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Eternity II - Die Rückkehr des Rächers

Auch tot noch gefährlich...
von

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Erinnerungen

Kapitel 9: Erinnerungen
 

Die beiden Seelenleser und ihre Partner wurden sehr früh am Morgen endlich freigelassen, nachdem sich das Volk lange genug mit ihnen amüsiert hatte. Kyuusai gab ihnen den Schlüssel zum Raum mit den Reinigungsutensilien und ließ sie allein mit der Bescherung. Der Fußboden war überall mit süßen Brotaufstrichen bekleckert. Und mit anderen Stoffen.

Eikyuu trat lächelnd auf Valerian zu. Er fasste an sein Kinn. "Du hast da noch was." Und er küsste ein bisschen Honig weg.

Der Prinz trat einen Schritt zurück und musterte ihn, dann lachte er los. Eikyuu sah zu ulkig aus mit all den Marmeladeresten an seinem Körper. Insgesamt nahmen es alle vier inzwischen recht locker. Doch Valerian sah nicht ein, warum er jetzt auch noch wischen sollte, und benutzte seine Magie, gleichgültig, ob es jemanden störte. Er war fix und fertig und wollte unbedingt schlafen.

Aber vorher musste er sich waschen. Um sich nicht doch noch unbeliebt zu machen, verzichtete er dafür auf den Zauber. Auf Sakyuus Vorschlag hin begaben sie sich in den Garten - vorbei an den grinsenden Wachen - und suchten sich ein Badebecken. Das Wasser war während der Nacht abgekühlt, aber Valerian war ja das Baden im Meer gewohnt. Ähnliches galt für die anderen. Es war ziemlich romantisch an diesem Ort. Im Garten standen überall Laternen. Abends war hier bestimmt ein beliebter Treffpunkt für Pärchen.

"Kyuu, ich schlafe gleich im Stehen ein," jammerte Valerian nach einer Weile.

"Gehen wir. Wir haben uns genug gewaschen," stimmte Eikyuu zu.

"Ich will auch im Turm sein, ehe hier wieder Betrieb ist," betonte der Prinz errötend.

"Also echt, ob du nun mit den Stofffetzen oder ganz nackt rumrennst, darauf kommt es doch nicht an," grinste Sakyuu. "Wir müssen ins Dorf, dort hat meine Familie ein Häuschen. Bis morgen."

Valerian sah ihr und Lorna überrascht nach. Ach ja, das Dorf. Das wollte er auch gerne sehen. Aber nicht mehr in den nächsten paar Stunden. Also gingen er und sein Drache wieder an den Wachen vorbei, die sie erneut grinsend musterten.

"Lenk deine Gedanken in andere Bahnen oder ich lass dich Frösche essen," drohte Eikyuu dem Mann, der seinen Blick unverhohlen auf Valerian gerichtet hatte.

Der Typ lachte schallend. "Deine Kräfte machen mir keine Angst, Kleiner. Andere haben nämlich auch welche." Er trug das Gewand der Traumwandler, so etwas wie ein weites Kleid mit weißem Fellkragen.

Der Seelenleser nickte anerkennend. "Dennoch..." Die Warnung blieb unausgesprochen in der Luft hängen.

"Das war doch hoffentlich nur ein freundschaftliches Kräftemessen, oder muss ich mir Sorgen machen?" erkundigte sein Kariat sich.

"Ach was, ich kenne ihn vom Sehen," winkte Eikyuu ab. "Der Typ ist ganz in Ordnung."

Sie stiegen einmal mehr all die Stufen zum Turm hoch und ließen sich in ihrem Gemach aufs Bett fallen, wo sie sogleich der Schlaf ereilte.
 

Doch die paar Stunden Schlaf, die ihnen blieben, wurden ihnen verwehrt, denn Eikyuu wurde von grausamen Alpträumen heimgesucht. In den Träumen war er an einer Pritsche festgeschnallt, während Klingen in seine Haut schnitten, ohne viel Blut zu fordern. Als sich jemand, den er als Hibashi erkannte, mit einem glühenden Eisen näherte, packte ihn die Panik. Er schreckte aus dem Schlaf hoch, kurz bevor das Metall seine Augen erreichte. Für diese Gnade dankte er dem Schicksal.

