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Little Sad Story

von

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Lange saß sie nun schon da. Mindestens 5 Stunden. Seit man sie nach dem Mittagessen in den Aufenthaltsraum geführt hatte. Das Vesper stand noch immer unberührt auf dem Tisch.

Ihr Blick unbewegt zum Fenster hinaus gerichtet, nichts anschauend.

"Miss Vora, Sie haben ja wieder nichts gegessen!"

Die Pflegerin.

Immer wuselte sie um die junge Frau herum.

"Kommen Sie. Es ist Zeit wieder in Ihr Zimmer zu gehen ... Herr Sams!?! Übernehmen Sie sich um Himmelswillen nicht! Sie wissen doch, dass Sie sich schonen sollen!"

Und schon war sie wieder weg.
 

"Papa?"

Große grüne Augen sahen lächelnd zum Vater auf.

"Ja, Mäuschen?"

Eine liebevolle Handbewegung. Kurzes Innehalten um gleich wieder dem morgendlich hektischen Wahn zu verfallen.

"Liebling?"

"Ja?"

"Wo sind meine Autoschlüssel?"

"Auf der Kommode, Liebling."

"Danke, ich liebe dich!"

Küsschen.

"Bye!"

"Bis heut Abend!"

"Papa? Gehen wir am Wochenende auf den Rummel?"

Türeknallen, Anlassen des Wagens, von 0 auf 100 um nicht zu spät zu kommen.

Ein wie vergessenes blondes Mädchen mitten im Flur. Den Blick auf die noch eben zugeknallte Haustür.
 

Langsam erhob sie sich. Drumherum beschäftigte Pflegerinnen. Klagende Patienten.

Auf Stuhllehnen und Tischkanten gestützt geht sie ihren Weg.

Schritt für Schritt.

Innehaltend, wenn aufgescheuchte Pflegerinnen vorbeieilten.

Langsam zum Ausgang sich schiebend. Den Blick ohne Interesse auf ihren Pfad gerichtet.
 

"Mama?"

Fragende grüne Augen auf die Mutter gerichtet. Fast bittend.

"Was denn Schatz?"

Frage nebenbei gestellt. Ohne von ihrer Tätigkeit abzulassen.

"Kommst du am Montag mit zum Elternabend?

"Tut mir leid Mäuschen, aber da habe ich ein wichtiges Meeting. Ich weiß wirklich nicht wie ich alles bis dahin schaffen soll!... Sei so lieb und sag Papa er soll dieses Wochenende einkaufen..."

Wälzen im Papierkram.

Enttäuschtes Mädchen, das leise die Tür des Arbeitszimmers hinter sich schließt.

Vor sich hinmurmelnd.

"Papa ist doch seit einer Woche in New York..."
 

An der Tür angekommen. Langsam öffnet sie die junge Frau.

Tastet sich langsam am Geländer der Wand entlang.

Einen Fuß vor den andern stellend.

Ein Essenwagen in ihrem Weg steht. Abendessen wird wohl schon verteilt.

Kurzes Zögern.

Sie löst sich vom Geländer um den Wagen zu umlaufen.

Sieht plötzlich nur noch einen Schimmer von Blau und wird auch schon angerempelt. Verliert das Gleichgewicht.

Fällt nach hinten um. Merkt wie sie auf dem Rücken landet.

Spürt keine Schmerzen. Die nebensächlich sind. Nicht wichtig. Weder von Bedeutung noch von Interesse.

Unbeteiligt schaut sie gerade aus. Zur Decke. Blinzelt nicht einmal gegen die blendende Beleuchtung.
 

Im Klassenraum. Von der hintersten Ecke schaut sie auf das Treiben der anderen.

Kessy verteilt Geburtstagseinladungen. Feiert nächste Woche ihren 10. Geburtstag. Sie ist die Älteste in der Klasse. Alle reißen sich um die Karten.

Jeder bekommt eine.

Die hinterste Ecke wird gemieden.

"Was ziehst du an?"

"Hast du schon ein Geschenk?"

"Klar, du etwa nicht?"

"Wann gings noch mal los?"

"Muss meine Eltern noch überreden."

Getuschel während der Stunde.

Die hinterste Ecke bleibt stumm.
 

"Aber Fräulein!? Was ist denn passiert?"

Hände die sie aufrichten. Wieder zum Stehen bringen.

"Sie können doch nicht einfach hier liegen bleiben!"

Wird weiter geschickt zu ihrem Zimmer. Erreicht es auch nach einiger Zeit.

Lässt sich auf das Bett sinken. Die gegenüberliegende Wand bleibt unbewegt im Blickfeld.
 

"IIHHHH! Was ist das Ekliges?!?"

Entsetzte Gesichter.

Schüchternes Lächeln.

"Du hast doch heute Geburtstag, Kessy. Und da wollte ich dir was schenken..."

"Glaub bloß nicht dass du damit doch noch zu meiner Party kommen darfst!"

Kopfschütteln.

"Nein, ich wollte dir nur etwas schenken und du hast doch gesagt, dass du Haustiere gerne hast."

