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Fremde Welten (#1)

Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.
von

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Bedürfnisse

Kapitel 28: Bedürfnisse
 

"Es ist nicht besonders schwierig. Visualisiere das Licht! Konzentriere dich auf deine innere Kraft, bis du dich mit der Welt verbunden fühlst, und dann wünsch es herbei!"

"Oh, klingt ja echt einfach..." Yugi versuchte es seit einer halben Stunde. Er hatte ja schon vorher geübt, mit der Welt verbunden zu sein. Aber Licht herbeizuwünschen fiel ihm einfach schwer, weil sein Verstand nicht daran glaubte.

Der Garten mit dem Brunnen war irgendwie ihre Übungsarena geworden. Im Dunkeln brannten hier kleine Laternen mit Feenlicht.

Neo und Mava hatten sich zu ihnen gesellt und beobachteten Yugi bei seinen Bemühungen. Skill dagegen sah Blacky zu, der Appi ein paar neue Tricks mit dem Kampstab zeigte. Sie benutzten dazu Holzstäbe, die ihnen die Feen überlassen hatten. Dark hatte irgendwie den Eindruck, dass sein Partner sich extra keine Mühe gab, Skill die Wahrheit über sich zu sagen.

Irgendwann stand der Landstreicher auf und ging zu den beiden hinüber. "Hey, darf ich mal mitmachen, Jungs?"

"Äh, Paps. Das ist vielleicht keine gute Idee," versuchte Dark ihn zu warnen.

"Lass nur, das wird er ja dann sehen," grinste Blacky.

Appi überließ dem Älteren seinen Übungsstab und suchte sich einen Zuschauerplatz. Yugi, Mava, Neo und Dark konzentrierten sich ebenfalls auf das Geschehen, gespannt, wie das wohl ausgehen würde.

Allerdings war Skill nicht umsonst ein Landstreicher. Er hatte auf seinen Reisen schon so manches Gesindel verprügelt, wie Blacky feststellen sollte. Es dauerte nur ein paar Augenblicke, und der Blauhäutige lag am Boden. Doch er grinste nur breit, stand wieder auf und stellte sich seinem Übungsgegner erneut.

"Oh nein, pass auf, Vater!" rief Dark noch. Doch seine Warnung wurde anscheinend gar nicht gehört...
 

"Skill, das war wirklich nicht sehr klug, immerhin haben wir schon genug Verletzte," rügte Waever ihren Ex-Liebhaber, während sie seinen rechten Arm dick bandagierte. Mit seinem Kopf, dem linken Fuß und der linken Hand war sie schon fertig.

"Schatz, wollen wir nicht... einen Heilzauber anwenden?"

"Sag das noch mal, und du wirst nie wieder Heilzauber anwenden!"

"Och, Wivi!"

"Klappe!"

"Aber dieser Blacky hat einen Kampfstil drauf, du liebe Zeit, total ungeordnet..."

"Ich glaube, er hat's nicht so mit Ordnung," vermutete Weaver. "Und jetzt halt endlich still! Was musstest du es auch so übertreiben?"

Auf der anderen Seite desselben Tisches auf dem Gang, wo sich die Freunde versammelt hatten, saß Blacky mit einem ähnlichen Problem.

"Wir haben vorhin erst den Heilzauber gemacht, das kannst du dir abschminken," teilte Dark ihm mit, während er einen Verband an der Schulter extra grob festzog.

"Au! Aber dein Vater hat mir ziemlich zu schaffen gemacht!" jammerte Blacky.

"Du hättest dich nicht mit ihm schlagen müssen, bis du bewusstlos warst!"

"Das wäre nicht passiert, wenn ich besser in Form gewesen wäre!"

"Ausreden!" Dark rieb eine Schürfwunde am Ellenbogen gnadenlos mit einer desinfizierenden Salbe ein.

Blacky biss standhaft die Zähne zusammen. "Du bist gemein zu mir! Es war doch ein gutes Training!"