Valerian regte sich neben ihm, doch Eikyuu beruhigte ihn, und beide schliefen weiter. Nicht lange, und der Seelenleser war erneut in der Folterkammer. Dieses Mal war er im Stehen an die Decke gefesselt, doch er konnte niemanden sehen, denn statt Augen hatte er nur noch einen Fleck brennenden Schmerzes im Gesicht. Ein Lederriemen fuhr auf seinen Rücken hernieder, riss brutal die Haut auf. Das Eisen, das seine Augen zerstört hatte, fraß sich glühend in sein Fleisch, hinterließ am ganzen Körper seine Spuren. In seiner Verzweiflung rief er nach den Geistern seiner Ahnen, doch seine Peiniger machten dem schnell ein Ende. "Schneidet ihm die Zunge raus, ehe er uns Timarios persönlich auf den Hals hetzt!" verlangte eine befehlsgewohnte, tiefe Stimme. Er wurde an den Haaren gepackt, sein Mund gewaltsam geöffnet...

Eikyuu riss sich aus dem Traum los. Schweißnass saß er im Bett, keuchend und mit weit offenen Augen. In der morgendlichen Kühle fing er heftig an zu zittern, bis Valerian ihm die Decke umlegte. Der Magier ließ sich zurücksinken. Valerian streichelte ihn beruhigend und sprach leise auf ihn ein.

Der Seelenleser wusste, was passiert sein musste. Shisei hatte die Folterkammer gesehen. Und er war sehr aufgewühlt, so sehr, dass seine Erinnerungen sich in die Träume jener schlichen, die sensibel genug dafür waren. Eikyuu konnte überall in seiner Umgebung Verwirrung und Entsetzen spüren. Offenbar hatten viele Personen ähnliche Träume gehabt. Und ganz sicher war die Nacht damit gelaufen. Er versuchte nicht noch einmal zu schlafen.
 

Valerian war in der glücklichen Lage, dass er zwar der Kariat eines Seelenlesers war, aber die Träume hatten ihn nur in verschwommenen Fetzen erreicht. Fast war es so, als hätte Eikyuu die ganze Ladung abbekommen, so dass sie an seinem Geliebten vorbeigegangen war.

Sie standen früh auf und begaben sich in den Saal mit der gedeckten Tafel. Hier stand bereits etwas Obst auf den Tischen, obwohl das Frühstück noch nicht begonnen hatte. Doch der Drache hatte keinen Hunger und bevorzugte einen kleinen Spaziergang, um bei der Gelegenheit Taika zu finden.

Letzterer schien schon auf das Zusammentreffen gewartet zu haben. Er sah sehr besorgt aus und als hätte er auch keine Minute geschlafen, was sich jeder, der sein Geheimnis kannte, nur zu gut vorstellen konnte. Eikyuu brach fast zusammen, als sie sich ihm näherten. Shiseis Gefühle bombardierten ihn regelrecht. Valerian stützte ihn vorsichtshalber.

"Er muss sich beruhigen, sonst wird jeder Seelenleser auf dieser Insel auf ihn aufmerksam," ächzte der Drache. Er musste sich am Rand eines Brunnens setzen.

Taika blickte auf einen scheinbar leeren Fleck neben sich. "Er dachte, er wäre stärker," murmelte er. "Aber dann haben ihn die Erinnerungen überwältigt. Blut spricht zu ihm, auch wenn es eingetrocknet und nur noch in Spuren vorhanden ist. Er hat das Brandeisen gefunden und erkannt, dass es nicht nur ihm das Augenlicht genommen hat und auch viele andere Körper verbrannt hat. Ganz zu schweigen von all den anderen Gerätschaften. Ich konnte nicht mit in die Folterkammer, sie ist verriegelt. Trotzdem weiß ich genau, wie es dort aussieht..." Taika wischte sich mit einer zitternden Hand über die Stirn. "In einer Folterkammer bleibt immer ein Echo der Schmerzen ihrer Opfer zurück. Kein Schrei wird je vergessen. Ich hätte nicht mit ihm dorthin gehen dürfen. Für einen Rächer ist es ein Ort voll negativer Energie. Ich fürchte, was heute Nacht passiert ist, wird sich im Laufe des Tages irgendwie Luft machen."

Eikyuu bekam große Augen. "Wie meinst du das?"

Taika zuckte die Achseln. "Ich habe keine Ahnung. Vielleicht werden Gläser zerspringen oder Statuen umfallen..."

Valerian runzelte besorgt die Stirn. "Könnte jemand zu Schaden kommen?"

