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Eren

Geheimnisse der Turanos
von

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Süßes oder Saures

„Süßes oder Saures!“, ruft Max euphorisch und hält dem älteren Herrn auffordernd seine Beutetasche entgegen.

 

„Was für gruselige Kostüme“, lügt der Mann nicht sehr glaubwürdig. Der Rentner dreht sich halb um und als er wieder zur Tür sieht, hat er ein paar Süßigkeiten in den Händen, die er gerecht in die Taschen von Kürbismax und Skeletteren fallen lässt. „Aber seid ihr nicht ein bisschen zu alt für Süßes oder Saures?“

 

„Dankeschön“, bedankt sich der Blonde und fügt überzeugt hinzu: „Für Gratissüßigkeiten ist man nie zu alt.“

 

„Da hast du wohl recht“, stimmt er lächelnd zu. „Dann wünsch ich euch noch viel Spaß, Jungs. Und haltet euch vom Friedhof fern.“

 

„Machen wir, versprochen. Komm, Eren, auf zum nächsten Haus!“ Schon hüpft der aufgedrehte Junge die Stufen hinab und flitzt zurück zur Hauptstraße.

 

„Vielen Dank“, sagt Eren höflich ehe er seiner Zielperson zum Nachbarhaus folgt und sich dabei fragt, weshalb der Mann sie vor dem Friedhof gewarnt hat.

 

Nachdem Eren mit der enttäuschenden Zimmerdurchsuchung fertig war, hat er vorsichtshalber noch ein paar Fotos gemacht, um sie später nochmal anzusehen. Er hat beschlossen erst Ajax von seiner Vermutung bezüglich Max´ Kräfte zu erzählen, wenn er sich absolut sicher ist, dass es null Prozent Anzeichen auf irgendwas besonderes an Max gibt. Falls nämlich irgendwann herauskommen sollte, dass er sich doch geirrt hat, dann … Nein, Eren führt diesen Gedankengang lieber nicht zu Ende. Deshalb hat er ja die Fotos gemacht, um genau diese Eventualität ausschließen zu können.

 

Und nun ist er tatsächlich im Dunkeln als Gerippe verkleidet mit einem viel zu begeisterten Kürbis unterwegs, um von Fremden Zuckerzeug zu erbetteln. Das Kostüm selbst ist gar nicht so schlimm, wie er es sich vorgestellt hat. Das einzige, was ihn daran stört, ist die Maske, die ihm viel zu sehr die Sicht einschränkt. Es gefällt ihm nicht so viele tote Winkel zu haben, von denen sich mögliche Gegner nähern könnten. Gleichzeitig versucht er sich einzureden, dass es heute keine Gegner geben wird. Es ist Halloween. Alle denken nur an Süßkram, harmlose Streiche und Horrorfilme.

 

„Jetzt beeil dich Eren, sonst sind all die guten Süßigkeiten schon vergeben und wir bekommen nur noch das geschmacklose Zeug, dass man am Ende eh nur wegwirft“, drängelt Max, der bereits vor dem Gartentor des nächsten Hauses wartet.

 

„Ja, ja, ich komm ja schon. Hör auf so rumzuschreien, du Dödel“, meint Eren, dem das peinlich ist. Immerhin zieht Max so die Aufmerksamkeit der anderen Süßigkeitenjäger auf sie beide. Aufmerksamkeit, vor allem ungewollte, ist der schlimmste Feind für jemanden in seiner Branche. Erst recht während einer Mission.

 

„Dann trödle nicht so lange rum“, kontert der Kürbis hibbelig.

 

Seit sie beide mit der Tour angefangen haben, ist bestimmt schon eine Stunde vergangen. Eine Stunde in der sie von Haustür zu Haustür eilen, um ihre Taschen zu füllen, die schon jetzt bis zur Hälfte voll sind. Und Max hat nicht gerade die kleinsten ausgesucht. Es liegt viel mehr daran, dass die Leute hier so großzügig sind und völlig Fremden viel zu viel schenken. Etwas das Eren noch nie erlebt hat. Auch wenn es nur Süßkram ist, er hat noch nie etwas geschenkt bekommen. Nichts offizielles zumindest. Klar hat er ein paar Dinge von seiner Familie erhalten, aber das waren nur Sachen für sein weiteres Training oder etwas für die Missionen. Die paar Schokoriegel, Gummibärchen und Minipopcorntüten sind das, was einem Geschenk bisher am nächsten kommt. Und er darf nicht mal was davon essen.

