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Spiel ohne Limit

von

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Etwas packte sie am Handgelenk. Ein fester Griff, der sich schmerzhaft um sie legte. Nicht schmerzhaft genug für die tiefe Wunde, die sie in ihrem Innersten verspürte. Trotzdem sah sie hinauf zu der helfenden Hand, die sie langsam nach oben zog.

"Seto...Kaiba?", fassungslos sah sie in sein ebenso erregtes Gesicht, dessen eisiger Blick Feuer gefangen hatte. Er nahm seine zweite Hand, packte die junge Frau an der Schulter und hievte sie auf den Teppichboden. Allmählich kam die junge Frau zu sich. Sie wollte gerade etwas sagen, als beide Hände sie an den Schultern packten, zu sich ran schoben und heftig schüttelten, dass sie ihn nur mit offenem Mund anstarrte.

"Wie bist du hierher gekommen!?", schrie er sie an, dass sogar sein Gesicht rot anlief. Kaibas Nasenflügel bebten, er starrte wutentbrannt auf ihr eingefrorenes Gesicht. Rin konnte nicht antworten. Sie war wie gelähmt. Ihr Körper zitterte unkontrolliert, dass sich ein Schauder nach dem nächsten auf ihm ausbreitete. Schließlich ließ er von ihr, atmete selbst einige Male tief ein und aus, wobei er kurz die Augen schloss und sich wohl selbst zu beruhigen versuchte.

"I-ich", versuchte Rin auf seine Frage zu antworten. Jedes Wort kostete sie Kraft. Jede Silbe brachte ein Keuchen mit sich, dass ihr Hals zu kratzen begann, "ich...ich weiß...nicht... Wirklich." Daraufhin öffnete Kaiba seine Augen. Der Zorn war aus ihnen gewichen, ein Rest von Entsetzen wohnte ihnen noch bei.

"Dir kommt dieser Ort nicht bekannt vor?" entgegnete er. Zum ersten Mal registrierte sie, dass die Dunkelheit von ihr gewichen war. Über ihr baumelte ein gigantischer Kronleuchter und erhellte den Raum. Die Wände waren in einem matten Lila gehalten, Gold umrahmte sie. Das ganze Gebäude wirkte prunkvoll, fast schon königlich.

"Ich war noch nie hier", sie drehte ihren Kopf und sah hinter den jungen Firmenchef.

Diese Anlage

Das erste holographische System der Kaiba Corporation. Dies war eine Arena. Aber wieso? Was war mit der Bibliothek?

"Ist das-?", noch immer fiel ihr das atmen schwer, "das Königreich der Duellanten?"

"Ja", antwortete Seto Kaiba, von dem sie keinen Zweifel hatte, dass er der Echte war. Je mehr sich ihr Geist beruhigte, umso klarer erschien ihr die Umgebung. Sie hatte den Duellschauplatz damals im Fernsehen gesehen. Hier hatten die finalen Spiele gegen den Erfinder von DuelMonsters persönlich stattgefunden. Ein seltsames Turnier - wie sich die junge Frau erinnerte. Es hatte für die Finalisten zwei Möglichkeiten zur Wahl gestanden, sollten sie gegen Pegasus J. Crawford gewinnen: Zwei Millonen Dollar Preisgeld oder die Erfüllung eines Wunsches. Was Zweites bedeutete, war den Zuschauern schuldig geblieben.

"Wieso bin ich hier?", fragte sie leise und sah zu ihrem Firmenchef hinauf, dessen Aussehen nicht seinem jetzigen Bild entsprach. Seto Kaiba wirkte jünger. Einige Züge sogar weicher, dass sie sein Gesicht genauer betrachtete. Selbst seine Aufmachung entsprach nicht seinem derzeitigen Bild. Er trug ein grünes Hemd, mit passender grüner Hose. Dazu einen bodenlangen, blauen - oder doch lila? - Mantel. Zu seiner Rechten blitzte ein silberner Koffer. Genau dasselbe Modell wie ihn Rin von Mokuba erhalten hatte. Sie konnte nicht wegsehen. Eine unsichtbare Kraft zwang sie, das Metall anzustarren als könnte sie den Koffer damit entriegeln. Kaiba hingegen schnaubte und stellte sich aufrecht hin.

"Keine Ahnung", seine Worte kamen wie Peitschenhiebe aus ihm heraus, dass Rin kurz zusammenzuckte. Er verschränkte die Arme vor der Brust, tat einen weiteren tiefen Atemzug und fuhr fort: "Du warst auf einmal nicht mehr in dem System zu finden. Zumindest nicht innerhalb der vorprogrammierten Map."

"Ich verstehe nicht", Rin raffte sich ebenfalls auf, sie geriet ins Taumeln. Stehen war anstrengender als sie vermutet hatte.

"Mika!", Kaibas Stimme hallte durch den Raum, "sofortiger Sessionabbruch."

"Virtuelle Simulation wird abgebrochen. Beginne mit Rückkopplung der Testsubjekte"

Rin nahm nur noch ein leises Rauschen wahr, bevor sich die Umgebung vor ihr aufzulösen begann - oder löste sie sich auf? Ihr Bauch begann zu kribbeln, vor ihren Augen flogen kleine Sterne, dann wurde es schwarz und in der nächsten Minute war sie zurück in den Testgeländen. Sie rieb sich die Augen. Heute brannten sie stärker. Ihr war nach weinen zumute, ihre Brust zog sich drückend zusammen, dass es ein Leichtes gewesen wäre, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Nur Kaibas Präsenz erinnerte sie daran, wo sie eigentlich war und dass weitere Gefühlsausbrüche nur zu Verwirrungen führen würden. Noch immer war ihr nicht klar, was die Bilder zu bedeuten hatten. Es fühlte sich wie ein Traum an, bloß hatte sie nach dem Erwachen nicht das Gefühl, als würde es ihr besser gehen. Sie legte die Hände auf den Schoß und sah zu dem jungen Firmenchef hinauf, der die Geräte abgeschaltet hatte und den Helm von ihrem Kopf abnahm. Anschließend lief er auf einen der Schränke neben sich zu und holte zwei Flaschen Wasser heraus. Eine davon hielt er ihr vor die Nase.

"Danke", murmelte Rin, der es immer noch schwer fiel, in ruhigen Zügen zu atmen. Er musterte sie eingehend als wartete er auf etwas. Als sie die Flasche aufschraubte und einen Schluck nahm, begann er ihre Finger zu beobachten. Erst jetzt sah Rin, dass sie in einer Tour zitterten. Stärker umklammerte sie die Flasche. "Geht schon", sagte sie. Es kam ihr so vor als müsste sie sich auf irgendeine Weise vor ihm rechtfertigen. Sie stand noch völlig neben sich, dass die Umgebung um sie noch leicht wacklig war. Kaiba lehnte sich derweil an das Pult und verschränkte die Arme vor der Brust: "Deine Werte sind plötzlich instabil geworden." Seine Stimme war ruhig - wie ein Arzt, der seinem Patienten die Diagnose erläuterte, sprach er zu ihr, dass sie sich von seiner Stimme eingelullt fühlte und grundlos zu nicken begann. "Dein Puls war fast doppelt so hoch wie normal. Ich dachte schon, du kollabierst."

"Ich bin gerannt", entgegnete Rin als wäre der virtuelle Marathon eine plausible Erklärung, "einfach gerannt." Sie nahm noch einen Schluck und spürte, wie die Flüssigkeit ihren Körper erreichte. Langsam ließ das Zittern nach: "Vielleicht hätte ich vorher nicht so viel Kaffee trinken sollen."

"Das hat damit nichts zu tun", Kaibas Blick ließ keinen Zweifel zu. Rin schraubte die Flasche zu und sah durch das Plaste hindurch. "Du hast gesagt, dass du mich nicht mehr finden konntest", erst jetzt begriff sie, was er ihr da gesagt hatte. Der Gedanke war beängstigend. Wie war es möglich, dass er sie nicht gleich gefunden hatte? Sie war doch in seinem Programm.

"Richtig", Kaiba sah auf einen der Monitore, doch Rin hatte eher das Gefühl als vermied er es, ihr ins Gesicht zu sehen, "du hast den programmierten Raum verlassen. Mein Avatar hat dich nicht mehr finden können."

"Deshalb bist du selbst in das virtuelle System eingestiegen."

"Interessant, dass du den Unterschied sofort erkannt hast."

"Zwischen dir und dem virtuellen Kaiba? Vielleicht ist es Intuition. Auf jeden Fall...danke, dass du mich da rausgeholt hast." Es war gut zu wissen, dass er sie ihm Ernstfall nicht einfach im Cyberspace zurück lassen würde. Der junge Firmenchef lächelte schwach, dass seine Augen blass blieben: "Du scheinst vergessen zu haben, dass dein Gehirn wirklich geglaubt hat, dass du fällst und dass der Sturz sich ebenso auf deinen Körper ausgewirkt hätte."

