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Musik 4Y

Diese eine Person, die...
von

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Ein Gast

Kapitel 15:
 

Die Pläne, die Timothy bisher geschmiedet hatte, ob große oder kleine, waren immer ein Erfolg, wenngleich die Zeit und die Erfahrung zeigten, dass der Verlauf nicht immer gradlinig war. Je nach Ziel gab es andere Hindernisse, die es zu überwinden galt. Wege, die geebnet werden mussten. Bei großen oder langwierigen Plänen, verlor man das Ziel schnell aus den Augen. Die Zeit nagte an der Geduld, an der Finesse und Spitzfindigkeit. Doch alle gingen sie auf. Alle erfüllten sich und breiteten sich in ihrer vollen Offenbarung vor Timothy aus. Es gab nichts was ihm mehr Spaß machte und nichts in dem er besser war, als Ränke zu schmieden.
 

Es war so einfach wie zu Atmen.
 

Dieses Mal jedoch saß Timothy auf heißen Kohlen. Er hatte sein Kartenhaus vor sich zusammenbrechen sehen und hatte geglaubt vor den Scherben seiner Fähigkeiten zu stehen. Die ersten Tage waren besonders schlimm. Nie war er emotional tiefer in ein Loch gefallen. Ein finsteres, selbst geschaufeltes Loch, aus dem es kein Entkommen zu geben schien. Um Haaresbreite entkam er dem Drang, vor Mikael alles aufzulösen. Mit den Wochen wurde es schwerer ruhig zu bleiben und seine Konzentration nicht zu verlieren. Die Ungewissheit nagte an seinen Nerven. Es war anstrengend. Es war schwer. Es war kindisch und irrational-menschlich wie er sich verhielt. Sein schöner Plan, seine ganze Vorbereitung drohte zu scheitern, nur weil er sich emotional zu sehr miteingebunden hatte.
 

Theoretisch war alles sehr einfach. Der Plan war schnell gemacht und die Taktik ausgearbeitet. Mithelfer und Laienspieler wurden angeheuert und in Position gebracht. Niemand, den Timothy benutzte wie ein Puppenspieler, wusste, dass er benutzt wurde. Natürlich wusste es niemand. Worin sollte sonst der Spaß liegen, wenn Menschen wussten, wofür sie gebraucht wurden?
 

Praktisch hatte Timothy sich ins eigene Fleisch geschnitten. Es war ein Fehler in seinem Kalkül, den er schlicht nicht hatte kommen sehen. Ein Fehler so menschlich und störend, zugleich so nötig wie die Verbindung zwischen Sauerstoff und Wasserstoff. Dass er selbst in eine solche Bredouille kommen würde, hätte er sich nie erträumen lassen. Verschanzt in seinem Zimmer wiegte er sich zwischen dem Drang emotionslos zu sein und den Träumen der Szenarien, welche sich ihm boten, wenn alles vorbei wäre.
 

In den vergangenen Wochen hatte Timothy viel Zeit gehabt über alles möglich nachzudenken. Wie sahen seine Ziele aus und was wollte er mit diesem Studium erreichen? Wohin sollte seine Karriere ihn führen? Was war mit Nayla? Würde er sie immer unterstützten können? Wer würde sonst noch an seiner Seite sein? Wollte er jemanden an seiner Seite haben und wenn ja, wen? Diese ersten Fragen beantworteten sich schnell. Timothy hatte gelernt im ungewissen Spiel mit der Zukunft auf seinen Bauch zu hören, oder besser gesagt auf das Erste was ihm einschoss. Ein Gefühl des Unwohlseins, ein aufgeregtes Kribbeln in den Fingern, ein Ziehen am Herzen, ein Gedanke in eine bestimmte Richtung. Ihm war mehr als bewusst, wohin er gehen wollte und mit wem an seiner Seite. Aber war das nur seine Meinung? Selbst wenn er sich voll und ganz diesem Ziel verschrieb, blieben die ungewissen Reaktionen der Personen, die seinen Weg kreuzten oder begleiten sollten. Was sie für sich entscheiden würden, konnte er erst wissen, wenn er mit ihnen gesprochen hatte oder spätestens, wenn es passierte.
 

Die quälende Zukunft beiseitegeschoben, beschäftigte Timothy sich mit lapidareren Gedanken. Das beinhaltete alles, was er in der Gegenwart tun konnte. Studium, Musik, Songtexte, Musen, das Nachschlagen von allem was ihn interessiert, sowie die aktuelle Lage seines Plans. Die Foren beruhigten sich etwas. Die meiste Arbeit machte das Instagram- Profil. Timothy verwaltete es gerne. Er hatte genügend Fotos von Mikael, um sie nach und nach hochzuladen. Das Beantworten der Chatfragen und Kommentare war beinahe zu einer Entspannung geworden. Beinahe nur, denn … sobald Timothy mit seiner Muse zu tun hatte, glitten seine Gedanken zu der Person selbst und der verfahrenen, sich ausschweigenden Pattsituation, aus der es momentan kein vor oder zurück gab. Es zerrte an seiner Geduld und ließ ihn seufzend auf sein Bett fallen. Er wusste wofür er es tat und trotzdem war das „Aushalten“ das Schlimmste an seinem sonst so perfekten Plan.
 

Auf dem Bett liegend, das Handy neben sich, fragte Timothy sich zum zigsten Mal, ob er sich nicht doch verrechnet hatte? Die Frage war irrelevant, denn ER hatte diesen perfiden und riskanten Plan erstellt. Natürlich würde er funktionieren. Jedoch zerpflückte die Sehnsucht nach Mikael seine Zuversicht. Somit sollte es nicht „ob“, sondern „wann“ heißen.
 

Schwer seufzend schloss er die Augen und legte einen Arm über seine Augen. Es war nicht hilfreich, aber ein wenig lindernd, wenn er an die gemeinsame Zeit zurückdachte. Die Momente in denen sie alleine gewesen waren. Wenn Timothy bei Mikael übernachtet hatte und wie sie miteinander zu spielen wussten. Er würde Mikael hoffieren, auf Händen tragen, sogar für ihn kochen lernen! Aber seine Muse wollte all das nicht. Mikael wollte unabhängig sein, seinen Sturkopf durchsetzen und von Timothy herausgefordert werden. Ob musikalisch, intellektuell oder körperlich. Es war dieser Glanz in den haselnussbraunen Augen, welcher ihn verriet. Welcher Timothy lockte sich auf ein fremdes Spiel einzulassen und nicht die Führung zu übernehmen. Wenn man es genau betrachtete, hatte Mikael die Fäden in der Hand. Was auch immer er entscheiden würde, Timothy würde dem folgen. Ob sein Folgen darin endete, einen neuen Plan zu erfinden, sodass im Endeffekt Mikael in seinen Armen lag, war eine andere Sache.
 

Timothy seufzte und griff nach seinem Handy. Er öffnete eine Musikdatei und spielte sie ab. Omphalos war fertig. Ob Mikael es hören würde? Was würde er sagen, wenn er es hörte? Timothy war sich sicher, dass seine Muse unter allen anderen heraushören könnte, was er durch seine Musik sagen möchte. Das Gespräch in seinem Inneren, dass er als zweiten Text verschlüsselt zu erzählen wusste. Es machte Spaß sich eine Doppeldeutigkeit zu bewahren. Zum einem den offensichtlichen Text im Lied, zum anderen die unterschwellige Botschaft, welche er zu gerne im Kontrast darstellte.
 

Die Melodie schwang sanft im Raum auf und ab. Je öfter er es hörte, desto sicherer war Timothy sich, dass seine Musik der Kommunikation diente. Der Kommunikation zwischen den Herzen. Ein verbindendes Element von Seele zu Seele, von Mensch zu Mensch. Wenn andere das fühlen würden, wenn sie seine Musik hörten, hatte er sein Ziel erreicht. Wenn Mikael es dechiffrierte, wäre das-
 

Das Stück wurde vom Klingelton einer eingehenden Nachricht unterbrochen. Aber es war nicht irgendein Klingelton. Es vergingen einige Takte, ehe Timothy sich aus seiner fröstelnden Starre löste und auf sein Handy sah. Mikael. Mikael hatte ihm geschrieben!
 

Jede Nachricht hatte er bisher ignoriert, aber endlich, nach fast zwei Monaten, schrieb er ihm zurück! Der Inhalt eine mehre Aufforderung . In fünf Minuten hier, wiederholte Timothy in Gedanken. Wo hier, fragte er sich und setzte sich auf, noch immer auf den Bildschirm starrend. Endlich hatte Mikael ihm geschrieben und dann war es so etwas kryptisches. Heute war Donnerstag, allerdings waren noch Ferien. Wo sollte Mikael sein? Er würde kaum weggefahren sein, ohne einen Hinweis zu geben, wo er war. Also befand er sich auf den Campus? In seiner WG? Timothys Augen flogen über den kurzen Text und weiteten sich bei der Erkenntnis, die ihn traf, wie ein LKW einen Passanten. Schwungvoll sprang er auf, sah sich hektisch um, ehe er einen Blick in den Spiegel warf. Seine Kleidung leger, aber es musste reichen. Er hatte keine Zeit sich umzuziehen. Das Handy eingesteckt, eilte er die Treppen hinunter, zog seine Schuhe an und verließ das Haus. Die flüchtigen Blicke seiner Schwester und Jamil, die ihm vom Küchentisch her folgten, ignorierte er gekonnt.
 

Mikael hatte geschrieben, dass Timothy in fünf Minuten hier sein sollte. Wo? Das war im ersten Moment irrelevant. Für Timothy klangen die Worte wie ein deutliches „Komm zu mir“.
 