"Wenn ein rächender Geist seiner Verzweiflung freien Lauf lässt?" Taika musste das nicht weiter ausführen.

"Lass uns irgendwo hingehen, wo wir unter uns sind. Ich kann ihn nicht in diesem Zustand lassen," bat Eikyuu.

Der Flammentänzer nickte verstehend. "Gehen wir in das Haus, in dem meine Familie wohnt. Eine andere Alternative fällt mir nicht ein, obwohl es leider nicht ideal ist, weil mein Urgroßvater Hibashi auch dort ist. Wenigstens schläft er in einem anderen Zimmer."

Taika zeigte ihnen den Weg. Valerian sah sich fasziniert um. Hier also waren jene untergebracht, die nicht das Privileg hatten, im Palast wohnen zu dürfen. Aber die kleinen Häuschen waren nicht übel. Meistens zweistöckig, standen sie gemütlich dicht beieinander, dazwischen Bäume und Blumenbeete. Sie waren, wie der Prinz erfuhr, nicht zum dauerhaften Wohnen gedacht, sondern dienten praktisch nur zum Schlafen. Eine Kochstelle beispielsweise gab es nicht, nur einen Gemeinschaftsraum, wo man zusammensitzen konnte. In einem der Flammentänzerhäuser, in dem neben anderen Taika, Kaji und Hibashi wohnten, saßen die Bewohner in dem besagten Raum. Sie hatten alle nicht richtig schlafen können, auch wenn ihre Träume nicht so deutlich ausgefallen waren wie Eikyuus.

"Hallo Leute," sagte der Draconer zu seinen Verwandten. "Ihr kennt sicher Eikyuu, und dies ist sein Kariat Valerian." Er wandte sich an seine Magierkollegen. "Kaji kennt ihr zwei ja. Mein Urgroßvater Hibashi, meine Schwestern Kaen, Shouka und Hidane. Meine Vater Enjou und meine Mutter Mouka. Leider konnten Kajis Eltern nicht kommen, Kasei hat sich das Bein gebrochen."

Eikyuu und Valerian nickten den Drachen und Draconern grüßend zu. Doch sie hielten sich nicht lange auf. Taika zeigte ihnen sein Schlafzimmer. Sie verschlossen die Tür von innen.

Eikyuu nahm sich sogleich die Freiheit, sich im Schneidersitz auf Taikas Bett zu setzen. Er atmete tief durch und schloss die Augen. Der Flammentänzer setzte sich auf die gleiche Art neben ihn.

//"Taika. Öffne mir deinen Geist."//

//"Ja."//

Valerian konnte ihre Gedanken hören, doch er war nicht wirklich Teil des Vorgangs. Er akzeptierte das und beschränkte sich auf die Rolle des Zuschauers, bereit, in einem Notfall einzugreifen.

Eikyuu drang in Taikas Geist vor. Er stieß nicht auf Widerstand, sondern wurde vertrauensvoll begrüßt. Zugleich war sein Freund ein Halt für ihn, denn der Seelenleser hatte Mühe, nicht in Shiseis Emotionen zu ertrinken. Manche seiner Art taten regelmäßig ähnliche Dinge wie das, was Eikyuu nun versuchte, aber er war mehr geübt in der menschlichen Magie als in seiner eigenen, angeborenen Kunst. Taika hielt ihn, und so wagte er es, seinen Geist vom Körper zu trennen.

"Shisei..." Eikyuu schwebte auf den Jungen zu, der sich in einer Ecke des Zimmers zusammengekauert hatte.

"Ei...kyuu... Du solltest das nicht tun. Es sind schon Seelenleser verrückt geworden durch die Rächer..."

"Es sind auch schon welche auf andere Weise verrückt geworden, das hat nichts mit deiner Art zu tun." Der Seelenleser sah Shisei zum ersten Mal aus der Nähe in unversehrter Gestalt. "Heiliger Erlöser der Seelen! Shitai!" entfuhr es ihm.

Grüne Augen sahen ihn verwirrt an. "Shitai? Ich... kann mich nicht erinnern..."

"Du siehst aus wie er," hauchte Eikyuu. "Shitai und ich waren Jugendfreunde."

"Man sagt ihm nach, er sei ein Mörder gewesen." Shisei zog seine Knie näher an sein Kinn heran. "Vielleicht wurde er in mir wiedergeboren und mit meinem Leben gestraft."