"Spar dir deine Kräfte lieber für Exodia, die wird hier bestimmt bald auftauchen! Die Harpyien haben sie nicht weit von hier in der Nähe der Adlerberge gesehen!" wandte Dark ein. "Wenn sie hierher unterwegs ist, wird sie in ein oder zwei Tagen hier sein!"

"Ich bin einsatzfähig," bemerkte Mava. "Zwar kann ich meine Hände noch nicht so richtig benutzen, aber meine Magie..."

"Red keinen Quatsch, du bist weit entfernt von einsatzfähig," unterbrach Weaver ihn. "Du bist noch nicht ganz gesund, dein Körper gibt dir das deutlich zu verstehen."

"Warum benutzt du nicht auch diesen Heilzauber?" schlug Appi vor. "Du findest bestimmt jemanden, der oder die sich zur Verfügung stellt..."

Mava schwieg errötend.

"Ich könnte versuchen, Slifer zu beschwören, wenn Exodia kommt," meinte Yugi. "Er sagte, ich könne ihn rufen, ohne wieder drei Opfer zu bringen, wenn ich mir sein Zeichen einbrennen lasse."

Dark erstarrte mitten in der Bewegung - er hatte gerade eine weitere Stelle verbunden. "Was sagst du da? Deshalb also... deshalb trägst du dieses Brandzeichen."

Yugi nickte. "Ich bin seine Verbindung in diese Welt."

Alle starrten ihn an, als hätten sie gerade entdeckt, dass er ein Gott war - so wie die Dorfbewohner.

"Dann bist du wirklich... beinahe jedenfalls... Slifers Avatar..." schloss Neo.

"Oh, nicht doch. Ihr werdet mich jetzt nicht wie einen Heiligen behandeln, oder?" flehte Yugi. Ihm war nicht klar gewesen, dass sie gar nicht bescheid wussten. Niemand wusste genau, wofür das Brandmal gut war, sie wussten nur, dass er es von dem Göttermonster bekommen hatte.

"Glaubst du, dass du stark genug dafür bist?" erkundigte sich Blacky besorgt.

"Ich kann es nicht beurteilen, solange ich es nicht versucht habe," gab Yugi zu. "Aber Slifer würde mich sicher nicht gefährden."

"Er weiß vielleicht nicht, was er dir zumutet," gab auch Dark zu bedenken.

"Aber, aber, mein Sohn, du wirst doch nicht die Weisheit eines Gottes in Frage stellen," rügte Skill ihn.

"Jeder kann sich mal irren," warf Blacky ein. "Yugi, du solltest langsam schlafen gehen. Der Tag war doch recht anstrengend für dich. Wir kommen gleich nach."

Der Junge nickte und stand auf. Appi lief ihm nach. "Warte! Ich hab kein eigenes Bett, alle sind mit Verletzten belegt!"

Yugi seufzte. Er war es ja schon gewohnt, mit Dark und Blacky ein Bett zu teilen, die wälzten sich wenigstens nicht so herum wie Appi. Mit dem konnte man nicht im selben Bett schlafen. Allerdings fragte er sich manchmal, ob er die beiden Magier nicht störte. Als er sich kurz umsah, entschied er, dass sie sich zu helfen wussten - sie tuschelten lächelnd miteinander, als heckten sie irgendeinen Plan aus. Vielleicht kam Blacky dann doch noch zu seinem Heilzauber.

Eine von Darks Lichtkugeln war hinter ihnen her geflogen und schwebte jetzt an der Decke. Sie konnte den Raum nicht allzu gut ausleuchten, aber das war auch nicht nötig.

Appi zog sich ein Nachthemd über, das die Feen bereitgelegt hatten. "Oje, mein Gewand ist schon wieder schmutzig, die Feen haben es nicht leicht," murmelte er.

"Auf diesem weißen Stoff sieht man aber auch alles," kommentierte Yugi, der sich hinter dem Wandschirm noch kurz wusch. Auch sein Kleid war schmutzig, allerdings mit Salbe, Medizin und Suppe.

"Sag mal, wie kommst du eigentlich damit klar, dass deine beiden Liebhaber nicht bei dir sind?" fragte Appi plötzlich.

