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Einsamkeit

von

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Taiwan

Die Stimmung im Flieger war eisig. Immer wieder musterte Kirishima seinen Boss besorgt. Die Ausstrahlung des Yakuzas schien die Luft beinahe gefrieren zu lassen, während dieser sich nur bewegte um sich eine weitere Zigarette anzuzünden. Trotzdem wirkte er in diesem Augenblick fast wie immer und auf jeden Fall normaler. Das einzige was für den Sekretär nicht ins Bild passen wollte, war das Seidentuch, welches Asami anstatt seiner gewohnten Krawatte trug. Besonders da er den Stoff so hochgebunden hatte, dass es seinen gesamten Hals verdeckte, dabei war es doch gar nicht kalt. Im Gegenteil, es war heute so warm gewesen, dass der Russe sich tatsächlich für ein kurzärmeliges Hemd entschieden hatte. Nicht jedoch Asami. Er trug wie immer einen seiner maßgeschneiderten, dreiteiligen Anzüge. Selbst jetzt im Jet hatte der Yakuza sein Jackett nicht abgelegt, genau so wenig wie er das Tuch gelockert hatte. Als würde er den Blick spüren hob Asami die Augen und sah zu seinem Sekretär, der in diesem Moment mehr als dankbar war, seinem Boss nicht direkt gegenüber zu sitzen. Zwar verzog der Yakuza keine Miene, doch er kannte ihn gut genug um sein Missfallen mehr als deutlich zu spüren. Hastig sah Kirishima auf seine eigenen Hände und konzentrierte sich sofort wieder auf den Laptop vor sich.

Aus den Augenwinkeln sah der Sekretär wie Eury grinste, während er ein Glas von seinem Leibwächter entgegennahm.

Das war auch so eine Sache. Obwohl er alle Termine für den Oyabun koordinierte hatte er nicht gewusst das der Russe heute Morgen im Penthouse sein würde. Genauso wenig war er von Yohs Anwesenheit eingeweiht worden. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er sogar vermutet das der Blonde bei Asami übernachtet hatte. Das wäre auf jeden Fall eine logische Erklärung, besonders wenn man bedachte das die beiden fast drei Flaschen Wodka leergemacht hatten. Doch allein der Gedanke von Eury und Asami brachte den Japaner dazu sich zu schütteln.

Niemals.

Wahrscheinlich hatte der Russe nur eine Etage tiefer geschlafen. Sehr wahrscheinlich. Warum hatte dann aber Yoh ein so wissendes Grinsen im Gesicht? Nicht dass der Mann viele Gefühle zeigte. Das was Kirishima als Grinsen identifizierte würden andere wohl als leichtes Zucken des Mundwinkels abtun. Doch es war eindeutig da und verriet dem Sekretär das er etwas wichtiges verpasst hatte.

Frustriert konzentrierte Kirishima sich wieder auf seine Arbeit und versuchte weiterhin an Informationen über Yan Tsui zu kommen. Immerhin würde es nicht mehr lange dauern bis der Jet landete. Spätestens dann würde Asami einen vollständigen Bericht von ihm erwarten.
 

Verärgert kniff Asami die Augen zusammen. Natürlich war ihm das breite Grinsen Eurys nicht entgangen. Zu seinem Glück hatte der Russe sich ansonsten allerdings zurückgehalten. Der Yakuza schwor sich, sollte der Blonde auch nur ein Wort über das verlieren was in seinem Schlafzimmer passiert war, dann würde noch nicht einmal mehr die gesamte Macht des Albatof-Kartells ihn noch retten können. Noch immer wusste er nicht wirklich wie er sitzen sollte, strahlte der Schmerz doch bis hoch in seine Hüften und verteilte sich dann gleichmäßig über seinen Rücken. Dazu noch dieses alberne Halstuch, welches er nicht brauchen würde, wenn der bekloppte Russe sich nicht wie ein Blutegel an einem festbeißen würde. Zu seinem Leidwesen hatte er den kräftigen Biss in seinem Genick erst bemerkt als Yoh ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. Deutlich waren die makellosen Zahnreihen Eurys auf seiner Haut zu sehen und würden ihm wohl auch noch die nächsten Tage erhalten bleiben, genauso wie die anderen Male auf seinem Körper.

Es kostete Asami all seine Willensstärke um sich zu entspannen. Sein Blick wurde mörderisch, als Eury sich nach vorne beugte um ein Glas mit Wasser zu füllen und es ihm dann zu reichen.

