht hat er auch einen Zauber benutzt, um seine Augenfarbe zu verbergen..."

"Ich hatte keine Ahnung... Aber glaub mir, auch wenn man alle Elemente meistert, ist man deswegen kein Allmeister," versicherte Eikyuu. "Und das mit meiner Magie... das kann er eigentlich auch nur von Kyuunan haben. Der hat mich mal besucht, in diesen sechs Jahren, und mich gefragt, wie es mir geht. Er wollte nicht, dass ich auf dem Treffen was anstelle, und ich sagte, er solle sich beruhigen, weil ich ohne meine magischen Kräfte kommen würde. Es ist wahr, ich hatte Probleme, seit ich Claudius besiegt habe. Deshalb konnte ich dich nicht mitnehmen, als ich zum Versteck des Kelches zurückkehrte. Meine Macht war stärker geworden, und ich hatte sie nicht sicher unter Kontrolle, so dass ich Angst hatte, jemanden zu verletzen. Aber ich habe sie nicht verloren, sondern zum Schutz des Schokoladenkelches zurückgelassen."

"Du hast Claudius' Macht absorbiert?"

"Nein, aber durch den Kampf wurden neue Reserven in mir wach. Das kann passieren, wenn man sein Machtpotential zuvor nicht oft ausschöpfen musste. Ich hatte nie zuvor einen Allmeister als Gegner."

"So viel Magie habt ihr doch gar nicht benutzt!"

"Die ganzen Heilprozesse kommen noch dazu. So etwas geht an deinem Körper nicht spurlos vorbei. Ich hatte mich bis an meine Grenzen getrieben in dieser Zeit, ich habe es mir nur nicht anmerken lassen."

"Warum hat das sechs Jahre gedauert?"

"Val, ich erzähl dir alles ganz genau, aber jetzt musst du erstmal gesund werden. Du hast Fieber, und erst wenn das weg ist, kannst du einen Trank bekommen, der... deine Beine heilt."

Valerian nickte nachdenklich. "Ich habe gesehen, wie sie mich unter ihm vor holten... habe meinen Körper verlassen, ist das nicht toll? Anscheinend tut das im Moment jeder!"

"Das ist nicht spaßig, Kariat. Du bist näher am Tor des Erlösers gewesen, als du denkst."

"Timarios ist ein Rächer. Ich... hätte ihm schöne Grüße ausgerichtet und wäre erneut zu dir zurückgekommen."

"Erneut?" Eikyuu runzelte die Stirn, doch Valerian konnte das nicht näher ausführen, da sein Fieber ihn zurück in den Schlaf zog.

"Du musst was essen und dich waschen," meinte Taika. "Komm, wir haben etwas Brot und Wasser."

"Und wie geht es dir, mein Freund?" erkundigte Eikyuu sich, während er in den Vorraum und auf einen Stuhl gedrängt wurde.

"Oh, mein Körper ist so gut wie regeneriert, aber ich habe noch schreckliche Alpträume und die Wunde in meiner Seele wird nie verheilen."

"Taika!"

"Schon gut, schon gut. Ich bin in Ordnung, wirklich. Wenn ich daran denke, fühle ich mich schlecht, aber ich sage mir, dass sie in der Überzahl waren, also muss ich die Schuld nicht bei mir suchen. Außer vielleicht in meiner Dummheit, allein gegangen zu sein, obwohl wir um die Gefahr wussten. Andererseits... wenn ich nicht allein gewesen wäre, wer weiß, was mit meinem Begleiter geschehen wäre. Es ist nicht schön, dass alle es wissen und über mich reden, aber ich komme schon klar."

Eikyuu glaubte nicht, dass der Flammentänzer das Erlebnis so leicht wegstecken konnte, aber vermutlich war ihm das selbst noch nicht bewusst. Im Moment konnte er sich noch auf andere Dinge konzentrieren. "Wie ist das Klima im Schloss? Was sagt man zu Noctifers Ende?"

"Dass es eine Heidenarbeit ist, ihn aus dem Gebäude zu kriegen." Taika grinste und reichte dem Seelenleser von dem besagten Brot und einen Kelch mit Wasser. "Er starb im Clanraum der Rächer. Da kommt sein Drachenkörper so leicht nicht weg. Man wird die Wände zu den anderen Räumen entfernen müssen, um ihn wegzuschaffen, und bei dem Wetter hier sollte das besser schnell gehen, ehe er vergammelt."