"Du solltest es besser wissen. Die Wiedergeburt ist eine Chance, es anders zu machen. Im Übrigen steht nicht fest, dass Shitai all das getan hat, was man ihm vorwarf."

Shisei schluchzte auf. "Dann muss es wohl mein Schicksal sein, angeklagt und verurteilt zu werden, egal ob schuldig oder nicht, und das in jedem Leben..."

Eikyuu kniete sich neben den Jungen. Da er auch ein Geist war, konnte er ihn berühren. Sanft strich er ihm durch das schiefergraue Haar. "Ich kannte Shitai. Wir waren lange Jahre miteinander befreundet, ehe wir uns zeitweise aus den Augen verloren. Er war nicht böse. Und ob du er bist oder nicht, du bist nicht Schuld an deinem jetzigen Schicksal. Es tut mir Leid. Ich hätte dich nicht auch noch damit belasten dürfen, ich war nur so... überrascht."

Shisei entspannte seine defensive Haltung ein wenig. "Meinst du, jemand hat absichtlich mich ausgesucht? Jemand, der Shitai kannte?"

"Kann ich mir nicht vorstellen. Als Kind war er fast nur unter seinesgleichen. Später kannten ihn die meisten nur flüchtig. Er ging ungern Freundschaften ein. Erst als Erwachsener begann er seine Reisen. Ich glaube kaum, dass ihn jemand in dir wieder erkannt hat, zumal du ja auch nicht viel mit anderen Drachen zu tun hattest. Ich denke, sie wollten einfach nur ein wehrloses Kind."

Shisei lächelte verzweifelt. "Ja, so wird es sein... mit einem ausgewachsenen Rächer hätten sie das nicht machen können. Sie konnten sie alle hinterhältig töten, aber sie hätten niemanden außer einem Kind gefangen nehmen können..."

Eikyuu zog den Jungen in seine Arme. "Wir finden heraus, wer dafür verantwortlich ist. Aber du musst dich jetzt beruhigen. Die Seelenleser spüren deine Verzweiflung. Im Gegensatz zu mir wissen sie nicht, was sie da spüren. Noch können wir ihnen einreden, dass alle einen bösen Traum hatten, der vielleicht eine Warnung, ein Vorzeichen ist. Niemand darf merken, dass du an Taika gebunden bist. Sonst könnte jemand ahnen, dass du wiedergeboren werden sollst."

"Es tut mir Leid... Ich wollte in die Folterkammer, um mich meinen Erinnerungen zu stellen, Eikyuu... Doch das hat mir nicht geholfen, sondern alles noch schlimmer gemacht," bedauerte Shisei. "Ich hätte auf Taika hören sollen."

"Hör mir zu... Die Schmerzen gehören der Vergangenheit an. Sie können dich nicht mehr erreichen. Du kannst sie nicht vergessen, aber du musst dich von ihnen abgrenzen, oder sie werden ewig dein Leben bestimmen."

"Das liegt vielleicht daran, dass mein Leben wirklich nur aus Schmerzen bestand," murmelte der Rächer. Seine Tränen flossen jetzt unkontrolliert. Eikyuu hielt ihn nicht vom Weinen ab, wusste er doch, dass es befreien konnte.

"Lass mich dir helfen. Du darfst dich nicht hinter deiner Angst und Verzweiflung verkriechen. Wenn du das in dir einschließt, wird es dich zerstören. Es gibt eine Lösung. Sie ist erstaunlich einfach: Sei wütend."

Die tränennassen Augen blickten überrascht auf. "Was? Du willst, dass ich wütend werde?"

Eikyuu nickte. "Du warst unschuldig. Also besteht kein Grund, dich selbst so zu bestrafen. Richte die Energie nach außen. Finde ein Ziel und lass sie heraus."

"Aber... was für ein Ziel soll ich mir aussuchen?"

"Warte bis zur Versammlung ab. Du wirst wissen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist."

"Seelenleser... manipulierst du mich?"

"Oh... ein wenig. Fühlst du den Zorn?"

"Ja... er... kommt mir nicht so schwer auf meinem Herzen vor..."

"Genau. Weil du ihn nicht bei dir behalten wirst. Du wirst ihn von dir stoßen, zusammen mit der Angst, der Verzweiflung und den Gedanken an diese Schmerzen. Die Schmerzen sind vorbei."

Shisei nickte. Er merkte, was Eikyuu mit ihm machte, doch er ließ es geschehen. "Deine Augen sind ja so rot wie Kirschen," stellte er plötzlich fest.