Scheinbar kühl neigte er seinen Kopf und dankte dem Russen so für seine Aufmerksamkeit, während er ihn am liebsten in der Luft zerrissen hätte. Deutlich konnte er spüren wie der Blonde es genoss ihn weiter zu reizen. Dabei war er aber so geschickt Asami immer nur bis an die Grenze zu bringen, nicht jedoch darüber.

Eines konnte der Yakuza aber nicht leugnen. Das Wasser tat seinem Kopf mehr als gut. Zwar war er Alkohol gewöhnt, doch auch bei ihm hinterließen fast drei Flaschen Wodka Spuren.

Bevor seine Gedanken wieder beginnen konnten abzudriften, wandte er sich an den neben ihm sitzenden Yoh. „Kann ich davon ausgehen das du jeden von Feilongs Schritten hast beobachten lassen, seit dieser taiwanesischen Boden betreten hat?“

Zustimmend nickte der ehemalige Leibwächter. „Ich habe eine Suite in demselben Hotel gebucht und genauso wie sie es verlangt haben, wurde ein Treffen mit Huang arrangiert.“

„Wo befindet sich Fei derzeit?“

Etwas unwohl verlagerte der Japaner sein Gewicht, antwortete jedoch sofort. „Es ist mir gelungen ihn bis zu einem Nachtmarkt verfolgen zu lassen. Dort jedoch hat er meine Männer abgeschüttelt und ist verschwunden.“

Seufzend lehnte sich Asami zurück und konnte im letzten Moment ein zusammenzucken verhindern als der Schmerz erneut durch seinen Rücken schoss. „Wie lange ist Fei damit schon deiner Überwachung entkommen?“

„Zwei Stunden. Er hat sich sofort um achtzehn Uhr auf den Weg zum Raohe Nachtmarkt gemacht.“

„Also können wir davon ausgehen das sich der Idiot seit zwei Stunden in den Händen seines Bruders befindet.“

Wütend sah Yoh auf und begegnete dem eisigen Blick des Russen. „Fei ist kein Idiot, er kämpft für jene die ihm an Herzen liegen!“

Höhnisch lachte der Blonde auf. „Wenn er erst seinen Kopf benutzt hätte anstatt zu handeln, hätte er erst seine Verbündeten um sich versammelt und wäre erst dann nach Taiwan gereist.“

Selten hatte Asami solch ein Feuer in den schwarzen Augen Yohs gesehen, als dieser sich jetzt vorbeugte um dem Größeren zu Antworten. „Unter normalen Umständen hätte er dies wahrscheinlich auch getan, doch wie du dich vielleicht erinnerst wurde vor gerade mal drei Tagen ein toter Akihito auf Asamis Türschwelle abgelegt. Fei würde alles dafür tun, damit ihm nicht Tao auf die gleiche Art und Weise geschickt wird.“

Für einen Moment war es vollkommen still im Jet. Dann senkte Eury leicht den Kopf und nickte. Es war das erste Mal das Asami so etwas wie Trauer an dem Russen bemerkte.

Hastig wandte der Yakuza den Blick ab und konzentrierte sich wieder auf Yoh.

„Wann wird das Treffen mit Huang sein?“

„Er wird sie noch heute Abend treffen, Asami-sama. Ich konnte ihn von der Dringlichkeit ihres Anliegens überzeugen, so dass er sie direkt nach der Landung empfängt.“

Nachdenklich zog der Yakuza an seiner Zigarette und bemerkte erst jetzt das sie heruntergebrannt war. Hastig drückte er den Stummel im Aschenbecher aus und fischte sofort eine Neue aus der Packung. Bald schon kringelte sich wieder der blaue Qualm durch die Luft und beruhigte seine zum Zerreißen angespannten Nerven.
 

Ohne auf die Männer zu achten die ihn flankierten öffnete Feilong die Tür und betrat den opulenten Raum dahinter. Yan Tsui hatte es schon immer geliebt sich entsprechend in Szene zu setzen. So auch hier. Alles in dem großen Büro war darauf ausgerichtet die Aufmerksamkeit auf den Mann hinter den Schreibtisch zu lenken. Deutlich sah man diesem sein Selbstbewusstsein und auch seine Macht an.

Sieben Jahre war es jetzt her das sich die beiden Brüder gesehen hatten und doch kam es Feilong in diesem Moment so vor als sei es erst gestern gewesen.

