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Hello. It's Me.

von

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Sieben

Auf dem Bauch liegend starrte ich auf den hellen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen. Seit Stunden war ich unfähig mich zu bewegen; nicht im eigentlichen Sinne, sondern einfach zu angespannt, die Augen weit, nur ein unregelmäßiges Zucken im Bein. Ausgerechnet Schießen. Seit dem ... Vorfall waren Monate vergangen, dennoch hatte ich es seitdem nicht gewagt, am Schießstand zu üben, wenn ich nicht allein war. Mittlerweile konnte ich jede Art Schusswaffe, die Shinra zur Verfügung stellte, im Schlaf auseinandernehmen und wieder zusammenbauen, wusste, wie man die richtige Position an der Schulter fand, wie man sich gegen den Rückstoß stemmte. Und doch ... wenn ich nur die Augen schloss, ... erschien eine gesichtslose Gestalt vor mir, am Boden liegend, in einer großen Blutlache, und über allem stand er, die Stirn gerunzelt in einer Mischung aus Enttäuschung und purer Abscheu. Seine grünen Augen durchbohrten mich, spießten mich auf, ehe er sein langes, schmales Schwert zur Hand nahm und ... – Ich zuckte zusammen und öffnete die Augen. Schlaf konnte ich zwar gut gebrauchen, dachte ich mir, aber nicht solche Träumereien. Es blieb mir nichts anderes übrig, als im Geiste meine Übungen durchzugehen, wieder und wieder ... Die Hand am Griff ...
 

Die Hand am Griff, aber den Finger noch nicht am Abzug. Gewehr vor, dann gegen die Schulter gedrückt, fest im Weg der Kappe, keine Bewegung zu erkennen. Die Finger der anderen Hand unter dem Lauf, unbewegt im Griff des Daumens. Gesicht nah am Kolben, ein Adlerblick durch den Sucher. Der einzelne Schuss ging ins Ziel. Auch die Schusssalve brachte ihn nicht aus dem Gleichgewicht. Nicht viele Anwärter brachten so viel offensichtliche Erfahrung mit.

„Das macht er nicht zum ersten Mal“, bemerkte Sephiroth folglich.

Genesis beugte sich von der Seite zu ihm. „,Unfall‘“, sagte er nur. Sie beobachteten die Rekruten bei der letzten Disziplin, seitlich am Schießstand stehend.

„Vielleicht war es einfach tatsächlich ein Unfall und er hat das zum Anlass genommen, zu üben, damit so was nicht noch mal passiert“, schlug Sephiroth vor. Angeal enthielt sich, während Genesis ungläubig dreinschaute. „Du musstest natürlich noch nie trainieren, weil du schon immer alles konntest. Du bist perfekt.“

„Richtig“, sagte Genesis, der so tat, als würde er sich geschmeichelt fühlen. „Ich hab noch nie einen Fehler gemacht.“

„Du hast mich verlassen“, rutschte es Sephiroth heraus, ehe er darüber nachgedacht hatte. Er selbst stockte. Er merkte augenblicklich, dass er das Falsche gesagt hatte: Genesis – ausgerechnet Genesis, dessen Kopf in einer augenblicklichen Bewegung zu ihm herumschnellte, Genesis, der ihn mit geweiteten Augen anstarrte – verschlug es die Sprache, und Angeal versuchte sich offensichtlich im Hintergrund zu halten und klein zu machen. Sephiroth schüttelte leicht den Kopf, als müsste er zu Sinnen kommen. „‘tschuldige.“

„Seph, das ist so lange her“, hauchte Genesis. „Ich dachte, du wärst darüber hinweg.“

„Ja“, sagte Sephiroth stirnrunzelnd. „Natürlich.“ Er beobachtete die weiteren Rekruten bei ihren Schießübungen. Viele trafen ihre Ziele, andere nicht. Den meisten wackelten die Gewehre beim Rückstoß. „Ich schätze, das mit Natt sitzt noch tiefer, als ich dachte.“

„Ach komm“, winkte Genesis ab, nun wieder sein übliches herablassendes Selbst. „Das hast du doch nicht ernst gemeint.“

„Du musst nicht immer von dir auf andere schließen“, brummelte Sephiroth.

Genesis setzte zu einer Antwort an, als Angeal sie unterbrach: „Könnt ihr aufhören euch zu kabbeln? Es ist besser so, wenn ihr getrennt seid, und jetzt ist Ruhe.“

Sephiroths Blick kehrte widerwillig zurück zu dem blonden Rekruten; er war mittlerweile fertig und stand auf der anderen Seite des Platzes, abseits bei seiner Ausbilderin, die ihm, da war Sephiroth sicher, lobende Worte mitgab. Er kannte Miriam, schätzte sie; sie regierte mit eiserner Faust, doch solange ihre Rekruten spurten, war sie auch bereit, gelegentlich ihre menschliche Seite zu zeigen. Viele Männer unterschätzten sie anfangs, machten sich geradezu lustig; Sephiroth hielt nichts davon, Leuten aufgrund von Vorurteilen oder Äußerlichkeiten keine faire Chance zu geben. Was, wenn dieser Rekrut – er schaute noch einmal in seine Unterlagen: Cloud – was, wenn dieser Cloud auch ...