Yugi lief rot an und zog sich schnell das Nachthemd über. "Warum willst du das denn wissen?"

"Ach... nur so, du musst doch sicher... Bedürfnisse haben?"

"Argh! War das jetzt etwa ein Angebot?"

"Lass mal, ich mag dich zwar, aber nur als Freund. Außerdem steh ich nicht auf Männer. Erwähnte ich, dass Joan heiß aussieht?"

"Wer hat denn jetzt Bedürfnisse?" Yugi verschwieg dezent, warum er seine Morgentoilette nicht im Zimmer erledigte. Natürlich hatte er Bedürfnisse. Das war auch der Grund, warum er sich gerne beschäftigte, es lenkte ihn davon ab.

"Na gut, ich will ehrlich sein," gestand Appi.

[Oh nein, hoffentlich sagt er jetzt nicht doch, dass er auf mich scharf ist, was mach ich denn dann?!] Yugi wartete etwas furchtsam auf die weiteren Geständnisse:

"Ich hab gestern 'nen alten Kumpel getroffen; er ist hergekommen, um seine Mutter zu besuchen, die ist nämlich im Friedenslicht-Orden. Er hat von dir gehört und dich wohl auch mal gesehen und wollte wissen, ob du noch zu haben bist. Ich hab ihm deine Situation erklärt und er meinte, er würde dir gerne... aushelfen."

Yugi sah mittlerweile aus wie eine überreife Tomate. "Das hat er gesagt?"

"Ja, er findet dich niedlich für einen Jungen deines Alters. Das mag er, aber er würde sich nie wirklich an einem Kind vergreifen. Naja, da kommst du ihm praktisch genau recht."

"Äh... ja, also... vielen Dank, aber... nein danke."

Appi lachte. "Tja, das hab ich mir gedacht! Nichts für ungut! Wenn ich ihn wieder treffe, richte ich es ihm aus!"

Yugi war bloß froh, dass er diesen Freund nicht kannte, so musste es ihm nicht peinlich sein, wenn er ihn traf. Als er im Bett war, löschte Appi die magische Lichtkugel, die sie mitgebracht hatten, und schon bald war sein Schnarchen zu hören.

Doch Yugi sollte keinen ruhigen Schlaf haben - was nicht hieß, dass er schlecht schlief. Er träumte von Seto, der sich über ihn hermachte... Es fühlte sich so echt an, so wirklich... als wäre sein Geliebter tatsächlich bei ihm in seinem Bett... Setos Küsse, Setos Hände...
 

***
 

"Und du bist sicher, dass Yugi das spüren konnte? Ähm... kann ich was zu ihm sagen?"

"Du kannst es versuchen. Ich denke, dass er was spürt, aber ob er dich hört? Ich habe die Verbindung schwach gehalten, wegen dieser Gefahr..."

Beide jungen Männer in dem großen Bett atmeten schwer von der vorangegangenen körperlichen Betätigung. Setos Haar war strähnig, weil er schwitzte. Er weidete sich am Anblick seines Partners, dessen Wangen leicht gerötet waren und ebenfalls einen dünnen Schweißfilm zeigten - so wie der ganze nackte Körper. Nur das Brandmal war mit einem Pflaster versehen, damit es sich nicht mehr als nötig unangenehm bemerkbar machte. Yami trug die Millenniumskette, und das Puzzle natürlich. Es lag neben seinem Kopf. Der Millenniumsstab lag für Notfälle auf dem Nachttisch bereit.

Seto beugte sich zu einem weiteren Kuss hinab. "Na gut..." er blickte tief in die violetten Augen. "Ich liebe dich so sehr Yugi... wenn du doch nur wieder bei mir sein könntest..."

Yami atmete zischend ein und schloss die Augen in Konzentration. "Ich... spüre seine Gegenwart... er hat dich bestimmt gehört... oder zumindest kann er erahnen, was du meinst..."

"Du konntest doch sonst immer mit ihm reden!" meinte der Braunhaarige.

"Ich wage es nicht, die Verbindung zu verstärken," wandte Yami ein. "Es fühlt sich an, als würde eine andere Präsenz nur darauf lauern!"

"Eine andere Präsenz? Etwa ein Spanner?"

Der Pharao musste lachen. "Aber nein. Jedoch jemand, der merkt, wenn wir das Tor öffnen. Wir dürfen das nicht riskieren. Es ist schon gefährlich genug, was wir bisher getan haben. In so einer Situation kann man allzu leicht die Kontrolle verlieren."

Das war etwas, das Seto verstand, denn er legte Wert darauf, stets die Kontrolle zu haben. Selbst im Bett ließ er sich nicht leicht gehen. Es hatte eine Weile gedauert, bis er seinen beiden Geliebten genug vertraut hatte, um sich diese Schwäche zu erlauben. Jetzt ließ er sich seufzend auf Yamis Brust sinken. "Geht es ihm gut?"

"Ja, er scheint in Sicherheit zu sein. Wenn er in Gefahr wäre, wüsste ich es doch."

"Ich frage mich, ob er sich von uns im Stich gelassen fühlt."

"Unsinn. Er hat doch selbst gesagt, dass es zu gefährlich ist, ihn befreien zu wollen."

"Aber diese ominöse Gefahr... Wir sollten Vorkehrungen treffen, Yami. Falls wir ihm zu Hilfe eilen müssen. Dazu wird es garantiert irgendwann kommen. Vielleicht sollten wir den Feind lieber jetzt stellen, ehe er zu stark wird."

Yami dachte kurz darüber nach. "Nein. Ich kann Yugis Worte nicht verstehen, aber ich glaube, er versucht mir zu sagen, dass wir wegbleiben sollen. Er leidet zwar darunter..."

Seto hörte an Yamis Stimme, dass er Tränen unterdrückte. Böse Zungen mochten behaupten, dass der Pharao Yugis Abwesenheit ausnutzte, um den Geliebten für sich allein zu haben. Aber das konnte nur jemand denken, der Yami nicht so gut kannte. Naja, anfängliche Verdächtigungen aus dem Freundeskreis hatten sich ja gelegt. Wie konnte man ihm das auch unterstellen? Yami liebte Yugi so abgöttisch, dass sogar Seto manchmal eifersüchtig war.

"Immer muss Yugi wegen mir leiden," presste der Pharao hervor. Seto sah sein Gesicht nicht, aber er hörte, dass er jetzt ernsthaft weinte. "Durch meine Schuld ist er dort gefangen... Bakura hatte es auf mich abgesehen! Und ich verpfusche auch noch sein Leben."

"Yami, dass haben wir doch schon besprochen. Gib dir nicht die Schuld für alles. Yugi hat entschieden, sich mit dir einzulassen. Du bist doch derjenige, der sonst immer vom Schicksal spricht."

"Du kannst das nicht nachvollziehen. Wenn ich nachts allein zu Hause bin, bin ich wirklich ganz allein. Yugi und ich teilten einen Körper. Man gewöhnt sich an diese Nähe, viel mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich fühle mich verlassen und verwundbar ohne ihn. Vielleicht wäre es anders, wenn ich ihn nicht so lieben würde..." Durch die hauchdünne Verbindung zu Yugi konnte Yami ein warmes Gefühl des Trostes empfangen. [Jetzt habe ich auch noch Yugi meine Verzweiflung spüren lassen, wie dumm kann man sein...?]

"Dann musst du solange mit mir vorlieb nehmen," bemerkte Seto. "Ich musste mein Leben lang für mich selbst sorgen. Du wirst das auch schaffen, bis du Yugi zurückhast."

Yami sandte seinem kleinen Partner etwas, das hoffentlich als Ermutigung und Versicherung, dass alles soweit in Ordnung war, empfunden wurde, und trennte dann die Verbindung. Wenn er zu emotional wurde, konnte er sich sonst vielleicht nicht mehr beherrschen. Das Tor noch weiter zu öffnen, war zu diesem Zeitpunkt zu gefährlich. Er versuchte, sich auf den folgenden Tag zu freuen.