 

Außerdem muss er zugeben, widerstrebend, so langsam fängt er an Gefallen daran zu finden. Mittlerweile ist er auch längst nicht mehr so maulig wie zu Beginn, wo er noch zerknirscht über die gescheiterte Zimmerrazzia war und sich darüber beschwert hat, wie er rumrennen muss. Max war nämlich mit dem Skelett allein nicht zufrieden, als Eren aus dem Zimmer kam, nein, er hat ihm kurzerhand und ohne sein Einverständnis dazu gedrängt auch noch den knielangen Mantel eines Piratenoutfits darüberzuziehen und den passenden Hut und natürlich den Gürtel mit dem Schwert. Und so ist aus dem einfachen Skelett, ein untoter Pirat geworden. Ganz offensichtlich war das Kostümupgrade keine schlechte Idee, wie man an der Ausbeute sieht.

 

„So, und wieder ein Haus abgehakt“, freut sich Max als sie auch bei dieser jungen Frau je eine Schokoladentafel abgestaubt haben. „Läuft doch bisher gar nicht so schlecht.“ Ohne Vorwarnung legt er dem Turano einen Arm um die Skelettschultern. „Wir werden nachher, wenn wir das Zeug vernichten, so schlimme Bauchschmerzen haben, dass wir uns mindestens eine Woche nicht bewegen können. Das wird toll!“

 

„Deine Vorstellung von Spaß ist irgendwie anders als meine“, stellt Eren trocken fest und schüttelt den fremden Arm ab.

 

„Ach, komm schon“, schmollt Max und ballt entschlossen die Faust mit der Tasche. „Zuckerschock-Bauchschmerzen sind es absolut wert, wenn man sich davor mit Süßkram vollstopfen kann. Das ist eh nur einmal im Jahr, da muss man es vollkommen übertreiben. Noch dazu, wenn ich heute Abend das Haus für mich allein hab! Normalerweise versteckt mir meine Mom die meisten Süßigkeiten, damit es eben nicht eskaliert, aber heute wird mir so richtig schlecht werden. Dein erstes Halloween müssen wir schließlich gebührend feiern.“

 

Eren wirft dem Blonden einen skeptischen Seitenblick zu. Egal wie viele Möglichkeiten er durchgeht, er findet keine Kräfte, die zu diesem Chaoten passen könnten. Noch ein Indiz darauf, dass er mit seiner Kräftelosvermutung recht hat. „Schieb deine Zuckerkomaidee jetzt ja nicht mir in die Schuhe. Ich hab damit gar nichts zu tun.“

 

Schelmisch grinst der Grünäugig zu ihm. „Klar ist es deine Schuld. Ich soll dir doch zeigen, wie man Halloween feiert. Da ist es auch deine Schuld, wenn wir zu viel Süßkram futtern. Übrigens, versuch nachher nicht irgendwohin zu kotzen. Ich will das nicht wegwischen müssen und meiner Mom das zu erklären, würde mich sicher ein Jahr Zuckerverbot kosten.“

 

Mit einem Echt-jetzt-Blick schielt er zu dem Halloweenfanatiker hinüber. „Irgendwie wirst du mit jeder Minute seltsamer. Wie viel Zucker hast du denn schon intus?“ Immerhin nascht der Kürbis zwischendurch immer wieder von seiner Beute.

 

„Vielleicht ein, zwei Riegel?“, behauptet er vage und mit einem Gesicht, dass eindeutig auf mehr hindeutet. „Und das sagt meine Mom auch ständig. Aber sie benutzt das Wort: einzigartig.“ Wieso klingt er auch noch stolz darauf?

 

„Mhm“, murrt Eren nur und belässt es dabei. Einzigartig kann man ihn auch nennen. Eren bevorzugt Dödel.

 

Ein paar Minuten verfallen sie in Schweigen bis sich plötzlich die Ausstrahlung von Max ändert. Er wird ernst, was den jungen Turano noch seltsamer vorkommt. „Du, Eren? Kann ich dich was fragen?“

 

Auch der Tonfall passen nicht zu seiner Heiterkeit der letzten Stunde. Wachsam schielt er zu dem Blonden, der stur geradeaus sieht. „Und das wäre?“

 

„Nun ja, über deinen Vater und Bruder hört man ja ständig irgendetwas und da hab ich mich gefragt ...“ Max räuspert sich ehe er fortfährt. „Was macht eigentlich deine Mutter?“

 

„Meine Mutter?“, wiederholt Eren unterbewusst. Tja, wenn er das nur wüsste. Er versucht möglichst neutral zu klingen als er antwortet: „Keine Ahnung. Ich hab sie nie getroffen.“