„Seph.“ Genesis unterbrach seine Gedanken. Sein Blick ging zwischen Sephiroth und dem Rekruten hin und her. „Nein. Komm schon, das ist er nicht wert.“

Sephiroth brauchte einen Moment, um sich zu Genesis umzudrehen. „Was willst du jetzt eigentlich schon wieder?“

„Ich seh das doch, du überlegst, ihn zu übernehmen.“

„Nicht wirklich, oder?“, sagte nun auch Angeal. „Ok, er hat gute Ergebnisse, und? Du willst ihn doch aber wohl kaum mit uns vergleichen, oder mit Zack, nein?“

„Wenn er sich einmal erkältet oder verletzt, ist er weg vom Fenster“, fügte Genesis hinzu. „An dem ist doch nichts dran. Oder –“ Genesis warf ihm einen vielsagenden, fast lasziven Seitenblick zu. „Oder stehst du da jetzt drauf? Ich mein – er ist immerhin blond.“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst.“ Es war selten, dass Sephiroth so gar nichts an Genesis‘ beinahe nie wirklich ernster Art finden konnte, aber in diesem Moment hätte er ihn am liebsten geohrfeigt.

„Was, du hast davon angefangen“, sagte Genesis schulterzuckend. Er gab sich nie schuldbewusst, das kannte Sephiroth nur zu gut, doch manchmal ...

„Je mehr ihr dagegen seid, desto mehr bin ich dafür“, schloss Sephiroth kühl.

Angeal und Genesis schienen beide nicht überzeugt. „Tja“, sagte schließlich Angeal. „Wenn du ... mal Rat brauchst oder so.“ Sephiroth nickte ihm dankbar zu, ehe Angeal sich verabschiedete und ihn mit Genesis allein zurückließ. Er machte sich weiter Gedanken, was dahinterstecken mochte, dass dieser zierliche kleine Mann von ganz unten nach ganz oben durchgestartet war, obwohl er – und da hatte Genesis schon recht – so aussah, als ob ihn eine schlimme Erkältung ausknocken konnte.

„Findest du ihn echt so faszinierend?“, fragte ihn Genesis nach einer Weile.

Sephiroth suchte nach dem richtigen Wort. „Widersprüchlich, vielleicht.“

Genesis machte ein genervtes Geräusch. „Wenn er dich so interessiert, kannst du auch einfach rübergehen und mit ihm reden, weißt du, du musst nicht jeden Tag mehrere Stunden in ihn investieren für die nächsten Monate – potentiell sogar Jahre.“

Sephiroth dämmerte es langsam. Er wandte sich Genesis zu und sah ihm ganz genau ins Gesicht. „Bist du ein bisschen neidisch, kann das sein?“ Und zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hatte es Genesis die Sprache verschlagen.

„Pfff, Unsinn“, war alles, was er zustande brachte, während er Sephiroths Blick mied. Dieser wanderte erneut über das Schießfeld, hinüber zu dem blonden Rekruten – hinüber zu Cloud. Und wenn er dem jungen Mann beibringen musste, ordentlich zu essen, um Muskulatur aufzubauen, er würde ihm eine Chance geben. Dann glich dieser Cloud ihm eben nicht, und auch nicht Angeal und Genesis, oder Zack. Was sollte das schon bedeuten? Glichen sie denn einander? Es gab offensichtlich unterschiedliche Arten, zum First zu gelangen, warum sollte es keine für zierliche Männer geben? Sein Entschluss rastete ein.

Er warf Genesis erneut einen Seitenblick zu. „Siehst so aus, als ob du in Zukunft meine Aufmerksamkeit wirst teilen müssen.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Erst beim Hochladen hab ich gesehen, dass es sich um das siebte Kapitel handelt, und ich nenn es auch noch "Sieben" >.< Ich garantiere, dass das ein Zufall ist lol Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  White-Orchidee
2024-04-20T21:33:42+00:00 20.04.2024 23:33
Schade, gerade wo es interessant wird. Vielleicht findest du ja doch noch die Muse. Ein Favorit lasse ich mal da ❤️
Antwort von:  tobiiieee
22.04.2024 08:50
Hey, das ist lieb, dass du schreibst (und favest 😭)
Ich kann nichts versprechen, will mir aber Mühe geben. <3


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