Seine Schritte waren selbstbewusst, während er auf den Schreibtisch zutrat. „Wo ist Tao?“

Unzufrieden schnalzte der Ältere und sah missbilligend auf Feilong. „So respektlos wie eh und je. Das werden wir wohl als erstes in Ordnung bringen müssen. Ich denke Vater war immer viel zu weich mit dir Fei. Doch das werden wir jetzt ändern.“

„Du glaubst nicht wirklich das, dass hier so ablaufen wird wie du es geplant hast, Yan Tsui. Sag wo Tao ist und was du von mir willst.“

Mit einem Lächeln stand Yan Tsui auf und ging um seinen Schreibtisch herum. Feilong konnte es nicht verhindern das er sich sofort verspannte, als der Größere zu ihm kam und eine Hand auf seinen Rücken legte. Widerwillig folgte Feilong seinem Bruder zu einem Kotatsu und setzte sich ihm gegenüber. Der Ältere lächelte zufrieden und griff nach einer kleinen Glocke.

Einen kurzen Moment später wurde bereits die Tür geöffnet und ein junges Mädchen trug ein großes Tablett mit frisch aufgebrühten Tee und kleinen Eiertörtchen. Bei ihrem Anblick verzog Feilong unwillkürlich das Gesicht, erinnerte die Kleine in ihrer traditionellen Kleidung ihn doch an zu sehr an Tao, der ihm sonst seinen Tee servierte.

Yan Tsui hatte seine Reaktion genau beobachtet und lehnte sich jetzt entspannt in die Kissen in seinen Rücken. Das Mädchen kniete sich vor dem Kotatsu nieder und stellte vorsichtig das schwere Tablett ab. Mit geschickten Bewegungen füllte sie anschließend die Tassen und reichte die erste Yan Tsui bevor sie auch Feilong bediente. Anschließend verneigte sie sich tief vor den beiden Triaden-Führern um dann hastig den Raum zu verlassen. Der liebliche Duft von Jasmin erfüllte den Raum und gab der Szene etwas trügerisch friedliches.

Feilong war vom Geschmack positiv überrascht und trank langsam die heiße Flüssigkeit, während er sein Gegenüber nicht aus den Augen ließ. Als es nicht den Anschein machte das Yan Tsui den nächsten Akt in dieser Geschichte würde einleiten wollen, räusperte sich der Jüngere leise. „Tao?“

Wieder lachte der Ältere auf. Langsam ging er Feilong damit dermaßen auf die Nerven, das er ihm am liebsten die Tasse an den Kopf geworfen hätte. Im letzten Moment jedoch beherrschte er sich und trank den letzten Schluck aus.

Ohne etwas zu sagen, griff Yan Tsui erneut nach der kleinen Glocke. Wieder mussten sie nicht lange warten bis die Tür zum Büro geöffnet wurde. Diesmal war es jedoch nicht das kleine Mädchen das herein kam.

Feilong brauchte einen Moment bis er Tao erkannte. Man hatte den Jungen in hautenge Kleidung gesteckt die gerade so das nötigste bedeckte aber auch nicht wirklich etwas der Fantasie überließ. Die Hose saß so knapp auf seinen Hüften das man das Gefühl hatte sie würde jederzeit herunterrutschen, während das Oberteil gerade mal bis zu seinem Bauchnabel reichte. Die Augen Taos waren dramatisch geschminkt und ließen ihn deutlich älter als seine Acht Jahre wirken, die er in Wirklichkeit war. Deutlich konnte man den Jungen ansehen wie unwohl er sich fühlte in diesem Aufzug Feilong entgegenzutreten. Trotzdem wagte er es auch nicht an der Tür stehen zu bleiben. Zögernd näherte er sich Yan Tsui und verneigte sich tief vor ihm, bevor er Feilong auf dieselbe Art begrüßte.

„Tao.“ Unsicher sah der Junge zu dem Älteren und ließ sich von diesem auf den Schoß ziehen. Nur mühsam schaffte Feilong es sein Gesicht vollkommen ausdruckslos zu halten, während er doch am liebsten aufgesprungen wäre um Tao dort weg zu holen. Er hatte nur eine Chance den Jungen zu retten, indem er keinerlei Interesse an ihm zeigte. Leider kannte sein Bruder ihn nur zu gut. Was auch sein Grinsen zeigte, als er durch die dunklen Haare Taos strich.