 

Geschockt starrt Max den anderen Jungen an. „Du kennst deine Mom nicht?“

 

„Nein“, bestätigt Eren und muss bei seiner Mimik schmunzeln. „Jetzt schau nicht so entsetzt. Ich kenne sie eben nicht, na und? Wenn ich sie nicht kenne, kann ich sie auch nicht vermissen.“

 

Das stimmt so auch nicht, aber das muss er ja nicht wissen. In Wahrheit würde Eren natürlich gerne etwas über seine Mutter erfahren, wenn es auch nur der Name ist oder ob sie überhaupt noch lebt, aber bei diesem Thema blockt seine Familie eisern ab. Es gibt nicht einmal Fotos oder irgendwelche Erinnerungen im Haus, die auf seine Mutter hindeuten könnten, so als hätte es nie eine Mutter gegeben.

 

„Hat dir dein Vater nie von ihr erzählt?“ Mitleidig zieht der Kürbis die Augenbrauen zusammen.

 

„Nö. Ich hab ihn mal vor Jahren nach ihr gefragt, da hat er sofort das Thema gewechselt und gesagt, es wäre nicht wichtig“, erinnert er sich.

 

„Nicht wichtig?!“ Entsetzt packt er Erens Unterarm. „Es geht um deine Mom! Wie kann das nicht wichtig sein?“

 

„Ganz ruhig.“ Eren befreit seinen Arm und überlegt intensiv, wie er von diesem Thema wieder wegkommt. „Ist echt keine große Sache. Ist sie tot, ist es für meinen Vater und Bruder vermutlich zu schmerzhaft darüber zu sprechen. Lebt sie noch, hat sie womöglich irgendetwas schlimmes angestellt oder ist abgehauen und hat uns im Stich gelassen. Für ersteres würde es mir nicht viel bringen eine Tote zu vermissen, die ich nie getroffen hab. Für zweiteres, will ich sie vielleicht gar nicht kennenlernen. Also mach keine große Sache draus.“

 

Perplex mit weit geöffneten Augen starrt Max ihn an. „Meinst du das ernst?“

 

Offenbar waren das nicht die richtigen Worte. „Klar. Und jetzt lass uns das Thema wechseln. Sag mir lieber, wie viele Häuser du noch eingeplant hast.“

 

Max hat Eren inzwischen in eine Nebenstraße geführt. Hier sind keine Wohnhäuser, sondern nur die Rückseiten und Lieferanteneingänge von Geschäften und Restaurants. Sieht nicht wie typische Ziele für Süßes oder Saures aus. Es sind dennoch ein paar kostümierte Leute unterwegs, allerdings hat kaum jemand von ihnen einen Korb oder eine Tasche für Süßes dabei. Auch sind sie älter als Eren und Max. Vermutlich sind diese dann auf den Weg zu irgendwelchen Feiern, die Max erwähnt hat. Dennoch bleibt Eren wachsam. Wie immer in seinem Leben. Unachtsamkeit kann schließlich zum Tot führen.

 

„Na schön, aber ich verspreche dir, darüber reden wir noch mal“, warnt der Blonde, woraufhin Eren nur stumm mit den Augen rollt. Wieso hängt er sich so an der Tatsache auf, dass er nichts von seiner Mutter weiß? Bisher ist er auch ohne einer Mom gut zurechtgekommen.

 

„Nicht mehr viele“, antwortet der Kürbis schließlich auf die Frage von vorhin. „Eigentlich sind wir schon auf dem Rückweg. Wir kommen noch an ein paar Häusern vorbei, wo wir klingeln können, aber den Großteil der lohnenden Türen haben wir schon hinter uns.“

 

„Und du machst diese Tour wirklich jedes Jahr?“, erkundigt sich Eren, der einer schwarzen Katze hinterhersieht, die gerade zwischen den parkenden Autos am Straßenrand verschwindet.

 

„Jap“, nickt Max bestätigend, der allmählich zurück in seine euphorische Halloweenstimmung findet. „Normalerweise kommt meine Schwester mit, dann geben uns die Leute sogar noch mehr Süßes. Sie ist wirklich spitzenmäßig in der Kleines-süßes-Mädchen-Nummer. Aber dieses Jahr ist sie ja leider nicht so fit und weil sie dennoch was halloweeniges unternehmen wollte, hat mein Vater sie zu meinen Großeltern gefahren, um dort zumindest die Scheunenparty mitzumachen. Meine Großeltern haben nämlich einen ehemaligen Bauernhof und veranstalten jedes Jahr eine kleine Halloweenparty für die Verwandten und Nachbarn, die vorbeikommen wollen. Jedenfalls, eigentlich hatte ich ja auch Timo gefragt, aber du hast ja mitbekommen, was er über die Sache denkt. Apropos ...“ Plötzlich wird Max wieder ernster und runzelt die Stirn. „Weißt du was mit ihm heute los war? Irgendwie war er komisch. Und da er immer wieder zu dir geschaut hat und dann irgendwie … keine Ahnung … verstört gewirkt hat, dachte ich, du wüsstest vielleicht etwas?“

