Zum Inhalt der Seite

Eine etwas andere Geschichte - Die Klammer muss weg!

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Anprobe mit Folgen – Termin am 26.07.2022

Die nächste Anprobe. Ich war so gespannt, wie die Zähne aus Keramik aussehen würden!

Mein letzter Termin war 2 ½ Wochen her und ich schaute mir immer wieder voller Vorfreude die Bilder vom Wax-up an. Ich bin im Endspurt!

Als Dr J förmlich durch die Tür hüpfte und mich durch seine Maske angrinste, hätte ich schon ahnen können, dass da was im Busch ist…

„Halloo~hoo! Naaa… Freuen Sie sich schon?“ – „Ja klar!“, antwortete ich grinsend. „Super, ich mich auch!“, sagte Dr J und ließ sich auf seinem Stuhl nieder. “Dann fangen wir mal an.“ Na dann los! Routiniert wie immer nahm ich die Aufbeißschiene raus, der Zahnarztstuhl fuhr nach hinten und schon schraubte Dr J die Schrauben raus. Einen Blick auf die Keramikzähne konnte ich ein weiteres Mal nicht ergattern, ließ mich aber gerne überraschen.

„So, ich setze das jetzt mal ein.“, informierte Dr J mich. Und schon wurde die Lücke gefüllt und die Schrauben wieder eingesetzt. „das drückt jetzt ein bisschen…“, kündigte Dr J an als er die Schrauben fester zog. Tatsächlich drückte es unangenehm, doch das war nichts Schlimmes. Dr J sah mich schließlich an und ein Lächeln stand in seinen Augen. „Cool!“ Ich lächelte ihn an und sein Grinsen wurde breiter. “Wirklich cool!” Na, wenn der Chef nichts zu bemängeln hat, dann kann es ja nur gut sein! Dr J bat die Helferin, Frau H herzuholen, damit auch sie einen Blick drauf werfen konnte. Ich bereitete mich darauf vor, ein weiteres Mal bis zehn zu zählen. In der Zeit ließ Dr J den Stuhl hochfahren und drückte mir den Spiegel in die Hand.

OH MEIN GOTT!! Ich hätte heulen können!!! Wie toll das geworden ist, konnte ich gar nicht fassen. Ich wundere mich bis jetzt noch, dass ich in dem Moment nicht in Tränen ausgebrochen bin.
 

In der Zeit kam auch schon Frau H in den Raum und begutachtete ebenfalls lächelnd ihr Kunstwerk.

“Wir sind fertig!“ „Fertig?!“ Mir fiel alles aus dem Gesicht. „Fertig!“, sagte Dr J breit grinsend. Ich konnte es nicht glauben, war mental überhaupt nicht auf die Situation vorbereitet, dass ich heute schon feste Zähne haben könnte. „Wirklich?!“, harkte ich daher noch einmal ungläubig nach. „Es sei denn, Sie möchten noch zwei Tage warten...“

-NEIN!!- Ich lächelte nur breit mit meinem neuen Lächeln, was auf alle Anwesenden abfärbte.

„Die Schrauben habe ich schon mitgebracht!“, meldete sich auch Frau H und hielt als Beweis ein Kästchen hoch. Ich lächelte immernoch ungläubig, konnte gar nicht fassen, was in diesem Moment geschah. Wie gesagt, ich wundere mich, dass ich nicht anfing zu Heulen.

Dr J nahm ihr das Kästchen ab und lobte Frau H für Ihre großartige Arbeit. Auch ich bedankte mich noch einmal herzlich, bevor sie den Raum verließ. Ich wollte den kleinen Handspiegel schon gar nicht mehr aus den Händen geben.

„So, wir machen jetzt noch die richtigen Schrauben rein.“, kündigte Dr J an, ‘die Montage-Schrauben‘, schoss es mir durch den Kopf. Jetzt kam die Aufregung! „Okay.“, stimmte ich zu und wurde ein weiteres Mal nach hinten gefahren, legte den Spiegel trotz Widerwillen weg. Und in diesem Moment nahm ich alles vollkommen Bewusst wahr: Ein letztes Mal das leise Mahlen der Schrauben. Ein letztes Mal nacktes Zahnfleisch, welches mit kalter Flüssigkeit gereinigt wird. Dr J’s konzentrierter Blick, während er seiner Arbeit nachgeht. Das unangenehme Blenden, wenn man ausversehen in das Licht der Lupenbrille schaut.

