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Plan B

von

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Kapitel 5

Koushi
 

Koushi hielt sein Handy wieder in der Hand. Sein Daumen strich über das Display. Auf dessen oberen Rand konnte man Daichis Name lesen. Ihr Chat war geöffnet.

Er hatte bereits etwas eingetippt, es dann jedoch auch wieder gelöscht. Er wusste nicht, ob es gut war, ihm nun zu schreiben. Sollte er ihm schreiben, dass auch seine Beziehung zu Ende war? Dass Toru ihn nicht nur rausgeworfen, vielmehr hochkant rausgeschmissen hatte?

Aber was würde das für ein Zeichen sein, wenn er ihm nun schreiben würde? So ala - hey, wir sind beide Single. Endlich können wir zusammen sein!

Nein, das war nicht in Ordnung. Weder Toru gegenüber, noch Yui. Die zwei hatten sie immerhin geliebt. Es wäre für beide ein Schlag ins Gesicht, wenn sie nun direkt, noch am gleichen Tag, ein Paar werden würden.

Wobei, war es überhaupt das, worauf es hinauslaufen würden? Waren Daichi und er dafür bestimmt, zusammen zu sein? Wirklich glücklich miteinander werden?

Auf der einen Seite schrie alles in ihm ja. Das hatte er sich damals gewünscht. Und seitdem er von Daichis Gefühlen wusste, wünschte er es sich wieder. Nein, er war sich sicher, dass Daichi der Einzige wäre, der ihn glücklich machen könnte. Das hatte er ihm doch auch erst vor wenigen Stunden geschrieben.

Doch dann waren da diese anderen Gedanken. Dieses schlechte Gewissen. Sie hatten beide zwei Menschen ins Unglück gestürzt. Zwei Menschen, die sie geliebt hatten. Von denen sie gedacht hatten, sie ebenfalls zu lieben. Es vielleicht auch getan hatten. Wenn auch weniger, als die Liebe zwischen Daichi und ihm war.

Hatten sie beide es daher verdient, glücklich zu werden? Sein schlechtes Gewissen, sein Schuldbewusstsein sagte laut und deutlich: Nein. Sie hatten es nicht verdient.

Toru hätte es verdient.

Yui.

Doch nicht er.

Und er wünschte sich auch, dass Daichi glücklich würde. Doch war es wirklich er, der dafür sorgen könnte?

Mit einem Schlucken schob er das Handy wieder zurück in seine Hosentasche. Nein, er könnte ihm nicht schreiben. Nicht jetzt. Erst einmal musste er selbst mit alldem klarkommen, was passiert war. Er würde sich vorerst ein Hotelzimmer nehmen und dann schauen, wie es weitergehen würde.
 

Daichi
 

“Hier, der Schlüssel. Sie finden Ihr Zimmer im zweiten Stock. Sie können den Aufzug dort hinten nehmen oder, wenn sie möchten, ist daneben auch der Zugang zum Treppenhaus.”

“Vielen Dank.” Mit einer leichten Verbeugung nahm Daichi den Zimmerschlüssel entgegen, an dem auf einem Metallschildchen die Nummer 21 prangte. Die zwei und die eins. Die letzten Nummern, die Koushi und er getragen hatten.

Und wieder landeten seine Gedanken bei ihm. Er sollte an so viel anderes denken. An seine Ehefrau, die vermutlich nun seine Ex-Frau werden würde. Daran, wie sie das mit der Scheidung machen würden. Ihre Wohnung, all das. Doch nichts davon beschäftigte ihn. Stattdessen dachte er nur an seinen besten Freund. Daran, was das alles für sie beide bedeutete.

Mit seiner Reisetasche trat er ein paar Schritte vom Empfangstresen des Hotels weg, in dem er schon einmal gewesen war. Vor fast vier Monaten. Zusammen mit Koushi.

Er wusste nicht, warum es ihn hierher gezogen hatte. Erst hatte er sich überlegt, einen seiner anderen Freunde anzufragen, ob er dort über Nacht bleiben könnte, sie ihm eine Zuflucht boten.

Erst hatte er an die Tanakas gedacht. Kiyoko und Ryunosuke hätten ihn mit ausgebreiteten Armen empfangen. Natürlich. So waren die beiden. Vermutlich hätten sie nicht einmal nach dem Grund gefragt.

Okay, Kiyoko hätte nicht gefragt, Ryu schon. Doch Kiyoko war schwanger, er wollte sie nicht belasten. Zudem waren sie beide auch Freunde von Yui. Das hatte sich so ergeben, da sie als Paare doch oft etwas miteinander unternommen hatten. Nein, er wollte die beiden nicht da mit reinziehen. Und auch keinen der anderen.