Mokuba freute sich jedenfalls schon sehr darauf, den Nachmittag ganz ohne die Kaiba Corporation bei Großvater Mutou zu verbringen. Er war ganz begeistert von dem alten Mann und hatte das gemeinsame Essen sehr genossen.

Yami erinnerte sich noch gut an die Escargot. Dass manche Leute diese Dinger eklig fanden, konnte er nicht ganz nachvollziehen. Gut, sie sahen ein bisschen unappetitlich aus, wenn man es erst einmal geschafft hatte, sie aus dem harten Gehäuse zu pulen. Aber ganz schlecht war der Geschmack nicht. Nur war er davon nicht allzu satt geworden, da wäre ein ordentliches Stück Fleisch doch besser gewesen. Dafür hatte Seto zum Nachtisch Mousse Au Chocolat bestellt. Sehr viel davon... und Yami hatte gefuttert, bis ihm schlecht geworden war.

Seto kraulte und streichelte ihn, bis er einschlief. Yami hatte wirre Träume von seinem Duell gegen Marik, nur dass er auf dem Spielfeld stand und irgendein komisches Kostüm trug. Marik spielte lachend ein Monster, um ihn wegzupusten, und ein greller Lichtstrahl schoss auf ihn zu...

"Hey, aufstehen, ihr Morgenmuffel, raus aus den Federn!" Mokuba hämmerte gegen die Tür. Sie war zwar nicht abgeschlossen, aber der Junge war nicht erpicht darauf, die zwei nackt vorzufinden.

Yami hatte Probleme, den Traum zu verdrängen und sich zu erinnern, was für ein Tag heute war. Ob die Kopfschmerzen von seiner Experimentiererei mit dem Puzzle kamen? Dann fiel ihm ein, dass ein ruhiger Tag zu Hause vor ihm lag, und er war erleichtert, dass er einfach nur aufzustehen und zu Großvater zu fahren brauchte, dann konnte er wieder entspannen. Hoffentlich suchte Mokuba keinen Horrorfilm aus, aber für die ganz schlimmen war er eh noch zu klein.

Zusammen mit Seto raffte er sich auf und schlurfte zum Bad. Sein Geliebter seifte ihn freundlicherweise ein, also musste er fast nichts tun. Abgesehen davon, dass die einseifenden Hände sich dann um eine bestimmte Körperpartie besonders sorgfältig kümmerten, so dass es doch wieder länger dauerte. Jedenfalls war er danach einerseits wach, andererseits wollte er nach der neuen Anstrengung am liebsten gleich wieder weiterschlafen.
 

Mokuba war schon lange fertig und wartete ungeduldig darauf, dass "die Großen" in die Gänge kamen. Sie aßen schnell ein Toast und tranken eine Tasse Kaffe bzw. Kakao - Yami mochte alles mit Schokogeschmack - und folgten dem Schwarzhaarigen dann zur Limousine. Mokuba hatte sich gewünscht, dass sie mit dem Bus fuhren wie normale Leute, aber Seto hatte keine Lust, ständig die Leute hinter seinem Rücken tuscheln zu hören, weil sie ihn erkannt hatten. Dann auch noch in Begleitung mit Yugi Mutou, da kam bestimmt irgendein Idiot auf die Idee, ein Bild zu machen und es an die Zeitungen zu verkaufen, so dass dann wieder die wildesten Gerüchte kursierten. Nicht dass es ihm etwas ausmachte, wenn die Leute ihn für schwul hielten, das stimmte ja schließlich. Er mochte halt einfach den ganzen Klatsch nicht. Und sein Liebesleben ging niemanden was an, nur sah die Presse das anders.

Sugoroku hatte natürlich den Laden offen, als sie eintrafen. Ein paar Kinder sahen sich Duel Monsters Karten in einer Vitrine an, die leider viel zu teuer für sie waren. Der alte Mann freute sich, die Neuankömmlinge zu sehen, doch er konnte ihnen noch nicht Gesellschaft leisten, deshalb begaben sie sich ohne ihn ins Wohnzimmer. Dort stellten sie fest, dass Großvater Chips, Popcorn und Cola für sie besorgt hatte.