Mir wurde auf einmal ganz klar bewusst, dass ich in wenigen Minuten fertig sein würde. Anderthalb Jahre. Anderthalb Jahre harte Arbeit. Gleich wäre es soweit.
 

„Ich drehe das jetzt richtig fest, das wird etwas drücken, ok?“, warnte Dr J mich vor. Und so wie er es sagte, drehte er die Schrauben mit einem Drehmomentschlüssel fest. Das drückte tatsächlich sehr.

Kennt ihr das Gefühl, wenn seitlich am Zahn eine Füllung gemacht wird und diese Spange dazwischen geklemmt wird? So in der Art kann man es vergleichen, nur dass die Zähne nicht zusammen gedrückt werden. In meinem Fall wurde mächtig an den Implantaten gezogen (bzw. die Schrauben wurden im Gewinde festgezogen, was natürlich mächtig am Oberkiefer zieht), um die Kronen fest zu halten. Mich würde echt mal interessieren, mit wie viel Nm die Zähne fest gezogen werden… „Geht es?“, erkundigte er sich. „Hm-hm“, bejahte ich. Die nächsten Schrauben wurden also auch auf dieselbe Weise fest gemacht.

Als Nächstes wurden die Schraubenlöcher mit Teflon und einer ganz normalen Füllung geschlossen. „So, wir passen das jetzt noch einmal an.“, informierte Dr J mich. Das ist einfach und hat Jeder, der schon mal eine Füllung bekommen hat, gemacht. Man klappert mit den Zähnen auf abfärbendem Papier, da kann der Zahnarzt sehen, wo etwas vorsteht. Diese Stelle wird dann abgeschliffen und poliert. Der Vorgang wurde mehrere Male wiederholt, bis nirgendwo mehr Druckstellen vorhanden waren. Anschließend wurde der Stuhl wieder hochgefahren.
 

„Wir haben es geschafft!“, verkündete Dr J. Ich lächelte ein wenig wehmütig. Von einem Moment auf dem Anderen war alles vorbei. Ich war absolut nicht darauf vorbereitet.

Dr J war aber noch nicht alles losgeworden: „Verena, ich möchte Ihnen ein großes Kompliment aussprechen. Es hat richtig Spaß mit Ihnen gemacht. Sie waren immer super drauf, immer wenn Sie rein gekommen sind, hatten sie ein Lächeln im Gesicht. Auch wenn es dick geschwollen und blau war. Vielen Dank, es war sehr schön, mit ihnen zu arbeiten!“

„Ich habe zu danken! Es ist so schön geworden und hier fühlt man sich immer gut aufgehoben!“, lenkte ich sofort ein. Und das ist mein absoluter Ernst. In jeder Situation fühlte ich mich in den richtigen Händen, es blieben nie Fragen offen, man konnte mit Dr J und den Schwestern scherzen. „Darf ich Sie trotz Corona einmal umarmen?“, fragte ich. Dr J breitete direkt lächelnd die Arme aus. „Vielen vielen lieben Dank!“, bedankte ich mich noch einmal. Keine Worte können beschreiben, wie viele tausend Steine von meinem Herzen gefallen sind.
 

Es war ein langer Weg.

Mich begleiteten der Sturm aufs Kapitol, Impf-Chaos, und Corona-Lockdowns. Der Militärputsch in Myanmar, ein blockierter Suezkanal, die Maskenaffäre, die Corona Notbremse, der Raketenkrieg zwischen Hamas und Israel und Corona-Lockerungen. Extremwetter mit unglaublichem Hochwasser in Deutschland und zerstörerischem Feuer in Griechenland, der völlig Missglückte Abzug der Nato aus Afghanistan, Pandemie, Inflation, ein neuer Bundeskanzler, Krieg in Europa, ach ich kann gar nicht alles aufzählen.
 