Zudem wollte er niemanden anlügen. Was hätte er sagen sollen, weshalb Yui und sich getrennt hatten? Die Wahrheit war, weil er sich in jemand anderen verliebt hatte. Nein, weil er jemand anderen liebte. Das war ein Unterschied.

Und noch dazu war es ja nicht irgendjemand.

Es war Koushi.

Sein bester Freund.

Ebenso ein Freund der anderen.

Und eine Person, die ebenfalls in seiner Beziehung war. Mit niemand Unbekannten, auch wenn sie nicht alle Oikawas Fan waren, so war er eben doch der Partner von einem der ihren. Noch dazu war dieser Partner extra hier nach Japan zurückgekehrt. Wegen Koushi.

Erneut blieb Daichi stehen und ließ seine Reisetasche wieder zwischen seine Füße fallen. Den Zimmerschlüssel steckte er in seine Hosentasche, ehe er mit seiner Hand durch sein Gesicht fuhr.

Nein, er könnte Koushi auch nicht vor den anderen outen. In der Hinsicht, dass sie beide gemeinsam zwei Beziehungen zerstört hatten und das nur, weil sie sich nicht hatten zusammenreißen können. Doch konnte man das über Gefühle sagen?

Er schluckte, ehe er sein Handy hervorzog. Er öffnete den Chat zwischen Koushi und ihm. Sein Blick fiel auf die letzten Schriftzeichen, die dort zu lesen waren. Es waren seine eigenen.
 

Daichi: Weil Gefühle irrational sind. Und unsere füreinander erst recht.
 

Koushi hatte nicht mehr darauf geantwortet. Hatte er etwas Falsches geschrieben? Wobei, er hätte ihm generell nicht schreiben sollen. Er hatte das Gefühl, dass er Koushi damit vor eine Entscheidung gestellt hatte, die dieser eigentlich nicht treffen sollte. War es vielleicht das, weshalb er ihm nicht mehr geantwortet hatte? Vielleicht.

Vermutlich sollte er selbst erst einmal ankommen, ehe er über das zwischen sich und Koushi nachdachte.

Erst musste das mit Yui und ihm geklärt werden. Es war nicht nur eine Beziehung, die beendet wurde. Sie beide waren verheiratet. Unbewusst landeten seine Finger an dem Ehering, der an der linken Hand saß. Er schluckt, ehe er ihn abzog und ebenfalls in seine Hosentasche steckte.

Egal was wäre, es gäbe kein zurück in diese Richtung. Yui hatte recht gehabt. Ihre Ehe war kaputt. Sie könnte nicht mehr repariert werden. Vielleicht war auch er kaputt. Ein leises Stöhnen entkam ihm und er fuhr erneut mit der Hand durchs Gesicht.

Und ob Koushi seine Zukunft war, das wusste er auch nicht. Man konnte den Plan A nicht immer zurückholen. Manchmal war er einfach vergangen.

Was Koushi gerade wohl machte? Ob er vielleicht doch glücklich war? Mit Toru? Und warum landeten seine Gedanken nun wieder bei ihm?

“D-daichi?”

Hinter ihm erklang plötzlich eine Stimme, mit der er nicht gerechnet hatte. Mit weit aufgerissenen Augen drehte er sich herum.

“Koushi!”

Sein Blick fiel auf die Reisetasche, deren Henkel Koushi in einer Hand hielt. Sein Blick wanderte wieder zurück, zu den goldbraunen Augen, die ihn ungläubig anstarrten. Und er konnte erkennen, dass diese blutunterlaufen und angeschwollen waren. Seine Gedanken liefen im Kreis. Hatte er geweint? Dazu die Reisetasche. Bedeutete das etwa …

“Was machst du hier?”, platzte es aus ihm heraus.

Koushis Mundwinkel hoben sich schief an.

“Toru hat mich rausgeworfen. Er hat zufällig gesehen, was wir beide vorher miteinander geschrieben haben und hat eins und eins zusammengezählt. Nun ja, es ist nicht so schön ausgegangen und nun wollte ich mir ein Zimmer für die Nacht organisieren.”

Anscheinend hatte Koushi, was ihre Freunde anging, ähnlich gedacht wie Daichi. Doch das wunderte den Jüngeren der beiden nicht das geringste. Sein bester Freund machte sich immer Gedanken um die anderen.

Und es hatte ihn ebenfalls hierher gezogen. Hierher, wo sie beide die Beziehung und die Gefühle zwischen ihnen für immer und endgültig verändert hatten.