"Und sonst? Irgendwelche Beschuldigungen?"

"Na sicher. Val war kurz wach und konnte schildern, wie Noctifer ihn bedroht hat und was er über die Höhle ausgeplaudert hat. Er hat seine Tat als Racheakt bezeichnet. Sie glauben ihm vermutlich nicht recht, aber sie können nicht das Gegenteil beweisen, deshalb gibt es keine Mordanklage. Aber eine wegen der Verwüstung des Zimmers. Kyuunan will immer noch jemandes Rücken bluten sehen."

Eikyuu seufzte. "Dann werde ich gehen und ihm meinen anbieten, damit Val das nicht auf sich nehmen muss. Das wird ihn sehr zufrieden stellen."

"Und Noxenius wird es sicher genießen," bemerkte Taika, aber er konnte es nicht ändern. "Iss, dass du zu Kräften kommst, ehe du dich vermöbeln lässt." Er sorgte dafür, dass der Drache sich einigermaßen satt aß, ehe er auf ein anderes Thema zu sprechen kam. "Übrigens... Hibashi ist gestorben. Shisei hat ihm geholfen, so dass der Fluch von ihm genommen wurde. Sie haben ihn heute früh verbrannt. Wenn Kaji zurückkommt, werde ich mit ihm über das Meer fliegen und die Asche verstreuen."

"Tut mir Leid, dass ich nicht da war, um eine Kerze anzuzünden," murmelte Eikyuu.

"Schon in Ordnung. Da ist noch etwas." Der Draconer erhob sich und holte ein Stoffpäckchen herbei, das neben der Tür zu seinem Zimmer gelehnt hatte. Es war schmal und so lang wie sein Arm. "Damit hat Val den Drachen erlegt. Viele halten es für ein Zeichen."

Der Seelenleser ergriff das Päckchen ahnungsvoll. Er wickelte den Stoff von dem Objekt und brach sofort fast in Tränen aus, als er sah, was es war. "Shitais Horn!"

"Valerian wollte es nicht loslassen. Wir brachten ihn hierher und konnten ihm das Schwert erst abnehmen, als er kurz zu sich kam und merkte, dass er in Sicherheit war. Verdammt, ich war dort und konnte wieder nicht verhindern, dass das passiert!" Der Draconer schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. "Ich glaube, er konnte uns sehen, kurz bevor er ohnmächtig wurde. Ich dachte schon, er läge im Sterben."

"Mach dir keine Vorwürfe. Wo ist eigentlich Shisei?"

"Oh..." Taika deutete auf seine Zimmertür. "In meinem Bett. Er ist etwas müde, hat die ganze Nacht Leute geärgert. Noxenius hat nicht gut geschlafen, würde ich meinen. Da muss sich sogar ein Geist mal ausruhen, zumal er gestern sehr aufgeregt war, wie du dir denken kannst. Es ist alles etwas viel für ihn. Aber schätzungsweise wird er dir gleich nachlaufen."

Eikyuu lächelte. "Der Kleine hat's nicht leicht. Na, ich werde mal nach einem Badebecken suchen und mich dann bei meinem Ältesten melden."

"Warte mal," hielt sein Freund ihn zurück. "Ich muss dir noch was sagen. Als die Heiler bei Val waren und sich um seine Beine kümmerten, ist er aufgewacht. Ich hörte ihn schreien, als sie seine Knochen richteten, und ging ins Zimmer, um ihm beizustehen. Kurz bevor er wieder das Bewusstsein verlor, sagte er: *Towa, ich bin zurück.* Ergibt das für dich einen Sinn?"

Eikyuu war blass geworden. "Nein... das ergibt absolut keinen Sinn."
 

***
 

Kyuunan war erfreut, Eikyuu wieder zu sehen und zu hören, dass sein ungeliebter Nachfahre sich anstelle von Valerian bestrafen lassen wollte. Als er erfuhr, dass die Höhle zerstört war, tat er überrascht, aber sein Enkel dachte sich seinen Teil.

"Noxenius ist vermutlich schon in der Folterkammer. Wir können direkt zu ihm gehen," schlug Kyuunan liebenswürdig vor. "Ich warte schon lange darauf," fügte er leise hinzu, so dass die Umstehenden es nicht hörten.