Auch privat ging ich durch Höhen und Tiefen: Meine Verlobung, der überraschende Tod M’s Opas, der Umzug in unsere neue Wohnung, eine gefühlte Sanierung, so viele Corona Lockdowns und Lockerungen, dass ich sie nicht mehr zählen kann und die damit verbundene Freude unsere Freunde endlich mal wieder zu Gesicht zu bekommen. Die Überflutung, die nicht nur unsere komplette Nachbarschaft betraf, sondern auch unsere Autohalle auflöste, unser Familienzuwachs in Form unseren kleinen Katers Nacho – nicht zu vergessen der dicke, verrückte Kater Tommy, der wenig später dazu kam. Unsere eigene Hochzeit, wir kauften ein Haus, Arbeit, Stress, alles auf einmal.

Anderthalb Jahre voller Freuden und Sorgen, Erschöpfung und Munterkeit, Ein Gefühlschaos, was viele von uns betraf, wenn wir den Fernseher nur eingeschaltet haben um Nachrichten zu sehen. 2021 war ein Jahr voller Katastrophen, Wahlkampf und Umstrukturierung; 2022 steht Krieg und Inflation im Mittelpunkt.
 

Mein Name ist Verena. Ich bin 27 Jahre jung, seit Dezember glücklich verheiratet und führe ein normales Leben.

Hätte ich vor der Behandlung gewusst, was mich für ein Chaos auf der Welt begleiten würde, hätte ich mir wohl mehrmals überlegt, ob ich das Geld in Zähne investiere.

Ich bin froh, dass ich es nicht wusste. Denn jetzt trage ich ein strahlendes Lächeln im Gesicht und werde es nie wieder abgeben müssen. Ich muss beim Schwimmen gehen nicht mehr aufpassen, und mein Mann muss nie wieder nach einer Taucherbrille für meine Prothese fragen. Ich muss auf einer Achterbahn nie wieder den Mund zu halten, beim nächsten Mal werde ich mir die Seele aus dem Leib schreien ohne darauf zu achten, ob etwas raus fallen könnte. Ich kann mit vollem Genuss in einen Apfel beißen. Ich achte nicht mehr darauf, welches Brot ich kaufe. Und, ihr Lieben; während ich das hier schreibe sind erst drei Tage vergangen. Ihr müsstet mich mal sehen, wenn ich Zähne putzen will – ich will immer noch die Prothese/die Aufbeißschiene raus nehmen, bevor ich loslege.
 

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal vom ganzen Herzen bei Dr J und seinem tollen Team bedanken! Ich kann nicht in Worte fassen, wie Dankbar ich bin.

Von den Empfangsdamen, den Ärzten, die Arzthelfer und Assistenz, den Zahntechnikern, bis hin zu der Buchhaltung wurde ich immer bestens aufgeklärt und an die Hand genommen. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Tausend Küsse an euch Alle, ihr leistet eine fantastische Arbeit! Tausend Dank!!!
 

Am Anfang wollte ich mit diesem Bericht meine Angst besiegen, nun erkenne ich, dass das alles halb so Schlimm war. Ich kann den Menschen da draußen aus erster Hand erzählen, dass das alles nur halb so schlimm ist. Ja, ich hatte dicke Backen; ja, ich hatte Schmerzen; ja, mein Gesicht war geschwollen und blau. Ja – ich hatte Angst. Aber je mehr Termine ich hatte, desto einfacher wurde ist. Ich wurde lockerer, gelassener und ich wusste was auf mich zukommt. Lasst euer Kopfkino nicht siegen – es ist halb so schlimm!

Ihr Lieben – egal wer da draußen ist, egal wer das liest. Seid ihr in meiner Situation? Lasst es machen! Ich kann gar nicht beschreiben, was das für ein Glücksgefühl ist! Im Nachhinein könnte ich mich im Arsch beißen (hihi – Wortspiel :P) dass ich es nicht früher gemacht habe. Was war ich dumm! Überwindet eure Angst. Macht den ersten Schritt – den ersten Beratungstermin bei euren Zahnarzt des Vertrauens! Das möchte ich euch ans Herz legen und mit auf den Weg geben.

Und ich werde für mich Persönlich jede Gelegenheit nehmen, um mit einem strahlenden Lächeln durchs Leben zu gehen.
 


 

Voll auf die Fresse

-

Eine etwas andere Geschichte

(Die Klammer muss weg!)
 

-Ende-



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück