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Apfelblüte

Inu no Taishō / Izayoi
von

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Mistel

Apfelblüte

- Mistel -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Romantik (Hetero), Drama, Epik, Alternate Timeline

Triggerwarnungen: Gewalt, Tod, Trauma

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.

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Furcht?

Izayois Atem flatterte, ehe sie die Nachtluft einzog, die in seiner Nähe so viel angenehmer schien. Die Wärme erinnerte sie an den Frühling, der die Knospen aufspringen und prächtiges Grün in den Bäumen tanzen ließ. Doch jetzt war der Himmel finster und ächzte unter den Wolkenbergen - und sie fühlte sich naiv, weil sie sein helles Fell trotz allem so schön wie den Mond fand.

Ja, er hatte recht. Da war Etliches an ihm, das sie wiedererkannte. Nicht nur die schaurig roten Augen, welche dieses Mal Ruhe ausstrahlten, sondern auch die Art, wie er den Kopf vor ihr neigte. Behutsam drückte er die Gräser nieder, als hätte er sich nur zwischen die Halme gekniet und nie die Absicht genährt, einem Käfer einen Flügel zu krümmen. Und da waren die Streifen, die sich blitzförmig über seine Wangen stahlen: Auf jeder Seite einer, wild und ungezähmt.

Da er ihr das Starren verzieh, musterte sie nach kurzem Zögern auch das Schulterfell. Die Haarbüschel standen ab und gabelten sich hinter seinem Nacken, ehe sie seinen Rücken umflossen und an seinen Flanken verschwanden, bis Moose und Flechten jeden Blick verhinderten.

Oh.

Nun, sie konnte ihn schlecht darum bitten, aufzustehen und ihr zu zeigen, ob das Fell vor seiner Brust wieder zusammenlief. Sie hätte nur besser aufpassen müssen und-

Herrje, allein der Gedanke stimmte sie verlegen.

War das nicht, als würde sie ihn in seiner menschlichen Gestalt danach fragen? Er hatte zwar ihre Hand zu seiner Schulter geführt, doch das ...

Unruhig zupfte Izayoi mit den Zähnen an der Innenseite ihrer Unterlippe, dann schüttelte sie den Kopf. Nein, sie durfte nicht übermütig werden. Sie kannte Isamu ohne seine Rüstung und es ziemte sich nicht, ihn auch noch die Seide fortschlagen zu sehen. Besser, sie verscheuchte diese Vorstellung und blieb beim Wesentlichen. Er stand, nein, lag als großer, weißer Hundedämon vor ihr - nicht als Mann.

"Ich bin überrascht", gestand sie ein. "Ohne Eure Warnung wäre ich wohl sehr über Euren Anblick erschrocken." Vielleicht auch vor Angst gestorben, aber sie wollte ihn nicht kränken oder darüber nachdenken lassen, wie unbedarft und schwach Frauen gestrickt waren. Niemand hatte sie gelehrt, wie sie mit den Eigenarten eines Dämons umgehen und darin lesen konnte, daher blieb ihr nur die Hoffnung, allein einen Weg zu finden. Vielleicht würde der Zauber ihrer Begegnung am Ende dieser Nacht verblassen, doch ihr Herz flatterte so aufgeregt wie eine Meise zwischen den Wurzeln eines Apfelbaums.

Da der Schmied schweigend aus Isamus Schatten heraustrat und sie äußerst eigenartig musterte, besann sie sich jedoch. Sie wollte nicht, dass Toutousai begriff, wie viel ihr dieses Geheimnis bedeutete, welches der hohe Herr ihrem Leben schenkte, daher schluckte sie und bemühte sich um Unverfänglichkeit: "Vermisst Ihr diese Gestalt nie?"

"Hin und wieder", erwiderte der Inu no Taishou rau. "Ich erinnere mich an unausweichliche Kämpfe, aber auch viele angenehme und unbeschwerte Stunden. Seht Euch die Kerben an, die mein linkes Ohr zieren."

Der Herr der Hunde neigte seinen Kopf noch dichter dem Gras zu, sodass das weiche Fell für Izayoi in greifbare Nähe rückte. Eine Handbreit Abstand blieb übrig, dann konnte sie trotz der Dunkelheit die feinen Linien erahnen, von denen er gesprochen hatte. Er war wirklich ungeheuer groß. Auf Zehenspitzen hätte sie kaum den Streifen über seinen Wangenknochen erreichen können.