"Vater. Lass den Jungen in Ruhe." Choukyuu trat vor ihren Sohn. "Er ist doch schon genug gestraft mit seinem verletzten Kariat."

"Ich kann nicht länger ungestraft lassen, was er hier anstellt! Er soll endlich in seine Schranken gewiesen werden!"

"Vater, verstehst du denn nicht? Der Geist von Shisei spukt hier rum!" beharrte Choukyuu.

"Du glaubst diesen Unsinn doch nicht wirklich, Kind." Kyuunan verschränkte die Arme. "Ich verstehe, dass du deinen Sohn schützen willst, aber er muss erfahren, dass er sich nicht alles erlauben kann."

"Wenn du ihn hier auspeitschen lässt, von Noxenius, in der Folterkammer, in der Shisei gestorben ist - falls das stimmt -, dann wirst du gewiss ein weiteres Unglück heraufbeschwören! Oder wie erklärst du dir all die seltsamen Kleinigkeiten, die hier beim Essen passiert sind? Jemand will Rache, Vater."

"Ein Vorschlag." Der Älteste lächelte kalt. "Wir gehen in die Folterkammer und ketten Eikyuu dort an. Wenn irgendetwas Seltsames passiert, werde ich seine Strafe abblasen. Wenn nicht, kriegt er die volle Ladung, die er schon lange verdient."

Choukyuu hielt mühsam beherrscht ihre Tränen zurück. "Wann bist du so grausam geworden? Du hattest Eikyuu doch früher so gern!"

Kyuunan antwortete nicht mehr, sondern machte ihnen Zeichen, in die Folterkammer vorauszugehen.

Die Seelenleserin nahm ihren Jüngsten bei der Hand und ging neben ihm her. Eikyuu hoffte, dass Shisei ihn jetzt nicht im Stich ließ. Er konnte Peitschenhiebe relativ gut wegstecken, aber deshalb war er nicht scharf darauf.

Was dann passierte, übertraf allerdings seine kühnsten Erwartungen.

Als sie auf den Hof traten, hörten sie einen Schrei und sahen automatisch nach oben. Jemand stürzte vom Rächerturm! Auf den zweiten Blick erkannten sie Noxenius. Er prallte mit einem dumpfen Laut auf das Dach der Folterkammer, rollte von dort herunter und fiel auf den Hof. Seine toten Augen waren weit aufgerissen, als hätte er einen Geist gesehen. Gar nicht so unwahrscheinlich.

Sofort hatte sich eine gaffende Menge versammelt, die den dreien gefolgt war. Kyuunan scheuchte ein paar Leute zum Rächerturm, um nach möglichen Spuren eines Verbrechens zu suchen. Hätte Eikyuu nicht gewusst, dass Shisei in der vergangenen Nacht den Mann drangsaliert hatte, hätte er es für möglich gehalten, dass der Seelenleserälteste ihn zum Selbstmord gebracht hatte, um ein Geheimnis zu bewahren. Das schloss er dennoch nicht ganz aus. Auf jeden Fall waren sie damit einen weiteren Verbrecher los. Von denen, die Shisei gefoltert und missbraucht hatten, war nun nur noch Hiaburi übrig, aber den konnten sie sich später vornehmen. Eikyuu freute sich nicht darauf, da der Flammentänzer ja Taikas Schwager war.

Als sich die erste Aufregung langsam legte und jemand die Leiche zudeckte, wandte sich Choukyuu an ihren Vater. "Das Omen war wohl deutlich genug. Mein Sohn wird nicht ausgepeitscht, und auch sonst niemand. In dieser Kammer ist genug Blut geflossen." Sie legte einen Arm um Eikyuu und ging mit ihm fort, gefolgt vom stechenden Blick ihres Vaters.

Die beiden Drachen spürten ein Gefühl von Triumph, das nicht von ihnen selbst kam. Der Rächer war seiner Bestimmung gefolgt.
 

Choukyuu begleitete ihren Sprössling zu Taika und Valerian zurück. "Ich bin beeindruckt von deinem Kariat," sagte sie auf dem Weg. "Er hat einen Drachen besiegt, der Magie beherrschte. Das ist wirklich eine Leistung."

