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When Destiny Dances With Death

Auch die Ewigkeit endet.... (Ballade)
von

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Sie saß auf ihrem gläsernen Hocker, so wie sie es seit Jahrtausenden tat und ließ die dünnen rauen Fäden über ihre geschickten Finger gleiten. Sie knotete wieder zufällig zwei Fäden aneinander. Ohne weiter daran zu verhaaren, ohne nachzudenken, ließ sie den Knoten fallen und knüpfte weiter, während sie die nächsten Fäden heranzog, um weitere Knoten zu knüpfen. Sie hatte nie darüber nachgedacht, woraus der Faden wohl gesponnen war, nie, woher er wohl kam. Vorsichtig ließ sie ein Stück über ihren Mittelfinger gleiten, zog mit der anderen Hand eine Schlaufe und knüpfte weiter. Ewigkeiten weiter....
 

Er stand am Ende des Bettes und betrachtete den jungen Körper, der bleich und hilflos dalag. Die goldenen Haare waren auf dem Kissen verteilt. Kleine Knoten, vom vielen Liegen, hatten sich darin gebildet. Kleine Knoten, wie sie das Schicksal knüpfte. Er fragte sich, wie lange dieses Wesen wohl schon gelitten hatte, wie lange sie wohl schon hoffte, weiterzuleben - oder gar zu sterben. Ob sie sich einst verliebt hatte? Ob ihr wohl das Herz schon gebrochen worden war? Ob sie glücklich war? Oder nicht?

Er legte den Kopf schief und sah sie weiter an. Er hatte Zeit. Ewig Zeit.
 

Sie bemerkte rasch, dass der Faden, den sie knüpfte, zu kurz geraten war. Die Fasern standen alle vor dem Knoten ab. Alle in eine andere Richtung. Nach und nach löste sich eine weitere Faser, stand ab und erinnerte an das goldene Haar des Wesens, das krank in ihrem Bett lag und wartete...

Sie konnte es nicht sehen. Sie hatte es noch nie gesehen. Wie der Faden aussah. Wie der Knoten aussah. Wie ein Faden riss...
 

Er seufzte. "Tut mir leid." Sagte er leise mit seiner düsteren Stimme und sah melancholisch seiner Nächsten ins Gesicht. Er ging langsamen Schrittes ums Bett herum, strich ihr durch die Haare und löste beiläufig einen kleinen Knoten darin. "aber du musst nun gehen....."
 

Es war das erste Mal, dass sie den Faden noch in der Hand gehalten hatte, als er riss. Warum war er gerissen? Warum? Sie hatte noch nie einen Faden reißen gespürt. Sehen konnte sie es nicht. Denn sie war blind.
 

Er lauschte ihrem Herzschlag. Er wusste nicht, warum er es tat, warum er bei ihr blieb. Ob sie alleine war - ihr ganzes Leben? Nie würde er verstehen, warum man ihn dazu verdonnert hatte. Warum er der Tod sein musste.

Er nahm ihre Hand. Wie es sich wohl anfühlte zu sterben? Ob es wehtat?

Ihr Puls schlug ihm gegen die Finger. Bubumm... Bubumm... Bubumm...

Er korrigierte sich. Wie es sich wohl anfühlte zu leben.... Das war die richtige Frage. Die Frage, die er IHM stellen würde, wenn seine Arbeit getan war.

Bubumm...

Bubumm...

Bu...bumm...

Bu......bumm...

Bumm...

...

Er senkte den Kopf und ließ ihre Hand zurück aufs Bett fallen. Jetzt lag nur noch eine leere Hülle vor ihm. Tief seufzend stand er auf und ging.
 

Sie fragte sich, was wohl geschah, wenn so ein Faden riss... ob es ihre Schuld gewesen war? Ob sie den Knoten zu fest gespannt hatte?

Sie machte sich Vorwürfe. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun, sagen oder denken sollte. Also saß sie verwirrt auf ihrem gläsernen Hocker und tat nichts, außer die beiden Fäden in ihren Händen zu halten.

"warum knüpfst du nicht weiter?" fragte die düstere Stimme hinter ihr sanft.

"d-der Faden ist gerissen....." entgegnete sie verstört. Sie machte sich nicht mal die Mühe ihren Kopf zu heben.

"er ist einfach in meiner Hand gerissen....."

Er schritt langsam zu ihr und legte die Hände vorsichtig auf ihre Schultern.

"mach dir keine Vorwürfe... Er reißt immer... irgendwann."
 

Immer noch hielt sie die Fäden in der Hand ohne einen weiteren Knoten hineinzuflechten. "denkst du, dass der Faden irgendwann ausgeht?" fragte sie leise.

"ja" antwortete er sicher. Er würde ausgehen. Schon bald.

Eine Stille trat in den Raum, die nur schwer auf den Schultern lastete. Nachdenklich ließ er den Blick durch den Raum schweifen und betrachtete die vielen ausgefransten Fäden eines Netzes, welches nie vollendet sein würde...Sein Blick wanderte auf ihre Hände und dann auf die Spule, die schon aufgebraucht war. Wie ironisch es doch war, dass das Schicksal sein Schicksal und seinen Tod - wie auch ihn selbst - knüpfen musste, ohne je zu sehen, was das Ergebnis davon war....ohne zu wissen, welches Ende auf sie wartete...

"soll ich aufhören?" frage sie leise, ihr nahendes Schicksal schon erahnend.

Er zögerte. Vorsichtig glitt er mit den Händen über ihre Arme und nahm ihre Hände. "ja" sagte er und sah zu, wie die Fäden zu Boden glitten.

"lass uns tanzen...." Fügte er hinzu und half ihr hoch. Sie lächelte.
 


 

~Man begegnet dem Schicksal und tanzt mit dem Tod. Doch auch der Tod wird einst dem Schicksal begegnen. Und sie werden tanzen, bis der Tod ihr Schicksal besiegelt.~



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2007-03-26T21:36:25+00:00 26.03.2007 23:36
Das ist so schön geschrieben und doch so traurig...ich fang gleich an zu heulen...
Gib mir doch jemand ein Taschentuch...Gopferdaminonemol...*schniff*
Und ich muss Mephistiro recht geben...Es ist unter diesem Genre eins der besten Texte, die ich je gelesen habe.
Huere siech O.o
Warum stolpere ich immer nur per Zufall über solche schöne Texte und dann noch so spät. Diese Geschichte ist ja schon bald seit drei Jahren on und ich bin selbst auch schon 4 Jahre hier...Unglaublich...
Wär schön, wieder einmal so etwas von dir zu lesen.

Grutz Kodo^^
Von:  Firewolf
2006-04-10T19:24:16+00:00 10.04.2006 21:24
So schön und so wenig Kommis....
Das ist gemein...
Und Mexx läst es mich nicht mal zu meinen Favos adden.
Positives habe ich nichts zu sagen, das ist nicht nur positiv, sondern GENIAL!
Von: abgemeldet
2005-02-13T19:39:35+00:00 13.02.2005 20:39
Ja, es ist eigentlich auf den ersten Blick traurig, aber auf der anderen Seite Realität! Du weckst sehr gut Evokationen!! Muss sagen, dass ich noch nie solchen Stil gelesen habe und dass, auch wenn solche Geschichten von der Aussage nicht unbedingt eine günstige Lösung enthalten, diese Geschichte zwar keine Gefühle, aber sehr viele Gedanken in mir geweckt hat. Verbessern könnte man evtl. noch die Allgemeingültigkeit, damit man sich selbst noch besser damit identifizieren kann. Trotzdem ist diese Geschichte mit Abstand in diesem Genre das beste, was ich seit 2 oder 3 Jahren gelesen hab und ich hab schon viel aus diesem Genre gelesen, aber fast nichts besseres. Mach weiter so!!!

Mephi
Von: abgemeldet
2005-01-22T20:13:28+00:00 22.01.2005 21:13
Daumen hoch...Poesie und reinster Form
Von:  Ryo-Sayuri
2004-07-11T18:31:23+00:00 11.07.2004 20:31
Echt genial... und der Spruch... von wegen,"Aber kein Thema über das man sich lange den kopf zerbrechen sollte "
Ich finde das so.... WOW! halt, das ist einfach nur wow!!!
*no koment* Cool! So... schauderhaft, genial wie eh und je und eh und je und...
Von: abgemeldet
2004-05-05T19:25:47+00:00 05.05.2004 21:25
Sehr Melancholisch, aber gut geschrieben.
Aber kein Thema über das man sich lange den kopf zerbrechen sollte ^^
*knuschel*
Von:  TenNey
2004-05-04T19:24:36+00:00 04.05.2004 21:24
GEEEIL!!
Ohh ich liebe solch traurigen sachen....
*sniff*
es ist wirklih wunderschön und du hast wirklich meinen ganzen respekt^^

Mach weiter so

DEINE TENNA4EVAAAAA
Von:  Sakashi
2004-05-02T19:08:48+00:00 02.05.2004 21:08
*mundoffensteht*
*staun*
Wow! Das ist... das ist soo schön!
So schön traurig!
Liebe Grüße ~Kashi-chan~
PS.: Gibts noch ne Fortsetzung?


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