„Gib dir keine Mühe Fei, ich weiß wieviel dir der Junge bedeutet. Die einzige Frage die sich jetzt stellt, ist wieviel du bereit bist zu geben um ihn zu retten.“

Wütend kniff Feilong die Augen zusammen. „Was willst du?“

Nachdenklich kniff der Ältere die Augen zusammen. „Du weißt was ich will, Fei. Ich will dich, deine Treue und deinen Gehorsam. Ich will meinen Soldaten zurück den Asami vor sieben Jahren gestohlen hat.“

Bitter lachte der Jüngere auf. „Und dafür tötest du Akihito und legst ihn mit deinem Zeichen zu seinen Füßen?“

„Du hast dich diesem widerlichen Fotografen hingegeben. Es war mein Recht ihn zu beseitigen.“

„Glaubst du ernsthaft das Asami es einfach hinnehmen wird, dass du seinen Liebhaber tötest?“

Entspannt zog Yan Tsui den zarten Leib Taos näher zu sich heran und strich mit den Fingern über die freiliegende Haut. „Was will Asami gegen die vereinte Macht von der Bamboo Union und Baishe schon ausrichten? Er mag mächtig in Tokio sein, hier ist er nur ein kleiner Fisch in einem Haifischbecken.“

Belustigt beobachtete der Ältere wie sich die Augen Feilongs regelrecht an seinen Fingerspitzen festzusaugen schienen, während er provozierend das ohnehin schon knappe Oberteil etwas nach oben schob.

„Du weißt wie du das hier beenden kannst Fei. Gib mir dein Wort und ich werde den Kleinen hier laufen lassen.“

Es wurde still im Raum, während sich die beiden Triaden-Führer anstarrten.

Es war schließlich Feilong der den Blick senkte. Tiefer als er es in den letzten sieben Jahren jemals getan hatte, verneigte er sich vor dem Älteren und griff nach der Kanne um diesem Tee einzuschenken.

Tao war der erste der die Unterwürfigkeit in dieser Geste erkannte. Hastig wollte er vom Schoß Yan Tsuis herunter rutschen, doch dieser hielt ihn mühelos fest. „Ich will es hören Fei. Wenn nicht, werde ich noch heute Abend dafür sorgen das dein wertvoller Tao mit seiner Ausbildung beginnt.“

Es war nicht nötig das sein Bruder mehr sagte, der Jüngere wusste auch so was er mit Ausbildung meinte. Man musste nur auf das Outfit sehen was Tao trug um die Worte zu verstehen. Hart sah er dem Kleinen in die vor Schreck geweiteten Augen. Langsam schob Feilong die Decke des Kotatsus beiseite und kniete sich im Seiza auf den Boden. Ohne den Blick von Tao zu nehmen neigte er sich nach vorne. Seine Hände kamen auf dem Boden zum Liegen, so das Daumen und Finger ein perfektes Dreieck bildeten. Mit dem Gesicht zu Boden blickend verharrte Feilong etliche Sekunden in dieser Position, bevor er sich wieder erhob, aber im Seiza sitzen blieb. Seine Mimik war ausdruckslos, als er die Worte über die Lippen brachte die Yan Tsui von ihm verlangte. „Ich schwöre euch, Liu-sama, meine ungeteilte Treue. Mein Gehorsam und mein Leben gehören euch.“

Tao schluchzte leise auf, rutschte aber sofort von Yan Tsuis Schoß als dieser ihn endlich losließ. Mit seinem vollen Gewicht warf er sich gegen Feilongs Brust und schlang seine dünnen Ärmchen um seinen Hals. Hastig verbarg Feilong sein Gesicht in den kurzen Haaren Taos. „Hör mir jetzt genau zu, Tao. Du verschwindest sofort von hier. Nimm ein Taxi. Geh ins Hotel Inhouse-Boutique und verlange dort nach der Suite die ich gebucht habe. Dort wird jemand auf dich warten.“

Zittrig schüttelte Tao den Kopf und presste sich noch fester an den Älteren. Feilong konnte den Jungen verstehen, doch er durfte ihm jetzt nicht nachgeben, sonst war alles was er bisher getan hatte, umsonst. Langsam löste er sich von dem Kleineren und schob ihn sanft von sich. „Lauf!“

Für einen Sekundenbruchteil sah es so aus als würde Tao sich widersetzen, doch dann wurde das Gesicht des Jüngeren ernst. So schnell er konnte wirbelte er herum und rannte aus dem Raum.

Schweigend sah Feilong ihm nach und lauschte auf das Trampeln kleiner Füße auf Dicken Teppich, während der Junge sich immer weiter entfernte. Jetzt konnte er nur noch darauf hoffen das Yan Tsui sich mit seinem Wort zufrieden gab.