“Ich … ich habe ein Zimmer. Willst du vielleicht …” Daichi stockte mitten in seinem Satz. Ja, er wusste, was sein Herz wollte. Doch sein Kopf sagte ihm eindeutig, dass das noch nicht jetzt sein durfte. “Ich will damit nichts sagen. Es geht nur darum, dass wir beide etwas haben, wo wir schlafen können. Schlafen, nichts anderes.”

Der Gefragte zögerte, ehe er nickte.

“Ja, das klingt gut. Danke dir, Daichi.”

“Nicht dafür.”
 

~~~
 

Kurz darauf standen sie in dem Hotelzimmer, das zumindest für diese Nacht das ihre wäre. Als Koushi die Zimmernummer gesehen hatte, hatte er schlucken müssen. Ihre Zahlen. Und kaum dass sie eingetreten waren, waren ihre Blicke auf das Bett gefallen. Es war nicht das gleiche Zimmer wie beim letzten Mal und doch war es identisch.

Und obwohl ihre Erinnerungen verstärkt wurden, war ihnen beiden klar, dass es nicht darum gehen würde. Nicht heute. Vielleicht sogar auch noch nicht die nächsten Tage. Doch das würde sich zeigen.

“Willst du duschen?”, fragte Daichi, wiederholte unbewusst Worte, die er bereits vor so vielen Jahren zu Koushi gesagt hatte. Ob es ihm selbst bewusster war?

Ein kurzes Lächeln huschte über Koushis Gesicht, ehe er nickte.

“Ja.”

“Dann gehe ich nach dir.”

Ein Nicken. Eine Bestätigung. Keine Einladung zum gemeinsamen Duschen. Ohne darüber nachzudenken. So war es richtig. Jetzt, für diesen Moment.
 

~~~
 

“Wie sollen wir es machen?” Koushis Blick fiel auf das Bett.

“Ich denke … wir können beide darin schlafen, oder?” Daichi presste seine Lippen aufeinander. “Oder soll ich vielleicht doch lieber nach einem zweiten Zimmer fragen?”

“Nein, das ist doch schwachsinnig! Wir schaffen das.”

“Das denke ich auch.”

Trotzdem mussten sie beide schlucken. Wieder in einem Bett schlafen, gemeinsam. Ein großer Wunsch von ihnen beiden - und doch hatten sie es sich anders vorgestellt.

Ein wenig später lagen sie im Bett, nebeneinander. Jeder auf seiner Seite, Abstand zwischen sich. Es war seltsam.

Auf der einen Seite war da dieses Sehnen nacheinander. Der Wunsch danach, sich nahe zu sein, sich zu berühren.

Und dann war da dieses schlechte Gewissen, dass es nicht zuließ. Bei keinem von ihnen.

“Als Toru deine Nachricht gesehen hat, hat er mich darauf angesprochen. Er hat es mir zum Vorwurf gemacht, dass er meinetwegen alles aufgegeben hat”, flüsterte Koushi, nachdem er minutenlang in die Dunkelheit gestarrt hatte. Er konnte nicht zur Ruhe finden. Wie auch? Nach all dem, was heute passiert war. “Aber ich kann ihn verstehen. Wie sollte er mich jetzt nicht hassen? Ich habe ihn verletzt. Sein Herz gebrochen.”

Es herrschte Stille, die schließlich von Daichi unterbrochen wurde.

“Ich kann Yui auch verstehen. Sie ist zu mir gekommen und hat gefragt was los ist. Sie meinte, dass mit unserer Beziehung etwas nicht mehr in Ordnung ist. Sie hat mir auf den Kopf zugesagt, dass ich eine Affäre hätte. Ich konnte sie nicht weiter anlügen. Es tut mir leid.”

“Das muss es nicht, Daichi. Das, was wir beide da getan haben … das war nicht fair. Nicht den beiden gegenüber. Yui und Toru. Sie haben jedes Recht, uns zu hassen.”

“Damit hast du recht. Mir würde es nicht anders gehen, wenn ich an ihrer Stelle wäre.”

“Ich weiß auch nicht, ob ich das kann, Daichi. Das mit uns beiden. Wie können wir glücklich sein, wenn andere wegen uns unglücklich sind?” Und damit sprach Koushi die Gedanken aus, die ihm vorher durch den Kopf gegangen wären.

Womit hätten sie es verdient, glücklich zu werden?

Daichi versteifte sich und sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er musste sich räuspern, den Kloss aus seinem Hals bekommen, ehe er sprechen konnte.