"Nicht alle sind so stolz auf ihn," entgegnete Eikyuu. "Aber ich bin es. Noctifer war ein skrupelloser Mann. Er war auch dabei, als Taika überfallen wurde."

Seine Mutter hob lediglich eine Augenbraue, verlangte aber keine Erklärung. Er nahm an, dass Kyuujo sie eingeweiht hatte, so dass sie sich nicht wunderte, woher dieses Wissen kam.

"Was ist mit Kyuunan?" fragte sie statt dessen. "Ich spüre, dass ihr euch nicht mögt, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum."

Eikyuu machte eine hilflose Geste. "Er hat irgendetwas mit der Sache zu tun. Wir glauben, dass er in der Folterkammer war, dass er anordnete, Shisei die Zunge herauszuschneiden. Aber er ist höchstwahrscheinlich nie in der Höhle gewesen, hat vielleicht nicht einmal davon gewusst, bis das Thema aufkam. Allerdings war er mit Arcanus befreundet, ich denke, er wusste es. Trotzdem verbirgt er noch etwas anderes, aber ich habe keine Ahnung, was.

Choukyuu dachte über die Möglichkeiten nach. "Wenn er in dieser Höhle war, dann nicht oft. Er hat immer viel Zeit mit seiner Familie oder auf irgendwelchen Versammlungen verbracht, es gibt kaum Zeiträume in seinem Leben, in denen er allein war und Zeit hatte, ein Kind aufzusuchen und... Oh, mein Sohn, ich kann es gar nicht glauben, dass der arme Junge all die Jahre so leiden musste! Und keiner hat es bemerkt!"

"Wir haben Grund zu der Annahme, dass Kyuunan seine Identität vor Shisei verschleiern konnte, zugleich vermute ich aber, dass er nicht das Risiko eingegangen wäre, ihn öfters aufzusuchen. Er fürchtete sich möglicherweise vor der Macht der Rächer." Eikyuu drückte tröstend ihre Hand, da er spürte, dass diese Verdächtigungen gegen ihren Vater sie aufwühlten. "Aber wir kommen nicht dahinter, was er wirklich mit der ganzen Sache zu tun hat. Wir konnten die anderen aus der Reserve locken - zugegeben mit etwas Nachhilfe. Aber Kyuunan ist natürlich gegen meine Gabe immun, und wenn ich es stärker versucht hätte, wäre ihm aufgefallen, dass ich es tue."

"Du hast deine Gabe missbraucht, um die Verbrecher dazu zu bringen, sich zu verraten?" Choukyuu klang ein wenig tadelnd.

"Naja, ich konnte ja nichts beweisen, also mussten sie zum Handeln gedrängt werden. Es ist nur etwas ausgeufert, und Taika musste dafür zahlen. Ich dachte nicht, dass sie so heftig reagieren würden."

"Für sie stand viel auf dem Spiel. Wenn herausgekommen wäre, was sie getan haben, wären sie hart bestraft worden."

"Ja. Der Tod ist fast noch zu milde. Aber zumindest diejenigen aus der Folterkammer sind verflucht, ewig wiedergeboren zu werden. So können wir auch noch jene erwischen, die schon gestorben sind, ohne dass ihre Taten gerächt werden konnten. Irgendwann werden wir sie finden."

"Du meinst, Shisei wird sie finden. In seinem nächsten Leben."

"Wie ich sehe, hat Vater dir alles erzählt. Naja, ihr hattet nie viele Geheimnisse voreinander."

Choukyuu seufzte glücklich, als sie an ihren Gefährten dachte. "Er hat einen weichen Kern. Soll ich dir mal was erzählen aus der Zeit, als ich mit dir schwanger war?"

Eikyuu runzelte die Stirn, er war nicht ganz sicher, ob er das hören wollte. Sein Vater hatte ihm nie so recht verziehen, dass er sein letztes Kind mit dieser Partnerin gewesen war.

Die Weißhaarige lachte über seine Zweifel. "Ich weiß, du redest nicht gern über deine Geburt, aber du bist das einzige Kind, das ich in Menschengestalt bekam, und ich fand die Erfahrung sehr schön. Man kann bei einem Ei bemerken, wenn sich der Drache darin bewegt, aber das Baby direkt unter dem Herzen zu tragen, während es wächst, ist noch viel besser."