Der Seelenleser lächelte, erleichtert, dass der Junge wieder auf solche einfachen Dinge achtete. "Das taucht alle paar Generationen in meiner Familie auf."

"Fast schade, dass sie silbern geworden sind."

"Ja, dachte ich bei Valerians blauen Augen auch."

"Du... solltest langsam zurückgehen, ehe Timarios dich bemerkt," warnte Shisei.

Eikyuu nickte. "Kommst du zurecht?"

"Sicher. Ich bin ja an Taika gebunden."

"Das meine ich nicht, und du weißt..." Eikyuu hielt inne, als ihm etwas einfiel. "Warte mal... ihr Rächer seid doch die Einzigen, die den Erlöser der Seelen bei seinem wahren Namen nennen, nicht?"

Shisei hob eine Augenbraue. "Ja, aber er wäre sicher nicht böse, wenn es andere auch täten."

"Ja, natürlich... Schon gut." Eikyuu drückte den Jungen noch einmal an sich. "Sei stark. Aber schäm dich nicht, wenn du Hilfe brauchst."

"Danke, Eikyuu. Ich glaube, du hast mir geholfen."

Der Seelenleser verabschiedete sich mit einem Nicken und suchte den Weg zurück in seine eigene unsterbliche Hülle. Es gab noch jemanden, der Timarios' Namen aussprach. Jemanden, der vor Jahren in einer Folterkammer befohlen hatte, einem Jungen die Zunge herauszuschneiden. Er musste nur herausfinden, wer das war.

"Kyuu, da bist du ja wieder!" Valerian fing seinen Partner auf, als dieser sich müde zur Seite kippen ließ.

"Ich mach das einfach nicht oft genug... bin wohl zu sehr ein Magier," murmelte Eikyuu.

Taika blinzelte sich aus seiner Konzentration. //"Puh... Geht es dir besser, Shisei?"//

"Ja. Eikyuu hat mir gezeigt, wie ich meine Energie sinnvoller nutzen kann, als in Verzweiflung zu versinken." Der Junge sah nicht so aus, als wäre alles in Ordnung, aber er war auch nicht mehr so aufgewühlt wie zuvor.

"Ich spüre den Kleinen nicht mehr so stark," teilte der Seelenleser den anderen mit. "Die Gefahr, dass noch jemand ihn bemerkt, dürfte damit gebannt sein."

Taika kicherte unwillkürlich, als er sah, wie sein alter Freund fast einschlief. "Valerian, bring deinen großen Meister zurück zum Palast. Das Frühstück fängt bald an, ihr solltet die Eröffnung des Treffens nicht verpassen. Bestimmt hattet ihr eine anstrengende Nacht und jetzt entsprechend Hunger."

Der Prinz zog Eikyuu auf die Füße. "Na komm. Nach dem Frühstück haben wir doch sicher Zeit zum Schlafen."

"Wenn du dich da mal nicht irrst," murmelte der Drache. Er riss sich zusammen und machte sich gemeinsam mit seinem Kariat auf den Rückweg. Doch er wählte nicht ganz den direkten Weg, sondern einen Umweg durch den Schlossgarten, wo er eine einsame Ecke aufsuchte. Auf einer Bank machte er es sich bequem und zog Valerian neben sich.

Der Schwarzhaarige brauchte nicht die Gabe seines Partners, um zu merken, dass dieser etwas auf dem Herzen hatte, er wartete jedoch, bis er von selbst erklärte, was los war.

"Ich glaube, dass Shisei vielleicht Shitai ist... oder war," begann Eikyuu schließlich.

Valerian hob die Augenbrauen. "Dieser Rächer, der angeblich so wahllos getötet hat? Haben sie das nicht Shisei bei seiner Verhandlung vorgeworfen?"

"Ja. Es wurde behauptet, er sei der wiedererstandene Shitai, und das war wohl mit ein Argument, das viele von seiner Schuld überzeugt hat. Und das, obwohl niemals bewiesen wurde, dass Shitai so ein Verbrecher war, wie es hieß. Ich glaube nicht, dass er böse war."

Sein Kariat sah ihn prüfend an, doch Eikyuu starrte auf einen Rosenbusch in einem Beet gegenüber. "Ich kannte Shitai," fuhr er fort. "Wir haben als Jungen zusammen Dummheiten gemacht. Du glaubst gar nicht, wie viel Mist ein Seelenleser und ein Rächer zusammen bauen können..."