 

Für einen kurzen Moment vergisst Erens Herz zu schlagen, dann reißt es sich wieder zusammen. Er hat es also gemerkt, dass er mit Timos Verhalten was zu tun hat? Das ist gar nicht gut. Am besten ist es wohl einfach so zu tun, als wäre nichts schlimmes zwischen ihnen passiert. Nur eine ganz, ganz vage Lüge erzählen, die allerdings ein Fünkchen Wahrheit enthalten muss, falls Timo ihm schon etwas erzählt hat oder noch etwas wegen gestern erzählen wird.

 

Da der Mantel glücklicherweise große Taschen hat, kann Eren seine Hände darin verstecken und sieht ausweichend nach oben, wobei er wegen den Straßenlaternen nicht einmal die Sterne sehen kann. Nur der volle Mond leuchtet in einer Wolkenlücke herab. „Ach, eigentlich nichts besonderes. Gestern bin ich doch nach der Schule nochmal zurück, um mein Buch aus dem Schließfach zu holen. Timo hat mir da seine Freunde vom Kampf-Club vorgestellt. Es ist nicht so gelaufen, wie er es sich ausgemalt hat.“

 

„Was?!“ Schockiert weiten sich die grünen Augen. „Aber ihr habt euch nicht geprügelt, oder? Falls doch, es tut mir so leid. Timo überreagiert oft und seine Kampf-Club-Kumpels nehmen wirklich jede Möglichkeit für einen Kampf an und nennen es Training. Bitte sei ihm nicht böse. Hoffentlich hat er dir nicht weh getan. Oh, Timo! Wenn ich den am Montag sehe, dann...“

 

„Jetzt beruhige dich mal“, unterbricht ihn Eren beschwichtigend. Um seine Mundwinkel zuckt ein amüsiertes Schmunzeln. „Niemand hat sich geprügelt.“ Diesen peinlichen Versuch kann man nicht annähernd als einen Kampfversuch bezeichnen.

 

Für wenige Sekunden blinzelt Max ihn abschätzend an, dabei mustert er ihn von Kopf bis Fuß. „Echt jetzt? Er hat es nicht mal versucht? Das ist ziemlich ungewöhnlich. Normalerweise löst Timo immer seine Uneinigkeiten mit seinem angeberischen Kampf-Club. Er wurde deshalb auch schon ein paar Mal vom Direktor verwarnt, hat Verweise kassiert und musste Nachsitzen. Aber da die Schule eh nicht viele gute Sportteams hat und der Kampf-Club der einzige ist, der bei Wettkämpfen irgendwas gewinnt, wird er nie von der Schule geschmissen, egal was er anstellt. Aber dass er diesmal nicht handgreiflich wurde … vielleicht wird er ja langsam doch erwachsener?“

 

*Nö. Ganz bestimmt nicht*, denkt sich Eren entschieden und ist schon wieder genervt, wenn er nur an diesen eifersüchtigen Kerl denkt. Trotzdem lässt er Max im Glauben daran, dass sein Freund gute Seiten hat. Wenn alles gut geht, muss er Timo sowieso nie wieder sehen.

 

Wieder mal ohne Vorwarnung packt Max Erens Arm und deutet viel zu aufgeregt auf den plakatierten Holzzaun zu ihrer Linken. Wie viel Zucker hat er schon gegessen?

 

„Eren, Eren! Mir fällt gerade ein: Paula, Timo und ich wollten nächste Woche ins Kino gehen, um uns den neuen Teil der Super High-Reihe anzusehen. Kommst du mit?“ So fest wie sich Max´ Finger in seinen Oberarm bohren, akzeptiert er kein Nein.

 

Wenig begeistert mustert Eren das Plakat. Es zeigt ein paar Menschen in unterschiedlichen Altersgruppen, die alle bunte Pyjamas tragen und in angeberischen Posen vor einem großen Gebäude stehen.