"Umso tragischer, dass du es nur einmal tun konntest," murmelte er bedrückt.

Choukyuu kuschelte sich an seinen Arm. "Das war Pech und nicht deine Schuld. Mach dir nicht immer so viele Gedanken. Dein Vater war recht fasziniert von meinem wachsenden Bauch. Er kannte es so, dass ein Drache in einem Ei heranwächst, das immer gleich groß ist. Aber dass er so miterleben konnte, wie groß sein Kind schon ist, hat ihn ziemlich begeistert. Er hat immer seine Hand auf meinen Bauch gelegt, um zu fühlen, wie du strampelst! Obwohl sich jeder Mann einen Sohn wünscht, wollte er gerne, dass du ein Mädchen wirst, weil ja Menschgeborene zierlicher sind. Er spekulierte, wie schön du sein würdest..."

"Oh je, ich habe wirklich noch nie seine Erwartungen erfüllt," stellte Eikyuu ein wenig amüsiert fest.

Seine Mutter kicherte mädchenhaft. "Nein, das hast du nicht. Aber insgeheim mag er diese Eigenschaft von dir, denn er verachtet nichts mehr, als wenn einer immer nur tut, was andere von ihm wollen. Bei deiner Geburt mussten wir uns auf eine menschliche Heilerin verlassen, weil er sich nur auf die Drachenheilkunst verstand. Die Frau gab ihr Bestes und rettete mein Leben. Dein Vater war bestürzt, weil er mir nicht selber hatte helfen können. Wusstest du, dass er daraufhin viele Jahre damit verbrachte, alles über menschliche Heilmittel und schwangere Frauen zu lernen?"

"Das hat er nie erzählt!" Eikyuu war sehr überrascht. Er kannte von seinem Vater eigentlich nur die harte Schale.

"Er hat dir einiges nie erzählt. Immerhin bist du ein Mann, und er wollte dich stark machen. Er dachte, die Magie könnte das nicht. Aber du bist stärker geworden, als er für möglich gehalten hätte."

"Ich werde dauernd unterschätzt, das hat Vorteile," grinste der Jüngere.

Inzwischen kam Taikas Haus in Sicht. Choukyuu blieb vor der Weggabelung stehen und umarmte ihren Sohn. "Kümmere dich um deinen Kariat. Ich werde zurückgehen und nachsehen, wie sich die Lage entwickelt. Du brauchst nicht zum Essen zu kommen, ich werde euch etwas bringen lassen oder selber kommen."

"Danke, Mutter. Aber bitte sei vorsichtig." Er küsste sie auf die Wange. "Ich habe großes Glück, so tolle Eltern zu haben."

"Ach, verschwinde," wehrte sie errötend ab.

Eikyuu lachte, und ihre Wege trennten sich. Er sah ihr noch kurz nach, ehe er ins Haus ging.

Taika hatte wie versprochen über den Patienten gewacht. Valerian schlief. Ab und zu murmelte er im Fieber vor sich hin.

"Shisei hat Noxenius vom Turm gestoßen," sagte der Flammentänzer unverblümt. "Er hat ihn davon träumen lassen, dass es auf dem Turm irgendetwas gibt, das ihn überführen kann. Deshalb ist Noxenius da hochgestiegen. Shisei hat ihm ins Ohr geflüstert und ihn halb irre gemacht. Natürlich hat der Typ ihn nicht verstanden, aber doch irgendwie mitbekommen, dass er nicht allein war. Als er hinuntersah, um herauszufinden, wer da auf dem Hof war, gab der Junge ihm einen Tritt. Einen, der wirkte."

"Sowas habe ich mir gedacht," entgegnete Eikyuu. "Allerdings habe ich Kyuunan als Täter nicht ausgeschlossen. Er war es dann aber wohl nicht."

"Nein. Kyuunan hatte Noxenius versprochen, dass er bald jemanden auspeitschen darf. Der Mann ist ziemlich fertig gewesen, weil schon zwei andere Nachtgänger tot sind."

"Der Clan ist ja echt arm dran. Die meisten von denen sind ganz in Ordnung, und nun wird man sicher noch lange über sie reden."

"Ach, über Claudius wurde auch nicht lange geredet."