Sie hatte vor einer Schlucht gestanden, deren Ende nicht sichtbar gewesen war. Ihr war bewusst, was das für sie bedeutet hätte. Rin fasste sich an den Nacken. Dort hämmerte besonders schwer der Puls. Das Gefühl der Panik war noch nicht vollständig gewichen. Wenigstens wollte sie nicht mehr in Tränen ausbrechen. Das sah sie als Fortschritt.

"Wenn", Rin zögerte, "wenn ich nicht mehr auf der Map war", jetzt sah er sie an, wenn auch nicht gerade erfreut, dass sie das Thema aufgriff, "wo war ich dann?" Schließlich hatte der Raum existiert. Sie und Kaiba waren dort, er konnte es nicht abstreiten. Ihr Gegenüber antwortete nicht. Er sah sie lediglich streng an. Allmählich glaubte sie, dass er es ebenso wenig wusste. Dass er deshalb so mies gelaunt war. Unwissenheit für einen Perfektionisten musste etwas Quälendes sein. Dann dachte sie an die Kulisse, Kaibas Aussehen, den Duellschauplatz. "Irgendeine verschobene Erinnerung", ihre Stimme war nur ein leises Gemurmel. Trotzdem zuckten Kaibas Lippen. Mit der einen Hand zerdrückte er die Flasche, dass sie ein knacksendes Geräusch gab und die Stille abrupt beendete.

"Abgespeicherte Bilder", sagte er und stellte die Flasche beiseite, "das System wird es fälschlicherweise in die Map platziert haben. Solche Bilder können Verzerrungen innerhalb der Map entstehen lassen-"

Ich dachte, das System hat keine Fehler

Sie traute sich nicht, ihren Gedanken laut aus zu sprechen. Schon jetzt hatte sie das Gefühl als wäre er noch sauer auf sie. Dabei hatte sie nie beabsichtigt sich außerhalb des Raumes zu bewegen. Sie hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wie sie das angestellt hatte - genau wie ihr Gegenüber. Dieser schien mit dieser Tatsache noch unzufriedener zu sein, dass er schließlich zurück auf den Bildschirm sah, der bereits vollständig runtergefahren war.

"Die Simulation ist für heute beendet", sagte er ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.

"Wirklich?", sie könnte sich nicht vorstellen, dass er mit dem Ergebnis zufrieden war. Wollte er denn nicht selbst wissen, wie dieser >Fehler< passieren konnte? Seine Augen ließen von der Elektrik. "Mit deinen Werten lasse ich dich nicht weitermachen. Ich habe vorerst, was ich brauche. Beim nächsten Mal können wir mit dem holographischen System loslegen."

Sie umklammerte die Flasche fester als das Zittern zurückkehren wollte. Emotionen überlagerten sich. Der Plötzliche Abbruch der Simulation füllte in ihrem Innersten eine Leere aus, die sie nicht zuzuordnen wusste. Die letzten Bilder überschlugen sich, Gefühle überrannten sie ein weiteres Mal, dass ihr schlecht wurde. Irgendwie wollte sie dem Ganzen Druck machen. Es heraus lassen. Zumindest ein wenig. Der Mann vor ihr machte es nicht einfacher für sie. Sie hatte das Bedürfnis sich zu entschuldigen. Der Druck war so stark, dass ihre Finger verkrampften als sie die Flasche zerbeulen wollten: "Tut mir leid", flüsterte sie, dass der Firmenchef sich überrascht zu ihr vorbeugte, "dass ich gestern in den Wagen gestiegen bin. Ich weiß, dass du dich in deiner Privatsphäre verletzt gefühlt hast."

Oh Gott! Wo kam das gerade her?! Bist du jetzt völlig bescheuert, Rin?

Zunächst sah er sie lediglich an als glaubte er selbst kaum, dass die Worte aus ihrem Mund gekommen waren. Schließlich überkreuzte er die Beine, seine Augen kehrten zu dem typischen eiskalten Blick zurück. "Du hättest es einfach nicht tun sollen."

"Es war schwer, nein zu sagen."

Daraufhin fuhr er sich durchs Haar - etwas, dass sie noch nie bei ihm gesehen hatte, "Wie ich Mokuba kenne, hätte er nicht klein beigegeben. Seine Anwandlungen sind fürweilen... etwas impulsiv und neuerdings gehört das Anbandeln von Mitarbeitern zu seinen neuesten Launen."

"Er macht auf mich eher den Eindruck als würde ihm das Teenaderdasein fehlen", entgegnete Rin, die innerlich über das Wort anbandeln schmunzeln musste. Der Gesichtsausdruck des jungen Firmenchefs zeigte keine Form von Verständnis.