Sein gutmütiges Grollen entlockte ihr jedoch unverhofft ein Lächeln - und Isamu war kein Narr, der das nicht zu schätzen wusste. "Als Sesshoumaru sein erstes Jahrhundert kommen und gehen sah", fuhr er fort, "unternahm er den Versuch, mich zu zwicken und seine Milchfänge zu erproben. Ich habe mich nicht oft im Leben alt gefühlt, aber er war schneller und geschickter als ich. Lag ich auf dem Rücken, tollte er neben mir, richtete ich mich auf, sprang er mir längst ins Kreuz. Es war eine schöne Zeit. Toutousai wird mir darin zustimmen."

"Pfff, Unsinn!", murmelte der Tattergreis prompt und zog eine Grimasse, als hätte ihm der verblüfft aussehende Ochsendämon die Quaste in das Gesicht geschlagen. Sie mochten beide unbedarft neben der Flanke des Inu no Taishou und einem umgestürzten Baumstamm ausharren, doch das war ja wohl die Höhe! "Lass dich nicht einlullen, Mädchen! Sein Sohn hat versucht, meinen Arm durchzunagen! Einen einzigen Morgen erbarmte ich mich, auf ihn Acht zu geben, und Sesshoumaru fiel nichts Undankbareres ein, als meine Schmiede zu verwüsten. Ein Hanyou könnte kein schlimmeres Chaos stiften!"

Izayoi öffnete erstaunt den Mund. "Ihr hattet bereits einen Hanyou bei Euch?"

"Nein!", wetterte Toutousai. "Bist du von Sinnen? Ich lerne aus meinen Fehlern! Ich dulde seitdem keine Welpen mehr in meiner Nähe."

Der Herr der Hunde blickte belustigt zu Boden, als läge darin alle Heiterkeit verborgen, die seinen alten Freund belehren konnte. "Ich würde dir glauben, Toutousai", sagte er, "hätte ich nicht gesehen, wie du und Myouga mit Stöckern Geschichten für ihn zum Leben erweckt habt, als er älter wurde. Einst hing er an Euren Lippen."

"Besser als an der Kehle", entgegnete der Schmied schroff. Dann rieb er sich mit dem Handballen über das abstehende Büschel Haare an seiner Schläfe, sah zwischen der jungen Frau und dem Daiyoukai hin und her, und krächzte ungemütlich. Diese Friedfertigkeit war doch zum Ochsenmelken! Unmöglich obendrein! "Bekomme ich heute noch deinen Fangzahn? Du bist verwandelt. Eine günstigere Gelegenheit wird mir nicht mehr unterkommen, ihn dir aus dem Kiefer zu brechen."

"Nein, danke."

"Was?" Toutousai blies die Wangen auf, als hätte er einen Schwall Wasser und ein Dutzend Jungfische verschluckt. "Willst du etwa schon wieder mit Sesshoumaru anfangen?"

"Nicht im Geringsten. Ich werde dir einen meiner Zähne überlassen, doch nicht heute."

"Huh?" Um ein Haar wäre Toutousai die Frage über die Lippen gekommen, wofür der feine Herr sein Gebiss und den Mund in dieser Nacht noch unversehrt gebrauchen könnte, aber dann hielt er inne - verzog das Gesicht und würgte fast. "Schon gut. Ich verzichte auf alles! Kehr ein andernmal wieder." Hastig wedelte er mit der Hand und verscheuchte einen ganzen Schwarm widerlicher Gedanken, während der Inu no Taishou warnend die roten Augen schmälerte.

"Was auch immer dich umtreibt", entschied Isamu dann, "behalt es besser für dich. Ich erwarte dich morgen auf der Insel, am Strand. Ich vermute, dass sich auch diese Rochen durch Blut anlocken lassen, so wie es bei Tensaiga gewesen ist, daher sollten wir ihnen welches geben."

"Deines", betonte Toutousai, der sich ungeniert Nase und Lippen mit der Hand zuhielt.

"Meines." Nun, natürlich. Nicht, dass er darauf erpicht war oder gehofft hätte, die schwarzen Schatten des Meeres mit geschickt geworfenen Kieselsteinen aus der Gischt treiben zu können. Warum musste es stets Blut sein?

Unter einem dumpfen, schicksalsergebenen Laut drückte der Herr der Hunde die krallenbewehrten Pfoten in den Boden und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Dann strich der Wind durch die Äste, vermischte sich mit seinem aufkochenden Youki und Knurren, bis er erneut seine Knochen brechen ließ. Donnernd fuhr die Energie über die Moose hinweg, schlug dank seiner Willenskraft einen Haken um Izayoi und preschte voran in die Bäume. Hätte jemand die Stämme mit Stroh umwickelt, wäre ihnen die Wucht weit besser bekommen - so schälte er ihnen die Rinde ab, als wären sie kleine Hölzer, denen die Borke wie Haare zu Berge stand.

Der nächste Atemzug dämpfte jeden Geruch. Von Erde beschmutzter Raureif zerfloss in seinen Sinnen zu Wasser und der Halm im Ochsenmaul wurde fade wie ein Reiskorn. Nur eines hing seinem Verstand nach: Izayoi.

Sie bemühte sich, die Strähnen von ihren Wangen zu fischen und das sittsame, höfische Bild wiederherzustellen, aber der Glanz auf ihren Lippen fesselte ihn weit mehr, als die Drehung ihres Handgelenks oder die gezierte Art, mit der sie die Fingerspitzen und die Erdwurzel wieder in den Ärmelschleppen verbarg.

"Ich sollte Euch heimbringen", sprach er sie leise an. "Ich gab Euch mein Wort, nichts anderes zu tun."
 

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"Pah." Toutousai verzog seine trockenen Lippen , bevor er sich am Kinn kratzte und die Nägel über das Bartende fahren ließ. Die Gestalt des Inu no Taishous war nach einem kurzen Gruß mitsamt des Mädchens verschwunden, doch seine Präsenz hing in den Sträuchern fest. Einen besseren Schutz konnte ein Schmied sich für die Nacht nicht wünschen, aber wenn er Pech hatte, zog diese Macht keine Stille, sondern gewaltigen Ärger an. Marodierende, streitlustige Dämonen gab es überall.

Toutousais Hals wurde noch länger und dürrer, als er ihn reckte, um auch nach der anderen Seite hin Ausschau zu halten.

Nein, nichts.

Außer kahlgerupften Farnwedeln und den zurückkehrenden Nebelschlieren, die sich an die Gräser schmiegten, gab es nichts Beunruhigendes zu entdecken. "Eines sage ich dir", murmelte er störrisch zu seinem treuen Begleiter. "Wenn dieser Hund glaubt, dass ich nicht weiß, welche Bedeutung seinem Schwert innewohnt, bin ich alt und tattrig geworden. Ich bereite ihm eine Überraschung, die sich gewaschen hat!"

Die drei Augen des Ochsens schimmerten neugierig, doch Toutousai klopfte lieber den Boden ab und suchte sich ein feines Plätzchen zwischen Steinen und Flechten. Dann setzte er sich unter einem zufriedenen Schmatzen und schlug die grünschwarzgestreiften Ärmel zurück, um den Dreck von den Fingerknöcheln zu schaben. Neben ihm scharrte der Huf und muskelbepackte Schultern wölbten sich, bis das Fell erschauderte und das Tier sich mit den Vorderläufen voran sinken ließ.

Toutousai nickte und blies in seine Hände, um einige Flocken Vulkanasche zu vertreiben. "Dieses Schwert wird ihm einhundert Dämonen vom Leib halten können", grunzte er listig, "in nur einem Streich! Damit erfülle ich seinen Wunsch und das Drachenweib kann sich auf ein niederträchtiges, unschönes Ende vorbereiten. Doch bei jedem Geschenk gibt es einen Haken! Selbstverständlich wird er niemanden mit Tensaiga wiederbeleben können, den er mit meinem neuen Meisterstück niedergemäht hat. Wie klingt das?"

Der Ochsendämon zuckte mit den Lauschern, ehe er sein weiches, feuchtes Maul über einem Kleeblatt tanzen ließ und erwog, dieses auszurupfen. Leider drückte ihm Toutousai einen Wimpernschlag später die Hand auf den Kopf und starrte von einem Auge zum nächsten, als wolle er alle gleichzeitig im Blick behalten.

"Sei nicht so verfressen", schimpfte er. "Ich war noch nicht fertig! Ich muss herausfinden, wie ich goldene Blitze erschaffen kann. Er hat ein Höllenschwert, dessen Rauch schwarz und ehrfurchtgebietend ist, und dazu das Blau Tensaigas. Goldene Farbe wird aus ihm einen bunten Hund machen und ich kann später behaupten, die Schwerter in einer anderen Reihenfolge geschmiedet zu haben. Weißt du, was jeder im Westen sagen wird?" Diese Idee war so brillant!

Eine Weile saß er in vertrauter Eintracht da und gab sich kichernd der Vorstellung hin, er befände sich zwischen Sakeschälchen, Wildrosenästen und Bambusmatten.

"Sie werden sagen: Erst gab ihm der begnadetste Schmied den Tod in die Klauen, dann half Toutousai ihm, diesen zu überwinden! Seht euch diese überwältigenden Klingen an!"

Ja, so gefiel ihm das. Wo käme er auch hin, würde er die Wahrheit dulden? Der Herr der Hund hatte einst Sou'unga unterworfen und war dafür bis weit über die Ländergrenzen hinaus bekannt geworden, die sich über schroffes Gebirge und weiche Sandstrände bis in die Wälder erstreckten. Dann kam er auf die Idee, die Seelen der Verstorbenen aus der Unterwelt zurückholen zu wollen, und verlangte Tensaiga - und nun wurde er so weichherzig, dass er ein Schwert schmieden ließ, mit dem er ein Menschenkind beschützen konnte?

Die Geschichte würde ihn zum Gespött seines Handwerks erheben! Ohne ihn! Er hatte Kaijinbo aufgrund seines grausamen Charakters vertrieben! Wenn sich nun herumsprach, dass er wegen Izayois freundlichem Gemüt zum Schmiedehammer griff ... nein, nein, nein!

Heftig langte Toutousai in das stoppelige Fell des Ochsen, um den in Grund und Boden zu starren. "Goldene Blitze, falsche Reihenfolge! Merk dir das! Kein Wort davon, dass ich es ihm gönne, nach all der Zeit seinen Frieden zu finden", forderte er barsch. "Dazu wird ihm die Klinge nur gehorchen, sollte er das Mädchen noch mehr zu schätzen wissen als ich meine wohlverdiente Ruhe!"

Der alte Einsiedler schnappte nach Luft, während der Ochsendämon eingeschüchtert den großen, massigen Kopf zur Seite wuchten wollte, aber gegen den Griff war kein Kraut gewachsen. "Eines noch", blaffte Toutousai. "Falls uns die Fürstin beehrt, hat sich das alles Myouga ausgedacht. Wir waren dagegen, und sollte uns ein Hanyou ins Haus stehen", etwas, woran er nicht im Geringsten zweifelte, wenn er daran dachte, wie Isamu die junge Frau lächelnd auf die Arme gehoben hatte, "bist du der Dämon, der seine Wiege bewacht."

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Immer auf die dreiäugigen Ochsen. Aber ist Toutousai nicht etwas voreilig? Der Herr der Hunde ist ein verheirateter, ehrenhafter Daiyoukai. Seid gespannt auf die Rückkehr in die Residenz in Kapitel #39, "Alpenrose".



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SUCy
2020-12-05T21:40:47+00:00 05.12.2020 22:40
Da ich ja einen Tschchoslowakischen Wolfhund habe, mit dem Gemüt eines Tollpatischigen, Assozialen Auftragskiller. Kann ich mir sehr gut vorstellen wie Sessy als Welpe war XDD Was habe ich die Tage gefeiert, an dem die Welpenbeisserchen ausgefallen sind.
Und ich an Iza ihrer Stelle hätte mich nicht zurück halten können :D so viel Fluffy!
Von:  Kerstin-san
2020-12-05T16:15:10+00:00 05.12.2020 17:15
Hallo,
 
oh mein Gott, Sesshoumaru als ungestümer Welpe, der seine Zähne an seinem Vater erprobt - ich brauche eine FF dazu xD Ich mag diese kleinen Einblicke in das ganz normale Welpenleben echt sehr gerne und egal, wie miesmutig Toutousai auch ist oder wie wenig der heutige Seehoumaru mit dem Welpen von damals gemein hat: Ich wette, der alte Schmied war von Anfang an von dem kleinen Sesshoumaru sehr eingenommen ;)
 
Hahaha, Toutousais Abschlussmonolog ist großartig. Was tut man nicht alles, um seinen Ruf als herzloser Meisterschmied zu wahren? Und dann natürlich alles auf Myouga abwälzen, sollte die Fürstin aufkreuzen - so macht man das! xD
 
PS: Ich bin ein großer Fan von Toutousais Ochsen - wie schaffst du es nur dem so viel Leben und Charakter einzuhauchen, obwohl er doch gar nichts sagt? Chapeau!
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von: Morgi
05.12.2020 18:58
Du wirst dich vorerst mit Rückblicken und Erinnerungen seiner Eltern zufrieden geben müssen, ehe es in "Abenddämmerung" einmal weit genug sein kann. Die gibt es exklusiv hier von Herrn Papa und in "Kristalldrache" von Frau Mama. ;)
Toutousai ging ihm natürlich ebenso auf den Leim wie Myouga. Ach, was war er mal drollig!

Danke für das Lob zum treuen, taubstummen Ochsen. Ich bin so vernarrt in Mō-Mōs Bild. Das ist Kopfkino!
Viele Grüße, Morgi


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