 

„Danke, aber nein, danke. Ich hab eh noch keinen Teil davon gesehen. Außerdem geh ich nicht so gern ins Kino.“ Eigentlich war er noch nie in einem, aber es läuft auf´s gleiche raus. Wieso sich etwas auf einer Leinwand ansehen, wenn er es selbst tagtäglich erlebt?

 

„Ach, bitte, Eren. Das wird bestimmt lustig“, prophezeit der Kürbis, der schon wieder anfängt in seinen Träumermodus zu wechseln. „Superhelden sind doch so cool. Sie retten Menschen ...“

 

Das macht Eren inoffiziell auch. Er würde schließlich Max retten, wenn er einer wäre, der gerettet werden und in den Bunker gebracht werden müsste.

 

„... sie erleben Tonnen von fantastischen Abenteuern ...“

 

So wie Erens Missionen. So wie die morgen mit Ajax. So wie diese gerade.

 

„... und sie haben unglaubliche Kräfte!“

 

Die hat Eren auch.

 

„Sag mal, Eren, wenn du es dir aussuchen könntest, welche Kräfte hättest du dann gern?“, erkundigt sich der blonde Kürbis völlig unerwartet und überrumpelt somit das Piratenskelett.

 

Wenn sich der Turano vorhin schon ertappt gefühlt hat, dann kommt es ihm jetzt so vor, als sei er aufgeflogen. Ihm läuft ein eisiger Schauer über die Wirbelsäule, der das Kribbeln in den Adern aufweckt. Noch hat er die Ameisen unter Kontrolle und damit das auch so bleibt, muss er ruhig bleiben. Er darf sich nichts anmerken lassen. Es ist eine harmlose, neugierige Frage ohne Hintergedanken. Es ist völlig ausgeschlossen, dass Max den Spieß umdreht und jetzt ihn nach verborgenen Kräften ausfragt. Vollkommen unmöglich. Er mag eben Superhelden, da ist es normal, dass Fans davon träumen selbst die Fähigkeiten zu besitzen. Vermutet er.

 

Also schluckt Eren den nervösen Kloß hinunter, tut so als würde er sich die Reihe an Plakaten mit Werbungen, Ankündigungen von Veranstaltungen und Kinoprogrammen ansehen und zwingt sich dazu, sich zu entspannen. Wer hätte gedacht, dass das so anstrengend ist?

 

„Keine“, antwortet er und ist froh, dass seine Stimme normal klingt. Danke, Verhörtraining.

 

„Keine?“, wiederholt Max mit schief gelegten Kopf.

 

„Wenn man besondere Superkräfte hat, gibt es doch immer Gegner, die einen dann töten wollen. Also, keine“, erklärt Eren und ist selbst überrascht, dass ihm so spontan eine so gute Ausrede eingefallen ist.

 

„Hm.“ Grübelnd legt der Blonde den Kopf in den Nacken. „Stimmt schon. Aber wenn man Superkräfte hat, kann man die Bösewichte doch besiegen und daran hindern anderen wehzutun. Also ich hätte schon gern irgendwelche Kräfte. Ich wollte schon immer fliegen können. Oder nein! Lieber teleportieren, dann würde ich nicht ständig zu spät komen. Nein, stopp! Mit Lichtgeschwindigkeit bewegen können. Oder ...“

 

„Max, stopp! Du brauchst mir jetzt nicht jede Kraft aufzählen, die du gern hättest“, unterbricht ihn Eren gleich bevor die Liste noch länger wird.

 

„Sorry“, grinst Max ohne Entschuldigungsmine. Im Kopf ist er sicher noch mit weiteren möglichen Kräften beschäftigt. „Aber ins Kino gehst du trotzdem mit, ja? Wir können ja danach noch Pizza essen gehen oder so. Außerdem bin ich mir sicher, dass dir der Film gefallen wird. Es macht auch gar nichts, dass du die vorherigen beiden nicht gesehen hast.“

 

„Nein, danke“, wiederholt der junge Turano und überlegt wie er erneut einen Themenwechsel inszenieren kann.

 

„Biitteee! Du weißt, dass ich dich nerven werde, bis du mitkommst“, warnt ihn der Blonde mit hinterhältigem Funkeln in den Augen vor.

 

Oh ja, das weiß Eren. Was spricht eigentlich dagegen? Er kann doch einfach zusagen und weitere Diskussionen vermeiden. Nächste Woche wird er eh nicht mehr in der Schule sein, also was soll´s? Aber andererseits, jetzt zuzusagen und dann ohne Erklärung einfach zu verschwinden, das klingt auch irgendwie falsch. Und es würde sicher ein schlechtes Licht auf die Turanos werfen. Tja, und was jetzt?



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