"Teenagerdasein", er sprach das Wort wie einen Fluch aus.

"Du weißt schon: in die Schule gehen, sich mit Freunden treffen, Unsinn machen. Halt das, was Teenies so tun."

"Mokuba braucht sicher nicht diesen Unsinn", seine Worte waren endgültig. Sie konnte förmlich seine Gedanken schreien hören. Niemand kannte seinen Bruder besser als er selbst! Rin machte ihm keinen Vorwurf. Etwas versöhnlicher leuchteten seine Augen Rin an. Vielleicht dachte er über das Gesagte nach - nur vielleicht.

"Ich", Rin versuchte sich aus dem Stuhl zu hieven, doch es war anstengender als gedacht. Ihre Beine waren wie Pudding. Noch dazu wollte sie sich vor Kaiba nichts anmerken lassen. "Ich bin auch nicht gerade der Experte, was einen typischen Teenager ausmacht." Sie wusste nicht, warum die Worte aus ihr herausprudelten. Im Geiste schrie sie sich an, die Klappe zu halten. Ihre Lippen pfiffen auf die Drohungen. Überrascht stellte sie fest, dass er ein flüchtiges Lächeln zu Stande brachte. "Du meinst, den ganzen Tag vor den Schulbüchern hocken, gehört nicht zum Teenagerdasein?"

"Du hast sie gesehen?", ihre Miene verfinsterte sich.

"Nein. Nur entschlüsselt." Seine Augen wanderten zurück zu den Bildschirmen. "Oder glaubst du ich beobachte dich durch eine Art Kamera. Dass du auf meinen Monitoren zu sehen bist? Vielleicht noch in 2D. Wie in einem billigen Indie-Game?" Er stieß die Luft aus. Die Vorstellung von sich als Minifigur - Rin musste breit grinsen. Ihr Kopf ließ sie diesen Gefühlsausbruch sofort bereuen.

Bloß keine Miene verziehen

"Ich dachte eher, dass du die Bilder wie eine Erinnerung in deinem Gehirn abspeichern kannst. Weil es doch quasi mit dem System verbunden ist."

"Nicht wie eine Erinnerung, aber ja, ich habe Zugriff darauf. Obwohl die Informationen für mich persönlich völlig irrelevant sind. Aber das ist schon alles, was du zu wissen brauchst ", entgegnete er, bevor Rin so etwas wie Erkenntnis erfassen konnte. Sie begnügte sich schon damit, dass er überhaupt mit ihr redete. Es lenkte von dem eigenartigen Kribbeln in ihrer Brust ab, dass sie seit dem Ende der Session verspürte. Auch wenn er dies wohl nicht aus Empathie tat - sie war sich sicher, dass dies nicht zu seinen Stärken zählte - war sie froh, dass er ihr noch die Zeit gab, ihre Kräfte zu sammeln. Bevor sie einen zweiten Versuch startete und ihren Oberkörper anheben konnte, beugte sich Seto Kaiba noch ein Stück weiter zu der jungen Frau hinunter, dass sie abrupt die Luft anhielt. Seine tiefenblauen Seelenspiegel funkelten, während er seine linke Hand um ihr Handgelenk legte, dass sich ihre beiden Metallarmbänder berührten. Mit einem Ruck hatte er ihr auf die Beine geholfen. Mit glühenden Wangen sah sie zur Seite.

Sei nicht albern

"Eines noch", Kaiba entriegelte das Haupttor, während Rin daneben stand und versuchte ihren Fokus weg von seinen Fingern zu lenken, "sollten Nebenwirkungen auftreten. Gib' mir umgehend Bescheid, hast du verstanden?"

"Nebenwirkungen?", sie fasste sich an den Kopf, dessen Hämmern allmählich nachließ. Die Tür öffnete sich. Kaiba sah sie ernst und bestimmend an: "Halluzinationen, Migräne, Schüttelfrost, Epilepsie-"

"Schon verstanden", beschwichtigte sie mit den Händen, "keine Sorge, mir geht's gut. Ich fühle mich eher emotional angeschlagen. Mein Körper ist völlig in Ordnung- Huch", sie standen direkt vor dem Fahrstuhl. Kaiba stellte sich vor die junge Frau und ergriff erneut ihr Handgelenk. "Ich sagte: du benachrichtigst mich sofort, wenn irgendetwas nicht stimmt."

"Okay", hauchte sie. Sie traute sich nicht einmal zu blinzeln. Kaiba ließ von ihr und drückte den Aufzugknopf.
 

Nebenwirkungen.

Rin lag im Bett, - in einem, das nicht ihres war, niemals ihres sein würde. Es war weich, fast schon zu weich für die junge Frau, die auch auf dem Boden mit einer dünnen, harten Matratze und einem Schlafsack als Decke zufrieden sein konnte. Sie drehte sich auf die Fensterseite. Einige der Hochhäuser hatten vereinzelt noch Licht brennen, dass sich die junge Frau darauf konzentrierte. Ihr Körper fühlte sich erschöpft an, ihr Geist jedoch war unruhiger denn je.

Zählen Entzugserscheinungen als Nebenwirkung?

Zunächst hatte sie nicht begriffen, was mit ihr los war. Wieso sie nicht das Gefühl abschütteln konnte, die Kontrolle verloren zu haben. Rin spürte Angst, Verzweiflung und Wut in einem Schlag. Die Intensität fühlte sich falsch an. Als ob es nicht sie war, die litt. Dass man ihr ein Gefühl aufgezwungen hatte und mit ihrem echten zu kollidieren drohte. Daraufhin versuchte sie die letzte Session zu analysieren. Bis zur Bibliothek war alles entspannt gewesen - bis sie sich verirrt hatte. Danach glichen die Ereignisse einem wirren und erschreckenden Traum. Jene Albträume, die sie zuletzt in ihrer Jugend gehabt hatte. Sie dachte an Lumina und versuchte einen Zusammenhang zwischen dem Königreich der Duellanten und ihrer Freundin zu schaffen. Sie kam auf kein Ergebnis. Lumina hatte in Gefahr geschwebt und Rin war nicht in der Lage, gewesen ihr zu helfen. Ein Gedanke, der sie schaudern ließ.

Vielleicht eine versteckte Angst in meinem Unterbewusstsein. Und eine Szene aus Kaibas Vergangenheit hat sich damit verbunden-

Rin versuchte sich an das Turnier von vor sieben Jahren zu erinnern. Es war das erste großes DuelMonsters Ereignis der Geschichte. Weit vor den Battle-City-Turnieren und dem Worldcup. Der Schöpfer selbst hatte auf seine Insel eingeladen. Die Regeln wurden damals etwas abgeändert. Sie erinnerte sich noch genau, wie die größten Spieler der Epoche gegeneinander angetreten waren. Nur eine handvoll schaffte es, sich Zugang zum Schloss zu verschaffen, in dem Pegasus persönlich herausgefordert werden konnte. Seto Kaiba war während der gesamten Vorrundenduelle nicht anwesend gewesen. Erst am Schluss hatte er gegen Pegasus gespielt - und verloren.

Wie war das noch gleich? Pegasus hatte irgendeine seltsame Regel aufgestellt. Was war das nur für eine?

So sehr Rin DuelMonsters liebte und zu der Zeit bereits selbst gerne dazu gehört hätte, war ihr das Event sehr abgedreht vorgekommen. Teilweise hatte es Duelle gegeben, die den Eindruck vermittelten als ginge es um mehr als Prestige - um viel mehr.

Stimmt. Pegasus ließ die Spieler mit offenen Karten spielen. Es war damit unmöglich, einen Überraschungsangriff zu starten.

Den Blick auf das Fensterbrett gerichtet sah sie ihre DuelDisk und der Drang, das leichte Metall auf ihrem Arm zu spüren, wuchs. Also lehnte sie sich etwas zur Seite und griff nach ihrer stärksten Waffe. Ein kleiner Knopf ließ sie ins System einloggen. Das helle Blau war beruhigend. Sie befestigte die Disc und legte sich wieder hin. Den Rücken auf der Matratze, die Augen starrten an die Decke, während eine Hand über das Metall strich. Die Bewegungen ließen ihre Augen schwer werden. Ihr Herzschlag ging schnell, aber das Gefühl der Panik war von ihr gewichen. Es ärgerte sie, dass sie sich nicht an mehr erinnern konnte. Ihr war nur noch Yugi Mutos finaler Schlag in Erinnerung geblieben. Danach hatte er den Titel "König der Spiele" erhalten. Dass sie sich nicht an Seto Kaibas Gesicht erinnern konnte, das vielleicht etwas mehr Aufschluss über die Situation gegeben hätte, gab ihr ein Gefühl der Unzufriedenheit. Wie hatte er ausgesehen als Pegasus in besiegt hatte? Rührte daher die Angst, die sie gespürt hatte? Angst zu versagen? Rin schloss die Augen. Sie hatte keine plausible Erklärung und würde sie wohl heute auch nicht finden.

Ist es seine Angst, die ich spüre?

Mit diesem Gedanken schlief sie schließlich ein.



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