Dieser hatte ein selbstgefälliges Grinsen im Gesicht und trat gerade zu dem noch immer im Seiza sitzenden Feilong. Unangenehm wurde sich der Jüngere seiner Lage bewusst, als Yan Tsui so dicht vor ihm stehen blieb das nur noch der Schritt des Älteren sein Blickfeld ausfüllte.

Mühsam biss er die Zähne zusammen und starrte stur geradeaus, versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Doch wieder durchschaute ihn der Ältere. Finger glitten durch das lange dunkle Haar und zwangen den Jüngeren dazu nach oben zu schauen. Sanft strich Yan Tsui über die weichen Lippen Feilongs. „Ich denke es wird mir Spaß machen, deinen Gehorsam zu testen.“

Diesmal schaffte Feilong es nicht seinen brennenden Hass auf den Älteren zu verbergen, während dieser weiterhin provokativ seine Lippen liebkoste.
 

Das sie noch alle lebten, als der Jet endlich landete hielt Kirishima für ein kleines Wunder. Warum auch immer war Asamis Laune immer schlechter geworden, je mehr sich der Russe in das Gespräch von ihm und Yoh eingebracht hatte. Hatte er es anfangs für eine gute Idee gehalten das sich ein weiterer Verbündeter beteiligte, hatte zum Landeanflug nur noch die pure Mordlust in den goldenen Augen Asamis gefunkelt. Ehrlich dankbar dafür, dass gleich mehrere Fahrzeuge auf sie warteten öffnete Kirishima die Tür für seinen Boss und stieg direkt hinter ihm ein.

Laut seinem Zeitplan würden sie jetzt direkt zu Huang fahren. Also war das genau der richtige Zeitpunkt dem Yakuza seine Informationen über Yan Tsui mitzuteilen.

Abwesend lauschte Asami der Stimme seines Sekretärs, während er seine Zigarette hielt als er würde er sie im nächsten Moment zerquetschen. Am liebsten würde er Eury ins Hotel schicken und ihn dort versauern lassen bis dieser alt und runzlig war. Doch er konnte nicht. Nicht hier in Taiwan. Sollte Feilong sich tatsächlich an seinen Bruder ausgeliefert haben, würde er die Macht des Albatof-Syndikats benötigen wenn er sich sowohl gegen die Bamboo Union und Baishe stellte. Denn an einem hatte er keinen Zweifel. Die Hongkonger Triade würde sich ohne größere Probleme hinter den Älteren der Liu-Söhne stellen und diesen voll und ganz unterstützen.

Das wusste natürlich auch Eury und hatte während des ganzen Flugs immer wieder kleine Spitzen gegen ihn hervorgebracht. Zwar wusste nur Yoh damit wirklich etwas anzufangen, doch das reichte völlig. Für den noch immer vor sich hin kochenden Yakuza verging die Fahrt viel zu schnell, als sie nach knapp einer halben Stunden schon wieder ausstiegen. Das Bürogebäude vor dem sie standen war im Vergleich zu den anderen Häusern in der Nachbarschaft nicht besonders auffällig. Besonders nicht da sich auch das Taipeh 101 in Sichtweite befand.

Noch einmal atmete Asami tief durch und nickte dann Kirishima zu, der ihm die Tür aufhielt. Mit Eury im Schlepptau betrat er eine verschwenderisch eingerichtete Lobby. Laut hallten ihre Schritte auf dem hellen Marmorboden wider, als sie den Raum in Richtung Rezeption durchquerten. Anscheinend wurden sie bereits erwartet, denn bevor sie die junge Frau hinter dem Tresen ansprechen konnten, lächelte sie bereits und nickte einem Mann zu, der bis dahin auf einem der bequemen Sessel gesessen hatte, die überall im Raum verteilt waren. Dieser erhob sich sofort und verneigte sich tief vor dem Yakuza. „Es ist uns eine Ehre sie in unserem Haus empfangen zu dürfen, Asami-sama. Wenn sie mir bitte folgen würden, Huang-sama erwartet sie bereits.“

Zustimmend nickte der Japaner und folgte mit seiner Begleitung dem Mann zu den Aufzügen. Erst als alle eingestiegen waren, zog er einen Schlüssel hervor und entsperrte so die obersten Stockwerke, die zu den privaten Räumen des Triaden-Führers führten. Schweigend drehte Asami sich herum und blickte durch die Gläserne Wand des Aufzugs auf dir rasch kleiner werdende Lobby. Deutlich konnte er spüren wie Eury direkt hinter ihm stand und jede seiner Bewegungen musterte. Es reizte den Yakuza ungemein den Größeren so dicht hinter sich zu wissen, besonders da seine Hüften noch immer schmerzten. Doch er konnte den Blonden auch verstehen, wusste er dich das dieser keine geschäftlichen Beziehungen zu Huang unterhielt und jetzt versuchte diesen anhand von Asamis Reaktionen einzuschätzen.