Valerian lächelte, irgendwie überraschte ihn das nicht. Wie viel wusste er denn schon von Eikyuus langem, bisherigem Leben? "Willst du darüber reden?"

Der Magier nickte zögernd. "Du hast ein Recht, es zu erfahren, und es ist mir lieber, wenn ich es dir sage..."

"Oh." Der Prinz ahnte es schon. "Du hast ihn geliebt, nicht wahr?"

Eikyuu unterdrückte ein Schluchzen. "Tut mir Leid, Shiseis Verzweiflungsstimmung muss ein bisschen auf mich abgefärbt haben..." Er versuchte, die aufkommenden Tränen wegzuwischen.

Valerian hielt ihn davon ab. "Nicht. Lass sie raus. Ich weiß nicht, was du Shisei gesagt hast, aber gewiss war sowas dabei wie *friss es nicht in dich hinein, sonst machst du dich selbst fertig!*"

Sein Drache musste lachen, doch der Ton, der dabei herauskam, war mit seiner tiefen Trauer vermischt. "Er war mein Erster, Val. Ich war ein paar Jahre jünger als er. Er war so... verrucht, wild und frei. So wollte ich auch sein. Machen, was ich wollte."

Eikyuu schloss bebend die Augen, und mehr Tränen liefen über seine Wangen.

"Eines Tages flog er mit mir zu einer unbewohnten Insel, jener Insel, die heute mein ist. Wir blieben eine Weile dort und lebten nur von der Natur. Es war uns ganz egal, ob unsere Eltern sich Sorgen machten oder was die restliche Welt ohne uns tat.

Eines Nachts waren wir schwimmen und lagen anschließend im Sand, der noch warm von der Sonne war. Er sah mich an, und ich wusste, dass er mich wollte. Du hast Recht, Val, ich liebte ihn. Und in jener Nacht nahm er mich. Es war nicht perfekt, denn wir waren beide viel zu unerfahren, aber es war für mich das erste Mal, und ich war selig. Ich dachte, ich hätte mit ihm die Erfüllung gefunden.

Doch er war ein Rächer. Er konnte sich nicht gegen sein Schicksal wehren. Wenn er loszog, um dem Geist eines Ermordeten seine Rache zu ermöglichen, wartete ich sehnsüchtig auf seine Rückkehr. Und er kam zurück zu mir. Viele Jahre lang. In seiner Abwesenheit begann ich mit meinem Studium der menschlichen Magie. Shitai war stolz auf meine Fortschritte, und das spornte meinen Ehrgeiz an. Aber irgendwann verließ er mich, um den Mord an einem seiner eigenen Ältesten zu rächen. Und er kam nicht zurück. Ich erfuhr später, dass er sich mit einem der Donnerflügel bis aufs Blut bekämpft hatte. Nach seinem Sieg war er seinen schweren Verletzungen erlegen. Und die Donnerflügel hatten danach keinen vollblütigen Vertreter mehr.

Ich wusste natürlich, dass Rächer wiedergeboren werden können, deshalb besuchte ich oft ihr Dorf in der Hoffnung, dass er dort ist und sich an mich erinnert. Wenn es so war, hat er sich mir nie zu erkennen gegeben. Also gab ich ihn auf und widmete mich der Magie. Wer weiß... vielleicht sollte es so sein."

Eikyuu saß nach vorne gebeugt da und barg sein Gesicht in seinen Händen. Valerian war bei ihm, hielt ihn, unterbrach seine Erinnerungen jedoch nicht. Der Seelenleser konnte nichts als Liebe von ihm spüren. Da war kein Zweifel, keine unausgesprochene Frage. Nur Verständnis und Zuneigung. Er riss sich zusammen. Der letzte der Rächer war tot, und ein anderer musste nun ihr Schicksal erfüllen, bis Shisei wiedergeboren wurde.

Eikyuu wartete, bis seine Tränen getrocknet waren. Zögernd stand er auf, straffe dann jedoch seine Schultern und wurde wieder der selbstsichere, fast arrogante Magier, als den sie ihn alle kannten. Er streckte eine Hand nach Valerian aus, der abwartend sitzen geblieben war. "Komm, Kariat. Wir haben viel zu tun."

Valerian lächelte, stand auf und ergriff die Hand.
 

***

Fortsetzung folgt.
 