"Der Alte meint es zu gut mit uns," kommentierte Seto lächelnd. "Ich hätte auch jemanden schicken können..."

"Ach, lass ihm die Freude," unterbrach Yami ihn. "Er ist doch glücklich, wenn er nicht allein ist und etwas für uns tun kann." Er packte sich leicht frustriert aufs Sofa, bemühte sich jedoch Mokuba zuliebe um einen fröhlichen Gesichtsausdruck.

"Wir können doch noch irgendein Gesellschaftsspiel spielen, wenn Großvater den Laden geschlossen hat," schlug der Junge eifrig vor.

"Aber bitte nicht Monopoly, das gewinnt eh immer Seto," grummelte Yami.

"Du hast nur den tieferen Sinn des Spiels noch nicht kapiert," neckte der Braunhaarige ihn. Er riss ein paar Chipstüten auf und schüttete den Inhalt in bereitstehende Schüsseln. Eine davon nahm er auf den Schoß, zog die Beine aufs Sofa und wartete auf den Start des Films.

Yami kuschelte sich an seine Seite, was den Vorteil hatte, dass er auch an die Chips herankam. Mokuba hatte inzwischen den DVD-Player in Gang gebracht und beanspruchte den Platz auf Setos anderer Seite. Die Älteren starrten neugierig auf den Fernsehschirm. Mokuba hatte ihnen nicht gesagt, was er ausgesucht hatte. Als erstes gab es Reklame. Mokuba seufzte und spulte sie vor.

"Oh nein!" stöhnte Seto dann. "Es ist *Herr der Ringe*!"

"Magst du den nicht?" hakte Yami nach.

"Davon gibt es drei Teile und jeder geht fast drei Stunden!"

"Es ist die Deluxe-Ausgabe, die kenne ich noch nicht," strahlte Mokuba.

"Ich glaube, wir brauchen mehr Chips," stellte Seto fest. [Oder wir bestellen später 'ne Pizza...]
 

***
 

[Blacky... kannst du mich hören?]

[Hmmm... ist es schon Tag, Yugi?]

[Blacky, ich hab ein Problem! Wie, ähm... wie geht dieser Reinigungszauber von neulich?]

Yugi erhielt zunächst keine Antwort. Aber etwas sagte ihm, dass der Magier herzhaft lachte. [Du meinst den, mit dem wir... gewisse Spuren entfernt haben?]

Yugi merkte, dass er rot anlief. Er linste hinter dem Wandschirm hervor, als könne ihn jemand belauschen, aber Appi schlief noch ganz fest, wieder einmal quer über das Bett ausgebreitet. Hoffentlich hatte er vorher nichts gemerkt... [Ähm... ja, den.]

[Hmmm, hattest du... süße Träume?]

[Blacky, bitte!]

[Krir d'hun.]

[So kurz? Äh... ich versuch's.] Yugi blickte noch einmal zu Appi, dabei konnte er ihn auch so schnarchen hören. "Krir d'hun." Nichts geschah. Genau genommen konnte er nicht einmal seine Stimme hören, dabei hatte er gemerkt, dass seine Stimmbänder etwas getan hatten. "Krir d'hun! Verdammt!" Es ging nicht.

[Yugi, was ist los? Du wirkst so aufgeregt.]

[Ich hab keine Stimme mehr!]

[Was?!]

Yugi sagte irgendetwas, doch seine Stimme war weg. "He, Appi! Wach auf!" schrie er geräuschlos. [Ich bin stumm! Oder vielleicht taub... aber Appi hat mich auch nicht gehört! Was mach ich denn jetzt?!]

[Ähm... Bleib, wo du bist, ich komme zu dir.]

[Aber Blacky, ich... Also, es ist mir etwas peinlich...]