“Ich verstehe wirklich, was du damit sagen willst … aber denkst du … denkst du, sie wären mit uns glücklich gewesen? Ich hatte versucht, mit Yui glücklich zu sein, doch sie selbst meinte heute zu mir, dass es mich nur unglücklicher gemacht hat. Es hätte keinen Weg mehr gegeben, nicht für sie und mich. Es tut mir leid, wenn ich dir deine Beziehung ebenfalls kaputt gemacht habe. Das wollte ich nicht. Es …”

“Nein, Daichi!”, fuhr im Koushi ins Wort. “Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Für mich bist du es. Der Eine. Und du hast recht, auch wenn ich das vielleicht nicht sehen wollte. Es wäre bei mir nicht anders gewesen. Toru und ich - nein, wir wären auch nicht glücklich gewesen. Ganz im Gegenteil. Doch … ich wünschte, es wäre anders gelaufen. Ich wünschte, es wäre alles anders gelaufen und ich hätte es dir damals gesagt. Doch ich habe es nicht. Wir müssen nun mit dem leben, was wir getan haben, wir können daran nichts ändern.”

“Auch damit hast du recht.” Ein tiefes Seufzen entkam Daichi. “Und ich wünschte auch, dass wir ihnen diesen Schmerz hätten ersparen können. Dass wir ihn uns hätte ersparen können …”

Wieder vergingen Minuten, in denen keiner von ihnen etwas sagte und sie nur ihren Gedanken nachhingen.

“Daichi”, war es schließlich Koushi, der das Wort ergriff. “Es fällt mir schwer, das zu sagen. Aber das mit uns beiden, ich kann das nicht.” Diese Worte hatte er vor einigen Minuten bereits ausgesprochen, doch in diesem Augenblick klangen sie ernsthafter.

Daichi schluckte schwer. Sein Atem stockte und zum wiederholten Male an diesem Tag breitete sich Schmerz in seiner Brust aus.

“Ich will damit sagen”, sprach sein Freund schnell weiter, “ich kann es jetzt nicht. Nicht jetzt, wo wir beide gerade erst eine Trennung hinter uns haben. Wir müssen erst mal damit abschließen, mit diesen Beziehungen. Alles regeln. Und dann … dann schauen wir, ja?”

Die Schwere, die auf Daichi gelastet hatte, ließ wieder etwas nach.

“Du meinst, dass wir noch warten sollen? Ehe wir entscheiden, was das mit uns beiden werden soll?”

“Ja, genau. Ich meine, ich liebe dich, das weiß ich. Aber ich brauche die Zeit. Ich kann mich jetzt nicht direkt mit dir in die nächste Beziehung stürzen. Das haben Yui und Toru nicht verdient und auch wir beide müssen abschließen. Lass uns warten und dann weitersehen.”

Ein schiefes Grinsen erschien auf Daichis Gesicht, das im Dunkeln nicht zu sehen war.

“Mit Warten kennen wir uns inzwischen aus, oder? Ein paar Monate mehr werden da nun nichts mehr ausmachen.” Auch wenn es sich anfühlte, als würde es alles ausmachen.

“Richtig.”

Keiner von ihnen sagte etwas, ehe Daichi nickte.

“Okay, fügte er hinzu, da Koushi ihn nicht sehen könnte. Unter anderem, weil dieser mit dem Rücken zu ihm lag.

“Gut.”

Erneute Stille.

“Koushi?”

“Ja?”

“Ich liebe dich auch.”

Dieser erwiderte nichts, doch dann war ein Schluchzen zu vernehmen. Ein zweiter und ein dritter, ehe die Töne nicht mehr verstummten. Daichi rutschte näher, schlang seinen Arm um den neben ihm Liegenden und zog ihn mit dem Rücken gegen seinen Brust. Er presste ihn eng an sich, während der schlanke Körper vor ihm vor Beben und Schluchzern geschüttelt wurde. Er schloss seine eigenen Augen und vergrub seine Nase in dem silbergrauen Schopf des Älteren. Und dann spürte er, wie auch ihm die Tränen über die Augen traten und anschließend in einem nicht mehr endenden Strom über die Wangen liefen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es... das letzte Kapitel der Geschichte.
So viel zum Thema, ich werde sie, im Gegensatz zu Adue glücklich machen ... Tja, ich habe das Gefühl, die beiden nur noch viel unglücklicher gemacht zu haben. Oh, und vergessen wir Yui und Oikawa nicht ...
Danke an alle Mitleser. Für die Sternchen.

Und ja, das war das letzte Kapitel. Und gut, ein wenig veräppelt habe ich euch vielleicht mit den wenigen Worten über diesen hier - es folgt nämlich noch der Epilog ;) Komplett anzeigen

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