Ein weiterer Versuch.

"Willst du denn die kleine Maus nicht?"

"Ich will das Vieh nicht, weil es von dir ist!"
 

"Miss Vora? Besuch für Sie... " Und schon wieder raus.

Dafür aber jemand Anderer nerviges.

"Ähm ... hi...": Kläglicher Versuch eines jungen Mannes sich aufmerksam zu machen. Etwas daneben gezielt. Schon keine Beachtung mehr geschenkt.

"Mein Name ist Araya. Ich hab dich kürzlich angerempelt..."

Peinliches Betretensein.

Vergebliches Warten auf eine Reaktion der jungen Frau.

Es sowieso nicht von Bedeutung ist. Fast schon wieder vergessen.

"Als Zeichen meiner Entschuldigung..."

Plötzliches Auftauchen eines Blumenstraußes im Blickfeld. Fast erschreckend, wenn da keine Lethargie wäre.
 

"Wollt ihr zu meinem Geburtstag kommen?"

Leicht hoffender Blick aus grünen Augen.

Verächtliche Blicke, ausweichende Blicke, keine Blicke.

"Ihr müsst mir auch nichts schenken..." Neuer Versuch.

"Es gibt eine große Torte... und ... ganz tolle...Spie..."

Sieht wie auch die letzten den Raum verlassen

"... le."
 

Er redet. Redet... Redet...

Sie bekommt fast einen brummenden Kopf.

Reden... Ohne Unterlass. Sinnloses im Park spazieren gehen.

Reden. Stumme Antworten.
 

"Willst du zu meinem Geburtstag kommen?"

Letzter Versuch beim Rüpel der Klassenstufe.

Wäre für ihn doch die beste Möglichkeit, sich über sie lustig zu machen. Er brächte vielleicht ein paar Freunde mit.

Zögern. Kostet bestimmt Überwindung.

"Na gut... von mir aus... mal sehn..."

Lächelnde grüne Augen.
 

"Komm... iss..."

Seit zwei Minuten gehaltener Löffel vor verschlossenem Mund.

Der junge Mann. Schon wieder und immer noch da.

"Ist doch egal" Leise Entgegnung. "Interessiert doch keinen..."

Leises Seufzen.

"Mir ist es aber nicht egal..."
 

Es schon dunkel wird.

Das kleine Mädchen am Tisch vor einer Torte mit brennenden Kerzen sitzend.

"Wie lange willst du noch hier sitzen? Pass auf die Kerzen auf!"

Stimme der Mutter im Hintergrund.

Sich bereitmachend um zu einer Party zu gehen.

"Er kommt bestimmt noch. Er hat es gesagt."

Leises Flüstern.

Zufallen der Haustür.
 

Langsames Aneinandergewöhnen. Kurze Antworten. Kleine Gespräche.

Ausführen im Park. Zumindest halbgeleerte Teller nach dem Essen.

Verstohlene Blicke zu dem jungen Mann. Teilweises Ablegen der Teilnahmslosigkeit.

Insgeheimes Freuen auf den erneuten Besuch.
 

Stille

Aufschließen der Haustür. Schwindende Nacht. Zurückkommende Mutter.

Im Wohnzimmer auf dem Tisch eingeschlafener Blondschopf.

Heruntergebrannte Kerzen auf der unangerührten Torte.
 

Begutachtung des spärlichen Kleidersortiments im Schrank. Sorgfältiges Auswählen der einzelnen Kleidungsstücke.

Erstaunte, überraschte und erfreute Blicke der Pflegerinnen.

Lächelnde grüne Augen.
 

Araya in Eile. Morgens verschlafen. Zu spät zur Arbeit erschienen.

Ungeduldiges Abwarten des Feierabends.

Regelrechtes aus dem Bürostürzen. Zu langsamer Fahrstuhl.

Rennt um den Bus noch zu bekommen über die Straße. Ungesehenes Auto. Quietschende Reifen. Markerschütternder Schrei.
 

Mittagessen. Geleerter Teller. Lobende Worte der Pflegerin.

Blick durch das Fenster gerichtet. Niemanden beachtend. Wartend.
 

Krankenwagensirenen. Aufgeregte Stimmen. Schmerzende Wunden. Großer Blutverlust. Soforteinlieferung in der Notaufnahme
 

Gewisse Vorfreude auf Araya.

Kleines Lächeln.
 

Schwierige Operation. Angespannte Nerven. Verzweifelte Angehörige. Ungewisses Warten.
 

"Miss Vora... Was machen Sie denn hier? Es ist schon spät..."
 

Stunden des Bangens. Aufgehende Tür des Operationssaales. Letzter Hoffnungsschimmer in den Augen der Wartenden.
 

"Ich warte noch auf Araya."

Skeptischer Blick der Pflegerin.
 

Langsam näher kommender Arzt.
 

"Er kommt bestimmt"

Überzeugte grüne Augen.
 

"Es tut mir Leid... Wir konnten nichts mehr für ihn tun..."
 

"Nicht wahr?"



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