„Tss“, entkam es ihm selbstironisch. Hatte er nicht genau das zu dem Knirps gesagt, ehe sie sich vor so langer Zeit im Vorlesungssaal getrennt hatten? Ein Schachzug so unvorhersehbar wie typisch Mikael. So gesehen ein glückliches Ärgernis. Timothy hatte sich in diesem winzigen Detail vertan und lernte nun daraus. Scheinbar musste er noch mehr auf dessen Charakter achten. Perfide. Genial.
 

Timothy rannte den Weg zur Architekten-WG. Außer Atem ging er die letzten Meter und versuchte seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen. Das war nicht leicht. Vom Rennen und der Vorfreude sowie Anspannung was ihn erwarten würde, wollte weder sein Herz gehorchen, noch die Unruhe in seinem Inneren. Das „wo“ hatte sich leicht erraten lassen. Wenn Mikael die Bedeutung von Timothys Worten umdrehte, weil er nicht angekrochen kommen wollte, musste es ein Ort sein, der einfach und schnell zu erreichen war, sowie für sie beide die erste Wahl. Selbst wenn Mikael, wegen seines Stolzes, nicht zu Timothy kommen wollte, würde er ihm keine unmögliche Aufgabe stellen.
 

Mit zunehmender Aufregung stand Timothy vor der Tür. Er sah auf sein Handy und schätzte, dass er nur noch ein paar Sekunden hatte. Das Handy in der Hosentasche verschwinden lassend, holte er die Schlüsselkarte heraus, welche er seit Wochen mit sich führte. Nichts wäre schlimmer als spontan zum Knirps zu können und das eine Item nicht bei sich zu führen, was ihm dies ermöglichte. Zwischenzeitlich hatte er sogar Albträume gehabt, in denen genau das passiert war.
 

Timothy streckte seinen Rücken durch und atmete tief ein. Dann hielt er die weiße Karte vor das elektronische Schloss. Es klickte. Die Hand an der Türklinke, drückte er diese und betrat das bekannte Wohnzimmer. Hier drinnen war es kühler als in der sommerlichen Hitze draußen. Es roch nach Mikael und alten Büchern. Timothy atmete tief ein, während er die Tür hinter sich schloss.
 

Sein Gastgeber und ganz persönliches Damokles Schwert saß ihm gegenüber auf dem Dreisitzer. Der erste Eindruck war entspannt, abwartend vielleicht. Doch beim näheren Betrachten, waren die geballten Fäuste des Ex-Sängers und seine angespannte Mimik mit den leicht zusammengepressten Lippen deutlich zu erkennen. Timothy ging es nicht anders. Es gab so vieles, dass ihm durch den Kopf ging. Möglichkeiten, wie es weiter gehen würde, was nun folgen könnte und alles hing von Mikael ab.
 

„Bin da“, verkündete Timothy. Er gab sich ruhig. Sein Blick auf den Sitzenden gerichtet. Er sah die Augen, welche ihn musterten und die eigenen Schlussfolgerungen zogen. Zugegeben, es machte Timothy etwas nervös, wenn jemand ihn mit Scharfsinn betrachtete. Bei Mikael war es zweierlei. Zum einem hatte es etwas von einem Vorspiel auf’s genauste beobachtet zu werden und einen Eindruck zu gewähren, was in ihm vorging. Zum anderen fürchtete sich Timothy genau davor, dass man sehen könnte, was in ihm vorging. Wie er tickte, was er dachte und fühlte. Wie unwürdig er war, von jemanden wie Mikael betrachtet zu werden. Wie niederträchtig und schamlos seine Aktionen waren. Wie verdorben er als Mensch war.
 

„Seh ich“, gab Mikael entspannt zurück, ohne seinen Blick abzuwenden. Timothys Fäuste ballten sich leicht, ehe er sie lockerte und näher zur Sitzecke trat. Stille legte sich über sie und eine nervöse Anspannung baute sich auf. Zu gerne hätte Timothy den Ex-Sänger sofort in den Arm genommen, aber dessen Haltung und der scharfe Blick verrieten ihm, hier diplomatischer vorzugehen. Sich dem anzupassen, fiel Timothy leicht. Er duldete das Schweigen und die Blicke. Folgte dem Zusammenziehen der Augenbrauen, ehe die anderen Augen ihn direkt ansahen und eine Augenbraue sich forsch fragend nach oben zog. Nonverbale Kommunikation beherrschten sie beide. Dementsprechend schloss Timothy seine Augen und neigte seinen Kopf demütig.
 

„Es tut mir leid, dass du es nicht durch mich erfahren hast. Ich wollte es dir sagen, habe aber den richtigen Zeitpunkt verpasst“, begann er und sah wieder auf. Als Antwort folgte die zweite Augenbraue. Timothy kam nicht umhin, sich etwas verhöhnt zu fühlen. Gerade so, als hätte Mikael gefragt, ob es so viel geändert hätte, wenn Timothy ihm vor Jasmine davon erzählt hätte.
 

„Ich nehme an, du wärst trotzdem sauer geworden, aber es wäre nicht so über dich hereingebrochen“, erklärte Timothy weiter.
 

Mikael sah zur Seite und ein beleidigtes „Vielleicht“, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Es wäre deutlich einfacher gewesen, hätte Timothy auf Jamil gehört und es Mikael zeitnah erzählt. Jasmine hatte ihren Gefühlen freien Lauf gelassen und Mikael beschuldigt, während Timothy Worte gefunden hätte, die sein Unterfangen abmilderten; es Mikael vielleicht sogar schmackhaft gemacht hätten.
 

„Mik“, begann Timothy und trat noch einen Schritt näher. Sofort waren die haselnussfarbenen Augen auf den Sänger gerichtet. „Ich werde nichts tun, was dir schadet. Ich…“ Timothy trat noch einen Schritt näher und ging vor Mikael auf die Knie. Unberührt kühl starrte dieser auf ihn herab.
 

„Das weiß ich selbst. Aber auch wenn ich das weiß, heißt das nicht, dass ich deine Aktion billige oder dir verziehen habe. Ich bin immer noch sauer“, stellte Mikael klar.
 

„Was kann ich tun, damit du nicht mehr sauer bist?“
 

Mikael seufzte und sprang auf. Er ging um das Sofa herum und blieb mitten im Raum stehen. Unstet, unruhig. „Erzähl mir, warum du mir einen Account erstellt hast.“
 

Ein unscheinbares Schmunzeln zuckte an Timothys Mundwinkeln und er stand langsam auf. „Weil deine Angst unsinnig ist.“
 

„Unsinnig?!“ Mikael fuhr herum. Die Augen aufgerissen, war seine Wut deutlich zu sehen. „Du glaubst nicht allen Ernstes, dass all das, was gewesen war, unsinnig ist, oder doch?!“
 

„Nein“, erwiderte Timothy sanft. „Deine Erfahrung ist echt und du hast deine Zeit gebraucht, um mit ihr umzugehen. Aber deine jetzige Angst vor den Medien ist es nicht.“
 

„Was soll das heißen? Rede nicht in Rätseln“, forderte Mikael.
 

„Es ist sechs Jahre her, dass du Opfer von Fehlentscheidungen und gierigen Medien wurdest. Aber die Zeiten haben sich geändert.“
 

„Ach? Dann willst du sagen, dass in den Nachrichten keine Promi-Storys ausgeschlachtet werden und ihre Leben transparent für die Fans und Kritiker auf dem Papier zu lesen sind?“
 

„Das meine ich nicht. Stars und Sternchen waren und bleiben ein beliebter Gesprächsstoff. Es ist ein gesellschaftliches Ding geworden, sich am Leben von anderen zu berauschen.“
 

„In wie f-“
 

„Aber“, schnitt Timothy dem Anderen das Wort ab. „Die Methodik hat sich geändert. Die Verträge sind genauer geworden. Manager verpflichten sich zum Schutz ihrer Stars. Die Medien haben Auflagen erhalten. Nicht alle Kritiker schießen auf deine Schwachstellen und die medialen Netzwerke haben eine Cybercommunity, welche durchaus darauf achtet, dass auf alle gleichermaßen gezielt wird.“
 

„Sicher. Alle sehen nur ihren Vorteil darin. Ich war raus aus der Sache! Ich hatte nichts mehr damit zu tun. Warum holst du mich zurück?“
 

„Weil du singen willst.“
 

„Ja, … nein, das … nur privat“, erwiderte Mikael leiser werdend.
 

„Nein“, entgegnete Timothy und trat näher an seinen Freund heran. „Du willst singen, Mik. Und ich will mit dir singen. Ich merke das deutlich. Rede dich vor anderen raus, aber nicht vor mir.“
 

Mikael wandte seinen Blick ab und biss sich auf seine Unterlippe. Jeden Schritt den Timothy ihm nähergekommen war, trat er zurück und fuhr sich durchs Haar, ehe seine Hand ergriffen wurde und Timothy auf ihn zutrat. „Ich will keine Zielscheibe sein. Ich will mich nicht in Erwartungen von anderen verlieren. Kannst du es nicht dabei belassen, dass ich mit dir privat singe? Was nützt dir dieser dumme Account überhaupt? Alles was du damit erreichst, ist mich zu ärgern. Was bringt es deiner Karriere dich mit mir zu befassen?!“
 

Da Mikael nicht mehr weglaufen konnte, schmetterte ihm die Worte direkt ins Gesicht. Sie taten nicht weh. Sie klangen verwirrt und verletzt. Die sonst so stolzen Augen waren von Unsicherheit durchtränkt.
 

Timothy zog die gefangene Hand bis an seine Lippen und setzte einen zarten Kuss auf die kalt gewordenen Finger. „Alles“, gestand er ehrlich und blickte in hellbraune Augen. „Du inspirierst mich. Allein dich zu beobachten, lässt Texte und Melodien in meinem Kopf entstehen. Für meine Karriere bist du mir so wichtig, wie meine Stimme selbst. Privat bist du mir noch viel wichtiger. Ich weiß, dass du unsicher bist und dass du keine Fehler wiederholen willst, aber diesmal bist du nicht allein.“ Timothy legte Mikaels kalten Finger an seine Wange und blickte direkt hinab in die ihn so groß anstarrenden Augen.
 