Yugi konnte praktisch hören, wie sein Blutsbruder kicherte. [Dann probieren wir es noch mal,] schlug dieser vor. [Löse dich von der Vorstellung, dass du deine Stimme brauchst. Denke den Spruch, und stell dir einfach vor, du würdest ihn sagen. Naja, also... besser kann ich es auch nicht erklären. Vertrau mir, es hat nichts damit zu tun, ob du Anfänger bist, du wirkst ja immer Magie durch mich, nicht?]

Yugi nickte, bevor ihm einfiel, dass Blacky das nicht sehen konnte. Aber vielleicht empfing er ein entsprechendes telepathisches Signal. Der junge Partner des Pharao konzentrierte sich, so gut er konnte. [Worte sind nicht nötig. Ich sage es einfach in Gedanken. Worte sind nicht nötig... *Krir d'hun*!]

Ein Heller Blitz schoss durch das Zimmer und reinigte nicht nur Yugis Nachthemd in seinem Licht, sondern alles, was sonst noch als Schmutz angesehen wurde, löste sich ebenfalls in Wohlgefallen auf. Appi fuhr vor Schreck aus dem Schlaf hoch, nahm auf der Matratze stehend eine defensive Pose ein und rief: "Wer ist da? Zeig dich!"

Yugi kroch hinter dem Wandschirm hervor, der bei der Gelegenheit umkippte. Die Wucht des Zaubers hatte den Jungen von den Beinen gerissen. "Ich war das nur..." Wieder war kein Ton zu hören, obwohl die Stimmbänder vibrierten.

Appi senkte seine kampfbereit erhobenen Arme und sprang zu Boden. "Oh. Ich hab nichts verstanden, Moment." Er machte eine Handbewegung in Richtung seines kleineren Kumpels. Yugi hatte das Gefühl, eine Seifenblase um ihn herum würde zerplatzen.

"Waaah... Was war das?" [Hey! Meine Stimme ist wieder da!]

"Ein Stillezauber. Ich konnte nicht schlafen wegen dir."

"Ack!" Yugi hob den Wandschirm auf und versteckte sich dahinter.

"Und was hast *du* gemacht?" begehrte der Blonde zu erfahren.

"Reinigungszauber," gestand Yugi kleinlaut.

Appi lachte schallend, bohrte aber zum Glück nicht weiter. Stattdessen zog er die zarten Vorhänge zur Seite und blickte aus dem Fenster, das in einiger Höhe den Garten überblickte. "Wir können noch weiterschlafen. Wo sind die beiden Meister geblieben?"

"Im Liebesnest vermutlich," meinte Yugi. "Wo auch immer das ist." Er schlurfte zurück zum Bett. Es war ziemlich zerwühlt.

"Du solltest wirklich Stillezauber lernen, das hilft ungemein und lässt sich auf allerhand Arten ausnutzen," grinste Appi. "Meistens ist das das Erste, was man sich selbst aneignet."

"Gibt's auch welche, wo ich zumindest mich selbst noch höre?"

"Oh... er war wohl etwas stark. Naja, deiner aber auch."

"Ich hab den Spruch in Gedanken gesagt, weil ich ja nicht sprechen konnte... Vielleicht hat Blacky sich verschätzt oder so..."

"Oder du hast mehr Potential, als du denkst. Weißt du was, ich kann eh nicht mehr schlafen. Wollen wir üben gehen?"

"Hm, na gut."

Die beiden zogen sich schnell an - ihre Gewänder waren ja jetzt gereinigt - und begaben sich in den Garten, wo um diese Zeit noch alles herrlich still war. Bis sie im Kräuterbeet hinter dem Fliederbusch eine abgestürzte Harpyie fanden.

Sie sah aus, als wäre sie durch ein Dornengestrüpp geflogen. Ihre pinkfarbenen Haare und die Federn waren ganz zerzaust. Sie versuchte, etwas zu sagen, war aber zu schwach.

"Yugi, weck die Feen. Sie braucht Hilfe, und wir vielleicht auch bald. Ihre Angreifer könnten auf dem Weg hierher sein. Schnell! Ich versuche inzwischen ein paar Zauber, um ihren Zustand zu stabilisieren," ordnete Appi an.