Mit einem Seufzen drehte er sich herum und sah in die gletscherkalten Augen des Größeren. Nicht zum ersten Mal fragte er sich dabei wie dieser Mann es geschafft hatte, seinen Fotografen an sich zu binden. „Bleib direkt hinter mir, ich werde dich Huang vorstellen. Erweise ihm den Respekt der ihm zusteht, wir werden ihn brauchen.“

Zögernd nickte der Russe und schaffte es tatsächlich hinter dem Yakuza zu bleiben, während sie in ein riesiges Penthouse geführt wurden. Unwillkürlich blieb Eurys Blick an der riesigen Fensterfront hängen. Der Ausblick war es aber auch wirklich wert beachtet zu werden, gab er doch den Blick direkt auf Taipeh 101 frei. Gerade nachts musste der Anblick auf die Stadt atemberaubend sein. Erst als Asami sich leise räusperte bemerkte der Blonde den Mann der sich jetzt erhob und ihnen entgegenkam.

Obwohl der Triaden-Führer schon älter war, bewegte er sich mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze, bevor er sich vor Asami verneigte, was der Jüngere sofort erwiderte. Hastig schielte Eury zu Kirishima und verneigte sich anschließend genauso tief wie dieser. Erleichtert atmete er auf, als Asami sich wieder aufrichtete und Huang zu der großen Sitzecke folgte die am Fenster stand.

Wie schon zuvor orientierte sich Eury an Kirishima und hielt sich mit diesem dezent im Hintergrund während sich die beiden Männer setzten.

Wie aus dem Nichts erschien ein Junge der nur unwesentlich älter zu sein schien als Tao und verneigte sich respektvoll vor Huang, der sich gerade sein langes Haar nach hinten strich. Beinahe erinnerte er mit dieser Geste an Feilong, auch wenn die Mähne des Älteren länger und auch nicht mehr tiefschwarz war, da sie von dicken grauen Strähnen durchzogen war. Trotzdem war es noch immer dick und reichte dem Mann bis zur Hüfte.

Huang sah kaum hin als er Tee für sich und Whiskey für Asami bestellte. Den Jungen schien dies nicht zu stören. Er drehte sich hastig herum um das gewünschte zu holen.

Ein leichtes Grinsen schlich sich auf die Züge des Russen als er das Zucken um den Mundwinkel des Yakuzas sah, als dieser den Whiskey serviert bekam. Anscheinend litt er noch immer unter den Nachwirkungen des Wodkas vom Vortag.

„Du hast um dieses Treffen gebeten, Ryuichi. Was kann ich für dich tun, dass du dich nach so vielen Jahren wieder bei mir meldest.“ Die Stimme des Triaden-Führers war ruhig, doch schwang ein Ton in ihr mit, den Eury nicht sofort einordnen konnte. War es Enttäuschung? Lange konnte er jedoch nicht darüber nachdenken, da Asami sofort antwortete.

„Ich melde mich recht häufig bei dir Shao-tsen.“

Mit einer wegwerfenden Geste unterbrach der Ältere den Yakuza. „Du weißt was ich meine. Das Geschäftliche ist der einzige Grund weshalb wir in den letzten fünfzehn Jahren telefoniert haben. Also warum wolltest du mich jetzt auf einmal persönlich treffen? Was kann dir, dem großen Asami Ryuichi so wichtig sein das er selber nach Taiwan kommt?“

Vorsichtig nippte der Yakuza an seinem Glas bevor er es wegstellte und nach seinen Zigaretten griff. „Ich gehe davon aus das dir der Name Liu Yan Tsui ein Begriff ist?“

„Natürlich er ist ein Mitglied der Bamboo Union, um genau zu sein ist er ein da ge, oder auch großer Bruder. Warum fragst du nach ihm?“

„Du weißt wer sein Bruder ist?“

Genervt klopfte der Ältere seine Pfeife aus und begann sie neu zu stopfen. „Wir das jetzt ein Ratespiel, Ryuichi? Natürlich weiß ich wer sein Bruder ist, genauso wer sein Vater war. Genauso ist mir bekannt das Feilong hier in Taiwan ist und sich derzeit wahrscheinlich bei seinem Bruder aufhält. Doch was interessiert es dich?“

Stille senkte sich über den Raum, während die beiden Männer rauchten. Asamis Augen verfolgten die Rauchkringel in der Luft, bevor er antwortete. „Es interessiert mich, weil ich Anspruch auf Fei erhebe.“

Hustend legte der Ältere seine Pfeife auf den kleinen Tisch neben sich. Es dauerte eine ganze Weile bis er es schaffte wieder normal zu atmen. „Verstehe ich das richtig, du erhebst Anspruch auf Liu Feilong. Und welches Recht glaubst du an dem Anführer der Baishe-Triade zu haben? Ist er dein Liebhaber?“

Im nächsten Moment schien die Temperatur sich um zehn Grad abzukühlen, während Asamis Augen, die gerade eben noch an flüssiges Gold erinnert hatten vollkommen kalt wurden. „Wohl kaum. Niemand kann den Drachen der Baishe in dieser Weise für sich beanspruchen. In diesem Fall mache ich jedoch das Recht der Familie geltend.“

Seufzend lehnte sich Huang zurück. „Du bist nicht mit Feilong verwand, Ryuichi.“

„Genau so wenig wie Yan Tsui. Dir dürfte bekannt sein das Liu-san ihn damals als einen Freundschaftsdienst bei sich aufnahm um ihn wie einen eigenen Sohn aufzuziehen.“

„Und was sollte dich dazu bringen ihn jetzt zu deiner Familie zu zählen. Meines Wissens hast du niemals Interesse daran gezeigt etwas in dieser Richtung aufzubauen.“

„Akihito.“

Fragend legte der Ältere den Kopf auf die Seite und musterte den dunkelhaarigen Yakuza. „Akihito?“

„Mein… Geliebter.“

Für etliche Sekunden saß Huang vollkommen still da, während er dem Jüngeren vollkommen reglos in die Augen sah. Er schien etwas in der Miene des Anderen zu suchen und als er es nicht fand, schnaubte er unzufrieden auf.

„Das ist neu.“

„Nein, das ist vorbei.“

Wieder wurde es still zwischen den beiden Männern, doch diesmal war es Asami der das Schweigen zuerst brach.

„Yan Tsui hat Akihito in Tokio ermorden lassen.“

„Hast du irgendwelche Beweise?“

„Brauche ich welche?“

Frustriert warf Huang sich eine schwere Haarsträhne über die Schulter. „Wenn du ihn hier zur Rechenschaft ziehen willst, dann ja. Du bist nicht in Tokio Asami.“

„Das ist mir nur zu bewusst, Shao-tsen. Deshalb bin ich auch nicht allein gekommen.“

Noch immer mit der widerspenstigen Strähne beschäftigt sah der Triaden-Führer nur kurz zu Eury und Kirishima rüber. „Ist jetzt also der Moment gekommen, in dem du mir deinen Begleiter vorstellen wirst? Ich habe mich schon gewundert das du einen Russen in deinem Gefolge hast.“

Beinahe unmerklich nickte Asami und Eury trat hastig vor. Warme braune Augen musterten die Gestalt des Russen und blieben schließlich an seinen gletscherkalten Augen hängen. Der Blonde neigte leicht den Kopf und überließ es Asami ihn vorzustellen.

„Mein Begleiter ist Eury Jefimowitsch Albatof, der Erbe des Albatof-Syndikats.“

Huang atmete tief aus. „Der Sohn Jefims also. Komm näher Eury Albatof, erkläre mir warum du hier bist.“

Eurys Mundwinkel zuckten kurz, als der Junge wieder auftauchte um eine Flasche Wodka mit dem dazu passenden Glas auf den Tisch zu stellen. „Mein Grund ist derselbe wie Asamis.“

Gereizt rieb der Ältere sich die Stirn. „Dann erhebst du also auch Anspruch auf Liu Feilong?“

„Wohl kaum. Doch wenn ich den Argumenten Asamis folge, gehört er jetzt wohl auch zu meiner Familie.“

„Verstehe ich das jetzt richtig, du erhebst keinerlei Anspruch auf den jüngeren der Liu-Brüder, trotzdem würdest du ihn zu deiner Familie zählen. Dir dürfte klar sein was das für Auswirkungen nach sich ziehen könnte. Warum sollte ein Mann der dem Chinesen nicht besonders nahesteht das tun?“

Eury grinste breit, während er nach dem kleinen Glas griff und es geübt auffüllte. „Ich habe genau denselben Grund wie Asami. Akihito.“ Beim Klang dieses Namen verblasste das Grinsen und er leerte das Glas in einem Schluck indem er den Kopf in den Nacken legte und die beißende Flüssigkeit in seine Kehle rinnen ließ. „Ich fordere im Namen des Albatof-Syndikats die Herausgabe von Akihitos Mörder und die sofortige Freilassung Feilongs. Ihnen sollte der Name meines Vaters ein Begriff sein. Die Albatofs sprechen keine leeren Drohungen aus.“

Nachdenklich lehnte sich der Ältere zurück. Dabei suchte er den Blickkontakt mit Asami. „Dieser Akihito muss eine sehr bemerkenswerte Person gewesen sein, wenn sie zwei so unterschiedliche Männer miteinander verbunden hat. Du bist nicht gerade dafür bekannt zu teilen, Asami, noch viel weniger allerdings das du jemanden so nah an dich heran lässt das er für dich zu deiner Familie zählt. Wenn du bereit bist Liu Feilong dazu zu zählen, wer ist dann Eury Albatof für dich?“

Kurz zuckte Asami zusammen, was dem Älteren natürlich nicht entging. Die Stimme des Yakuzas war eisig als er antwortete. „Familie.“ Deutlich konnte man dem Japaner seinen Widerwillen bei diesen Worten ansehen.

Amüsiert hob Huang eine Augenbraue, während er zwischen Eury und Asami hin und her sah. „Dann kann ich davon ausgehen das ihr das Bett miteinander teilt?“

Der Blick Asamis wurde mörderisch. Die Zigarette die er gerade eben noch in den Fingern gehalten hatte und die er eigentlich hatte anzünden wollen, fiel zerbröselt zu Boden. Lachend lehnte sich der Triaden-Führer zurück und übertönte so das überraschte Hüsteln Kirishimas.

„So würde ich das nicht nennen.“

Ohne auf die Worte Asamis zu achten, wandte sich der Langhaarige an Eury. „Liege ich richtig?“

Eury zögerte nur kurz als Asami seinen Blick todbringend auf ihn richtete. Zwar wusste er das er für die Pläne des Japaners wichtig war, gleichzeitig war ihm aber auch nur zu bewusst das der Yakuza ihn hier und jetzt töten würden, wenn er auch nur ein Wort von der letzten Nacht preisgab. Zu seinem Glück schien der Triaden-Führer auch keine Antwort zu erwarten, allein die Reaktion Asamis verriet ihm alles was er wissen sollte. Amüsiert griff er wieder nach seiner Pfeife und begann sie erneut zu stopfen.

„Bei Gelegenheit wirst du mir alles erzählen, Albatof-san. Ich bin gespannt zu hören ob er auch heute noch so schwer unten zu halten ist.“

Etwas silbernes flog an Eury vorbei und verfehlte nur Haarscharf den Älteren. Noch bevor sich die Leibwächter in Bewegung setzen konnten, hatte Huang schon die Hand gehoben und stoppte sie.

„Aber, aber. Wer wird denn gleich überreagieren?“

Selten hatte der Russe den Yakuza so wütend gesehen. War Asami doch sonst eher ein Beispiel für Selbstbeherrschung. „Es ist siebzehn Jahre her, Shao-tsen. Warum wühlst du gerade heute die alten Kamelle aus?“

„Vielleicht weil du mich so selten besuchst, Ryuichi. Ich bin eben neugierig.“

Ein sadistischer Zug legte sich um Asamis Mundwinkel, als er sich langsam nach vorne beugte und dem Anderen direkt in die Augen sah. „Wenn du so neugierig bist, kann ich dir vielleicht helfen und dir den Russen für eine Nacht überlassen, Shao-tsen. Ich bin mir sicher das würde all deine Fragen sehr effektiv beantworten. Allerdings solltest du bedenken das du mir damals schon kaum gewachsen warst, glaubst du wirklich du schaffst es einem Albatof stand zu halten?“

Das blass werdende Gesicht des Älteren war Asami Antwort genug, als er sich wieder zurücklehnte und sich endlich eine Zigarette anzündete.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2021-06-02T11:34:49+00:00 02.06.2021 13:34
Guter Konter von Asami. Das hat jetzt sein müssen.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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