„Diesmal hast du mich“, stellte Timothy klar und ein frecher, wie unheilverheißender, Schalk fand sich in den dunklen Augen wieder. „Und ich will nicht, dass du wegen irgendwelchen Idioten kuschen musst. Deine Stimme ist so viel mehr wert. Du bist viel mehr wert, als die Hälfte aller Bands und Sänger da draußen. Der Account ist für dich, Mik. Er soll dich freier machen, von dem was dich gerade noch gefangen hält. Habe keine Angst davor zu stolpern oder zu fallen oder davor was andere sagen.“
 

Die noch kalte Hand hielt sich von selbst an Timothys Wange und wagte es sich allmählich auf seine Schulter zu legen. Zaghaft und ungläubig. Der Rotschopf schüttelte seinen Kopf, lief aber nicht weg, sondern gewährte Timothy dessen Hände locker um seine Taille zu legen.
 

„Ich fange dich auf. Immer.“
 

„Idiot“, schnaufte Mikael und schob sich von Timothy weg. Der Umarmung entkommen, folgten weitere Beschimpfungen. „Trottel. Traumtänzer! Immer? Bist du verrückt?! Du weißt nicht, wo wir mal landen werden. Wie kannst du da so sicher sagen, dass es immer sein wird?!“ Mikael schnaubte abschätzig und ging ein paar unruhige Schritte vor Timothy auf und ab. „Du redest großspurig daher, dabei hast du, was weiß ich wie viele Leute benutzt, um was auch immer zu erreichen. Wer hat alles geholfen? Jamil sicherlich. Ich bin stinksauer auf ihn und habe ihm ordentlich eine verpasst. Hat er eine Ahnung davon, was für ein Teufel du bist?“
 

„Sicherlich nicht. Ich finde ja, ich habe mehr was von einem Dämon als einem Teufel.“
 

„Das ist nicht der Punkt“, schmetterte Mikael zurück.
 

„Ich weiß, ich weiß. Jamil hat sich darauf eingelassen, wissend, was er tut und demnach ist der Schlag wohl gerechtfertigt. Auch wenn er mich ermahnt hat, es dir zusagen, tat er es aus eigenem Interesse. Immerhin ist er dein Fan.“
 

„Ihr … seid so … argh!“ Mikael schmiss die Arme hoch und ging auf und ab, ehe er vor Timothy stehen blieb und ihm in den Arm boxte. Erst rechts, dann links, dann die Schulter. Erst leicht, dann etwas fester, bis Timothy dessen Fäuste abfing. „Was dann?“
 

„Was meinst du?“, fragte Timothy, die gefangenen Hände langsam sinken lassend.
 

„Wie soll es weiter gehen? Willst du, dass ich dir vertraue? Willst du weiterhin alles tun, was dir in den Kram passt und mich erst ganz zuletzt einweihen? Zugegeben anfangs war es Spaßig mit dir. Zu erraten was du denkst, war irgendwie…“ Mikael wurde leicht rot, beendete aber nicht, was ihm im Kopf schwebte. „Aber das kann ja nicht ewig so weiter gehen. Du kannst mir gerne helfen, aber ich will nicht beschützt werden. Wenn du willst, dass ich singe, dann bringe mir lieber das kämpfen bei oder was weiß ich. Auch wenn du dir jetzt sicher bist, du wirst nicht immer da sein! Dazu wissen wir viel zu wenig voneinander um auf ein märchenhaftes „immer“ zu hoffen.“
 

„Du hast Recht, aber … du merkst es selbst, oder nicht?“ Die Frage war zu vage gestellt, doch als Mikael aufsah und die Unruhe in seinen Augen langsam weniger wurde, war Timothy sich sicher, dass dieser ihn verstanden hatte. Es gab das was zwischen ihnen. Was auch immer es war, ob Verständnis, Vertrauen, Liebe, Ehrfurcht, Anerkennung oder etwas noch Unbekanntes. Mikael spürte es so deutlich wie Timothy, wann immer sie einander gegenüberstanden.
 

Mikael schnaufte geschlagen und schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Und was ist das? Ein vages Argument? Eine Waffenruhe? Du kannst es nicht benennen. Woher sollen wir wissen, ob es gut oder schlecht ist?“
 

„Wir wissen es irgendwann. Aber egal was es ist, ich wäre glücklich, es mit dir gemeinsam herauszufinden.“
 

Mikael schwieg sich aus. Sein Blick auf seine noch gefangenen Handgelenke gerichtet. Der Druck von Timothys Händen war nicht stark. Würde er wollen, könnte der Ex-Sänger sich ihnen leicht entwinden. Es war eine Absonderheit in sich selbst. Diese Hände würden Mikael nie ein Leid wollen. Zugleich wirkten sie grobschlächtig, als ob sie alles von ihm fernhalten wollten. Wie sollte man sich da verhalten? Welche Entscheidung treffen?
 

Ein langes Seufzen unterbrach die Stille. Mikael entzog seine Hände und fuhr sich abermals durch die Haare.
 

„Du bist unmöglich. Noch mehr schnulziges Zeug und ich geh mich übergeben.“
 

Ein Blick von dunkel zu hell und zurück und es fühlte sich an, als hätte jemand den Reset- Knopf gedrückt. Die vorherige Anspannung war verflogen und allmählich setzte sich eine bekannte, angenehme Stimmung zwischen sie. Timothy schmunzelte und schüttelte seinen Kopf. Für heute hatte er wahrlich genug dummes Zeug geredet.
 

„Gut. Dann sag mir, warum du so müde aussiehst. Warst du zu lange im Netz unterwegs?“, fragte Mikael teils besorgt, teils spöttisch. Die Rückkehr seiner frechen Art erleichterte Timothy ungemein. Er hatte dieses pisakende Erdmännchen tatsächlich vermisst.
 

„Nein. Nur etwas zu viel nachgedacht und zu wenig Schlaf.“
 

„Dann ist ja gut“, sagte Mikael und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Deine schlechten Schlafgewohnheiten sind nichts Neues.“ In Timothys Ohren klang es beinahe erleichtert. Durfte er sich einbilden, dass Mikael sich vielleicht Sorgen um ihn gemacht hatte? Womöglich sogar vermisst hatte?
 

Ein schmunzeln zog an seinen Lippen und er beugte sich vor. „Mik“, sprach er den Kleineren an und wartete bis skeptische Augen ihn fixierten.
 

„Lately I’ve been, I’ve been losing sleep. Dreaming about the things that we could be”, began Timothy zu singen. „But Baby, I’ve been, I’ve been praying hard. Said no more counting dollars, we’ll be counting stars. Yeah, we’ll be counting stars.“
 

“Hör auf damit”, forderte Mikael harsch. Die Melodie in Mikaels Ohren wurde zum Ohrwurm, während Timothy verschlagen grinste.
 

„Du kennst den Text“, sagte er herausfordernd, während Mikael abwinkte und zur Couch floh.
 

„I see this life, like a swinging vine, swing my heart across the line”, sang Timothy und folgte zur Couch. „And in my face is flashing signs, seek it out and ye shall find.“
 

„Old, but I’m not that old”, knickte Mikael ein und sang mit.
 

„Young, but I’m not that bold.” Timothys Stimme blieb geschmeidig, selbst als er Mikael bei der Rückenlehne einkesselte. „And I don’t think the world is sold, on just doing what we’re told.”
 

„I feel something so right, doing the wrong thing.“
 

„And I feel something so wrong, doing the right thing.“ Timothys Augen funkelten an dieser Stelle und hielten Mikaels fixiert, während sie die nächste Zeile zusammen sangen. Genauso wie das letzte Mal beim Karaoke, nur …
 

„I couldn’t lie, couldn’t lie, couldn’t lie.“ … echter. Timothy lehnte sich soweit vor, bis seine Lippen die von Mikael fast berührten.
 

„Everything that kills me makes me feel alive”, sang er und besiegelte diese Wahrheit mit einem Kuss. Ungehört spielte das Lied in ihren Köpfen weiter, wenngleich kein Ton mehr durch den Raum tanzte. Mikaels Arme schlangen sich um Timothys Nacken und dieser dirigierte sie zurück um die Rückenlehne herum zur Sitzfläche. Vorsichtig ließ Timothy sich nach hinten sinken und zog Mikael dabei auf seinen Schoß. Die Hände aus dem Nacken verflochten sich in den dunklen Locken, während Timothys Arme den schlanken Körper auf sich zog.
 

Die anfängliche Begierde, welche keiner von ihnen hätte benennen oder unterdrücken können, wandelte sich in etwas langsameres, zeitloses. Anschmiegsam lagen ihre Lippen aufeinander und ließen ihre Zungen zu einem Takt tanzen, den nur sie hören konnten. Mikaels Hand rutschte aus den weichen Locken nach unten, sodass sein Daumen über Timothys Ohr streichen konnte. Timothy spürte die Gänsehaut seine Seite hinab krauchen. Die letzten Wochen waren hart gewesen, doch erst jetzt begriff er, wie hart wirklich. Vielleicht war er es, der sich eingestehen musste, wie sehr er Mikael vermisst hatte. Dessen Gewicht, seine Nähe, den Geruch nach kalter Luft und etwas Süßem darin. Wie würziger Rauch zu den ersten kalten Tagen. Er war gefangen in dem Rausch, den Mikael in ihm auslöste. Es war wie das erste Atmen nach dem Luftanhalten.
 

Erst als der Kuss langsam abebbte und zu hauchzarten Berührungen der Lippen aufeinander wurde, kehrte die eben gesungene Melodie in ihre Gedanken zurück. Timothys Hände lagen locker um Mikaels Taille. Die braunen Augen leuchteten lebendig und zeigten unverhohlen das Glück, welches er gerade empfand. Ein Glück, das sich in den hellen Augen Mikaels widerspiegelte. Dieser näherte sich nochmals mit einem klaren Grinsen auf den Lippen und stahl sich einen weiteren flüchtigen Kuss, welcher Timothys Herz ein wenig schneller schlagen ließ.
 

Anschließend suchte Mikael sich die bequemste Pose auf Timothys Schoß und vergrub sein Gesicht an Timothys Halsbeuge. Sicher und etwas amüsiert hielt Timothy seinen Freund.
 

„Was wird das?“, fragte Timothy.
 

„Charging“, murmelte Mikael an seinen Hals.
 

Überrascht hob Timothy eine Augenbraue und beobachtete den Zwerg auf seinem Schoß eine Weile. Charging? Wie im Sinne einer Batterie? Wollte Mikael sich gerade an ihm aufladen, nein, eher an seiner Nähe, sinnierte Timothy und amüsierte sich mehr und mehr. Nicht, dass er es nicht verstehen konnte. Er selbst fühlte sich fitter, je länger er Mikael in seinen Armen hielt. Vielleicht war es wirklich eine Art charging. Aber… Ob das Mikael schon reichte? Die Nähe war Gold wert, keine Frage, aber es interessierte Timothy brennend, ob es nur die Nähe war oder ob er auch weiter gehen durfte. Vorsichtig bewegte er seine Hände über den anderen Körper. Haltend legte er eine Hand auf dessen Taille, während die andere nach Zärtlichkeit suchend über den Rücken strich. Zumindest zunächst, ehe sie tiefer wanderte und Timothys Fingerspitzen zur ganzen Handfläche wurden, welche sich auf eine der runden Pobacken legte. Schneller als er es Mikael zugetraut hätte, zwickte dieser ihm in den Handrücken.
 

„Vergiss es“, knurrte der Kleinere ohne sich weiter zu bewegen.
 

Erstaunt, aber schnell gefasst, lachte Timothy leise für sich. Seine Hand legte sich artig zurück auf Mikaels unteren Rücken und er lehnte seinen Kopf gegen den des Anderen.
 

„Everything that kills me… makes me feel alive”, sang er leise-amüsiert.
 

-
 

“Wo will er hin?“, fragte Jamil.
 

Er saß mit Nayla am großen Küchentisch. Vor ihnen je die eigenen Studienarbeiten ausgebreitet, während hinter Jamil sein Saxophone im Ständer stand und neben ihm auf der Sitzbank all das ausgebreitet lag, was zum Polieren und Putzen benötigt wurde.
 

Sie hatten beide das Gepolter von oben gehört, als Sekunden später Timothy die offene Tür zum Flur passierte und ohne ein Wort verschwand.
 

„Da er nach links ist, vielleicht zum Wäldchen?“, riet Nayla und ließ ihren Blick aus dem Fenster schweifen.
 

„In der Richtung liegt auch Mikaels WG“, sinnierte Jamil, noch ganz mit dem Reinigen beschäftigt. Nur einem Atemzug später sahen beide abrupt hoch und Nayla fasste ihren Stift fester an.
 

„Meinst du wirklich? Das wäre … ohhh, ich hoffe, dass ist es.“
 

„Sicher bin ich mir nicht, aber ich hoffe es“, meinte Jamil und schloss sein Döschen. „Dieser Streit war so dumm. Ich versteh es ja, aber es war so dumm. Ich habe Tim vorher gewarnt, dass er es nicht so lange verheimlichen soll.“
 

„Dann warst du wirklich mit involviert, soso“, sagte Nayla mit strengem Blick.
 

„Äh… nun ja, mir fiel es früh auf und ich konnte eins und eins zusammenzählen. War ja nicht so, dass er es verheimlichen wollte“, antwortete er schnell und strich die Gänsehaut von seinem Arm.
 

Nayla seufzte und stütze ihren Kopf auf der Hand ab. „Ist schon ok. Ich ärgere mich nur, dass er es mir nicht gesagt hat.“
 

„Das mit dem Profil?“
 

„Nein“, winkte sie ab. „Dass er verdammt noch mal verliebt ist. Wir reden sonst über alles und jeden, aber hier hält er die Klappe! Ich bin nicht irgendjemand, Jamil. Über jede Ische redet er, holt sich Tipps ab. Und jetzt komm‘ mir nicht damit, dass er sich vielleicht nicht getraut hat, weil es plötzlich keine Frau, sondern ein Mann ist, den er attraktiv findet“, unterband sie Jamils Einwurf, der schnell den Mund schloss. „Ich kenne Tim am besten. Er wirkt sorgenfrei und draufgängerisch. Aber er durchdenkt jeden seiner Schritte, ist ruhig und zielgerichtet. Auch wenn ich oft nicht weiß, was sein Ziel ist und wohin es ihn führen soll, weiß ich, dass er es sicher schaffen wird. Er war schon immer die treibende Kraft von uns beiden. Ob nun damals bei unseren Eltern oder im Heim oder hier. Ich konnte mich immer auf ihn verlassen.“
 

„Hast du vielleicht Angst, dass eure Wege sich mal trennen könnten?“
 

Nayla warf ihm einen scharfen Blick zu, zog aber einen Schmollmund. „Nein. Nicht in dem Sinne, dass wir uns entfremden könnten. Wir haben es beide geschafft, erwachsen zu werden, dank ihm. Ich bleibe an seiner Seite, solange er möchte, aber sollte es dazu kommen, dass wir zukünftig getrennte Wege gehen, weil jeder wo anders arbeitet, dann wäre es so. Ich brauche Tim nicht zum Überleben. Aber … als Familie ist er mir ungeheuer wichtig.“
 

„Wieso bekomme ich gerade das Gefühl, dass jeder künftige Partner Tims deinen Segen braucht?“, scherzte Jamil. Nayla rümpfte ihre Nase und schob sie nach oben, die Arme vor der Brust verschränkt.
 

„Weil es so ist! Mein Bruder ist ein kostbares Juwel, dass ich sicherlich nicht an jeden abtrete.“
 

„Und wie sieht es mit Mikael aus?“, fragte Jamil neugierig und brachte die Tänzerin zum Seufzen.
 

„Gute Frage. Mikael ist … ich glaube er hat genauso viel erlebt wie wir. Er, für sich genommen, ist mir sympathisch und ich sehe wie sehr Tim aufgeht, wenn er in der Nähe ist. Aber … ich frage mich, ob es so gut ist, wenn zwei mit so ähnlichen zermürbenden Erfahrungen zusammen sind. Ich mache mir Sorgen, dass mein Bruder nicht immer ausgelassen und locker bleiben kann, wenn er mit Mik zusammen ist.“
 

„Du meinst, dass sie sich gegenseitig runterziehen? Hmm“, sinnierte Jamil. Er wusste nichts genaues und hatte auch nie nachgefragt. Aus den bisherigen Gesprächen bei Tisch war nur hervorgegangen, dass die Ashlines eine unschöne Kindheit hatten, daraufhin in ein Wohnheim für Kinder kamen, wo jeder von ihnen psychologisch Betreut worden war. Wer was hatte, war irrelevant, denn beide schienen in ihrem Leben angekommen zu sein. Jamil hatte in seiner Ausbildung als Krankenpfleger viele unliebsame Geschichten erlebt. Das war die Zeit in der er begriff, dass er nicht für die Pflege anderer geschaffen war und lieber Musik machen wollte. Das Wichtigste, dass er aus dieser Zeit mitnahm, war, dass jedes traurige Schicksal eine Ursache hatte und die Menschen drum herum auf unterschiedliche Weise darauf reagierten. Manche hielten zusammen. Manche entfremdeten sich.
 

„Ich glaube nicht, dass das passieren wird“, sagte er schließlich und sah Nayla direkt in ihre braunen Augen. „Ich bin kein Experte, aber aus meiner Sicht sind sie eher wie zwei negative Zahlen, die zusammen Plus ergeben. Ich meine, du hast sie beim Singen erlebt.“
 

Ihr letztes gemeinsames Karaoke. Nayla hatte zuvor eine vage Ahnung gehabt, dass zwischen den beiden irgendwas am laufen war. Jamil war es ähnlich ergangen, nur konnte keiner sagen, ob es Freundschaft oder Feindschaft war. Beim letzten Karaoke waren sie nur zu viert gewesen. Mikael und Timothy sangen ziemlich häufig miteinander und es dauerte nicht lange, da waren beide Jungen aufgewärmt und bereit für Schabernack jeglicher Art. Sie neckten einander. Sie sangen miteinander. Wenngleich sie sich nicht mehr als nötig berührten oder gar küssten, war Jamil wie auch Nayla klar geworden, dass es Freundschaft, Feindschaft, Konkurrenz und noch etwas mehr war. Man sah es an ihren Augen, wenn sie sangen.
 