"Er starb ja auch nicht bei einer Versammlung." Eikyuu holte sich einen Stuhl neben das Bett und hielt die Hand seines Kariat.

Valerians Finger schlossen sich um seine. "Towa... zurück..." flüsterte der Schwarzhaarige im Schlaf.

Eikyuu starrte entgeistert auf seinen Geliebten. Das konnte doch nicht sein...

"Sollen wir ihm von dieser Auraveränderung erzählen, die Valerian immer hat?" fragte Shisei.

//"Lieber noch nicht, er hat jetzt genug Sorgen. Es sei denn, du glaubst, dass es etwas Gefährliches ist,"// meinte Taika.

Der Rächer schüttelte den Kopf. "Nein, es ist kein fremder Geist oder so. Aber vielleicht wird Valerian hier von irgendetwas beeinflusst. Lass uns abwarten, vielleicht hört es von ganz allein wieder auf, sobald wir abreisen."

//"Ja, du hast Recht. Menschen reagieren manchmal empfindlich auf Dinge, die Drachen gar nicht bemerken."// Taika hoffte, das es wirklich nichts Ernstes war, das hätte ihnen sonst gerade noch gefehlt.
 

***

Fortsetzung folgt.
 


 

Namensbedeutung

"Towa" ist eine andere Möglichkeit, die japanischen Kanji zu lesen, die für "Eikyuu" stehen.
 

Die Rubrik "Outtakes" wird aus Mangel an Ideen vorerst eingestellt. Im Moment hab ich auch keine Zeit, mir welche zu überlegen.^^°



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jyorie
2013-11-22T11:09:28+00:00 22.11.2013 12:09
Hallo (゚ー゚)

oh nein, das gibt’s doch nicht, das die Höhle weg ist, aber wenigst konnte man noch die Spuren der unnatürlichen „Löschung“ erkennen konnte.

Diese andere Aura, die Ständig von Val besitz ergreift - das ist Shitai, oder?

Shitai ist wirklich auch tod noch gefährlich. Wie er es geschafft hat, das Noxenius dann selbst vom Turm gesprungen ist.

hi hi ... ich fand es niedlich, das Eikyuus Vater doch auf ihn stolz ist, und er ihn schätzt. Ich hätte es wirklich nicht gedacht, weil bisher hat er doch einen etwas anderen Eindruck gemacht. Und das er so begeistert war, wie der Bauch wächst hat mir auch gefallen.

Und es stimmt also, was Novtiver gesagt hat, das Kyuu seine Kräfte eingebüßt hat – danke für die Erklärung^^

Liebe Grüße, Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
22.11.2013 19:59
Eingebüßt? Bitte genau hinsehen. ;)
Von:  Nurija
2005-06-23T15:18:52+00:00 23.06.2005 17:18
*muahahaha* noch viel mehr futter für meine theorie XXXD...aber armer valerian *schnief*...hoffentlich wird er bald gesund ^__^
die szene zwischen eikyuu und seiner mutter fand ich sooooo süß und toll *____* *kyuujo spontan knuddln muss*
und wieder einer weniger *go, shisei go!*...nach so vielen toten nachtgängern, ist es ja dann nich verwunderlich, wenn die leute anfangen zu tratschen...aber es fällt halt wirklich auf ^__^
aber kyuunan...ich weiss net...irgendwie find ich kein motiv bei ihm...außer vielleicht irgendwas im zusammenhang mit dem tod der rächer...oder vielleicht shitai??...
nja...alles braucht seine zeit....
war wieder im großen und ganzen ein tolles kapitel *lob* und ich warte schon wieder sehnsüchtigst auf das nächste *___*

ba ba
nurija

PS: schade, dass sie outtakes weg sin, aber mir fallen im moment selbst keine ein -___-"
Von:  Northwind
2005-06-23T08:47:31+00:00 23.06.2005 10:47
Ohh schade dieses mal bin ich nur zweiter aber immernoch recht bald oder?!
*ohh man du schreibst wie immer total super!!!*

Celestian
Von: abgemeldet
2005-06-23T04:29:12+00:00 23.06.2005 06:29
so da bin ich mal die erste...auch wenn ich nich so oft kommis schreibe aber hier lohnt es sich...is echt eine super geschichte und bin auch jetzt schon wieder gespannt auf dne nächsten teil
*winktz*
melfe


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