 

Namensbedeutung
 

Alle japanischen Namen der Flammentänzer schreibt man mit dem Zeichen für Feuer:

Kaen - eine Flamme

Shouka - Feuer löschen

Hidane - Glut

Enjou - in Flammen stehen, brennen

Mouka - tobende Flammen

Kasei - Gewalt der Flammen
 

Shitai:

Japanisch; wörtlich "toter Körper", also Leiche. Keine so tolle Bedeutung, aber als ich den Namen wählte, wusste ich noch nicht, dass Shitai noch eine Rolle bekommen würde... Andererseits passend, weil er ja angeblich so viele Leichen hinterlassen hat. Und er selbst ist auch tot. Oder?
 

Outtakes
 

Zu 8) Das Spiel

Von Purple_Moon *alles muss man selber machen*
 

***

Die beiden weihten ihn in ihre bisherigen Vorhaben ein. Taika hörte interessiert zu, und der Geist an seiner Seite auch. Shisei wusste, dass Eikyuu ihn spüren konnte, und nutzte das aus. Er sandte ihm bewusst seine Gefühle, um sich ihm verständlich zu machen.
 

Eikyuu fasste sich an den Kopf, um den Eindruck, den er empfangen hatte, zu deuten. "Nein, Kleiner. Wir können jetzt nicht erstmal zu Burger King gehen und einen Mc Chicken essen!"

Valerian (stirnrunzelnd): "Gab's die nicht bei Mc Donald's?"
 

***

Der Drache erhob sich, um zu verhindern, dass sein Partner sich aufsetzte. Er grinste fies und drückte ihn zurück auf das Laken. "Gleich, Kariat. Hab noch ein bisschen Geduld." Eikyuu leckte nun an seinen eigenen Fingern, und der Anblick brachte den Prinzen zum Wimmern.
 

Dann griff er mit den Fingern nach einem Stapel Papier und blätterte die einzelnen Zettel durch.

Eikyuu (total versunken in die Tätigkeit): "Ich muss gerade noch mal eben unsere Gagenabrechnungen vom letzten halben Jahr durchsehen, ehe ich das wieder vergesse..."

Valerian (sexuell frustriert): ...
 

***
 

Die Outtakes wurden inspiriert von Jacky Chan, der immer welche am Ende seiner Filme bringt. Wenn euch welche zu dieser Episode einfallen, schickt sie mir bitte per ENS. Die lustigsten erscheinen am Ende der nächsten Folge, natürlich mit dem Namen des Erfinders. Danke!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2013-11-19T15:47:01+00:00 19.11.2013 16:47
Hallo (◑‿◐)

*schmunzelt* na super erst werden die Kariats „gefoltert“ und dann dürfen sie
auch noch die „Baustelle“ aufräumen ... wenigst waren sie danach gleich baden.^^

Das der Kleine in der Nacht der ganzen Burg Alpträume geschickt hat, war sicher nicht günstig. Hoffentlich können sie bis zu Eikyuus Plan noch unentdeckt bleiben und auch das niemand auf die Idee kommt, das Taika und die Gruppe um ihn ihm ein neues Leben ermöglichen.

Ich fand es interessant, das Eikyuus schwäche darin liegt, das er seine eigentlich angeborenen Fähigkeiten so hat verkümmern lassen, das ihm das was ihm leicht fallen sollte doch ein paar Probleme bereitet. Aber er hat es geschafft Shisei zu beruhigen. Aber das er in ihm Shitai erkennt war wohl nicht ganz so beruhigend, zumal er wohl auch noch Gefühle für ihn hat, oder halt doch Emotionen übrig geblieben sind – ob Valerian eifersüchtig wird, wenn er jetzt hilft die verflossene Liebe wiederauferstehen zu lassen ... hoffentlich nutzt das keiner aus, um ihn zu manipulieren.

Liebe Grüße, Jyorie

Von:  Nurija
2005-05-26T21:53:57+00:00 26.05.2005 23:53
wieder einmal ein tolles kapitel *lob* ich bin hin und weg *lächl*...
ich fühl richtig mit eikyuu *schnief* und natürlich auch mit shisei T___T...der arme shisei...aber was is er auch so dumm und geht in die folterkammer *koppschüttl*...
dass eikyuu kirschrote augen hat, gefällt mir *hihi*
nja, ich freu mich schon auf das nächste kapitel *kicher*...

ba ba
nurija


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