„Ja, und jeder sieht, wie sie sich auf dem Campus runtermachen, sobald sie sich über den Weg laufen.“
 

„Heißt es nicht, was sich liebt, dass neckt sich?“, fragte Jamil grinsend. „Wir wissen nicht, was sie sich alles erzählen, wenn sie alleine sind. Vielleicht verstehen sie einander besser als jeder andere“, vermutete er weiter. „Auf jeden Fall … wenn Tim vorhin wirklich zu Mik gerannt ist und sie diesen zwei monatigen Streit beenden, was sollte sie dann noch erschüttern?“
 

Nayla sah auf ihre Unterlagen und dann aus dem Fenster. „Vielleicht, aber was wenn die beiden sich wegen ihrer Berufe trennen müssen? Ein Architekt und ein Musiker?“
 

„Hach, du stellst die unmöglichsten Fragen“, erwiderte Jamil und seufzte. „Meinst du nicht, dass Timothy einen Plan hat? Du hast gesagt, dass er seine Ziele verfolgt. Was wenn diese Sache mit dem Profil schon Teil seines Plans ist und er irgendwas hirnrissiges vorhat wie … keine Ahnung. Mikael wieder auf die Bühne zu holen.“
 

„Ha haha ha, das ist jetzt deine Wunschvorstellung, mein Lieber. Einmal Fan, immer Fan.“
 

Jamil zuckte mit den Schultern und gab sich unschuldig. „Und wenn? Man wird doch noch träumen dürfen.“
 

-
 

Mikael hatte beide Beine über Timothys gelegt und hielt das Handy in der Hand. Nachdem sie genug gekuschelt und die Nähe des anderen aufgetankt hatten, forderte Mikael eine Einweisung in sein eigenes Profil.
 

Glücklich darüber seinen Arm endlich wieder um Mikaels Taille legen zu dürfen, erzählte Timothy dem Kleineren alles, was dieser wissen musste. Wie man Fotos hoch lud und bearbeitete, was Reels waren, wie kleinere Videos erstellt wurden und wie er die Kommentare bisher gehandhabt hatte. Er ging sogar auf die Follower ein, was Mikael unbeeindruckt die Lippen spitzen ließ. Nebenbei installierte er die App auf Mikaels Handy und gab ihm die Login Daten. Sein Freund hörte aufmerksam zu und besah sich die Fotos, welche derzeit in seinem Account zu sehen waren.
 

„Du hast ja nur schöne Fotos genommen“, war Mikaels erster Kommentar nach langer Zeit.
 

„Was hätte ich sonst für Fotos nehmen sollen?“
 

„Weiß nicht. Hätte gedacht, du wirst so was nehmen wie beim Döner essen, wo ich mich vollgekleckert habe.“ Ein leises Lachen, kehlig und leicht zu überhören, entwich Timothy, während er seinen Arm fester um Mikaels Taille zog.
 

„Die sind nur für mich. Ich möchte dich zwar der Welt zeigen, aber nicht alles mit ihr teilen.“
 

„Du bist ein Idiot“, murmelte Mikael und seufzte schwer. „Warum hast du das überhaupt angefangen. Es wäre viel einfacher gewesen, hättest du es nicht getan. Wir hätten einen schönen Sommer gehabt“, sagte er jammernd und verzog missmutig sein Gesicht.
 

„Das habe ich dir vorhin alles erklärt“, säuselte Timothy. „Außerdem wusste ich ja nicht, dass du mich gleich für zwei Monate ignorieren würdest.“
 

„Hätte ich dich windelweich schlagen sollen? Das wäre die Alternative gewesen.“, konterte Mikael kalt.
 

„Machst du das nicht schon? Ob nun vorhin oder im Vorlesungssaal. Schläge kassiere ich von dir am meisten“, sagte Timothy und beobachtete wie sich Mikaels Augenbrauen zusammenzogen und sein Blick zur Seite auswich. Er wusste ja, dass der Ex-Sänger nicht brutal war und auch, dass er den Schlag damals verdient hatte. Aber ganz ohne, dass er Mikael aufzog, ging es eben nicht. Vielleicht schaufelte er sich bereits das nächste Grab.
 

„Tat es weh?“, fragte Mikael leise.
 

„Was? Der Schlag? Etwas.“ Die feinen Augenbrauen zogen sich noch tiefer und Mikael verzog den Mund zu einer Schnute.
 

„Dann hätte ich noch fester zuschlagen können.“
 

„Willst du mich umbringen?“, scherzte Timothy.
 

„Nein, aber wenn, wärest du doch zufrieden, oder nicht?“
 

Mit großen Augen blinzelte Timothy zurück. Sicherlich hatte er das mal erwähnt, aber dass Mikael es in so einer Situation gegen ihn verwenden würde...? Das Lachen kam, noch bevor Timothy es aufhalten konnte. Er nahm Mikael das Handy aus der Hand und schmiss es hinter sich auf das Sofa, während er seinem Freund einen Kuss stahl und ihn in die andere Seite der Couch drückte.
 

„Machst du es beim nächsten Mal?“, fragte Timothy nach dem Kuss mit erfreuten braunen Augen nach. Leider erhielt er nur ein Schnippen gegen die Stirn und einen strengen Blick.
 

„Bist du irre? Dann muss ich mich mit dem Online-Medien-Kram alleine rumschlagen. Du hast das angefangen, also kümmere dich auch drum. Und sag mir endlich, warum du das gemacht hast.“
 

„Habe ich doch bereits.“
 

„Nein, hast du nicht. Nicht wirklich. Da steckt doch mehr dahinter, als mir die Angst vor den Medien zu nehmen.“
 

„Hmmm~“, summte Timothy amüsiert und kam den anderen Lippen abermals nahe. „Vielleicht. Wer weiß das schon.“
 

„Du machst mich fertig“, seufzte Mikael und schloss die Augen, als ihm noch ein Kuss gestohlen wurde.
 

„Das beruht auf Gegenseitigkeit mein Lieber.“
 

„Bitte? Inwiefern mache ich dich fertig.“
 

„Na… da habe ich dich endlich wieder und darf dich nur umarmen und küssen“, gab Timothy schmollend zu. „Ich hatte erwartet, dass du mich mehr vermisst hast und-“
 

„Ich jetzt über dich herfallen würde?“, beendete Mikael seinen Satz und erntete ein Schulterzucken und einen Schmollmund. „Vergiss es, ich bin vielleicht nicht mehr sauer, aber ich habe dir noch nicht verziehen! Lass dir was einfallen, wie du das wieder gut machen kannst.“
 

„Aber es läuft doch alles. Es gibt keine Gerüchte und deine Followerzahl ist größer als meine!“
 

Mikael verdrehte die Augen und sah zur Seite. Gegen offensichtliche Fakten konnte er nichts erwidern, was bedeutete, dass es nicht am Erfolg des Accounts lag, dass er ihm nicht verzieh.
 

„Ich habe mit Jasmine geredet. Sie war eifersüchtig, darum hat sie dich so angemacht. Es hatte nichts damit zu tun, dass du mal Sänger warst.“
 

Mikael schnaufte abschätzig und sein Blick wurde kälter bei der Erwähnung ihres Namens. „Eifersüchtig? Ich bin auch nicht eifersüchtig geworden, als sie dich geküsst hat. So was Bescheuertes. Wie kann man wegen ein paar Bildern eifersüchtig sein?“
 

Timothy blinzelte einen Moment und drückte sich mit den Armen vom Sofa ab, um Mikael von weiten ansehen zu können. „Als sie dich geküsst hat?“, wiederholte er Mikaels Worte. „Wie meinst du das?“
 

Der Blick der hellbraunen Augen traf ihn kalt und verärgert, wie Messer, die gerade nach ihm geworfen wurden. Timothy bekam eine Gänsehaut und ahnte ein bisschen, was kommen würde.
 

„Na beim Konzert am 1.Juli. Oder hat sie es noch ein anderes Mal versucht?“
 

Mikaels Stimme wurde, wenn das möglich war, noch eine Nuance kälter als seine Augen es bereits waren. Es war das erste Mal, dass er den Kleineren so erlebte und wirklich darüber nachdenken musste, was er antwortete. Dieser Blick war übel. Beim Schlag damals war Mikael verletzt gewesen, traurig und verwirrt. Nun starrte ihn blanke Wut an. Eine vor der sich selbst Timothy in Acht nehmen müsste. Sein Instinkt riet ihm, Mikael niemals ernsthaft eifersüchtig zu machen.
 

„Nein. Das war der erste und letzte gewesen. Sie hatte mir ein Geständnis gemacht und ich habe ihr deutlich einen Korb erteilt. Die Zeit danach habe ich sie nicht gesehen und sie kam auch kaum zu uns in die WG, wie du weißt. Erst als ich von deinen Kommilitonen hörte, was passiert war, traf ich sie wieder.“
 

„Und warum musst du sie am selben Tag treffen, an dem ich dich zurecht vor die Tür gesetzt habe?“, fragte Mikael. Seine Stimme war weniger kalt, doch sein Blick blieb eisern.
 

Timothy hob seine Hand und strich sehr vorsichtig über Mikaels Wange. Gerade so als würde etwas zerspringen, wenn er Mikael nur ein wenig zu schnell nah kam, ein Ticken zu unbedarft berührte. Trotz dessen legte sich ein warmes und sanftes Lächeln auf die Lippen des Sängers.
 

„Weil sie beschuldigte, was mein ist“, antwortete Timothy und das dunkle Braun war ebenfalls kalt geworden. „Ich habe ihr einen Korb gegeben. Was fällt ihr dann noch ein, eifersüchtig zu sein und dich runter zu machen. Das sind Dinge, die sie schlichtweg nichts angehen. Also bin ich zu ihr hin und habe sie ganz freundlich zur Rede gestellt. Sie rückte auch gleich mit der Sprache raus und fühlte sich immer noch im Recht. Also habe ich sie freundlich in ihre Schranken verwiesen.“
 

Timothys Stimme war weich und wer ihn hörte, würde kaum glauben, was für einen furchterregenden Blick der Sänger dabei aufsetzte.
 

Mikael hielt diesem Blick stand. Genehmigte die warmen Finger auf seiner Wange, ehe er doch nicht umhin kam und nachfragte. „Sie lebt aber noch, oder?“
 

Timothy blinzelte einmal, ehe er auflachte. „Sicher. Aber ich denke, sie wird nie wieder mit uns Proben.“
 

„Ist mir nur recht.“
 

„Mhhhm? Imponiert dir das?“
 

„Dass du andere Menschen zu Gewürm degradierst? Nur bei denen, die es verdient haben. Aber es ändert nichts daran. Kein Sex demnächst.“
 

Timothy schmollte nun offensichtlich. Er lehnte sich zurück und nahm den Kopf für einen Moment in den Nacken. Es war mies, aber wenn Mikael nein sagte, respektierte er es. Sein Plan war wilder geworden als gedacht. Mit all den Emotionen, an die er nicht gedacht hatte, war es zu einem heiden Durcheinander gekommen. Aber nun hatte er Mikael zurück. Er konnte bei ihm sein und musste sich nicht mehr fernhalten.
 

„Ich hatte irgendwie erwartet, dass du nochmal vorbeikommst…“, sagte Mikael in die Stille hinein. Er war liegen geblieben und maß die Decke, ehe das Haselnussbraun zu Timothy fand.
 

„Nachdem du mich rausgeworfen hattest?“
 

„Ja.“
 

„Ich war versucht“, meinte Timothy mit schwachem Lächeln.
 

„Ja?“
 

„Hmhm. Mehrmals. Die ersten Tage bin ich um deine WG geschlichen und habe versucht dich durch die Fenster zu beobachten. Als du bei Recht gefehlt hast, stand ich ewig lang vor deiner Tür und wusste nicht, ob ich klingeln oder einfach reinkommen sollte.“
 

„Warum hast du es nicht gemacht?“, fragte Mikael nach, doch Timothy schüttelte seinen Kopf.
 

„Du hast eine Grenze gezogen und ich wollte dir Raum geben. Ich dachte, das wäre besser“, erklärte er sich. Dass er jedoch von Unsicherheit geplagt worden war, würde er nicht erzählen. Mikael wusste zwar, dass er kaputt war, aber er musste nicht wissen wie sehr.
 

Timothys Logik und die neuen Gefühle prallten aufeinander. Das erste Mal fühlte er sich wahrhaftig unsicher, blank und so als hätte er etwas sehr Kostbares mit seinen eigenen Händen zerschmettert. Er war starr vor Angst, gelähmt vor Schuld und zerfressen von Zweifeln. Er hatte keine Ahnung, wie es weiter gehen sollte. Nach außen hin konnte er seinen Alltag perfekt mimen, aber innerlich rang er jede Sekunde nach Luft. Er begann sich die Schuld zu geben und wappnete sich, niemals Vergebung zu erfahren. Wenn er sein Herz verlieren würde, wäre es nur logisch es danach zu verschließen. Diese Emotionen plagten ihn nur, sollte er wirklich alles in den Sand gesetzt haben. Ironischerweise war es Mikaels Faust, die ihm etwas Vernunft zurück in den Schädel hämmerte. Seine Faust und der Blick, der Timothy mehr schmerzte als der Rauswurf damals.
 

Wann genau seine Logik in seinem Verstand zurückgekehrt war, wusste er nicht. Er tat was er am besten konnte. Planen. Lenken. Manipulieren. Gerade so, als ob der Schlag etwas in seinem Hirn wieder an den richtigen Platz gerückt hatte. Es reichte aus um durchzuhalten bis Mikael ihn zu sich rief. Die Vorstellung Mikael in den Armen halten zu können, war wie purer Sauerstoff in einer toxischen Umgebung und ließ ihn durchatmen. Timothy redete mit Fred und Marvin. Bat sie sich vorerst fern zu halten, aber Mikael nicht abzulehnen. Er orchestrierte seine WG und die Kunstmädels, dass sie sich Mikael näherten und ihn lockten. Alles, damit der Sänger nicht in Selbstzweifel versinken würde. Das war von vornherein sein Plan gewesen. Mikael ins Licht locken. Ins Rampenlicht eines roten Teppichs am liebsten, aber alles zu seiner Zeit.
 

„Du bist ein Idiot“, beschimpfte Mikael ihn erneut. „Fred und Marvin haben mir erzählt, was du zu ihnen gesagt hast. Nur zu deiner Info, ich bin nicht so labil, dass ich mir gefährlich werden könnte. Das ist dein Part. Mir nach und nach Leute auf die Hacken zu hetzen … wie offensichtlich“, sagte Mikael und verdrehte gespielt die Augen.
 

Timothy schmunzelte. Sicherlich, depressiv zu sein und in den dunklen Gefilden zu verweilen, war seine Aufgabe. „Wie unbedacht von mir“, meinte er leise.
 

„Finde ich auch. Wo du sonst doch so schlau bist. Scheint so, als hätte dich etwas wirklich schwer am Kopf erwischt, dass du nicht mehr denken konntest“, murmelte Mikael weiter und sah abermals zur Seite. Timothy stimmte ihm brummend zu, wenngleich es mehr eine Herzensangelegenheit war, als mit dem Kopf zu tun hatte.
 

„Mach das nicht nochmal.“
 

„Was meinst du?“, fragte Timothy nach.
 

„Leute vorschicken. Komm selber.“
 

„Aber du wolltest mich nicht sehen.“
 

Mikael knurrte leise und schenkte Timothy einen warnenden Blick.
 

„Du weißt, was ich meine! Aber egal… Für mich war das auch so was wie eine Premiere, also … Danke, denke ich.“
 

Timothys Schmunzeln wurde breiter und er brummte abermals zustimmend. Mikael hatte ihn seit vorhin nicht mehr angesehen und eine leichte Röte breitete sich auf seinen Wangen aus. Es war zu süß, wenn er verlegen wurde und auf hart machte.
 

„Auch wenn es kindisch ist, ich werde es sooft machen, wie es nötig ist, mi amor“, begann Timothy und sah mit Freuden, dass Mikael in der Anlehnung an seinen Künstlernamen, noch röter wurde.
 

Die Sonne war längst untergangen, als Mikael Timothy an der Tür verabschiedete. Kein Schmollen und Bitten half, die Nacht vielleicht doch in der Single-WG zu verbringen. Mikael stellte klar, dass nichts dergleichen demnächst passieren würde.

Geknickt trat Timothy seinen Heimweg an.
 

„Tim“, rief Mikael ihm nach und der Sänger sah über seine Schulter. „Ich komme morgen vorbei, ok?“
 

Timothy hob seine Hand zum Gruß und setzte seinen Weg fort. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Ungehindert breitete sich die Freude in ihm aus. Über die Versöhnung, die ersten Momente der Zweisamkeit und das Versprechen, dass es morgen weitergehen würde. Es war nicht wie vorher und es würde sicherlich seine Zeit brauchen, bis es ansatzweise wie vorher war, aber es war ein Anfang.
 

Als Timothy wieder daheim war, hockten seine WG-Mitglieder, wie die meisten Abende, vor dem Fernseher in der Wohnstube. Sofort hingen zwei Augenpaare an ihm und schienen ihn nicht mehr los zu lassen. Ihre Fragen bohrten sich neugierig in seinen Rücken, während er sich etwas zu trinken holte. Eine Bierflasche in der Hand setzte er sich zu Nayla auf das Sofa und wartete einen Moment. Als das Starren nicht nachließ, sah er die Starrenden mit hochgezogener Augenbraue an. „Was?“
 

„Wo warst du?“, fragte Nayla. Jamil nickte und Chris nahm nur flüchtig seinen Blick vom Fernseher.
 

„Bei Mik“, antwortete er kurz und wahrheitsgemäß.
 

„Wie war's?“, fragte Jamil nach einer kleinen Pause, in der selbst Chris zum Sänger sah. Der Streit von Mikael und Timothy war nicht unbemerkt geblieben. Zwar wusste Chris nicht, um was genau es sich gehandelt hatte, da er sich lieber nicht in die Angelegenheiten anderer einmischte, aber dass nicht mehr alles rund lief, hatten wohl alle Umstehenden mitbekommen.

Timothy zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück. Er wollte cool bleiben, doch ein verräterisches Grinsen zupfte an seinem Mundwinkel. „Soweit ist alles gut. Er kommt morgen vorbei.“
 

„Das ging flott“, bemerkte Nayla.
 

„Täusche dich nicht“, konterte Timothy und erntete die Blicke der anderen.
 

„Ich denke ihr habt euch vertragen?“, fragte Jamil nach.
 

„Das schon“, begann Timothy und nahm einen Schluck. „Aber ich glaube nicht, dass er morgen herkommt, um auf Friede Freude Eierkuchen zu machen.“
 

„Kannst du uns das etwas genauer erklären?“, fragte Nayla verstimmt nach, doch ihr Bruder schüttelte nur den Kopf.
 

„Lassen wir uns überraschen. Vielleicht liege ich mit meiner Annahme auch falsch.“
 

Als Mikael am nächsten Tag die WG betrat, lag eine unausgesprochene Anspannung in der Luft. Timothy ließ den Ex-Sänger herein und wollte ihn freudig Begrüßen. Noch ehe er etwas hätte sagen können, hatte Mikael bereits ausgeholt und seinem Freund die Faust in den Magen gerammt. Timothy japste nach Luft und beugte sich vorn über. Langsam ging er auf die Knie und hielt sich den Bauch.
 

„Ich wusste es“, gab Timothy zwischen zusammengebissenen Zähnen wieder.
 

„Na dann wirst du dich auf den Rest noch freuen. Wo ist der andere Fachidiot?“, fragte Mikael und erhielt ein Kopfnicken in Richtung der Küche. Mikael ließ Timothy links liegen und betrat die Küche. Nayla und Jamil saßen am Küchentisch. Erfreut den Architekten und sein Ex-Idol zu sehen, sprang Jamil auf und ging auf ihn zu.
 

„Mik, schön, dass d- uff. Heilige… Scheiße“, entkam es Jamil, als auch ihn eine Faust in den Magen begrüßte. Jamil beugte sich vor und hielt sich den Bauch ohne dabei in die Knie zu gehen.
 

„Ha ha, Hat er dich auch erwischt?“, fragte Timothy, als er die Wohnstube betrat. Er war noch leicht blass im Gesicht und hielt sich den Magen.
 

„Dich auch? Wie mies“, jammerte Jamil.
 

„Hi“, begrüßte Mikael Nayla. „Wo ist Chris?“
 

„Der ist mit Tanzkollegen unterwegs“, antwortete sie mit einem amüsierten Grinsen. „Wenn ich ihm das erzähle, wird er sich ärgern, dass er nicht da gewesen ist.“
 

Mikael zuckte mit den Schultern und wandte sich den beiden Männern zu. „Tut mir leid, dass ich jetzt erst dazu komme, euch wegen der Sache mit Instagram anzusprechen, aber besser spät als nie. Und denkt ja nicht, dass es das gewesen ist. Nayla?“, sprach er die junge Dame an und wandte sich ihr zu. „Für die folgende Bestrafung benötige ich deine Hilfe, hast du etwas dagegen?“
 

„Nein, passt schon. Aber sag mir erst, was du machen willst.“
 

„Nichts wildes“, winkte Mikael ab. „Ich dachte, wir machen uns einen schönen Tag und degradieren diese beiden Taugenichtse zu unseren Leibeigenen. Das heißt, sie gehorchen aufs Wort und dienen uns als Stuhl, Diener, Laufbursche, Koch, Windzufächerer, alles was du dir vorstellen kannst. Dabei ist es ihnen nicht gestattet zu protestieren oder ein Veto einzulegen.“
 

Nayla sah von ihrem Gast zu den anderen beiden Männern, welche erstaunlich still geworden waren. Der Schlag schien gesessen zu haben, jedoch fragte sie sich, ob diese Art der Bestrafung angebracht war. Andererseits hatten beide Männer wissentlich im Leben eines anderen rumgepfuscht. Auch wenn Nayla ihrem Bruder vieles durchgehen ließ, nachdem sie die Hintergründe von Jamil eher schlecht als recht erfahren hatte, schien es doch angemessen zu sein.
 

„Willst du sie nicht einfach verprügeln?“, fragte sie indes.
 

„Ich haue Tim zwar gerne, wenn er etwas Dummes tut-“
 

„Also ständig“, warf Nayla amüsiert ein.
 

„-aber ich bin kein Schläger. Obwohl ich überlegt habe beide in einen Boxring zu stecken und gegen jemanden mit Erfahrung antreten zu lassen. Aber sie würden sicherlich mehr zerfledert als lädiert aus dem Ring steigen und dann hätte ich das Problem mit der Versorgung ihrer Wunden.“
 

„Stimmt. Und du würdest von Tims Fans gelyncht werden, sollte sein hübsches Gesicht etwas abbekommen“, ergänzte Nayla und seufzte. „Na gut. Ich mache mit. Bekomme ich dann meinen Bruder zum Schinden?“, fragte sie mit amüsiertem Glanz in den Augen.
 

„Hää? Sicher nicht!“, rief Timothy empört. Mikael schenkte ihm einen strafenden Seitenblick.
 

„Das geht nicht. Er gehört mir und zwar komplett“, sagte Mikael mit einem dunklen Funkeln in den Augen.
 

„Ohho“, summte Nayla und verschränkte ihre Arme. „Komplett? Wie darf ich das verstehen.“
 

Mikaels Grinsen wurde breiter und er ging auf Timothy zu. Er sah seinem Freund in die Augen und strich mit der Hand federleicht über dessen Wange. „Mhh… als das was es ist, würde ich sagen“, mutmaßte Mikael und zog Timothy an dessen Kinn zu sich herunter. Statt eines Kusses, drehte Mikael seinem Freund den Rücken zu, ohne das Kinn loszulassen. Seine freie Hand haschte nach Timothys und dirigierte sie um seine Mitte herum, sodass Timothys Hand auf Mikaels Bauch ruhen konnte und ihre Finger sich miteinander verschränkten. „Was meins ist, ist meins.“
 

Timothy ließ sich führen, doch konnte er bei den Worten kaum ein Lächeln unterdrücken. Ergeben hatte er seinen Kopf auf Mikaels Hand sinken lassen, doch dieser ermahnte ihn mit einer forschen Bewegung am Kinn, dass Timothy seinen Kopf selber halten musste. Die Pose war aufgrund ihres Größenunterschiedes nicht sehr bequem. Nun, das war genau der Punkt, dachte Timothy. Er sollte es heute nicht bequem haben und Mikael würde sicherlich alles dafür tun, dass ihm am Ende des Tages mehr als nur der Magen wehtat.
 

„So, so. Dann gebt ihr es endlich zu? Macht es öffentlich?“, fragte Nayla nach.
 

„Was zugeben? Was öffentlich machen?“, fragte Mikael unschuldig. „Ich sage nur, dass es ist, wie es ist. Ob ihr es weitererzählt oder nicht, ist mir egal und Timothy hat heute leider kein Mitspracherecht.“
 

Nayla lachte amüsiert und trat an Jamil heran, der deutlich größer war als die Tänzerin. Sie drückte seine Schultern nach unten und nachdem dieser verstanden hatte, dass er sich kleiner machen sollte, sodass sie ihren Arm auf Jamils Schulter ablegen konnte, beugte auch er sich runter und ging etwas in die Knie. Auch diese Pose war nicht sonderlich bequem.
 

„Ist gut. Aber ich denke, das behalten wir für uns, nicht war Jamil?“, fragte sie rein rhetorisch, denn wenn Timothy kein Mitspracherecht hatte, galt selbiges für Jamil. „Wir hatten es eh schon geahnt. Schön, dass ihr endlich mit der Sprache rausrückt.“
 

Mikael zuckte mit den Schultern und ließ seine Hand von Timothys Kinn hoch in dessen weiche Haare gleiten. „Wir hatten nie vor es zu verheimlichen.“
 

„Aber ihr habt auch nie ein Wort gesagt!“, motzte Nayla unerwartet heftig los. „Tss. Als wolltet ihr eure ‚Prügel- und Diss-Freundschaft‘ aufrechthalten. Als ob wir keine Augen im Kopf hätten. Beim Karaoke hätte man es noch mit ‚der Liebe zur Musik‘ überspielen können, das gebe ich zu. Aber der Streit? Hallo? Das klappt vielleicht bei anderen, aber ich bin deine Schwester, Gott verdammt! Sonst hast du mir auch jedes winzige Bisschen erzählt, egal, ob ich gefragt habe oder nicht!“
 

Nayla schnaufte erbost, aber auch erleichtert darüber ihren Ärger endlich Luft machen zu können. Mikael sah von ihr zu dem erstarrten Musiker hinter sich und maß ihn mit einem fiesen Grinsen. „Ich hätte nie gedacht, dass du bei so vielen Leuten gleichzeitig in Ungnade fallen kannst.“
 

Timothy indes konnte kaum glauben, dass er von Nayla zurechtgewiesen und Mikael recht haben würde und das zur gleichen Zeit. Zu allem Überfluss war er sprachlos. Lag es daran, dass er sich bereits in seine heutige Rolle eingefügt hatte? Wohl kaum. Naylas Frust traf ihn unvorbereitet. Er verstand nicht, wie er es hatte übersehen können? Seit Nayla mehr für sich selbst und ihren Bruder einstand, hatte Timothy sie in fast alles eingeweiht. Seine dunkelsten Tiefen mal ausgenommen, aber über belanglose Dinge wie, auf was und wen er stand und wie die Liebesdinge bei ihm aussahen. Er hatte es ihr erzählt, weil Frauen gerne darüber redeten. Auf diese Weise hätte er immer einen Draht zu ihr. Vor allem, weil all das für ihn selbst nicht wichtiger war als die Anzahl von Schlaufen in einem Teppich.
 

Doch von Mikael hatte er ihr wirklich kein Wort erzählt. Warum? Etwa weil dieses Haselnussbraun ihn komplett von den Füßen gerissen hatte?
 

Timothy betrachtete Naylas aufgeplusterte Backen und ihre verschränkten Arme. Sie war ihm nicht böse, das erkannte er, aber er musste mit ihr reden. Und Mikael? Der Ex-Sänger sah ihn mit einem amüsierten Funkeln an, welches sicherlich mehr versprach. Ihre Situation war nicht einfach, aber Timothy glaubte wirklich, dass er sich um diese Person in seinen Armen bemühen wollte. Das war etwas noch nie Dagewesenes… Etwas, dessen Richtigkeit er tief in sich spürte, wie ein Magnet, der ihn zu Mikael zog.
 

Dass die Demut, welcher er diesen Tag noch erfahren sollte, ihn tiefer berührte als alles bisher, ahnte Timothy zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ebenso wenig wie anstrengend und angenehm es war, wenn der feste Freund einen als Stuhl missbrauchte. Auf dem Schoß sitzen war das eine, aber auf allen vieren zu stehen und Mikaels Hintern auf seinen Rücken zu spüren, selbst wenn er ihn nur für wenige Sekunden halten konnte, war etwas ganz Neues.
 

Wenngleich dieser Tag eine Strafe sein sollte, hörte man aus der Musiker-WG viel Gelächter.
 

-
 

Das Büro des Direktors befand sich im Hauptgebäude. Ein großer Vorteil, wenn man seine Finger in der Aufteilung der Räume hatte und entschied, wo das künftige Büro seinen Platz finden sollte. Daniel Cuvert war ein Freund von schönen Dingen und Aussichten im klassischen Stil. Wenn er bereits eine alte Residenz im Barockstil erstehen konnte, wollte er natürlich das beste Zimmer für sich.
 

Die Residenz besaß einen Haupttrakt und vier Flügel mit je drei Stockwerken, welche teils für Bürotätigkeiten, teils für Vorlesungen genutzt wurden. Der Haupttrakt begann mit einem geräumigen Foyer und einem Ballsaal darüber, welcher für interne Festlichkeiten genutzt wurde. Im letzten Stockwerk befand sich mittig gelegen sein Büro. Zugegeben im Sommer konnte es erdrückend warm werden, doch war es nichts, was sich nicht mit geöffneten Fenstern lösen ließ. Außerdem war der Ausblick es wert!
 

Der Vorplatz war groß gehalten, damit damalige Kutschen genügend Platz zum Einfahren und Wenden hatten. Eine Treppe mit zwei halb runden Armen führte zum Foyer. Heutzutage befanden sich Fahrräder an einem neuangebrachten Fahrradständer und Studenten tummelten sich auf dem Platz. Für Daniel war es ein schönes Bild. Friedlich und voller Wissensdurst. Manchmal versammelten sich kleinere Gruppen und musizierten unter freien Himmel. Nicht jedes Stück entsprach seinem Geschmack, aber die Kreativität, die aus ihnen sprach, mit jeder Note gespielt wurde, war so viel mehr wert.
 

Heute hatte sich eine Gruppe Streicher eingefunden und spielten berühmte Klassiker. Zu gerne hätte er länger am Fenster gestanden und gelauscht. Leider befand sich noch ein ansehnlicher Stapel Papiere auf seinem Tisch. Daniel trat zum Telefon und drückte den Knopf, der ihn mit dem Büro seiner Sekretärin verband.
 

„Ivonne, habe ich heute noch Termine?“
 

Am anderen Ende knisterte es, dann war eine Tastatur zu hören.
 

„Um fünf haben sie ein Essen mit einem Sponsoren“, erklang das zarte Stimmchen.
 

Essengehen mit den Sponsoren der Universität gehörte zum guten Ton. Auch wenn es manchmal deutlich ins eigene Geld ging, wenn er mehrfach in der Woche einen anderen Sponsor einlud. Immerhin waren das Leute mit einem gewissen Standard. Da reichte der muckelige Italiener um die Ecke nicht aus. Zum Glück hatte er für heute schon das Passende ausgesucht.
 

Daniel setzte sich, als es an der Tür klopfte. Verwundert, dass man ihn doch störte, antwortete er. Ivonne schob sich durch die halb geöffnete Tür. Sie trug ein sandfarbenes Kostüm und passende halbhohe Hackenschuhe. Ihr Haarbob war so ordentlich wie eh und je. Sie war sehr schlank, fast schon zu dünn und wirkte daher zierlich. Vielleicht auch, weil sie nur süße 1,60 Meter groß war.
 

„E-Entschuldigen Sie, bitte. Da ist ein Herr, der Sie unbedingt sprechen möchte. Er ahh~“
 

Daniel war sich sicher, Ivonne machte es nicht mit Absicht, aber manchmal waren ihre Töne pornoreif. Nun, in diesem Fall konnte sie nichts für. Der erwähnte Herr drängte sie grob zur Seite und verschaffte sich den Platz, den er brauchte.
 

„Mein lieber Cuvert! Sag bloß, du hast für mich keine Zeit!“, begann der Herr mit lauter Stimme zu prahlen. Daniels Mundwinkel sackten ein wenig ab.
 

„Eberhard. Natürlich habe ich Zeit für dich. Mehr sogar, wenn du dich ankündigst und wir dich entsprechen empfangen können.“
 

„Ach, Papperlapapp! Seit wann müssen sich alte Freunde ankündigen.“
 

Wenn es gute Freunde sind, kündigen sie sich an, eben weil sie wussten, dass man auf Arbeit auch mal im Meeting sein könnte, dachte Daniel schnippisch.
 

„Nun, wo du schon mal da bist. Ivonne? Machst du uns bitte einen Kaffee?“
 

„Sehr wohl“, antwortete sie mit Verbeugung und war erleichtert den Raum verlassen zu dürfen. Daniel hätte es ihr gerne gleichgetan. Die Luft hier war etwas dick geworden, was nicht an der sommerlichen Hitze lag. Mozarts Streichquintett D-Dur KV 593 verblasste in Anwesenheit dieses Mannes. Er war das Äquivalent zu allem, wofür Daniel einstand. Von daher waren sie mitnichten Freunde. Bekannte, leider, was sich aufgrund ihrer Berufe nicht vermeiden ließ. Eberhard Kurt Kühn war einer der wirklich großen Musikfürsten im Musikbusiness. Sein Wohnzimmer hing mit etlichen Platinplatten aus. Er besaß 30% aller Aufnahmestudios im Land und einige seiner Schützlinge waren zu Weltmusikern aufgestiegen. Das alles erreichte er in nur zehn Jahren. Seine Vorgehensweise war rücksichtslos und aggressiv. Für ihn zählte das schnelle Geld und eine Auszeichnung mehr, als die Kreativität und Arbeit, die dahinter stand.
 

Daniel konnte ihn wirklich nicht leiden.
 

Leider konnte er es sich geschäftspolitisch nicht leisten diesen Mann zu verärgern.
 

„Setz dich doch“, bat Daniel darum. „Was führt dich hierher?“
 

„Geschäftliches. Was sonst. Ich habe zwar gehört, dass du selbst Heimkindern eine Chance gibst, aber ich nehme doch stark an, dass der Großteil deiner Studenten nicht aus der Gosse kommt“, stellte Eberhard fest und zog dabei eine Augenbraue hoch. Diese eine Geste war viel aufmüpfiger als man denken mochte.
 

„Mein Schützling braucht neue Supports. Tänzer, Backgroundsänger und ich selbst suche immer nach guten Instrumentalisten. Wie es sich ergibt, hast du alles hier versammelt. Lass mich etwas fischen gehen“, sagte er auffordernd.
 

Daniel lehnte sich in seinem Stuhl zurück und unterdrückte ein genervtes Seufzen. Dieser Mann hatte weder Charme noch Taktgefühl. „Diese Universität hat Regeln, derer selbst du dich nicht entziehen kannst. Sie sind dazu da, um junge Talente zu schützen und auf die Arbeit vorzubereiten. Ich kann dich nicht einfach fischen gehen lassen.“
 

„Tsk“, schnalzte der Gast mit der Zunge. „Spießig wie eh und je. Sag nicht du trägst es mir immer noch nach? Cuv‘ das ist über sechs Jahre her. Wir waren jung und wollten das schnelle Geld. Kaum einer hat damals auf seine Werkzeuge geachtet.“
 

„Es ist erstaunlich, dass es dir nach all den Jahren immer noch nicht am Gewissen zieht, dass du das Leben von Menschen ruiniert hast.“
 

„Das war doch nur einer“, winkte Eberhard ab.
 

„Es waren mehrere und nicht nur aus deinen eigenen Reihen.“ Daniel seufzte. Er hatte keine Lust sich auf dieses Gespräch einzulassen. Eine Wand wäre verständnisvoller. „Die Antwort bleibt nein. Wenn dein Schützling unbedingt Studenten braucht, deren Talent noch nicht ausgereift ist und bei denen du ein Risiko eingehst, in sie zu investieren, da nicht garantiert ist, dass sie das bieten werden, was sie jetzt glauben fähig zu sein, kann er sich als Zeitstudent von außerhalb für einige Lesungen eintragen. Andernfalls bitte ich dich von meinen Studenten abzusehen, solange sie noch immatrikuliert sind.“
 

Eberhart lehnte sich zurück. Wie erwartet, war Geld immer noch der wichtigste Aspekt in seinem Leben. Man sah es an dem teuren Anzug, an den Schuhen und roch es an seinem Rasierwasser. Die Nägel manikürt, gewiss noch andere Zeichen gegen das Altern genommen, hatte er seine makellose Figur von einst gegen ein Wohlstandsbauch eingetauscht. In etwas zu investieren, was nicht zu 100% Gewinn abwerfen könnte, selbst wenn es für das eigene Sternchen war, überlegte er sich mehrfach.
 

„Gibt es denn schon fertige Studenten unter denen man wählen könnte? Ein Scout hat von einem Sänger erzählt, der sich ganz gut macht.“
 

Daniel hatte es ja geahnt. Wenn die Festlichkeiten anstanden, befanden sich hunderte von Menschen auf dem Campus. Es war keine geschlossene Veranstaltung und eigentlich war es ihm recht, wenn sich Scouts unter den Zuschauern befanden. Immerhin durften die Studenten während ihrer Studienzeit keine Werbung für sich machen. Aber er wollte ungerne nur einen Studenten an Kühn verlieren…
 

„Ich lasse dir von Ivonne eine Liste derer Anfertigen, die fertig sind. Du hast Glück, da es gerade Semesterende ist. Was den Sänger angeht, meine ich, dass er noch ein oder zwei Semester vor sich hat. Er hat Talent, sicherlich, aber er probiert viel aus und gehört nicht zu der Sorte Mensch, die du bevorzugst“, erklärte Daniel vorsichtig.
 

Unter allen Sängern war der mit dem meisten Talent der Ashline-Junge. Er kam aus der sogenannten „Gosse“ für die Eberhard nichts übrig hatte. Davon ab, wollte Daniel aus persönlichen Gründen diesen einen Sänger nicht rausrücken. Vielleicht war er zu naiv, aber er wusste nicht, was er sonst machen sollte.
 

Eberhard hatte nur mit der Zunge geschnalzt, was seine Abneigung auf den Punkt brachte. Dankenswerterweise klopfte es und Ivonne kam mit dem Kaffee.


Nachwort zu diesem Kapitel:
hi ho ^^
ja mich gibts auch noch und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich weniger Zeit zum schreiben habe, als mir lieb ist... aber ich bleib am Ball-^__^-

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