Yugi gehorchte ohne Widerrede. Er hatte so eine Ahnung, dass dieser Tag wieder sehr ereignisreich werden würde...
 

***

Fortsetzung folgt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jyorie
2013-06-06T14:45:02+00:00 06.06.2013 16:45
Hallo ^_^

Schon wieder ein „Angebot“ für Yugi, Appi ist wohl ziemlich froh, das Yugi abgelehnt hat, wenn er selbst auf diesen Juan steht *gg* … Appi ist irgendwie unmöglich ^^ legt einfach einen Stillezauber auf Yugi, aber wenn Seto und Yami ihn verwöhnt haben :D woher wusste die beiden eigentlich, das er zu dem Zeitpunkt geschlafen hat, sie hätten ihn ja sonstwo erwischen können *zwinkert*

Ich find es echt schade, das man Yami immer noch unterstellt, das er sich freut Seto für sich allein zu haben – aber das Seto sogar auf Yugi neidisch ist, spricht bände – ich fand dies Detail soooo süß :D

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
07.07.2013 13:55
Hahaha, du musst besser aufpassen - Joan ist eine Frau. :)
Tja Yami und Seto haben einfach mal vermutet, dass Yugi in der Nacht schläft, sonst hätte er eben Pech gehabt... Stimmt, hätte peinlich werden können. Sagen wir einfach... öhm... Yami hat das gespürt. XD
Diese Unterstellungen gegen Yami dienen einfach der Dramatik, wäre sonst unnatürlich harmonisch und damit langweilig. Wie würdest du denn in der Situation reagieren? Ein bisschen Zweifel gibt doch schnell.
Von:  TeaGardnerChan
2005-11-25T10:03:09+00:00 25.11.2005 11:03
Dieses Kapitel ist dir sehr gut gelungen.
Und alles wurde so schön beschrieben.
Ich glaube ich muss mir mal ne scheibe davon abschneiden
*ggg*

Die Dialoge haben mir sehr gut gefallen sowie auch die Handlung.
Werd dann mal schnell weiter lesen gehen.
Das wird bestimmt genau so gut werden wie dieses kapitel hier.
Von: abgemeldet
2005-07-29T17:08:38+00:00 29.07.2005 19:08
das war wieder sehr gut. konnte es mir schon denken das yami eine naschkatze ist. also appi muss doch was mit bekommen haben sonst hätte er kein stillzauber benutzt.
diese sprüche von still und reiniguns könnte ich auch manchmal brauchen.
das war wieder ein tolles kap und freu mich schon wieder wenns weiter geht.
Von:  SoraNoRyu
2005-07-29T10:22:55+00:00 29.07.2005 12:22
So, jetzt ist das Kapitel bei Animexx hochgeladen, da kann ich mich ja auch noch zum Inhalt äußern ^^

Zuersteinmal muss ich sagen, dass die Dialoge wirklich gut gelungen sind. Die Gespräche wirken irgendwie richtig locker und lebendig, es macht wirklich Spaß, das zu lesen.

Tja, und Moki will jetzt Herr der Ringe ansehen... Kann ich nachvollziehen, die Filme sind wirklich gut. Allerdings hätte ich dazu lieber ein ganzes Wochenende eigeplant, an einem Tag ist das doch etwas viel. Mokuba kann den sich ja jetzt sogar schon ansehen, er ist ja schon zwölf ^_^

Die Zaubersprüche von Appi und Yugi waren auch genial, so kurz nach dem Aufwachen. Ich glaube ja, das Yugis Zeuber so ausgeartet ist, weil er den Zauber zum ersten mal in Gedanken gewirkt hat. Er hat wohl einfach damit gerechnet, dass das sehr viel schwerer ist, und sich mehr konzentriert als sonst.

Das Ende ist auch sehr gut geworden, auf jedenfall eine gelungene Überleitung auf das kommende Kapitel.

Bye, Sora


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